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Die Wirthschaft nach der neuen Mode.
„Du, wen begraben sie heute?“ fragte eine vorübergehende Frau eine andere, welche mit den Händen unter dem Fürtuche schlotterend da stand. Es schien eine kränkliche Frau, um guten Lohn wäre sie nicht im kalten Winde gestanden, Sie möchte es nicht erleiden,hätte sie gesagt, sie sei gar gliedersüchtig und es fehle ihr sonst noch viel. Aber wenn der G'wunder ins Spiel kam, da achtete sie Alles nicht und keine mochte mehr Kälte und Wind, Hitze und Staub erleiden, wie sie.„E“, antwortete die Angeredete, „weißt du das nicht,und reden doch alle Leute davon? habe gemeint, es fei Niemere auf der Welt, der das nicht schon wisse.“„Kein Sterbeswörtli habe ich gehört,“ entgegnete die Erste. „Weißt de nit, d'r Wirih üf d'r Gnepfi ist g'storbe, u mi bigrabt neh hüt.“ „Nit müglich,“ fagte die Erste, „den säh ich ja erst letzten Samstag vor acht Tagen zu Solothurn und da ist er noch ganz lustig und hellauf gewesen, hat beim Storchen Wein gezahli ein Paar Mädchen, es weiß kein Mensch, wie manche Halbe.“ „So het ers chönne,“ antwortete die Zweite;„er het nit dra g'sinnet, wie kurz es währt, wenn man's z'stark treibt. Letzten Dienstag am Morgen fand
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Aber lueg, dort kommen sie, Potz was für e große Lycht (Leichenzug). Aber so ist's, wo es eine gute Gräbt (Veichenmahl) gibt, gibt's viel Leute, wo es keine gibt,gibt es auch keine Leute, auf den Menschen kommt es dabei nicht an, und sei er in Gottes Namen gestorben oder in einem andern.
Voran kam auf einem Wägelchen der schwarze Sarg.Arme Leute verköstigen sich nicht mit der
Farbe, lassen weiß den Sarg, sie werden denken, wenn Trauer sei in den Herzen der
Begleitenden und weiß das Herz des Gestorbenen, so sei es Alles, was vor Gott nöthig sei;
die Welt habe sich nie viel um den armen Gestorbenen bekümmert, warum sollte man sich nun
um die Welt kümmern bei seiner Begräbniß. Hinter dem Wägelein her kamen Knaben des
Gestorbenen, pfausbäckige Jungens mit falben Haaren. Sie trampelten ziemlich gedaukenlos
einher, man konnte ihnen nicht ansehen,waren sie Weinens satt oder hatten sie es noch
nicht zum Weinen bringen können. Blos der Jüngste, ein
Hinten her kamen viele Männer in schwarzen Mänteln und Wollhüten auf den Köpfen; schwarze Strohhüte haben nicht Gültigkeit, weder bei Leichen, noch beiim Abendmahl. Bei Leichen tragen sie nur die, welche es nicht besser vermögen, und beim Abendmahl nur Güterbuben, deren Bauern zu geitzig zu einem Wollhut waren. E Strauhut thuts sauft, er ist z'halb wöhlfeler und notti schwarz, u schwarz wird doch d'Hauptsach sy, sagt so ein geitzig Mannli, das nicht weiß, was d'Hauptsach bei Golt ist, bei dem aber d'Wöhlfeli d'Hauptsach ist.
Unter den Wollhüten sah man ernsthafte Gesichter,aber gerührte hätte man vergeblich
gesucht. Die Gedanken hinter den Gesichtern sah man nicht; es kam Manchem wohl. Es hätte
es sicher Mancher ungern gehabt, wenn man hinter seinen Augen hätte lesen
Hinter den Mannern kamen die Weiber, ihrer wenige aber schaurig schwarz und schwatzten nicht. Einige wischten die Augen, sie wußten kaum warum, wahrscheinlich blos so des allgemeinen Gebrauchs wegen.Andere machten sonderbare Augen, man wußte nicht,waren sie zörnig oder wollten sie lachen. Wollten sie vielleicht sagen: Hast du jetzt einmal, Feierabend, gäll,dä ist d'r cho ung'sinnet und dest' g'schwinger je länger du unsere Mannleni im Wirthshause versäumt hast.Gäll, jetzt hörst sagen, ume no Eini, ume no Eini!
Zuletzt schritt eine stattliche Frau daher, gut angethan, weinende Mädchen um siez das Kleinste führte sie an der einen Hand, während sie mit der andern das Nastuch vor den Augen hatte. Sie war ergriffen, man sah es wohl, aber was sie ergriffen hatte, das wußte män nicht. Es kann ein Weib gar Manches ergreifen,wenn es dem Sarge des Mannes das Geleite zum Grabe gibt; es kann die Liebe sein Herz zerreißen oder die Reue; es kann der Kummer für die Zukunft, oder der Gram über die Vergangenheit dessen Seele erschüttern. Am lautesten jammerte das kleinste Mädchen,ein fünfjähriges Kind, kein Zusprechen stillte seinen Jammer. Warum dieses Kind so jammerte, daß es den Nächsten die Seele zerriß und Schauer um Schauer durch die Gebeine jagte, wußte man.
Als es den todten Aetti sah, hatte es die Mutter gefragt: „O Müette, het d'r Aetti ächt
no bätet, eh er g'storbe ist, het er ächt o?“ „Wie wett er, er ist ja im Schlaf g'storbe,“
hatte die Mutter geantwortet. Da war das Kind in einen unbeschreiblichen Jammer versunken
und hatte immer gerufen: „su chunt üse Aetti
In die Kirche zum Gebete zog die Menge. Wie sie drinnen war, verhallte das Gloöcklein;
stille ward's,man hörte nur noch des Mädchens Schluchzen, das wurde aber auch dumpfer,
seltener, und bald hörte man nichts mehr, als vom Taufsteine her das ernste tiefe Gebet,
das den Menschen mahnet an seine Sterblichkeit und was ihm Noth thue, damit wenn der Herr
komme wie ein Dieb in der Nacht, im Schlafe eine Seele
„Wie geht's ihr wohl,“ fuhr der fort, welcher es ihr gebracht hatte, „kann sie wohl
bleiben, oder kehrt es sie?“ „Sie meint nichts anders, als furthfahre,“ antwortete ein
Anderer; „sie hat davon gesagt, wie es jetzt gehen müsse und häb im Sinn viel lah z'weg
z'mache.“„Dere könnte es noch anders kommen,“ antwortete der Erste, „entweder thut sie nur
dergleichen oder si chennt de nüt vo d'r Sache. Da werde no Sache füre cho,a die no
Niemere sinnet.“ „Meinst?“ antwortete der Andere. „Ih ha o afe neue e Ton g'hört, aber ih
ha du denkt, es wird afe gar viel g'schwätzt.“ Dieses Gespräch verbreitete sich, langsam
schleichend wie Feuer im Moose, doch nicht bis zu oberst an den Tisch, wo die Verwandten
saßen, auch nicht an der Weiber Tische,die abgesondert saßen, denn nicht ungerne thun die
zuweilen, als ob ihnen die Nähe des Mannevolks in der Seele zuwider sei. Das schickt sich
auch nie besser als an einer Gräbt, wo es sich ohnehin nicht schickt, Carlishof zu haben
und Gugelfug unter einander. Die sprachen davon, wie doch das Mädchen gethan hätte,wie es
ihnen dabei. afe fast g'schmuecht cohnmächtig)worden sei. Es syg ume es King, aber denen
werde manchmal was eingegeben, was große Leute nicht wüßten, und schon manches Kind hätte
etwas gesehen,Erwachsene hätten nichts bemerken können, gäb wie si g'luegt heyge. Sei das
wie es wolle, so sei es allweg
Lauter, jedoch gemessen, ging es bei den Verwandten zu, Brüdern des Gestorbenen, Brüdern
der Wirthin,und andern, die in näherm und weiterm Grade ihnen angehörten. Sie berührten
weder den Verstorbenen noch die muthmaßlichen Umstände desselben; sie redeten von ganz,
fremden Dingen. Zuerst redeten sie vom Korn, wie viel jeder use mach im Tenn von hundert
Garben, von welcher Sorte sie hätten, rothes, blaues,weißes; verabredeten Tausch und
sprachen vom Aufschlag und Abschlag, wie viel jeder zum Verkauf übrig hätte und ob der
Verkauf besser sei daheim oder auf dem Markt. Allweg löse man einige Batzen mehr auf dem
Markt, meinte ein Schalk, aber wie viel man dann davom heim bringe sei Gott bekannt,
manchmal alles, manchmal wenig, manchmal gar nichts. Mänchmal wüßte man, wo man die Sache
hinthäte und manchmal nicht, manchmal sehe man ohne Spiegel (Brille) das Gras wachsen und
manchmal könnte man
„Aberebo und wie steht's,“ fragte einer der Ersteren, welchen das Korn wenig interessirte, weil er keines pflanzte, „mit den Jesuiten, wollen wir bald dran hin,und sie austreiben?“ Da entstand eine lange Stille in Israel. Als Niemand was sagte, fuhr er fort:„An die hin hulf ich, und wer ein freisinniger Mann sein will, muß mit.“ „„He ryt emel afe, wennd'de nit g'fahre mast su mach Bescheid.““
Während der Erste eine bittere Antwort verbiß,antwortete ein anderer: „Ja so hat man es
bei uns,da will es einer an den andern lassen, und wenn am Ende Freiheit und Religion und
sust Alles verloren geht, fu wett de Niemere z'schuld sy.“ „„Ho, sagte ein Anderer, was
sell ist, so ha nih ke große Chummer;was d'Religion isch, su ha nih die selber, u emel
einist nimmt m'r die Niemer, u we m'r d'Pintewirthe myni
Die Wirthin war hereingekommen, war den Tischen nachgegangen, hatte sich entschuldigt,
daß Alles nicht besser sei, aber mi söll v'erzieh, wenn me selligs erlebe müß, su heyg me
i Gotts Name d'r Sinn nit, hatte eingeschenkt, hier und dort und endlich sich bei den
Verwandten niedergesetzt, wo man sie zum Essen nöthigen wollte, aber zur Antwort erhielt,
sie mög nit, si heyg e Tropf Suppe g'no u dä heyg si schier nit möge ache bringe u heygne
no z'oberist obe. „Es ist sich nicht zu verwundern, Base, sagte ein alter Vetter, der des
Gestorbenen Götti gewesen, wenn man so was erleben muß, so ung'sinnet u sövli jung noh; es
duecht mih, es syg erst gestern g'si, daß m'r neh kauft heyge u doKingbeiti du g'ha i dr
Kädere. Aber hest ihm de nüt ag'merkt, daß ihm öppe fehl?“ Diese Frage
„Natürlich habt ihr ein Hausbuch, u drinn wird's g'schriebe sy, wie's öppe gange isch uü
was d'r z'heusche heyt u was d'r schuldi syt.“ „„Ja so nes Buch g'schriebe, bald ha nih
Neuis dry g'macht, wenn ih glaubt ha, ih chönts v'rgesse. Aber das hey si m'r o
yb'schlosse, gäb wie nih gewehrt ha, es syg m'r gar uchumlig, wenn ih öppe oöppis ufmache
well, wo nih glaub, ih chönts v'rgesse.““ Die Männer sahen einander an; endlich fagte ihr
Bruder: „Z'best ist, du gehest vor die Gemeinde, der Schwager kömmt schon mit dir und
trägt ihr die Sache vor, emel einist cha nih a d'r Sach nüt mache.“ „„He das wär
g'späßig,sagte die Wirthin, du wirst doch öppe welle e Bruder a mer sy, u wirst öppe nit
bigehre, daß ih jetz no i
æ unöthig Köste chume. Wenn man mir öppe beistehn wollte, wie üblich und recht, so weiß ich, die Sache ginge, und vielleicht besser als vorher, aber wenn Niemand will, he nun sodann in Gottes Name, so weiß ich, wer es zu verantworten hat und was es einem nützt, Brüder und Schwäger zu haben.““ „He Schwester, sagte der Bruder, nur nicht so hitig, du hast noch immer einen Bruder an mir gehabt, aber alles auf der Welt hat seinen Gang und dem muß man den Lauf lassen. Es wär öppe noch nie erhört worden, daß man bei einem Wirth, wo so viel mit Wy Cumene, Käshändler, Herdöpfler u dere Züg, u sust allerlei Lumpepack in Verkehr gestanden, kein Benefizi ergehen ließe, du kämist in größten Schaden,glaubs, und, wurdist dene Zägge nie los. Wenn das gange ist, kann man dir helfen, dann wohl.“ „„Hans Uli hat recht, sagte der Schwager, grad so ist's.““ Das bestätigte der Götti auch und alle Manne,Schwäger und Brüder und andere Verwandte, die noch da waren. Die Wirthin verstund das aber nicht, sie wurde böse; sie sagte, sie sehe wohl, wie es ihr gehen werde, ‚'helfe begehre ihr Niemand, aber alles werd welle ufere sy u a re sugge. Es sei immer so gewesen und werde immer so sein, wer Wittwen und Waisen am besten b'schyße chön, dä mein, er syg d'r Größt. Sie hätte erst noch eine Geschichte aus dem Oberland obe gehört, wie vornehm Manne eine Wittwe hatten machen z'Geldstage, und ihr Vermögen hintere packt und eingesacket, und jetz werde man es ihr gerade so machen wollen. Selligs Geld heyg me hüt zu Tag nöthig, wenn me d'Bube well zu Herre mache, als ob me dere Mulaffen nit meh als gnüe hät.
„Los Schwester, darüber wollen wir jetzt nicht zanken, sagte der Bruder, wenn du es
änders inachen kannst, he nun so ists mir ja recht, ich will dir da gar nicht im Wege
sein.“ „„Ja, fagte die Wirthin,äber dann möchte ich noch einen rechten Mann für mir
anfangs beizustehen, nachher wird's schon gehen.“ „Nun deretwegen mußt auch vor die
Gemeinde, sie
Die Gedänken, welche Beide wälzten in ihrem Sinne, waren ganz andere, als die, welche sie hergehatten, g rüsteten Beide sich auf eine schwere eit.
Der Leser vernimmt wer begraben worden und wie derselbe seiner Zeit zu einer Frau
gekommen.Der Wirth, der begraben worden war, war eines angesehenen Mannes Sohn, welcher
bei der alten Regierung viel gegolten, daher mit manchem Pöstlein beehrt worden war. Diese
Pöstlein hatten ihn jedoch nicht reich gemacht, wenn er gleich ein Schönes daraus zog.Er
hätte viel Land und viele Kinder; der Pöstlein wegen mußte er viel von Hause weg sein, da
weiß jeder, wie es geht, besonders wenn däheim keine Frau waltet, welche Hosen an hat und
die Hand am Arm.Eine solche hatte er aber nicht. Wenn der Vater ein vornehmer Mann ist, so
meinen die Kinder gerne, sie müßten dem Vater z'Lieb und z'Ehr großen Staat machen, und
der Vater ist oft Gäugels genug und meint,es sei so. Wenn dabei viel gebräucht und wenig
gearbeitet wird, so denkt er, das mögs wohl erleiden, so ein Paar hundert Franken jährlich
vom Himmel oben aben, man wisse nicht wie, glichen Alles wieder aus.An eins aber denkt er
nicht, obgleich er eigentlich seiner vielen Aemter wegen mehr Verstand hätte haben sollen,
als gemeine Leute. Er dachte nicht daran, daß seine Kinder an viel brauchen und wenig
werchen sich gewöhnten. Und, wenn er auch Land und Heustocke rechnen könnte wie Schnupf,
mit und ohne Krümpe,mit und ohne Träm oder Fußwege, so konnte er doch den Unterschied
nicht heraubrechnen, welcher entsteht,
„Sie hat verflucht gute Schulen genossen und alles Mögliche darin gelernt; es hat Tage gäh, wo sie füfzehnergattig g'ha hey. Da lert me angers, as da so i de ordinäri Schüle, wo me geng am Glyche lyret. Si hey voo d'r G'schicht g'ha und vo d'r Erdkugle, vo z'vorderist bis hingerus, u wie mänger Gattig Affe es git,hets punktum gewüßt, u wie sie hebe u wie sie thue.ADDDDhet ne Alles, u b'fungerbar d'Affe, chöne so bigryflich mache, daß es eim duccht het, mi hey fry eine vor d'r Nase. U du ists im Weltschlang gsi u het brav gelert;gäb wie liecht es si b'sinne cha, su chas no alles säge und wenn's scho nit geng weltschet, su wird me nihms am manierlich rede syr Lebtig a merke, a merci u si vous plait und pas du touf. Es tanzet hööllisch gut und het Konverfation; es ist einist auf dem Dämpfschiff g'sahre und das erzählt es einem so oft man will und recht kurzwylig; und arbeiten kanns auch und zwar schön, brodire, Kindskäppeli mache und lue, dä Geldseckel het es m'r g'lismet; das ist öppis angers als so grad ane e wullige Strumpf. Du glaubst nicht, was das für ein Unlerschied ist zwischen einer gebildeten Person und einem groben Mensch, auf 100 Sqritt sieht man ihn. Selb ist Bildung.“
S'ist schön diese Bildung, verflümeret schön. Wenn dann diese Gebildete zu einer Hausfrau
geräth, so hats diese Bildung nicht selten wie schlechte Indienne, wo nach ein paar Wochen
e Uflath wird, den man gar nicht mehr ansehen mag. S'ist aber kurios, nach dieset Bildung
wird hauptsächlich beim weiblichen Geschlecht gebrüllt, wie bei einer Feuersbrunst nach
Wasser. Beim männlichen Geschlecht, versteht sich Ausnahmen abgerechnet, fordert man blos,
daß Einer sich recht lustig machen, schwatzen und flattiren könne, und einige sind, die
sich am liebsten von Schnäuzen flattiren lässen. Die
Da man ihn zu Hause recht gut entbehren konnte,so wurde beschlossen, er solle das Metzgen lernen. Das ist auf dem Lande das adeliche Handwerk, wie in den Städten der Weinhandel der adeliche Handel war. Stephan ließ sich das recht gerne gefallen. Er lernte das Metzgen, so wie es ein junger Sohn lernt, der Geld im Sack hat und Muggen im Kopf. Daheim machte er, was er gerne wollte, und wenn er über Land mußte dem Veh nach, so kam er heim, wenn es ihm gefiel. Daneben gerieth er zum Scharfschütz und wenn irgendwo ein Schießet war, so fehlte Stephan nicht, und wenn er in Garnison mußte, so kam seinen Vater allemal das Seufzen an.
Die Lehrzeit dauerte nicht lange. Metzgerknecht sein,sich binden, wollte er begreiflich
nicht, das wäre seinen Ehren ein Abbruch gewesen. Er ging also wieder heim,sollte im
Sommer wieder werchen, im Winter dann auf gut Schick passen, ob irgend ein Vetter oder
einer der d beim Vater in Gunst setzen wollte, sich seiner erbarme und ihn anstelle um
seine Sau oder zwei zu schlachten, oder ob irgend eine ihrer Kühe so gefällig
Da kam die neue Ordnung der Dinge und bald darauf wurden die Concessionen zu
Wirthshäusern so häufig ertheilt, daß allenthalben das Gelüsten entstund zu wirthen um
ring reich zu werden. Das kam unsern Stephan auch an und sein Vater, den er so zu drehen
gewußt hatte, daß er um seinen Kredit nicht gekommen war, hatte nichts darwider, sondern
meinte, man müsse d'G'legeheit profitire und nuße, wenn Nuß syge. Zu einem Wirthshaus
wolle er ihm schon helfen. Dazu aber, sagte er, gehöre eine Frau, welche Geld habe;viel
könne er ihm nicht geben, öppe es kuraschirts Mönsch, das der Sach wisfse vorzustehn und
den Leuten anständig sei, nit öppe so nes z'Tschaggeli, so nes Inderonsi wo me nit wüß,
was hinger 'oder vorfert yg. Ein luftiger Bursche, wie Stephan, hatte begreiflich schon
manche Liebschaft gehabt, aber die einen waren erkaltet und aus andern hatte es sonst
nichts gegeben,so daß er in diesem Augenblick wirklich nichts angesponnen hatte, also das
Herz frei war und nirgends weder Schleiftrog noch Kette. Nun hätte man denken sollen, die
Familie sei zu Rathe gesessen, hatte eine Landkarte zur Hand genommen, worauf die
Wirthshäuser verzeichnet gewesen, und nun nachgedacht und nachgefragt, wo ledige Töchter
seien, die z'Sach verstünden und Geld hätien. Aber daran dachte man nicht von Ferne. Im
Kanton Bern herrscht der Glaube, und selbst auf der Hochschule (damals florirte sie jedoch
nicht wie jetzt) wird ihm nicht widersprochen, daß man eigentlich z'Sach nicht zu lernen
brauche, sondern wer Couraschi hätte, sie auch könnte; zwar nicht aus Gottes Gnaden,
sondern von Rechtswegen; denn die Aristokratie des Wissen soll ja abgeschaffi sein im
Kanton
Für solche Freundinnen ist ein solcher Auftrag fast,was himmlisches Manna, wenigstens
eine der größten irdischen Wonnen. Wie die davon stoben, dann wieder daher stoben, zu
b'richten hatten und die Hände verwarfen und nöthlich thaten. Wenn man sie hörte, so
24 Vater so wenig als möglich und für Lustbarkeiten gar nichts, wollten sie was Besseres
oder was Lustiges, so mußten sie es erlistelen oder erstehlen; sie übten sich in beidem so
gut sie konnten. Werchen mußten sie wie d'Roß. Duße werche, grad ane dryschlah konnten
sie,daß es einem fry drab grusete. Aber daheim war keine dressirt; sie konnten kaüm den
Schweinen kochen, geschweige den Menschen. Nähen konnten sie so viel, *im Nothfall die
Fetzen am Fürfuß niernähen zu können, wenn sie ihnen über die Schuhe hinaushangen wollten.
In einem halben Tag brachten sie so einen Fürfuß zur Ordnung im Schweiße ihres
Angesichtes;den andern Tag ruhten sie von ihrer Arbeit, und am dritten Tage nahmen sie
erst den zweiten Fürfuß übers Knie mit Angst und Seufzen. Von Lismen war keine Rede, ward
dasselbe dringlich, so nahm man ein Solothurner Mönschli auf die Stör oder gar zwei. Die
Leute waren b'sunderbar berühmt von wegen der Häuslichkeit und von wegen der Brävi, und
was die Leute nicht sahen, das wußte die Mutter ihnen aufs Brod zu streichen, damit sie es
auf die Dromme brächten. Kurz näch einander starben die Eltern am Nervenfieber und
wirklich war da Geld unter die Kinder gekommen.Die Töchter hatten ein artig Schübeli
abgekriegt. Da fand Steffen was er wollte und zudem sehr freundliche Aufnahme; er war in
Verlegenheit, wie wehren; es hätten ihn alle drei Schwestern gerne gehabt und er konnte
doch nur eine nehmen. Wir wollen ihnen nicht nachreden, daß sie lieber als andere
Meitscheni Männer gehabt hätten. Aber so z'Leerem, für nichts und wieder nichts, arbeiten
viele Schwestern nicht gerne bei den Brüdern, haben bös, müssen Jungfrauen vorstellen und
am Ende in der Vogtsrechnung noch sehen, daß sie nicht einmal das Essen verdient, sondern
noch ein ordentlich Tischgeld schuldig geworden. Darum stellen sie lieber was für sich
selbsten an, wo sie, wenn es gewerchet sein muß, doch wissen, für wen sie werchen.Steffen
entschied sich bald. Er wollte Eisi, die lüftigst und lustigst von allen, die läuferlen
konnte, daß einem
Eisi's Eltern, z'Bure ufem Gugger, waren sogenannte ehrbare Raggerleute, sie galten für brav, aber daß sie es in Mein und Dein besonders exakt nahmen,selb war nichtz sie hatten nicht großen Verkehr mit der Welt, weil sie immer von der Welt fürchteten, betrogen zu werden; aber wenn sie eine Sau oder ein Kalb bei der Gewicht verkauften, so sparten sie das Füttern und Stopfen nicht, es bringe immer sövli, meinten sie, und der Metzger hätte allweg z'Bessere.
Sie lebten karg in Kleidern und Essen; besonders so weit der Vater es zwingen konnte, und
wenn die Kinder an eine Lustbarkeit wollten, so setzte es allemal Händel ab. Aller
sogenannten Freude war der Vater feind und hielt die Kinder davon ab. Aber der Kinder Sinn
so zu lenken, daß sie an etwas anderm Freude kriegten, das that er nicht. Der Kinder Auge
nach etwas Höherm zu lenken, das ihnen ein Genügen geben konnte, that er ebenfalls nicht;
der Kinder Herz durch Liebe und Gemüthlichkeit so zu fesseln, daß sein Sinn ihr Sinn
wurde, sie mit Freuden ihm zur Hand sprangen, das that er wiederum nicht. Er haßte alles
Lesen,es trage nichts ab, sagte er. Er brummte oft über das Kirchen gehen, besonders bei
schlechten Wetter; man mach d'Schuh dure u heyg nüt d'rvo, man sei ja unterwiesen worden,
und sött öppe wüsse, was me z'thue und z'glaube heyg, meinte er. Auch führte er keine
geistlichen Gespräͤche mit seinen Kindern, außer wenn
Wie diese Frau in sechs Wochen Wirthen ernu t.Auf der Gnepfi hatte sein Vater ihm ein
altes Haus gekauft und eine Concession richtig erhalten. D'Gnepfi lag an einer Straße,
Steffen hoffte dabei aber noch,daß akkurat bei seinem Hause künftig eine zweite Straße
sich münden werde. Und wenn die Leute seine Hoffnung auslachen wollten, so lachte er noch
mehr und sagte: er verlasse sich auf gute Bekanntschaft und auf einen Zapfen oder zwei,
käme es ihm nicht an. Da ließen sie nun bauen, z'wegmachen, einrichten, und während das
geschah, sollte Eist geschwind das Kochen lernen. Steffens Mutter hatte bald gemerkt, wie
es mit Eisi's Kochkunst bestellt war und daß die Schweine allemal gränneten, wenn Eist
ihren Hafen in Obhut gehabt hatte. Sie gab daher Steffen unterm Fuß, Eisi sollte doch
wäger noch ein wenig kochen lernen, es sei nicht einmal im Stande für d'Tauner z'koche und
d'Handwerkslüt, geschweige denn für Neuis Grechts, e Kindsbetti, es Hochzyt oder gar für
d'Grichtsmanne. Steffen begriff das. Er aß nicht ungern was Gutes und Eisi
Eisi imponirte auch damit und Steffens Leute konnten sich nicht genug verwundern, wie Eisi afe geändert heyg in 6 Wochen, es sei schon eine ganze Wirthin,chön rede wie nes Oergeli und d'r Sach d'r Täsch gäh vom Tüfel. Steffen hatte rechte Meinig mit Eisi, sagte allenthalben, er sei g'fällig g'st, er häts breicht, aber bis er die gehabt, heygs Mües g'ha; z'Auslesen hätte ihm mehr Mühe gegeben, als albez de Bern Metzgere d'r Ostermändigstier, Und wenn Eist so freundlich ünd holdselig die Leute einlud, si soöͤlle st doch d'Ehr gäh,un si b'suche, so dachte er, das chöm gut, grad so müsse man mit den Leuten sein, un mit süße Worte chön me d'r sur Wy z'halb verbessere. So dachte Steffen, von wegen in den Sprachformen war Steffen eben nicht stark. Auf die Kälber verstund er sich etwas besser, obgleich er auch in dieser Wissenschaft kein Hexenmeister war.
Wie Wirth und Wirthin floriren und wie die Wirthschaft blüht.
So begann die Wirthschaft unter den glänzendsten Aussichten, denn der Zulauf war über alles Erwarten groß und der Verbrauch dem Zulauf angemessen.
Steffen hatte also ein schön Schübeli Geld von seiner Frau, fast 10000 Pfund. Mit so viel
in Händen fangen gar Viele nicht an, das merke man sich wohl.Zudem meinte er noch ein
Bedeutendes von seinem Vater erwarten zu sollen, und das meinten auch noch andere Leute.
Einen Theil seines Weibergutes zahlte er an sein Heimwesen, einen anderen Theil verbaute
er, der Rest blieb ihm zur Einrichtung, zu Anschaffung von Wein und anderen Vorräthen.
Vieles und namentlich Wein brauchte er nicht baar zu zahlen, viel blankes Geld, wie er es
nie gehabt, blieb in seinen Händen, alle Tage kam ihm anderes zurück, alles wollte zum
neuen Wirth, luege wie es dort sei und weil neue Besen gut wischen thäten. Zufällig waren
auch mehrere Extra-Anlässe: Märkte in der Nähe, Musik, Zusammenläufe, Musterungen, sogar
eine Feuersbrunst eben recht weit, daß man nichts zu riskiren hatte, nichts umsonst
liefern mußte, und doch alles diesem Wirthshause zulief, weil es außerhalb des Gedränges
das nächste war. Kurz sie hatten Geld zum Fressen. Steffen und sein Eisi waren wie in den
Lüften, mehr lösen nützte nur nichts, meinten Beide. Eisi machte die lustige Wirthin; was
es in der Küche war, hatte Steffen gar nicht Zeit sich zu achten; an das, was gebraucht
wurde, dachte kein Mensch, alles gelöste Geld schien Gewinn, und was Steffen trieb und
g'werbete, das dünkete Eisi lustig, und was es koste oder nicht koste,darnach frug es
wenig. Eist war von Haus aus gewohnt, alles was man im Hause hatte, zu betrachten als
koste es nichts, und wenn zuweilen die Mutter über etwas brummte, so hieß es: „eh das wird
ja nit sövli machen, das kostet ja nut, mir heys ga selber !
Köchin oder sonst einer Magd zu erwarten gewesen?Diefe brauchten natürlich auch was sie gut dünkte, setzten auf Vorräthe keinen Werth, ließen es sich behagen,dachten nicht daran etwas zu Ehren zu ziehen, z'Sach in ein Maß zu bringen, z'mödelen, daß die Leute wohl waren und doch nicht gischändet wurde. Man kochte Haufen, zumeist z'halb viel und wenn die Säumelchtern und die Schütisteine reden könnten, die hätten einem sagen können, wie viel in sie spazirt sei. Es wäre die Frage, ob damit nicht eine eben rechte Haushaltung nig davon, von wegen es gab schon Mühe, sie heißen hineinkommen und ihnen etwas z'weg z'machen, und mehr Mühe, als sein mußte, gab sich Niemand. Geld ist rasch gegeben, besonders wenn man es mit Kreuzer und Halbbatzen nicht genau nimmt, darum gab man Bettler Geld, wenn schon der Kuchischaft voll Sachen war, die kein Mensch mehr anrührte, die den Schweinen beizt waren. Dessen ungeachtet galt Eisi allenthalben als eine gute Frau, und weil es nicht meinte, es müsse alles regieren und in alles reden, wie es Leuten,welche eine Sache gar nicht oder höchstens halb verstehen, gerne anwohnt, sondern mit seinen Mägden auf gutem Fuße stand, so achtete man allfällige Dummheilen nicht, brachte sie ihm nicht aus, sagte höchstens:es sei noch ungewohnt, es sei sich aber auch nicht zu verwundern, so von einem Bauernorte her, wo z'Jahr aus z'Jahr ein nichts gekocht werde als Erdäpfel und Kaffe und über den andern Sonntag Sauerkraut und Fleisch; so eine Aufgeheiterte wie die, werd scho no lere, was sie mangle.
Nebenbei hatte Eisi noch viel Schönheitssinn, der war hauptsächlich geweckt worden in
ihrer Studienzeit bei ihrer Freundin. Die erste Einrichtung ihres Hauses war begreiflich
dürftig und oberflächlich. Eisi hatte bei der Theilung Hausrath und etwas von Bett und
Bettgeräthe erhalten, Steffens Mutter hatte auch was gegeben, anderes angeschafft, für ein
Sündengeld meinte sie, hoffentlich hätten sie jetzt für ihr ganz Lebtag genug.
Nun hatte Eist aber auch eigene Gelüsten. Es hatte bei seiner Freundin, welche an einer
großen Straße wohnte, große Herrlichkeiten gesehen, von Umhängen,Spiegeln, Möbeln, Uhren,
Gemälden, kurz allerlei,womit man in einem Wirthshause Staat mächt, und nun ließ es ihns
gar nicht leben, nicht von dem allem haben zu sollen. Daß ein großer Unterschied sei
zwischen den Wirthshäusern, daß die einen mit Uebernächtlern gesegnet werden, andere nur
flüchtige Gastig haben; die einen eine Ausspannstation, andere blos gerecht für
Zwischenfutter; die einen blos da seien für
Fasttage vorübergehen und die Fleischzeit ihnen wieder aufgeht. Und was so eine sechswöchige Stör an den Töchtern anschlägt, es ist unglaublich! Das merket Niemand besser als der Schimmel, der sie geholt hatte und nun wieder heimführen muß. Diese Töchter wissen nun wieder viel, was hier und dort Schönes sei, anzugeben, was wohl stünde und fast gar nothwendig sei, ja sie verstehen sich auch etwas von Kleidungen und Moden, und wissen zu erzählen, wie doch diese Wirthin versehen sei mit Sachen, man glaube es nicht,und wie jene einen Staat habe, siebenzehnmal könne sie sich ganz anders anziehen und man wisse gar nicht wann am schönsten, so neu, proper und kostbar sei alles.Was solche Nachrichten für Bewegungen erzeugen in der Brust Einer von denen, welche von der Eva abstammen, man kann es gar nicht glauben.
Eine Pintenwirthin oder so eine Speisewirtbschäftlerin, die lache nicht über Eist und ihre Bettmacherinnen. Eisi hatte einen Gasthof und 10000 Pfund baar Geld gehabt. Das ist was anders als so ein gemein Pintli und d'rnebe nichts als ein Sonntagkitteli und ein Werktagkitteli, 23 Mänteli und 3 ganze Hemmeli.Und wenn sie es hätten, so wär bei Vielen der Unterschied nicht so groß, von wegen der Sinn wäre der gleiche, und was man nicht im Großen treiben kann,das treibt man im Kleinen und am Ende kömmts auf eins heraus. Aus einem Kaffekacheli nimmt man mit Kaffelöffelne, aus einer Suppenschüssel mit Suppenlöffeln, und am Ende wird eins leer wie das andere,die Suppenschüssel und das Kaffekacheli.
So brauchte Eist allerdings sehr viel Geld, aber so vpiel es brauchte, es fand immer
welches im Schublädli: und wie viel es ausgab, das wußte es nicht,aufgeschrieben wurde es
nicht, und es sonst zusammenzurechnen, wäre Eisi eine Kunst gewesen, denn Hexen und
Rechnen kam ihm ungefähr gleichbedeutend vor. So ging es z. B. lange, ehe es sich
eingeprägt hatte, wie viel es bringe, wenn einer 8 halbe Schoppen 10batzigen Wein gehabt,
oder gar 3 Schoppen 6batzigen. Eisi hätte
Auf einmal war er nicht blos in einer unabhängi Lage, sondern er kam sich vor wie ein srage üng.
Da strömte Alles herbei und machte ihm den Hof,scharwänzelte um ihn herum und rühmte ihm alles vom Hund weg bis zur Frau. Die Weingumene schneite es förmlich daher, wie den 28. Jänner 1845 den Schnee.Wirthshäuser sind den Weingumene, was Mäuselöcher den Katzen, und absonderlich neue Wirthshäuser. Begreiflich kömmt es viel darauf an, wer hier zuerst den Fuß in Hafen setzen, den Wirth oder die Wirthin andrehen und am Bändel kriegen kann, indessen mit aller Vorsicht. Blos wegen des Wirthes schönem Gesicht und der Wirthin lüftigem Wesen setzt man seine Fässer Wein, wie wenig sie auch werth sein mögen, nicht aufs Spiel. Man nimmt daher Informationen auf, hier,dort, bei alten Kunden, alles mit aller Vorsicht, wie das Vermögen beschaffen sei, ob man trauen könne herzhaft oder blos so probiren dürfe mit einem oder zwei Fässern vom Mindern. Als nun bei Steffen die Informationen so vortheilhaft lauteten, daß sie die Gumene lange nicht glauben konnten, denn ein neuer Wirth, der 10000 Pfund erweibet und noch ein Schönes von Hause zu erwarten hatte, der war ihnen lange,lange nicht vorgekommen. Sie jagten sich daher fast die Fersen ab, überschütteten Steffen und seine Frau mit Höflichkeiten und Komplimenten, von denen beide nie nur geträumt hatten. Sie wirten vom Besten auf,sagten, wie glücklich sie sich schätzen würden, wenn sie in ein solches Haus den Wein fourniren könnten, garantirten, wie sie, könnte ihn Niemand liefern und wenn man ihnen es überlasse, so wollten sie wetten,in wenig Monaten nehme Steffen allen Wirthen in der
Umgegend die Gastig weg, und über die Gasse brauche keiner mehr eine Maas. Wenn nun Einer
so zärtlich und zuversichtlich sprach, absonderlich in trauten Abendstunden, welche dem
Weinhandel besonders günstig sind,so gestalteten sich diese Stunden zu den
glücklichsten,welche Steffen und Eisi je erlebt hatten. Sie waren noch neu in der Welt,
hatten noch nicht viel Gumene erlebtz sie glaubten, was so traulich aus dem Munde klang;
sie sahen sich schon im Besitz der größten Kundsame und ganzen Steingruben voll Geld; sie
machten per se Bestellungen, und träumten ganz selig von Glück und Reichthum, bis die
Sunne längst hungerig war und an viel Tausend z'Morgenessen sich bereits vom Zuluegen
gesättigt hatte. So ging es init den Käsmannen, so ging es mit den Liquörfabrikanten, so
mit den Esstgmachern, so mit den Bäͤckern und Müllern; ja selbst Bauern kamen und trugen
Steffen Feißes an.Die Gerber kamen und wollten einen Stich mit ihm für die Häute machen,
und die Kerzenbaggler sein Unschlitt haben, nicht weil sie nicht schon fas zu viel hätten,
indessen seiner wäre ihnen gerade jetzt sehr anständig, es sei ein Fall darnach. So hatten
sie fast wie Fürsten und Könige einen besondern Hofstaat um sich, der sie verehrte, die
Hände ihnen unter die Füße legte, und sie auf denselben bis zum Himmel hob;einen Hofstaat,
der nicht bloß von ihrer Gnade zu leben, sondern oft mit einem bloßen gnädigen Blick
zufrieden schien. An der Aufrichtigkeit dieses Hofstaates hatten sie keinen Grund zu
zweifeln, denn was sie bestellten, das war gut, oft besser als das Muster. Ganz dumme
Leute nimmt man bekanntlich nicht zu Gumene,sondern solche, welche einen Unterschied zu
machen wifsen unter den Menschen, zwischen neu zu erwerbenden guten Kunden und
verdächtigen Kunden, zwischen alten guten und alten schlechten, auch solchen, die so oft
als möglich Weinhändler wechseln, weil sie von jedem neuen Händler neuen, Kredit hoffen.
So ein neuer solider Kunde kriegt die beste Waare, wird ausgesucht bedient;man will ihn
nicht blos zufrieden stellen, sondern man
Wie gesagt, viel leichter hat es der Wirth, und naneatie wenn er im Rufe steht, Geld zu haben,im Ruf ist, den besten Wein auszuschenken, er kann voll Schulden sein, wie ein Hund voll Flöh, und doch noch im Gelde krüscheln.
Steffen hatte allerdings Gastig, daß es ihm zuweilen fast g'schmuecht werden wollte, und er streng daran dachte, von Grund auf neu zu bauen. „Wenn man doch z'Sach recht übersinnete, und wenn man alles zum Voraus wüßte, so wäre man bald reich“, sagte er oft.Er hatte allerdings den besten Wein weit umher, weil jeder Gummi das Pré haben wollte bei ihm und er das Mischeln noch nicht verstund, oder besser gesagt,zu verstehen meinte. Zu Essen bekam man wohl hier oder dort es feiner, aber so viel Fleisch um 6kr.oder 3 kr. kriegte man nirgends, und bekänntlich gilt bei der Majorität die Quantität und nicht die Qualität. Man traf immer Leute an, es ging kurzweilig zu und genau wurde es nie genommen mit der Zeit. Es verwunderte die Leute oft, daß man da machen konnte was man wollte; die Einen meinten, Steffens Vater mache bas obe gut Wetter, andere aber suchten die Ursache näher und sagten, mit einem Schoppen Rothen,einem Schnäfeli Fleisch und d'r Frau albeeinist oöͤppis hey, könne man schon viel zwängen. Man vernahm da etwas, und war doch nicht so nahe bei Hause, daß die Weiber es in die Nase kriegen und alle Augenblicke einen heim holen lassen konnten.
So war Steffen daheim wie ein König, und es gab Tage, wo er zehn Maß hätte trinken
können, ohne daß es ihn einen Kreuzer gekostet. Doch so uverschant war er nicht, er nahm
nie mehr als er mochte, und er war dann doch nicht, daß er nicht hie und da auch noch eine
Halbe gezahlt hätte. Kam er aus dem Hause,
48 nur umsonst, sondern zumeist fielen ihm auch alle Auslagen für das Fuhrwerk auf.
Diese Ausfahrten an eine simple Hudelten waren jedoch nicht die theuersten, mit 40 oder
50 Btz. kömmt man schon weit im Tag. Aber Steffens Frau wollte nicht immer daheim sein,
wollte mit dem gleytigen Byggerli auch ausfahren, luege, wie das t'schädere,wenn man in
eine Stadt fahre. Steffen nahm seine Frau nicht ungern mit auf Märkte, führte sie zu der
Bettmacherin, wenn sie Herzensangelegenheiten mit dieser zu verhandeln hatte, oder
begleitete sie, wenn sie hier und dort als Gotte zuchesta mußte. Das waren theure
Ausfahrten, die nicht mit 4 oder 5 Fr. abgethan waren. Die Weiber bleiben in der Regel
vielmehr bei Hause als die Männer, und gar manches Weib wird,wenn der Mann fort ist, vom
Gedanken beschlichen:„was het er ächt Gut's, wenn ih doch o ume d'rvo hätt', wie viel
v'rthut er m'r hüt aber, u ha nih nüt d'rvo ?“ Daher die an vielen Orten stattfindenden
Gebräuche, zu kücheln an den Markttagen, damit die zu Hausebleibenden auch was Gutes
hätten, oder nach der Zurückkunft vom Markte mit der Frau noch ins Wirthshaus des Dorfes
zu gehen und ihr dort aufstellen zu lassen aus dem ff, oder ihr wenigstens eine Halbe
heimzukramen, damit ihre Phantasie von dem Ausspinnen der Herrlichkeiten, welche der Mann
zu sich genommen, abgelenkt werde. Geht nun der Mann mit dem Weibe z'Märit oder sonst an
irgend ein Fest, so darf er nicht sparen, er muß mit dem Besten aufwarten lassen, das
Wohlleben der Frau ist Nebensache,Hauptsache ist die, daß sie sehe, der Mann gönne es ihr
und meine nicht, er wolle Alles nur für sich alleine brauchen. Wo Sparen die Haupttugend
ist, gut Husen Lebenszweck, Geld ausgeben immer als eine Ärt Sunde,wenigstens als das
groößte aller Uebel betrachtet wird,da muß man nicht darüber lachen, wenn eine Frau es als
die innigsten Liebeszeugnisse (und ein Weio, sei es aus welchem Stande es wolle, ist
immerdar gerne geliebt vom Manne, auch wenn es selbst ihm nicht viel
So muß der Mann aufwirxen lassen und hat dabei noch den Nachtheil, daß die Frau
hintendrein, wenn sie genug gegessen und getrunken hat, glaubt, es gehe allemale so, auch
wenn sie nicht dabei sei, während doch wirklich der Mann sehr oft viel bescheidener
lebt,wenigstens des Essens halb, vom Trinken wollen wir es nicht behaupten. Dieses war
jedoch nicht die Hauptausgabe. Eisi hatte die Schwachheit aller Weiber, nirgends hingehen
zu können, ohne zu krämerlen und zu kramen, in hohem Grade. Es konnte bei keinem Laden
vorbeigehen, ohne stille zu stehen, Steffen einen Mupf zu geben und zu sagen: „Nei aber
lue doch, g'schau doch, vo dem hey m'r o no nüut, sötte m'r nit v dere ha, was chost das
ächt, gang frag doch.“ Eist war selten von ihrem Gugger weggekommen, hatte die
Herrlichkeit der Welt wenig gesehen, bildete sich nun ein,wer Geld habe, der müsse alles
anschaffen, was zu kaufen sei; für was hätten es die Leute gemacht, wenn es nicht nöthig
wäre, und daß es die kauften, wo es vermöchten? So krämerlete und kramete dann Eisi, daß
Und doch waren das nicht die kostbarsten Tage, es gab noch viel theurere. Von diesen
Tagen brachte man doch etwas heim, hatte für sein Geld etwas, von denen aber, von denen
noch zu reden ist, hatte Steffen gar nichts, als höchstens einen sturmen Kopf und Kyb im
Lyb. Wenn es strub Wetter machte, daß den Krähen das Fliegen erleidete, die Wirthshäuser
in ungewohnter Stille dalagen, dann kamen zwei, drei, viere daher, man wußte fast nicht zu
welcher Thüre ein, sie fanden sich mit Steffen in einem apparten Zimmer zusammen; 8 wurde
abgesessen und gespielt und zwar nicht blos geramst um eine Maaß oder zwei, sondern wenn
lauter die Rechten beisammen waren, so wurde geländelt, sonst aber g'mutzet und beetlet.
Beim Ländeln konnte es auf 100 bis 200 Fr., ja noch höher gehen,und Steffen hatte oft das
Unglück, daß es ihm so ging.Er hatte das Unglück, daß er mit ausgemachten Spielern spielen
mußte, von denen zwei einander so gut verstunden, daß Niemand gegen sie aufkam, daß sie
jedem das Hung nahmen, daß man oft fast zum Glauben verleitet worden wäre, sie seien nicht
blos ausgemachte Spieler, sondern ausgemachte Spitzbüben, wenn sie sich nicht so hoch und
theuer verflucht hätten, es soött eine z'Hergetts sy und säge, si b'schyße, dem wette si!
So war Steffens und Eisi's Anfang in ihrer neuen Laufbahn, so viel versprechend und
hoffnungsreich wie selten einer; sie erkannten es auch. Sie gehörten unter die Wenigen in
der Welt, die wenig oder nichts zu klagen halten, nichts schriftlich, nichts mündlich,
nichts
Eisi aber saägte: Dasuf em Gugger obe, wüß me nit was lebe syg, ja mi syg fry gar ke Mönsch, erst sit es d'r Steffe heyg, wüß es o bppe, was lebe syg u wie mes haschön i d'r Welt. Es möge gehen wie es wolle, so werde es Steffen nie v'rgesse, daß er's erlösst habe us der Wildnuß und ihm d'rvor g'si syg,daß es nit öppe so ne Ragger Bur heyg müsse näh,wo's Niemere gut heyg weder d'r Hung, wo am Schatte blybe chön, wenn die angere alli duße werche müsse.U nit üme das, er syg sust no gut gege ihm u gönn ihm z'Sach, un oppi z'weni heygs ihm no nie g'macht.U d'rnebe syg er de öppe Eine, wo e Frau Freud ha chön an ihm, u si de notti nit schäme müß, wenn si mit ihm usryt oder sust mit ihm vor d'Lüt chöm.
Sie waren also glücklich und bekannten auch ihr Glück ohne Hehl; sie thaten nicht so dumm, daß sie meinten, sie müßten auch klagen, so des allgemeinen Brauchs wegen, oder sie müßten ihr Glück verläugnen,der Menschen wegen, man gönne es ihnen sonst nicht mehr und suche ihnen zu schaden, wo man könne und möge.
Wirklich lachte ihnen das Glück. Doch der reine Spiegel, auf dem das Glück rein sich
wiederspiegelt in die Länge, der gute Boden, in welchen das flüchtige Glück feste Wurzeln
fassen und in feste Zustände übergehen kann, die fehlien ihnen. Wo diese fehlen, verzerrt
des Glückes Lächeln sich, wird zum Grinsen, wird das Glück zu einer Morgenwolke, die
vorüber fährt,
Von der Fortbildung überhaupt und von Steffens und Eisi's Fortbildung ins besondere.Wenn
dem Menschen das Glüück lächelt, wenn es seine Fülle in dessen Schooße ausgießt, da drohen
ihm schwere Gefahren. Nicht umsonst sagt Christus, es gehe ringer ein Kameel durch ein
Nadelöhr, als ein Reicher ins Himmelreich. Nach heutigem Sprachgebrauche ist Reich und
Glücklich fast gleichbedeutend. Man kann nicht wohl sagen, sie hatten beide keinen
Glauben, das ist bald gesagt und selten ganz wahr. Hätte man ihnen diesen Borwürf gemacht,
so hätten Beide einen der Lüge geziehen. Steffen hätte gesagt: daß er dann öppe alles
glaub', was einem d'Prädikante sage, selb sei nicht,söpli dumm sei man gottlob hürmehi
nümme, aber daß öppe e Gott syg, wider selb heyg er nüt, selb werd sy, er glaubs selber o.
Eisi hätte gesagt: selb sei eine verfluchte Lugi, es nähmte ihns doch Wunder, wer einem
solches aufbrächte, es sei unterwiese wie e angere u daß öppis angers no syg, wüß es
vielleicht no besser as es angers, vo wege, sy Großätti heyg einist d'r Tüfel selber
g'seh, wo ner vo nere Fuhrig hey cho syg,bim Kehrumthürli im G'häre. D'Roß syge erschücht
und läng Stück heyg me se nit ume funge, eys syg hie i de Tanne b'hanget g'si und eys dert
i junge Buchlene. D'r Großätti heyg me hey brunge, er heyg gar nüt vo nihm selber g'wüßt,
u längi Zyt heyg me nit g'wüßt, ob er mit em Lebe d'rvo choöm oder nit.D'rnebe aber mein
es nicht, daß es alle Sunde z'Kilche well, un öppe gar no z'Kingelehr, u d'm Lese heygs
nie viel nahg'fraget und jetzt hätt' es erst nit z'Zyt d'rzü.Das werd aber öppe nit viel
mache. Schlechts mäch es nüt, d'rnebe syg es e Sünder, wie öppe alle, Lüt.Aber was d'r
Bruch syg, i selbem fehls o nüt; wes
Von diesem Glauben hatten unsere Leutchen also keinen Begriff, hatten also keinen festen
Boden, auf welchem sie feststunden, heute und morgen die Gleichen.Sie wurden auf den
Wellen der äußern Eindrücke geschaukelt, und diese Eindrücke wirken ein, zeugen
Empfindungen und Werke, je nachdem die thierischen Saiten im Menschen gespannt sind, je
nachdem er kalt oder warm hat, schläfrig oder wach ist, gegessen oder getrunken, Kopfweh
oder Bauchweh, oder längi Zyli,oder gar nichts hat. Solche Menschen sind aüch schöner
Empfindungen, sogenannter guter Thaten, fähig,warum nicht? Eist konnte eine arme Frau über
*haben, ihr ein gutes G'lieger geben, Kaffe am Morgen und etwas in Sack, weil es Erbarmen
empfunden bei ihrer Erzählung und denken mußte, Herr Jeses,wie wär's m'r doch, wenn's m'r
auch so ging; es ihm nichts dafür abnehmen, weil es dachte: z'Sach hey m'r selber g'ha,
apparti d'rfür kauft ja nüt, u wie wetts doch o so nes Knechtli mache: 40 Pfund Lohn,4King
und alli Brösmeli chaufe z'lieb läng Jahr dure,wie wetts doch o eine könne mache, wenn er
nit will zum e ne Schelme g'rathe. Steffen konnte einem Hallunk, von dem er gut wußte, daß
er sein Lebtag viel gelogen, aber nie einen geliehenen Kreuzer wiedergegeben hatte, eine
Handvoll Fünfunddreißiger borgen und
Eisi hörle für sein Leben gerne andere Weiber ausführen, und wenn es Gelegenheit hatte,
einem was anzuhängen, so kam es ihm auf eine Lüge oder zwei nicht an; so spielte Steffen
gerne Streiche und Possen,die oft sehr grob waren, besonders Trunkenen, die nicht wußten,
wer es gemacht, oder armen Burschen, die sich nicht rächen konnten, nicht rächen durften.
Mit der Ehrlichkeit nahm ers nicht genau, doch fiel es ihm selten ein, Jemand Unrecht zu
thun, es mußte ihm erst einer seiner Kameraden sagen: „nimm den jetzt auch so recht, daß
ihm das Ligge weh thut.“ Wenn einer voll war, so that Eist ihm gerne halb Wasser in den
Wein, rechnete ihm doch z'halb mehr an, als er getrunken, und wenn er wechseln ließ, so
überzählte es sich um einige Batzen. Dessen hatte es jedoch kein Hehl, sondern rühmte es
mit lachendem Munde jedem,wer es hören wollte, wie es dä g'no heyg und ihm's er sei so
volle g'st, er heyg nit meh chöne abi sagen. So was schien ihm eine Heldenthat. Beide
hörten Zoten und schlüpferige Dinge für ihr Leben gerne und steuerten durchaus keinem
Unwesen in ihrem Hause, im Gegentheil. Wenn Eist schon zuweilen des allgemeinen Brauches
wegen sagte: „Schwyg m'r jetz de, du Uflath“, so lachte ihm doch das Herz im Leibe, und es
wäre ihm sehr leid gewesen, wenn es auf seine Ermahnung hin nicht noch schmutziger
gekommen wäre. Beide hörten Spöttereien über alles Geistliche besonders gerne und halfen
mit Alles verlachen
Theater ist unter unserer Bevölkerung von diesem Schlage keins zu besprechen, was Neues
hat auch Keiner gelesen, man zerrt sich daher gewöhnlich an was Altem herum, an alten
Histörchen, Kiltgeschichten, stehenden Witzen, am Wetter, an der Repetition von Hudelten,
ältern oder neuern Datums, allfällig auch an laufenden Geldstagen und laufenden
Liebschaften, verlaufenen Steigerungen, bestehenden Geldnöthen, oder vorgefallenen
Prügeleien, und Spöttereien über alles Geistliche, ein sich Rühmen, wie man sich über
Alles wegsetze, womit man hauptsächlich den hohen Stand seiner Aufklärung beurkunden will,
wodurch aber nichts klar wird, als daß die Leute zwischen Unglauben und Aufklärung keinen
Unterschied kennen u. s. w. Freilich schlägt auch zuweilen nicht blos so eine gemeine
Tagesfrage, sondern eine eigentliche Lebensfrage in diese Kreise. Und wie es geschieht,
wenn ein Blitz in einen Weiher fährt, das Wasser zischt und spritzt, daß die Augen fast
nicht mehr klar reiben kann, wer es überlebte, so bringt in Aufruhr eine Lebensfrage die
ganze geschilderte Bevölkerung, wenn sie in sie fährt. Das siedet und brauset und zischt,
daß man sein eigen Wort nicht mehr hört, und wenn sie auch nicht über die Felsen aus ins
Meer sich stürzt, so stürzt sie doch von einer Speisewirthschaft zur andern, tobt in
gewältiger Brandung von einem Kaffehaus, einem Pintli, zum andern, es ist eine Bewegung,
groß und hehr, daß man meinen sollte, die Häuptier ihrer Wellen würden sich bis zum Himmel
heben. Indessen man fürchte sich nur nicht, diese Wellen sind zu kurz, die Gewoölbe des
Himmels zu sprengen, sie können wohl aufrühren die schmutzige Grundsuppe, den Uferschlamm
und den Bodensatz der Tiefe, können eine Zeitlang den Gesichtskreis trüben und die Augen
blenden, diese Wellen verrauschen wieder zwischen den Speisewirthschaften, der Donner der
schöͤnen Bewegung verrauscht am Ende wieder
38 in ein anständig berliner Gemunkel. Von wegen was nicht Boden hat, das schießt wohl schnell auf, aber verdorrt eben so schnell wieder und wo die Wasser nicht tief sind, da bewegen sie sich leicht, die Oberfläche kräufelt sich, die Wellchen sträuben, bewegen sich, aber sie setzen sich bald wieder, nachdem sie eigentlich nichts anders gemacht, als Alles trübe, so weit sie kommen mochten. In dieser Gesellschaft bewegten sich Steffen und sein Eisi hauptsächlich, das waren die bildenden Elemente, welche Einfluß auf sie hatten, ihre Fortbildung vestimmten. Man spricht viel von gebildeten Leuten, und die Schulmeister heben stark den Kopf auf,weil sie meinen, sie alleine seien bevorzugt, weil sie alleine Fortbildungskurse hätten, sie hätten das Recht,mitleidig auf die Erbarmungswürdigen herabzusehen,welche keine Fortbildungskurse haben, nicht zum Fortschriit in Kurs gesetzt werden; die dummen Leute! Gebildet sind alle Leute, einen Fortbildungskurs haben alle Leute, im Fortschritt begriffen sind alle Leute! Man setze also ab mit dem Hochmuth, halte sich nicht für bevorrechtet, weil man lesen kann ohne zu buchstabiren und weil, wie andere Leute eine Tabackspfeife aus der Tasche gucken lassen, man ein lang Stück unverdauter Wurstbildung aus dem Munde hängen hat und es um den Leib blampen läßt, wie hoffärtige Leute einen Nastuchzipfel am hintern Theil.
Geboren, wie er zu Grabe geht, wird kein Mensch.Geboren wird der Mensch, so weit wir wissen, ohne Bewußtsein; erst wenn er die Augen aufschlägt in dieser Welt, beginnt es zu dämmern in ihm; er nimmt Eindrücke auf; es beginnt seine Bildung, sie wird bedingt und gelenkt durch seine Umgebung. Die Katze,mit der er spielt, die Ziege, die er weidet, der Mensch,mit dem er spricht, das Kind, das er betrachtet, das Buch, in dem er buchstabirt, das alles sind Elemente seiner Bildung, seine Bildungsmittel. Die Bildung steht nie stille, wird alle Tage neu. Das Menschenkind wird alle Tage gebildeter, es schwebt in einem ununterbrochenen Fortbildungskurse. Das Leben des
Menschen ist der von Gott geordnete Fortbildungskurs,ein ganz anderer, als der sechs oder zwölfwöchige, der hier oder dort von Obrigkeit wegen angestellt wird.Diese Bildungselemente erzeugen aber nicht bloß Eindrücke, lassen Anschauungen zurück, ein Wissen von diesem oder jenem, sondern sie erzeugen nicht, aber wecken im Menschen eine selbstthätige Kraft, ein Begehren, das nicht gesättigt wird dürch das Zufällige,Herumliegende, nicht befriedigt durch das willkürlich Gegebene, ein innerlich Verarbeiten des Erhaltenen,ein Denken darüber, welches dann Fragen zeuget, und ein Streben, dieses und jenes Bildungsmittel herbei zu ziehen, zu ergänzen das Mangelnde; ein immer bleibendes Ungenügen, das, je mehr es sich aneignet, desto besser begreift, was Alles noch fehlt, das immer fort hungert und dürstet nach dem Fehlenden, fort und fort dasselbe sich zu verschaffen sucht, und hat es dasselbe,es innerlich verarbeitet, daß es nicht als fremder Stoff in der Seele bleibt, sondern ins eigene Wesen übergeht,daher auch als eigene Kraft oder eigenes Wissen, oder wie man es nennen mag, jeden Augenblick zu Gebote steht. Diese begehrende, verarbeitende, später schaffende Kraft, ist in allen Menschen, wird in den Meisten angeregt, erlöscht aber in den Meisten wieder, wird zumeist von Eltern und Lehrern ausgeblasen, ja todtgeschlagen; wem sie aber bleibt, wem sie zum Licht seiner Seele wird, der alleine ist's, welcher mit dem Worte Gebildet, wie die Welt es nimmt, bezeichnet zu werden verdient.
Die Mehrzahl, in welcher diese Kraft erlischt, sie wird dessen ungeachtet fortgebildet, Tag um Tag, sie steht nie stille, aber sie ist nicht selbstthätig, und zwar in zweien Richtungen nicht.
Sie sucht keine Bildungsmittel, keine neuen nährenden und erregenden Elemente; sie hat
keinen Drang darnach, ist nicht hungerig, nicht durstig darnach,zufrieden mit dem was da
ist, zufrieden mit dem was sie hat, lebt in dieser Beziehung in vollkommenem Genügen;
meinet, mehr nützte nichts, und nimmt bloß
Zweitens verarbeitet man dasjenige, was man auf diese Weise aufgeschnappt hat, durchaus
nicht; wie man es gekriegt, so behält man es auch, bis es wieder von einem geht. Wie der
Vogel Strauß Steine schluckt und Eisen, so schluckt man Urtheile, Meinungen, Neuigkeiten,
Zeitungsartikel, Gassengeschwätz, Lebensfragen,wurstische und straußische Dinge, die der
Strauß gefagt haben soll, die man aber per se nicht selbst gelesen hai.Was er schluckt,
Eisen und Steine, die verdaut der Vogel Strauß, was aber die Gebildeten von dieser Sorte
schlucken, das verdauen sie eben nicht, sondern sie behalten es ganz bei sich, bis es
zufällig wieder von ihnen geht, wie es zufällig in ihren Leib gekommen.So lange sie es
aber haben, halten sie es, wie ein gefunden Kleinod, einen Schatz; begreiflich, was es
werth ist, wissen sie nicht, haben es daher wie Kinder mit Glasperlen oder Zahlpfennigen,
meinen, sie seien im Besitz der afrikanischen Höhle Xara, und wer sie über den Werth ihres
Besitzthums aufklären will, den schelten sie Lügner und Berleumder, der sie arm machen
wolle, während so reich sie sich glauben; wie Kinder es Gut. Wer ihnen diesen Kreüzer
abnehmen will, dem schreien sie ins Gesicht, schlagen mit Händen und Füßen,als ob er ihnen
das Herz aus dem Leibe reißen woilte;natürlich, wenn sie diesen Kreuzer nicht hätten, so
hätten sie gar nichts mehr. Dieser gebildeten Weise ist es,daß sie nie viel dergleichen
Bildungsstumpen bei sich haben, haben halt nicht Platz dafür, kömmt was Neues,so geht
zumeist das Alte von ihnen, und zwar eben so
Da die guten Leutchen nichts kennen, als das, was ihnen ungefähr zu Leibe gekoinmen, so meinen sie begreiflich Alles zu haben, was an Weisheit zu haben sei im Himmel und auf Erden, und verachten gränzenlos und ungeheuer alle die, welche eben nicht die gleichen Brocken, wie sie, im Leibe haben. Man hatte schon lange ein Wort für diese Art von Hochmuth;man nannte ihn Schulmeister-Dünkel, und zu läugnen ist es nicht, daß viele Schulmeister damit behaftet sind,namentlich junge, denen man mit der Nürenberger Kanne einige Maas Weisheit in den Leib gegoffen und einige Speckbröcklein von Aufklärung, d. h. von moderner Philosophie. Indessen wäre es doch durchaus ungerecht, zu glauben oder gar zu behaupten, dieser Dünkel sei nur im Lehrstande, ja sie findet sich dato anderwärts in viel höherm Grade.
Du mein Herr, den findet man in jeder Speisewirthschaft, in jedem Kaffee, und nicht bloß
bei den Gästen oder Pintenwirthen; o nein, ihr findet ihn eben so gut bei den Kellnern, ja
selbst bei Stubenmeitlene,die von ihrem Schatz, vielleicht einem Gumi oder einem
Schreiberlehrling, gehört haben, es sei sich öppe der Religion nimme viel z'achte, mi syg
jetz witziger und gescheidter worde. Dünkel und Hochmuih ist das erste Kennzeichen dieser
Bildung, das zweite aber ist Unduldsamkeit, Feindseligkeit, Verfolgung jedes
Andersdenkenden. Die guten beschränkten Menschen können gar nicht begreifen, das es über
einerlei Sache zweierlei Meinungen geben, daß ein Mensch, der es recht
Akurat gleich kriegen es diese Leutchen; sie können nicht bloß nichts lesen, was nicht
aus dergleichen Blase kömmt, aus welcher sie ihre Weisheit empfangen, sondern sie
verfluchen und verlästern Alles, von dem sie hören, daß darin etwas gegen ihren Glauben
gesagt wird, ja wir werden bald hören, daß man wieder zum Verbrennen schreitet alles
dessen, was etwas gegen ihren Glauben enthält. Bücher wird es freilich selten treffen,
denn Bücher lesen die Meisten dieser Gläubi
Unter diese Gebildeten gehörte also auch Steffen ünd sein Eisi. Schöpferische Kraft oder geistlichen Hunger und Durst hatten sie beide nicht, andern wohl; Bildungselemente, bildende Kräfte suchten sie keine; sie ließen sich wiegen von denen, welche zufällig an sie kamen; sie wurden aber dennoch fortgebildet und waren im Fortschritt begriffen. Es ist Thorheit, zu glauben,es stünde Jemand still; in der Richtung, in welchet einer sich bewegt, wird er fortgetrieben, stößen ihn seine Bildungselemente fort. Nun ist da eben die Fräge und der große Unterschied, ob Einer die Richtung selbst erwählet und sich in dieselbe mit all seinen Kräften geworfen habe, oder ob er zufäallig, blindlings, ohne Bewußtsein in dieselbe gerathen sei. Im erstern Fall schreitet er selbstbewußt fort, weiß immer wo er ist und kennt das Ziel, an welches er will; im letztern Fall aber wird er fortgewiegelt wie ein Kind im Schlaf,fühlt seine bildende Bewegüng eben so wenig, als den Umschwung der Erde, weiß also per se nicht, wo er ist; sieht die Ufer nicht, an denen er vorbei getrieben wird; träumt nichts von dem Strande, an dem er stranden wird. Es setzt sich bei ihnen äußerlich ein Anstrich ab von ihrer Umgebung, so wie weiß wird,wer viel um den Mehlsack ist, oder schwarz, wer kochen oder rueßen muß, Es entsteht eine gewisse Fertigkeit in dem, mit welchem man täglich zu thun hat, es setzt sich aber auch innerlich ein gewisser Staub ab; es bilden sich Härien oder Erhöhungen; es senken sich Thäler; es entstehn Vertiefungen, und besondere Eigenthümlichkeiten knetet die Welt nun bestimmter und ausdrucksvoller aus, wie aus den Händen des Becks der Taig verschieden hervorgeht als Züpfli, als Mütschli, als Wegli, als Kuchüü. s. w.
Steffen und sein Eist lasen nun gar nichts, nich:einmal eine Zeitung, geschweige dann ein
Buch, kein Weltbuch, geistliches dann erst nicht; sie dachten aber auch nichts Appartes.
Hatte was iht Gemüüth bewegt,
Es wääre möglich, daß ein Leser, dem das Sinnen nicht so z'wider ist, wie dasselbe
Steffen und Eist war,den Einwurf machen könnte, es seien hier als bildende Kräfte die
Kinder vergessen, deren beim Leichenbegleit Erwähnung gethan worden. Es ist allerdings
waähr, Kinder sind sehr oft weit aus die kräftigsten Bildungsmittel. Wie manches Ehepaar
entsagt den Lüsten der Welt, bricht sich Gewohnheit um Gewohnheit ab, scheinbare
Bedürfnisse verlieren ihre zwingende Kraft, lösen in Nebel sich auf; es sucht Kräfte in
sich und findet sie, spannt sie zusammen, ringt mit den Umständen, ringt mit dem Unglück,
ringt Tag um Tag der Welt das Nöthige ab, nährt die Kinder, bildet die Kinder, und während
es arm geblieben wäre ohne Kinder, ist es reich geworden durch die erweckende Kraft der
Eltern Pflicht. Es ist wahr, manch Elternpaar,wenn das erste Kind in der Wiege vor ihm
lag, hielt zum ersten Mal ernste Rechnung mit sich selbsten, stellte seine Seele vor den
Spiegel der Wahrheit und frug,ob so eine Seele würdig sei Vater oder Mutter vor
Es ist wahr, manch Elternpaar wurde durch Kindesgeschrei geweckt aus geistigem Schlafe und das zur Welt geborne Kind sprengte auch die selbstsüchtigen Schranken ihres Lebens. Elternliebe floß heiligend durch ihre Seelen, mit freudigem Aufblick empfingen sie die Gabe von oben und gelobten, das Pfand der göttlichen Liebe nicht zu entwenden dem Väter, es nicht an Erde und Sünde zu verrathen, sondern es zu bewahren und zuzuführen dem göttlichen Geber. Sie, die vorhin für sich nicht daran gedacht, suchten nun was droben ist, begriffen erst jezßt, was es dem Menschen hülfe,wenn er die ganze Welt gewönne und litte Schaden an seiner Seele. Sie suchten die Liebe des Vaters, um sie den Kindern zuzuwenden, das ewige Erbe, um es den Kindern zu vererben, sie heiligten sich, damit ihre Kinder dem Vater, der sie gegeben, geheiligt blieben.Es ist wahr, manch Elternpaar, das in den Strömungen der Welt dahingeschwommen waäͤre, ohne ernstlich der Seele Heil zu bedenken, wird durch der Elternliebe gewaltige Kraft selbst dem Herrn geheiligt. Darum heißen nicht umsonst Kinder des Höchsten Gab', und selig der Mann, dem sein Weib solche Gaben bringt.
Auf Steffen und Eisi übten die Kinder keinen Einfluß, die Umstände zwangen nicht dazu und
wo Eltern ich nicht selbst bestimmen, sondern beftimmen lassen, da ist der Stärkere
Meister, und anfänglich sind jedenfalls die Eltern die Stärkern und handein an den Kindern
Eisi bekam seine Kinder streng hintereinander, war aber rüstig und stark, hätte wohl noch einmal so viel haben können, ohne daß es ihm geschädet hätte; nach jedem Kinde schien es hübscher, aufgeheiterter zu werden. Es ließ sich nichts abgehen, war aber rasch wieder auf den Beinen, von wegen, es hatte gar zu lange Zeit im Bette, und zweitens hörte es gar zu gerne den Ruhm, wie es eine sei, so sollten alle sein, aber es thäte es ihm keine gleich. Da meinten die Andern,im Bett liegen sei d'Hauptsach und lägen beim Schieß manchmal, daß es die arme Mannli duech, es schreiße sie an allen Haaren auf, wenn sie Alles draußen machen müßten, dann drinnen noch, dann z'Nacht keine Ruhe hatten, weil die Frau, die Plättere, nicht selbst aufmöge, dann endlich nicht genug herbeitragen könnten an Essen und Trinken, daß es eim fry übel grus.Eisi aber sei auf den Beinen, man wisse nicht wie,mangle keine Abwart, mache seine Sache fort, da bleibe nichts dahinten, man habe noch keine so gesehen das Land auf und ab. Wir sind überzeugt, Eisi freute sich allemal ungeheuer, und mochte nicht warten, bis das Kind kam, bis es zeigen konnte, wie es Eine sei und rühmen hörte, daß keine so sei das Land auf und ab,und dann denken konnte, wie dieser und jener es seiner Plättere daheim, wo vierzehn Tage lang im Bette liege, gesagt habe, was d'Wirthi uf d'r Gnepfi für eine sei, u wie die taubi worden sei und habe plären müsse vor Kyb und Nyd. Es ist sehr merkwürdig, aber die Weiber, die Täsche, haben die größte Freude daran,wenn sie sich gegenseitig bös Spiel machen können bei den Männern (die üblichen Ausnahmen verstehen sich).Mit dem Kinde befaßte es sich wenig, ließ durch dasselbe sich nicht plagen, irgend ein dienstbarer Geist mußte es hüten und pflegen, und wenn es schrie, so sagte Eist: „Gang doch mit ihm vor use, du g'hörst ja- daß es nit wott dinne sy, u de mah nih nüt minger
g'höre, as das Plär, das macht m'r afe längi Zyti!“Denn doch liebte es das Kind, d. h. es war ihm sebr willkommen, als ein Gegenstand mehr, mit dem es Hoffart treiben, für das es allerlei Schönes krämerlen onnte.
Es war oft prächtig zu schauen, wie Eisi ihre Kinder herauszuputzen wußte mit rothen
Röcklein, gelben Turbanen, groß wie ein doppelt Bernmäß, mit Lätschen drauf wie
Faßnachtküchli, oder gar ein Stück von einer Feder und wäre es auch nur ein Stück von
einer Pfauenfeder und sonst noch was grusam schönes hinten oder vornen. Ob sie däneben
sauber seien und rein, dessen achtete Eisi sich wenig, ob der Sonntagsstaat auch am
Werktag getragen werde und wie zugerichtet, das fesselte seine Aufmerksamkeit ebenfalls
nicht.Das erste was bei der Hand lag, fungete, wuschte man den Kindern an und ließ sie
laufen, am liebsten so weit, daß man das Brüll nicht mehr hörte. So geschah es denn oft,
daß die schönsten Kleider den Kindern in Fetzen am Leibe herumhingen, beschmutzt, daß man
die Farben nicht mehr unterscheiden konnte und Jedermann sie für ausgerissene Komödianten
Kinder genommen hätte, daß, wenn man sie dann einmal Ygrechtem anziehen wollte, Eisi mit
dem einen oder andern seiner Kinder sich spienzeln wollte, kein einzig ordentlich
Kleidungsstück vorräthig war, so daß Näherxin oder Schneider auf der Stelle herbeimußten,
oder für Kleinere man zum Krämer lief, wo fertige Kleiderchen zu haben waren. Wo man das
Geld nicht ästimirt, da weiß man sich zu helsen. Je größer die Kinder wurden, dest weniger
achtete Eist sich ihrer, außer wenn sie ihm zu nah unter die Füße kamen oder wenn sie was
von ihm wollten. Gewöhnlich kriegten sie dasselbe nebst einigen unwilligen Worten über das
ewige Kähr alsobald, nur damit sie wieder dänne kämen. Steffen nahm sich der Kinder noch
weniger an. Bis sie laufen konnten, sah er sie kaum an, und wenn ihm zur Seltenheit einmal
zugemuthet wurde, er solle eins derselben ein wenig halten, so sagte er, man möge ihn
Daß diese Kinder mit vollem Recht singen konnten:
„Ein freies Leben führen wir, ein Leben voller Wonne“,begreift sich, aber beliebt waren sie nicht, man hörte oft die Gleichen, welche sie einen Augenblick vorher gepriesen hatten, sagen, das seien doch die wüstesten Kinder,mi chönn wyt laufe, ehe man wieder solche finde. Und trotz ihrer Freiheit hatten sie nicht heilern Sinn, nicht Fröhlichkeit, sie machten meist inißvergnügte Gesichter und taube Augen; was Verstörtes war an ihnen, man sah von Weitem, daß da was fehle. Wer sich darauf verstund, sah an ihnen das Zeichen, daß sie Niemere seien; das Gefühl, ach ih bi Niemere, hatten sie noch nicht, aber wo das Zeichen ist, entsteht früher odet später auch das Gefühl. Traurig ist's doch, wenn Kinder Eltern haben und von weitem sieht män: Die sy Niemere!. So sieht man, wie die Kinder keinen bildenden Einfluß hatten auf die Eltern, wohl aber die Bildung der Eltern sich geltend machte an den Kindern. Denn Steffen und Eisi waren sehr gebildet geworden und in immer rascheren Schritten durchliefen sie ihren Fortbildungskurs.
Eist war gewandter geworden, sagte nicht mehr „er
Wer so recht hochmüthig ist, der ist gleichsam ein Pabst, hält sich für unfehibar, was er
wiu, soll gelten,was er begehrt, soll man ihm bringen, und wo er gebietet, sollen die
Andern springen, wenn er redet, Alle schweigen und wer widerredet oder wiederstrebt, hat
im
70 Himmel nicht Gnade, auf Erden kein Recht, d. h. so ein recht hochmüthig Weib wäre im
Stande, dem liewenn er Jemand, eine Nachbarin, ein Hühnermeitli ꝛc.begnadigen wollte, die
das Weib verdammt hätte, von wegen so ein Weib ist gewohnt, daß ihm Alles gället (Recht
gibt), daß der Mann selbst vortanzt nach seinet Geige. Es astimirt Niemand und bei dem
Geist, welcher in ihm ist, auch Gott nicht, besonders, wenn es taub ist. Freilich ist so
ein Weib nicht halb so selbstherrlich als es glaubt, so wenig als es die ärgsten römischen
Kaiser waren; wirklich selbstherrlich ist nur unser Herrgott. So ein selbstherrlich Weib
ist sehr oft nur Marionette oder Gliedermännli einer schlauen gewandten Hand, welche die
Drähte zu regieren, die Stimme zu verstellen weiß. Steffen ward Auch gebildet, er machte
nicht mehr mit allen Leuten den rohen Metzger; lernte, daß es mehr als einer Gattig Leute
gebe, suchte den Unterscheid zu machen an den Kleidern, welche die Gäste trugen, an den
Fuhrwerken,welche sie brachten; Steffen begriff nach und nach, daß es verschiedene
Meinungen gebe in der Welt und meinte,ein Wirth sei in trefflicher Stellung, dieselben zu
erfahren und zu benutzen, aber dafür müsse er nicht zu vorschützig mit seiner Meinung
sein, sondern den Leuten die Würmer aus der Nase ziehen, darum sich stellen, als ob er
ihrer Meinung sei. Steffen war nach der Ansicht seiner Halbschoppen Freunde verflucht
aufgeklärt und liberal. Kamen aber Gäste, die änderer Meinung waren, denen er Gesellschaft
leistete, so konnte er sich mit Nicken und halben Worien siellen, als ob er ihrer Meinung
sei, daß sie ganz zutraulich wurden,auspackten was ihnen auf dem Herzen lag, ganz
glück-lich wurden, einmal einen so braven und verständigen Mann gefunden zu haben, eine
Flasche Extra kommen ließen, Steffen einschenkten, beim Abschied ganz zärtlich wurden,
Steffen einluden, ja sie auch zu besuchen und fast weinten, wenn sie ihm zum letzten Mal
die Hand gaben. Die guten Leutchen sahen nicht, wie er lächelle,
Das war es eben, was bei Steffen absonderlich sich ausbildete, die behagliche Sinnenlust.
Er war kein Wüstmacher, keiner der seine Stören hatte, während deren Dauer er längs Stück
nicht nüchtern wurde,oder der sich sonst betrank, daß er liegen blieb wie ein Stück von
einem Kalb; aber er fand an Essen und Trinken ein immer größeres Behagen, und konnte je
länger je weniger lang ohne das eine oder das andere sein. Durch das Essen ward er
durstig, durch das Trinken ward er hungrig, und so rief eins immer dem andern. Freilich so
viel Essen bedurfte er auf das Trinken nicht, wie er auf das Essen trinken mußte,und wenn
nicht gleich was zu essen da war, so konnte er sich mit einem Schoppen den Hunger auch
vertreiben, während es ihm wirklich nie einfiel, mit einem Erdäpfel oder einer Gabelten
Kraut sich den Durst zu verscheuchen. Man hat Beispiele, daß Menschen, welche viel essen
und regelmäßig des Abends mit einem kleinen Nebel zu Betite gehen, dessenungeachtet sehr
rührig sind, wenig Schlaf bedürfen, wenn sie auch des Abends die Allerlezten zu Bette
gegangen, dennoch des Morgens wieder wecken und die ersten auf den Beinen und den ganzen
Tag an allen Orten sind, als ob sie Flügel * Kein Stubenmeitli kann verstohlen einen
Schluck nehmen, kein Ackerbub hinter den Eiern sein,
Von dieser Sorte wai, jedoch unser Steffen nicht.Wir haben gesehen, daß die Leule in seinem elterlichen Hause eben nicht meinlen, daß Alles in einem Tage gemacht sein müsse; da ihnen appart Niemand aufpaßte,so galt bei ihnen das Sprichwort, chume ih nit hüt,so chume ih, doch morn. In einem fsolchen Hause gestaltet sich ein eigener Glaube, nämuich der daß die
Zeit, welche man der Arbeit abstehlen könne, eine gewonnene sei. Begreiflich gestalten
Haus und Menschen sich ganz anders, wo der Glaube eingeurbet ist, daß die Zeit gewonnen
sei, welche man zur Arbeit oder zu sonft was Gutem verwende. Wo man jede der Arbeit
entzogene, irgend einer Lustbarkeit oder sonstigem Lumpenwerk zugewandte Zeit als gewonnen
betrachtet, da erfaulen die Menschen und treiben gewöhnlich Dinge,die noch extra faul
machen, es werden die Glieder träge, und jeder Vorwand, faulenzen zu können, erscheint wie
ein beglückend Zeichen, das man nicht aus den Augen lassen darf. Steffen ward also vom
Arbeitseifer nicht verzehrt, hockele gerne ab, und wo er ein Rühigs (Schläfchen) machen
konnte, versäumte er es nicht.“ Prächtig schickte sich seine neue Lebensweise zu seinen
Anlagen und bildete dieselben auch tüchtig aus, er ward träge und unthätig, ein
unaussprechlichet Ekel gegen alles Dabeisein und Ausharren bei irgend einem Thun erfüllte
ihn, jedoch so, daß die Welt es lange nicht merkte. Er schien gar nicht träge, er war noch
viel auf den Beinen, nicht blos, daß er hier aus dori aus schoß, fuhr', allerlei nachlief,
sondern auch daheim sah man ihn bald hier, bald dort, bald hinter dem Hause, bald vor dem
Hause. Wenn man glaubte,er sei im Keller und ziehe Wein ab, so war er beim Knecht auf der
Bühne und sah wie er Futter rüstete,und ineinte man, er sei in der Schaal und hanthiere
mit dem Fleisch, so stund er am Bach und sah wie die Magd Erdäpfel stunggete mit, dem
mutzen Besen.Dieses ünstäte Wesen wär eigentlich nichts als angehende sich ausbildende
Faulheit, die bei nichts sein, bei nichts ausharren mochte. Am sichtbarsten war sie, aber
das merkte Niemand, wenn er einmal eine Feder zur Hand nehmen, was aufmachen, oder gar
einen Brief schreiben sollte. Er konnte sich Tagelang um eine unbedeutende Arbeit
herumdrehen, die in höchstens einer halben Stunde abgethan gewesen wäre, konnte zehnmal
befehlen ihm den Dintengutter zu rüsten und Papier,und er kam doch nicht dazu und allemal
gab es Vor
Diese angewohnte Trägheit wurde durch seine Lebensweise begreiflich gesteigert. Gut Essen und Trinken macht von Art just eben nicht rühriger und thätiger,und wenn einer von Art träge ist, so ißt oder trinkt vielmehr er oft nicht der Sache selbst wegen, sondern um nicht arbeiten zu müssen. Das war eben bei Steffen immer mehr der Fall, immer mehr war ihm z'wider,wenn er um etwas sein mußte, immer willkommener war ihm Alles, eine alte Frau, oder ein Hudilumper,oder ein Herr, oder ein Länder, der ihn versäumte und Grund gab in der Gaststube herumzuhöckeln, oder vor dem Hause zu stehen und die Zeit an sich vorbeilaufen zu lassen.
Dies war die Hauptrichtung, welche Steffens Bildung nahm, und wir haben keinen Grund es zu verhehlen, daß er starke Fortschritte in derselben machte,eben so starke als Eist auf seine Weise.
Von den Flitterwochen einer Wirthschaft und wie sie ein Ende nehmen.Waäͤhrend sie also sich fortbildeten, ihre innersten Angelegenheiten auf die beschriebene Weise sich gestalteten, bekam auch ihr Haus eine bestimmte Form, es bildeten sich ihre auswärtigen Angelegenheiten.
Es gibt verschiedene Arten von Fütterwochen, hochzeitliche und andere. Einem Handwerker,
Arzt, Advokat u. s. w. bringt der Anfang ihrer Laufbahn keine Flitterwochen; in der Regel
haben diese in den ersten Jahren bös, treffen es schwer, kriegen schmale Bissen, müssen
mit der größten Anstrengung arbeiten um ihr Schiffchen
Was will nun ein Wirth mehr, als Geld genug,Kredit genug, Wein und Gastig, daß man nicht weiß wohin damit? So hat er seine Flitterwochen, so schön und rosenroth, wie selten ein Menschenkind. Aber wie Morgenroth Abendkoth bedeutet, so ist's mit den Flitterwochen auch nicht richtig, und je heller sie leuchten,desto gefährlicher sind sie. Von wegen der leichtsinnige Mensch nimmt das Glück gar zu sicher, meint er habe schon, was er erst gewinnen soll. Es heißt im Evangelium, der Weg sei breit, der ins Verderben führe, und eng und schmal der Weg, der ins Himmelreich führe.Es ist im Weltlichen was Aehnliches; schwerer Anfang ist zumeist zehnmal heilsamer als leichter Anfang, wo das ganze Leben wie eine Küchelschnitte den Menschen vor dem Munde herum zu blampen scheint.
Steffen und sein Eisi genossen diese Flitterwochen ziemlich lange; denn lange entriß sie niemand dem Wahne, daß man ihnen Alles blos z'Lieb und z'Ehr geliefert, lange machte Niemand ihnen den Verstand,daß man gerne auch Münz möchte. Lange eiferten die Gumene um die Alleinherrschaft im Keller auf der Gnepfi, um des Wirths ausschließliche Liebe, und lieferten den Wein so gut, daß ihnen das Herz darob blutete. Ma soi, sagte Mancher, ihr mögt es mir glauben oder nicht, aber den Wein, den ihr da habt für 20 Kreuzer, den kriegte keiner für 25 Kreuzer, und dann nicht einmal so wie ihr ihn habt, er bekommt noch eine gute Portion Achtundzwanziger dazu. Nach und nach änderte sich das Ding doch und Steffen lernte fassen, daß er z'Sach nicht umsonst hatte und die üblichen Termine längst vorüber seien, die Geduld der Weinherren nicht unendlich, sondern endlich sei, wie alles Irdische. Aber lustig war es, wie sie dem Steffen diesen Begriff beibrachten, ihn fortbildeten. Der eine fragte,ob nichts für ihn abgegeben worden sei, es habe ihm ein Kunde versprochen, eine Zahlung hierher zu senden.Als nichts da war, fluchte er mörderlich, daß kein Geld eingehen wolle und seine Herren erwarteten ihn mit wenigstens 4000 5000 Fr. Ein anderer erzählte von einem Kunden, der verdammt prompt zahle, bei dem das Geld immer gerüstet sei, ehe er komme. Ein anderer erzählte von Streichen und Kniffen, die er bei einem Wirthe anwenden müsse, um zu seinem Gelde zu kommen. Dä Ketzer heygs, aber er chöns nit lah,es sei, als ob der Alte Harz im Hosensack hätte, und so mit der Thüre ins Haus fallen, thue man auch nicht gerne, es sei nicht der Brauch und gebe einem den Schein, wie nöthig man das Geld hätte. Wenn sie Steffen auf diese Weise so recht viel Verstand eingeschmiert zu haben glaubten, so drängten sie zu neuen Bestellungen, und wenn dann Steffen sagte, er sollte denk doch einmal den Alten zahlen ehe er Neuen bestelle, so sagten sie nicht mehr: Parbon, das ist nit d'r werth, wartet noch, zahlet mir dann den Alten und
Neuen zusammen, das ist dann ein schönes Nehmen“,sondern sie sagten: Eigentlich pressire
es gar nicht, aber wenn es ihm nichts mache, so nehmten sie nicht ungerne Geld, sie seien
schon vier Tage auf der Reise,noch sei ihnen kein Kreuzer eingegangen und in drei Wochen
hätten sie große Zahlungen zu machen und wo sie das Geld hernehmen wollten, wüßten sie,
hol sie der Gugger, nicht. Wenn es ihm also gleich sei, so wollten sie geschwind ihr
Carnet holen. Oft geschah es,wenn der Gumi mit dem Carnet wiederkam, daß Steffen vor dem
Büreau zappelte oder fluchend im Hause herumlief, „wo Diese und Ayne hat man mir doch das
Papier hingethan, es ist e Brief g'st, nit gar e große,oder ume so nes Blatt un uf bede
Syte Neuis druf!“Aber alles Rufen und Suchen war zumeist umsonst,das Papier war längst den
Weg alles Fleisches gegangen. Steffen war an Ordnung nicht gewöhnt, Lließ sumeist alles
was er bekam, herumliegen, lange Zeit,manchmal vergaß er es ganz, manchmal, wenn er
ohnehin übers Büreau ging, fiel's ihm ein, er könnte es doch weglegen, es ginge jetzt in
einer Mühe; dann war es gewöhnlich nicht mehr da, und gäb wie er suchte und sagte: „es ist
doch erst noch da gewesen, da ist es gelegen“, oder: „ich habe es gesehen, d'r Rudeli hets
de Fingere g'ha“, so kam's doch nicht wieder zum Vorschein. Deßwegen hängte sich Steffen
nicht; er dachte: „JGotts Name, es wird öppe nit sövli mache,so nes Papierli wird öppe nit
sövli z'bidüte ha!“ Kinder haben keinen Respekt vor Papier, wohl aber große Lust dazu, wo
sie dessen habhaft werden können, da greifen sie zu, und Eist hatte noch weniger Respekt
als die Kinder und griff noch gieriger darnach als die Kinder. Es ist sehr oft in einem
Wirthshause eine große Papiernoth, man sollte deren haben, schießt in ällen Stuben herum
und findet keins, schreit alle Leute an, „weißt m'r nit öpper es Bitzli Papier“ und
Niemand hat, und Jeder sagt, „hätts längst brucht, wenn ih hätt“, und wenn man in solcher
Nöth Papier sieht,so frägt man nicht lange, „wem ist's und was ist's“,
Der Schade schien nicht groß. Steffen verließ sich auf des Gumi's Carnet, dort werde es schon recht aufgemacht sein, sagte er. Ja, als einmal das Zahlen aänging, da fluchte Steffen manchmal, es wolle gar nicht mehr aufhören, u ey Donnstig, der Geld wolle,hange am andern. Da bösete es dem Schublädli und manchmal, wenn sie z'Märit wollten und Steffen darüber ging und dann Eist auch noch, mußte es die Silberstücke aus den Ecken räumen.
Es bösete aber auch noch mit zwei andern Sachen.Die Leute klagten, es sei bei Steffen gar nicht mehr der gleiche Wein, er stelle oft Rustig auf, die chum e Zus sufe mög; und ganz Unrecht hatten die Leute nicht.
Da die Gumene sahen, daß keiner von ihnen ganz Meister werden konnte, immer Hans oben im
Dorfe war, der gerade da war, und wenn morgen ein anderer kam, derselbe eben so viel galt,
so dachte jeder, par dieu, er wolle nicht länger d'r Narr machen, sondern was die andern,
d. h. was er könne und möge. Er verkaufte ihm also auch Orbe Wein für Epesser, eine
Mischung Granson Wein mit Picarden für 34ger,Wein von Finsterhenne oder Grissecher für
extra Neuenburger, Höllensteiner mit etwas Elsässer für herrlichen Markgräfler, roths
Wasser mit 25 Proz. Weingeist und einer künstlichen Weinchust für vom feinsten
französischen Wein, aber wo er gewachsen, könne er beim Hagel nicht mehr sagen, verfaufte
ihm den Wein aus den großen Spänfässern, in welche die Weinhändler alle
So ging es Steffen mit dem Wein und er merkte es nicht einmal recht, von wegen, Kenner war er nicht,wie schon gesagt worden, und wenn er auch zuweilen mit einem andern Wirthe zusammensaß, die Nase übers Glas hatte, das Maul drein hatte und mit der Zunge schmatzte, das Glas dem andern Wirthe reichte, der es auch so machte, beide dann mit tiefsinnigen Blicken einänder ansahen, bis endlich einer sagte: „s'ist 36ger Lacöte, aber no Neuis drin, ih cha ihm jetz nit grad d'r Name gäh“, so hätten sie die spöttischen Blicke des Gumi sehen sollen, mit denen er ihren Orakelsprüchen zuhörte und an ihren tiefsinnigen Gesichtern sich erbaute, denn es war wohl Neuis drin, aber weder 36ger noch Lacöte.
Kannte er den Wein nicht, so wußte er noch weniger mit demselben umzugehen, er wußte gar
nicht,wäs saubere Geschirre zu bedeuten hätten, ließ sie wohl ungeputzt leer stehen, oder
vergaß sie geputzt, aber ungebrannt, brannte sie später ein, merkte nicht, daß sie grau
waren, schüttete nach einigen Tagen oder Wochen Wein hinein ohne ihren Zustand zu
bemerken, sie seien erst geputzt worden und würden wohl gut sein, sagte
Steffen mußte endlich merken, daß die Leute oft über den Wein gränneten, wollte aber
nicht schuld daran sein, sondern gab die Gumene an die Achs.Den Wein hätte er gut
bestellt, sagte er, und mehr könne er doch nicht daran machen; wenn er ihm so gekommen
wäre, so würde wohl Niemand klagen, aber ihn selbst machen, das sei ihm nadisch unmöglich.
„Warum gehst nicht selbst yche, sagte man ihm dann,wenn ich dich wäre und Geld hätte wie
du, so wollte ich doch nicht den Speck von den Mäusen kaufen, ich ginge selbst hinein und
wollte kaufen was mir anständig wäre, und nähmte gleich den Zug mit, ja potz,das thäte
ich!“ Das wurde Steffen so oft gesagt, bis es ihm endlich wirklich in den Kopf stieg und
er mit noch zwei anderen Kameraden eine Wellschlandreise
Es ging Steffens Wirthshaus wie allem Neuen, es verlor den Reiz der Neuheit. Dieser Reiz
war es gewesen, welcher hauptsächlich die Menge angezogen hatte.Man wisse neue afe, wie es
da sei, mi well jetz luege,wie es auch an andern Orten sei, hieß es. Ein Wirthshaus wird
nach verschwundenem Neureiz blos erhalten,wenn das Errichten desselben ein Bedürfniß war,
oder wenn es sich auszeichnet durch Essen, Trinken, kurz durch innere Güte und Vorzüge.
Mit dem Bedürfniß der Wirthshäuser geht es aber akurat wie mit vielen Büchern. Alle Wochen
kann man lesen, die und die Buchhandlung habe der Menschheit eine ungeheure, unglaubliche
Wohlthat erwiesen, aus ungeheurter Liebe,unglaublicher Großmuth, das schreiendste
Bedürfniß der Menschheit habe sie befriedigt, eine unendliche Lücke in der Literatur sei
endlich durch sie ausgefüllt worden,wofür die Nachwelt bis ins tausendste Geschlecht ihr
dankbar sein müsse, so eben sei bei ihr erschienen und verfaßt vom berühmten, allbekannten
Arzt Sämi Stoßel eine Geschichte der Hühneraugen, nebst einem Anhange,welcher die
bewährtesten Wanzgenmittel enthält und einer gründlichen Belehrung, wie man die Erzeugung
der Flöhe verhindern könne. Das Buch enthält umolaubliche
Indessen mit dem Bedürfniß geht es wunderlich;wenn es schon im neuen Wirthshause von Gästen wimmelt in den ersten Tagen, in den ersten Wochen, damit ist's nicht gesagt, daß es noch eben so wimmeln werde in einem Jahre oder zweien, über das wahre Bedürfniß entscheidet die Zeit. Vielleicht ist's dann öde und leer, umsonst steht der Wirth auf der B'setzi, tubaket und seufzt sich fast die Seele aus dem Leibe, aber lange kommt Niemand, und wenn endlich Jemand kömmt und ihm das Herz vor Freude duttert, endlich, endlich einen Schoppen brauchen zu können, und er in den zärtlichsten Tönen die er zweg drücken kann, ruft: „Seh,seh, e Schoppe, e Schoppe, ih wett cho es Schöppli geht rund vorbei. Dann geht der Wirth wohl kaput hinein und auf dem Ofen sitzt die Frau und plätzet an einem Fürfuß und seufzt: „aber nüt und gester nüt u i d'r vorige Wuche Niemere u d'r Zeys lauft notti u Patent het müße zahlt sy.“ Da kömmt dann der Zeitpunkt, wo die Vaterlandsliebe des Ehepaars sich bewähren muß, aber, aber, wir fürchten in solchen Umständen hätte sie wohl an einem kleinen Orte Platz.
Es gibt aber auch Orte, wo kein Bedürfniß gewesen war, wo jedoch das neue Wirthshaus für
Einzelne zum Bedürfniß wird, sie schnappen dort ihre halben Schoppen, sie sitzen dort ihre
Abende durch, sie sitzen sonst noch dort, z. B. die Tage nach einer Hudelten,oder wenn sie
die Frau taub gemacht, oder wenn sie was arbeiten sollten, welches nicht für sie ist.
Diese Art von Gastig hatte sich auch auf der Gnepfi gebildet,mit der andern aber hatte es
böset, eben wegen dem fatalen Bedürfniß, dann wegen dem fatalen Wein, dann auch wegen
Eisi, welches hochmüthig ward und mit gar vielen Leuüten sich gar nicht abgeben mochte,
sie nur über die Achsel ansah, ihnen keinen Schoppen selbst holte,ihnen Trutzantworten
gab, statt ein freundlich Wort.So betrug es sich hauptsächlich gegen die wohlgesessene
Bauersame, welche nicht täglich im Wirthshause sitzt,sondern nur bei Anlässen. Eisfi
konnte einen Vorgesetzten
Am leidesten benahm sich Eist gegen die Bäuerinnen, welche in sein Haus kamen, manchmal als Gotte,manchmal von einem Markte heimkehrend, oder bei sonVV räner Verachtung, und wenn es schon mit ihnen sprach,so musterte es sie doch mit spöttischen Blicken, aus denen sie seine Verachtung gegen ihre altmödische geringe Kleidung abnehmen konnten und von heimeligen Dingen, von den Pflanzungen, Schweinen und Milch redete es gar nicht, sondern blos was für vornehme Herren sie über Nacht gehabt, wohin es gefahren sei mit dem Mann, wie män ihm Ehre erwiesen und was ches sonst die meisten Weiber gerne verhandeln, es ist
Eisi alle Weiber am täubsten, so daß in der Umgegend selten ein hablich Haus war, in welchem nicht eine Frau regierte, welche Eist nicht gerne die Haare aus dem Kopfe gerupft oder es einige Male durqh eine sogenannte belgische Hechel gezogen hätte.
Während die meisten Weiber gerne von Leiden, Mühsalen, strengen Zeiten erzählen, was sie
ausgestanden und wie lange, und, was sie davon getragen, wie sie seither nicht mehr chäch
seien, es ihnen oft fehle, sie dieses und jenes nicht mehr ertragen könnten, verlachte
Eist dieses Alles, gäb zu verstehen, das alles sei nur Fantaft. Wohl, wenn es d'r Ma wär,
der Blätlere wollte es aufhelfen und ihr das Gruchsen vertreiben.So und so habe es es:
einen Tag oder höchstens zwei zeig es sich nicht, aber doch nicht daß es meine, es müß im
Rest liege, nur damit die Leute nicht d'gFreud hätten, über ihns z'räsoniren, de lay es si
wieder füre und öppe nit Viel sölle ihms ag'seh, was es mit ihm gäh heyg. Es würd si
schäme, so noöthli z'thue und muthwillig Köste z'mache. Mit Esse und Trinke, selb sei
wahr, borg es nicht, es mein, das sei witziger als z'Geld d'm Dokter nahz'bängle, wo ke
Hung sust nüt dervo heyg. Man sieht, Eist war eine sehr würdige Repräsentantin der neusten
Aufklärung und zwar eine sehr konsequente, die nicht blos meinte, es gebe blos eine
Ansicht über Philosophie, Religion, Polilik, Litteratur, Humanität und Gewerbsfreiheit,
und wer die eine rechte Ansicht nicht habe, sei e Böff, e Möff, oder e, Tüfel, sondern
diesen hohen Grundsatz, daß es nur eine Wahrheit gebe, auch auf das Kindbetten ausdehnte
und behauptete, kindbetten sei kindbetten und wie es gehe, habe es mehr als ein halb
Dutzend mal erfahren u wüß afe wies gang u was me erlyde mög u was nit, da söll me ihn's
nit b'richte. Oeppe es arms Mannli chön me für e Narre ha, selb wohl, oder öppe so ne
Dokter, wo ne Brülle trag, damit me ihm d'r Hunger nit ag'säch. Aber es wisse es wohl, es
gebe dere Weiber und nicht wenig, wo die größie Freude daran hätten, nöthlich zu thun und
z'grüchse, wie wenn si ufgeiste
Man kann sich denken, wie Eisi bei solchen modernen und radikal-toleranten Ansichten die Gunst der Weiber erwarb und was sie von ihm sagten und wie sie über ihns pülverten, daß es ihnen die Männer aufweise. Vielleicht klagten sie mit Unrecht, denn wirklich hörte man bis dato nicht, daß Einer den Züber kalten Wassers in Anwendung gebracht hätte.
Jedenfalls vertrieb Eisi auf diese Weise viele Gastig und zwar die, welche nichts aufschreiben ließ, sondern baar zahlte, und solche Gastig ist nicht unkomod.
Was ihnen aber am meifien schadete, das war eine edle Brust, welche eben auch von dem
Drange schwanger ward, das Heil des Vaterlandes zu fördern und zu äuffnen, Europas Kultur
zu fördern, die Wunden der Menschheit zu mildern, ihre Bedürfnisse zu stillen.Diese Brust,
die edle, fand, es sei schreiendes, himmelschreiendes Bedürfniß, gegenüber Steffen noch
eine Speisewirthschaft zu errichten, geschehe es nicht, so sei das Heil, die Freiheit der
Welt gefährdet, denn das sei doch ein himmelschreiender, verfluchter Zwang, daß,wenn einer
durstig werde, ein Wirthshaus suche, er blos eines rechts sehe, keines aber links. Da sei
er ja gezwungen, rechts einzukehren, habe gar keine Wahl,das sei eine entwürdigende
Nöthigung, eine widernatürliche. Habe doch Gott unser Herr selbst die Sache ganz anders
geordnet und den freien Willen geschaffen und demselben allenthalben zwei Wege aufgethan,
einen rechts, einen links, und alle Menschen, Heiden und Türken, seien frei, könnten
wählen, rechts oder links,ob's dann wohl eines freien Bürgers des Kantons Bern, des ersten
in der Eidgenossenschaft, würdig sei,nicht wählen zu können, sondern rechts zu müssen,
Er hielt richtig Wort, das Publikum erfuhr die Wahrheit desselben, Durch vermehrte
Konkurrenz wurden weder der Wein besser noch die Zechen wohlfeiler,man hätte eher das
Gegentheil behaupten können. Man mußte den Profit an denen nehmen, denen man eine Zeche
machen konnte, je weniger Gäste also kamen,desto besser mußte man niederhalten um nicht
eys Tags d'Bey obsig z'chere, desto minder gut gab man den Wein. Der für das Patentsystem
angeführte Grund,daß durch vermehrte Konkurrenz dem Publikum gedient und dasselbe
wohlfeiler und besser bedient werde, hat sich mit seltenen Ausnahmen nicht erwahret. Also
Steffen hielt sein Wort; er hielt es aber noch im andern Punkte,er machte, was er konnte.
So oft es sich nur immer thun ließ, stellte er eine extra Hudlete an, einen Kegelt um
Schafe, oder einen Tanz um Schafe, oder eine Lotterie, wo eine ausgebrannte Kerze das
große Loos bezeichnet, oder einen Spinnet, oder einen Armbrustschießet, oder eine
Fischete, ein Hirsmontagspektakel (Tschämelete), eine Kletterete, ein Sackspringet, eine
Ganstodete, ein Schwinget, eine Eierauflefete, oder gar Komödie, kurz was man nur ersinnen
und ihm einen Namen geben konnte. Manchmal kamen viel Leute,manchmal kamen wenige, doch
immer Jemand, und hatte Steffen einen Spektakel gehabt, so konnte man darauf zählen,
wenige Tage war drüben bei Fritzli auch eine Lumpete los. Und wenn es den Leuten doch
nachgrade erleiden wollte, so liefen oder schickten förmlich die Wirthe den Häusern nach
und luden ein, wie man zu einer Hochzeit einladet. Die armen Teufel von Wirthe wollten
nicht umsonst da sein, hatten sie sich für das Publikum geopfert, so war es ja auch des
Publikums Pflicht, das Opfer anzunehmen, herzukommen,um seine Bedürfnisse zu befriedigen.
Es erfüllte seine Pflicht aber oft zu lässig, wie die Wirthe meinten, indessen läßt sich
zur Entschuldigung sagen, daß wirklich
Worte verfasset, nämlich in diesem: Liebe deinen Nächsten als dich selbst. So ihr euch
aber unter einander beißet und fresset, so sehet zu, daß ihr nicht von einander verzehret
werdet. Ich aber sage, wandelt im Geiste,DDV Denn das Fleisch gelüstet wieder den Geist,
und den Geist wieder das Fleisch. Werdet ihr aber durch den Geist getrieben, so seid ihr
nicht unter dem Gesetz.Offenbär sind aber die Werke des Fleisches: Ehebruch,Hurertiei,
Unreinigkeit, Geilheit, Abgötterei, Zauberei,Feindschaft, Hader, Neid, Zorn, Zank,
Zwietracht,Ketzerei, Mißgunst, Todschlag, Saufen, Fressen u. dgl.,von welchen ich euch
zuvor sage, daß, die solche Dinge thun, das Reich Goites nicht erben werden. Die Frucht
aber des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Langmüthigkeit, Freundlichkeit, Gütigkeit,
Glaube, Sanftmuth,Keuschheit. Wider solche ist das Gesetz nicht. So wir im Geiste leben,
so lasset uns auch im Geiste einhergehen.“ Wer also das Gesetz weg will, der gehe auch im
Geiste einher; thut er es nicht, so kann er nicht viel darwider haben, wenn wir behaupten,
er wolle nur frei sein zu Gunsten seines Fleisches; er wolle die Gesetze weg um ungestraft
das Thier loslassen zu können. Ja wir sind so eigenthümlich gesinnet, daß wir selbst die
Regierung nicht für mündig halten. Warum sonst ihr Vormund, die Verfassung? Doch gibts
bekanntlich Mündel, welche den Vormündern Nasen zu drehen wissen. Dann ist noch eins, und
dieses ist die Sünde der eigentlichen Theoretiker. Sie nehmen die Menschheit als ein
Ganzes an, und diesem Ganzen nehmen sie das Maß an sich selbst, wie hoch sie stehen,wie
gebildet sie sind, so hoch stellen sie die Menschheit.Sie vergessen, daß die Menschheit
aus 1000 Millionen Individuen besteht, und daß jedes Individuum nicht mit dem Stempel
hoher Bildung, sondern als ein klein hülflos Thierchen geboren wird, durchaus nicht
besser,geistreicher, gebildeier, als diese Thierchen vor 5000 Jahren geboren wurden.
Sogenannt gebildete Mütter kriegen akurat gleiche ungenotete Schreihälse, wie das
Dieses gefällt uns nicht, wir sagen es aufrichtig,wir glauben, die Menschen hätten
immerdar Schranken
Aber inniger glüht das Eisen, tiefer zuckt das Weh.Es weint das Weib, daß die eigene
Liebe so schwach geworden, daß sie den Mann nicht zu halten vermöge,daß sie sein
schützender Engel nicht mehr sei, daß sie ihm lästig geworden, er ihr zu entweichen suche,
als ob ein schaurig Wesen sie wäre. Es weint aber doch über diese verschmähte Liebe am
innigsten und bittersten,nicht über das eigene Weh, sondern über das Elend,in welches der
Mann versinkt, welches ihn verschlingen wird; es ist die Liebe, welche über Jerusalem
weinte,die zu schwach zur Rettung verblendeter Geliebten sich fühlt. Es weint das Weib
über seine Kinder, die zü Waisen werden bei Lebzeiten des Vaters noch, denen jetzt schon
die väterliche Hut fehlt, später des Vaters Vorbild und Kraft; denen der Vater zum
Apollyon wird, zum Verderber, wenn auch nicht ihrer Seelen,doch ihres bürgerlichen
Daseins. Es weint das Weib über des Hauses Ehre, welche durch nichts mehr gefährdet wird,
als wenn Der dunkel und befleckt wird,der des Hauses Sonne sein soll; es weint, daß es die
Leute nicht mehr ansehen darf mit dem glücklichen Blick eines auf den Mann stolzen Weibes,
daß es zittern muß, wenn die Kinder unter die Leute gehen, man halte ihnen den Vater vor
und seinen heillosen Wandel,und heim kämen dann die Kinder und frügen: Mutter,o Mutter,
was ist o mit d'm Vater, d'Lüt hey ihs
Wer nur auf seinen grünen Sessel sitzt, und auf demselben manövrirt, nur zu dem Zwecke,
daß er auf demselben sitzen bleibe, wie ein Seiltänzer auf dem Seile balancirt, damit Hals
und Bein ihm ganz bleiben, der begreift nie und nimmer, was rund uüm ihn vorgeht,
Wir sagen es daher offen und frei: das wahre Volkswohl beruht nicht auf Zügellosigkeit,
geistiger und leiblicher; die wahre Freiheit beruht nicht darauf, daß dem Zügellosesten am
meisten erlaubt ist, überhaupt jedem so viel er will; die wahre Bildung ruht nicht auf
hohler sogenannter Sekundarbildung, auf kurzen Speisewirthschafts-Phrasen; das wahre
Christenthum nicht auf einer Aufklärung, wie sie zwischen 10 und 12 in allerlei
Wirthschaften betrieben wird, wegen den durchschnittlichen 200 Fr. Wir sagen offen und
frei, der Reichthum und das Uebergewicht des Kantons Bern wuchs nicht aus diesem Boden.
Wir wissen, der alte Boden bedurfte der Veredlung. Wir sagen aber offen und frei, wer
statt ihn zu veredeln, des Bodens Ueppigkeit zur Aussaat vom Unkraut benutzt, oder statt
ihn zu veredeln, ihn verwildern läßt, der verdiente, daß ihm
Das Volk besteht nicht blos aus Wirthen und der Bevölkerung ihrer Wirthschaften, wie man in jüngster Zeit zu glauben scheint; sie besteht auch aus Weibern und Kindern, aus Vätern und Müttern; die wahre Bildungsstätte ist nicht, wie ein Wahn der jungen Zeit zum Flüch des Volkes glaubt, das Kaffehaus, sondern das Familienhaus, nicht die Speisewirthschaft, sondern die Hauswirthschaft. Die alten Gesetze wahrten des Hauses Heil und Segen, ehrten des Hauses hohe Bedeutung; junge Gesetze darüber haben wir noch keine,aber junge Geister scheinen sie stillschweigend beseitigen zu wollen. Das wäre entweder anärchisch oder jesuitisch, oder vielleicht auch beides zugleich.
Doch unser Steffen war kein Jesuit, er hatte nicht einmal rothe dicke Vorhänge vor seinen Fenstern, er hatte großen Glauben an die Menschheit, er täuschte sich auch nicht, denn er wurde blos zweimal gebüßt,das erste Mal um 8 Fr., das zweite Mal um 4 Fr., spätern Anzeigen erfuhr wenigstens der Schulseckel nichts.
Steffen kriegt selbst schreiende Bedürfnisse.
Aber das Ding brachte ihm doch keinen Segen.Trieb er auch zuweilen Leute zusammen,
blieben auch seine Leute so lange sie wollten, das Geld kam ihm nicht mehr durch ein
Stiefelrohr herab, die Fünfunddreißiger fanden sich seltener, die Batzen ließen sich
zählen, füllten jedenfalls die zwei Abgründe, welche in seinem Hause waren, seine faule
Sinnlichkeit und seiner Frau beschränkten Hochmuth nicht aus, die verschlangen Alles, ohne
daß sie eigentlich darüber kamen, wo es fehle. Sie hatten es auch noch wie andere
Majestäten, sie sahen es nicht, daß ihr größter Feind in ihnen selbst lag, und hätte auch
Jemand gewagt, es ihnen zu sagen, so wäre es ihm gegangen wie dem
Steffen kam in Verlegenheiten, ward unwirsch darüber, hatte seine trüben Stunden, in welchen er über Alles schimpfte, über die Bauern, die Regierung, versteht sich vor allem über die nach ihm entstandenen Wirthschaften. Ueber Eisi muckelte er nur, denn während er in seiner Sinnlichkeit träger wurde, entwickelte Eisi's Hochmuth Energie, daher er unter den Pantoffel kam, dem er nichts als stillschweigenden Eigensinn entgegensetzte. Freilich hatte er auch seinen Kyb im Leibe,den er nicht blos mit Reden, sondern auch thatsächlich auslassen mußte, was auch in Prozessen geschah. Wer Kyb im Lyb hat und alle Tage einen Rechtsagenten oder sonst was sogenannt rechtskundiges im Haufe hat,der müßte von Gott besonders behütet sein, wenn er nicht in Prozesse gerathen sollte.
Steffen appart zu behüten, hatte Gott nicht Ursache,und war er einmal hineingeflismet, so
war seine Fräu ein Utüfel von Hartnäckigkeit, wolite nichts von Nachgeben wissen, es mußte
ausgetrieben werden bis vore Hag use. Das sei ihm gleich, verspiel oder g'winn mes, aber
die dolders Fötzelhüng müßten wissen, daß man sie nicht fürchte und Geld habe mehr als
sie. Und wenn es ihns ankam, so lief Eisi selost den Herren nach: eine Frau b'schüß meh'
bi de Herre als“ so ne G'stabi vo Löhl, fagte es. Die Prozesse beschlugen Allerlei,
manchmal Marchen, manchmal Waldrechie,später oft erhaltene Lieferungen von diesem oder
jenem,wobei Versender und Empfänger nicht einerlei Meinung waren. Die Prozesse hängen
nicht ab vom Stoff, es gibt keinen Hof, es gibt kein Haus, wo nicht Stoff zu wenigstens
zehn Prozessen zu finden wäre. Die Prozesse hängen ab vom Sinn der Leute, da entstehen
sie,die Aeußerlichkeit gibt blos den Vorwand dazu, so in den meisten Fällen. Wo dann zu
einem störrischen Sinn noch sogenannte Rechtskundige Aufweisung kömmt und große Unordnung
herrscht oder vielmehr gär keine Ordnung, so wundert es einem, wenn es nicht alle Tage
101 einen neuen Prozeß gibt. Wer Unordnung hat in seinem Geschäft und dazu zu wenig Geld, der glaubt bestaäͤndig, er sei beeinträchtigt, betrogen, und wie Unrecht er andern thut, wie sehr er sie beeinträchtigt, das sieht er nicht ein und seine Bücher mahnen ihn nicht daran.Prozediren wollen wir diesmal nicht abhandeln, so wichtig es ist, wir wollten nur auf einen Schlund deuten, welcher auch viel von Steffens Geld verschlang.
So kam es, daß er in mancherlei Verlegenheit kam,Advokaten bezahlen sollte, Weinhändler, Käshändler,Kerzen- und andere Lieferanten, und sagen mußte, es schicke sich ihm diesen Augenblick nicht, es hätte ihm ung'sinnet etwas gegeben, wo ihm d'Säck g'rumt heyg.„Ung'sinnet“ ist ein fatal Wort, und eben es spielte eine große Rolle in Steffens Leben. Da er keine Uebersicht hatte von dem was er schuldig war, so kamen ihm seine Lieferanten meist ung'sinnet über den Hals. Wenn ihm dann einer sagte: „Säg los, ih ha di welle frage,ob de m'r nit z'letzt Käsli oder z'letzt Kistli Liquör zahlen könntest, ih ha neh großi Zahlung z'mache und es geht i Gotts Name ke Geld y“, so sagte Steffen oft:das wird öppe zahlt sy, he längste, b'sinn di.“ Aber der wollte sich nicht besinne, demonstrirte Steffen, daß er ihm wohl einmal einst eins bezahlt habe, das Letzte aber ausstehe, und Steffen mußte daran kommen, gern oder ungern, und er mochte es glauben oder nicht. Wenn er endlich ane kneue mußle, so mußte er wohl auch sagen: „aber jetz chas d'r nit gäh, aber i vier,füf Wuche mußt's ha, selb v'rsprich d'r, v'rlah di druf.“ Und doch zahlte Steffen oft in fünf Wochen nicht, es war ung'sinnet ein anderer Lieferant noch früher gekommen, hatte noch nöthlicher gethan, so daß Steffen Geld schwitzen mußte. Oder er war mit Eisi ung'sinnet ausgefahren, sie hatten ung'sinnet dies oder jenes gesehen, das ihnen so gefallen, daß sie es kramen mußte, oder es hatte ung'sinnet eine Partie gegeben in einer obern Stube und Steffen Haare gelassen für hundert Franken oder mehr. Wer kann für solche ung'sinnete Sachen was, wir fragen?
Indessen eigentliche Angst machte das Alles Steffen nicht und Eisi nicht, sie betrachteten diese Lage als eine vorübergehende Klemme, entstanden hauptsächlich durch den verfluchten Speisewirth, aber wenn der einmal z'Bode syg, u lang gang das nit, so werds scho wieder angers cho. VTer Haupttrost war jedoch das Erbe,welches Steffen noch von seinem Vater erwariete. Wenn er einmal da nehmen könne, sagte er, dann käme es besser, dann wolle er ganz anders fahren, dann wolle er zeigen, wer Meister sei. Dieses Erbe war sein Trost,dieses Erbe war auch sein Schild, denn so lange es zu erwarten war, deckte es ihn vor der allzugroßen Zudringlichkeit seiner Schuldner. Da ist nichts zu ver lieren, dachten site, und thun wir zu wüst, so setzen wir nichts mehr bei ihm ab. Freilich dachten sie beim allfälligen Absatz auch an die zu opfernden Prozente und schlugen was sich thun ließ auf die Preise, und wie oben gesagt, halfen sie auch mit der Qualitaäͤt nach,denn, was einige Querköpfe auch sagen mögen über den Gewinn, welcher aus dem Hinhauten der Zahlungen entstehen soll, es ist nichts als Täuschung, entweder ein Zeichen, daß sie nicht rechnen können, oder eine verkappte, wenigstens augenblickliche, Zahlungsunfähigkeit. Wer Geld hat und das Rechnen versteht,weiß wohl, was Baarzahlungen für vielfachen Vortheil bringen.
Trotzdem kam Steffen in die Klemme, denn es gibt immer Leute, welche nicht warten mögen,
Käshändier,welche das Salz baar zahlen müssen, Advokaten, welche alle Wochen das Kostgeld
zahlen müssen, weil Niemand ihnen länger traut als eine Woche und Niemand Bürg sein will
für vierzehn Tage. Wenn Steffen so in der Klemme war zwischen einem Käshändler der Salz
haben mußte, oder einem Advokaten, der das wöchentliche Kostgeld bezahlen sollte, oder
zwischen zweien Gumene,von denen jeder sagte: „entweder oder“, entweder Steffen zahlst du
mich aus, oder nimmst künftig den Wein alleine bei mir, so wußte er oft nichts anzufangen,
als sein ketzers Byggerli anspannen zu lafssen, zu
Der Vater gab ihm den Rath, noch ein Stücklein Land zu kaufen, welches an sein Besitzthum stieß und zu irgend einem Unternehmen tauglich schien, da ein Bach an selbem vorbeifloß, sich zu stellen, als wolle er da was Neues machen und daraufhin auf sein ganzes Besitzthum Geld aufzunehmen. Einen Schein fällen zu lassen zur Aufnahme von Geld, thut man sonst nicht gerne, es liegt immer was Verdächtiges darin, daher man gerne was vorschiebt, um der Sache ein unverdächtig Ansehen zu geben und der Gemeinde Sand in die Augen zu streuen, wenn sie etwa die Sache näher untersuchen lassen wollte. Dieses Sandstreuen übernahm der Vater und vollbrachte es glücklich. Eisi erklärte bei der Geldaufnahme sehr bereitwillig mit seinem Weibergut den Nachgang, von wegen, es hätte schon lange gerne mit der donstigs More, der Speisewirthin nämlich, einen Prozeß angefangen, wegem Südeltrögli beim Brunnen, zu welchem die andere kein Recht hätte,wie Eisi behauptete. Steffen hatte so satt abgewehrt,weil er das Geld nöthiger hätte und diesen Handel z'prozediren fast nichts abtrage; jetzt aber wusch eine Hand die andere, Eist erklärte den Nachgang und Steffen willigte in den Prozeß.
Ein neues Unternehmen, eine Oehle oder sonst ein Räderwerk, wurde angefangen, blos alte Löcher verstopft und der Wagen neu gesalbet lief wieder ohne zu en und zu gaxen, daß man Stunden weit davon redete.
Einige Zeit darauf starb Steffens Vater, aber das Erbe fiel nicht aus wie Steffen immer gerühmt hatte.Wenn einmal sein Alter die Nase untere hätte, dann bessere es ihm, dann wolle er es rutschen lassen, nicht 15000 Pfund nähmte er, wenn es ihm Jemand schon gleich jezt baar auf die Hand legen wollte. Es wäre
Steffen wohl gekommen, wenn er den Handel für 15000 Pfund hätte abschließen können, denn sein Vater war nicht halb so reich, eine Menge Schulden, von denen man nichts gewußt, kamen zum Vorschein. Zudem war Alles aufgeschrieben, was Steffen empfangen und längst vergessen hatte, und begreiflich wurde es ihm, wie er sich dagegen sträubte, unerbittlich angerechnet. Wie er später auch pülvern und aufbegehren mochte,wie er betrogen und angeführt worden, wie die, wo daheim gewesen, das Beste hintere gepackt hätten, wie er wenigstens z'halb mehr hätte bekommen sollen, deßwegen bekam er es doch nicht, und Steffen erfuhr es,wie es Fälle geben könne, wo man zehnmal besser daran ist, wenn man ein Erbe vorständs, als wenn man es wirklich verfallen hat.
Wer hat nicht schon gesehen, wie, wenn im Herbste spät ein Säemann Samen ausgestreut hatte auf seinen einsamen Acker, Krähen daher geflogen kamen von allen Seiten, aus dem Boden zu wachfen schienen, schwarz der Acker ward, die Vögel den Acker vom Samen leerten, so daß am andern Tage kein Körnlein mehr da war, das hätte keimen und aufwachsen können.
Wer hat nicht schon erfahren, wie Gläubiger sich in Geduld fassen und sagen, jetzt ist nichts zu machen,wenn man ihn überstürzt, so kriegt man nichts, wartet man aber, so ist keine Gefahr, sein Vater lebt noch,oder seine Mutter, oder ein reicher Vetter; thun die einmal die Augen zu, dann kann er erben und wer sich dann rührt zu rechter Zeit, dem kann es nicht fehlen,der wird bezahlt. Und wenn dann endlich der ersehnte Tod kömmt, das Erbe fällt, wie es da die Gläubiger herbeischneit, wie sie geflogen kommen aus allen Enden der Welt, wie auf den Acker die Krähen, und wie die Krähen nicht weichen bis das letzte Körnlein verzehrt v1 die Gläubiger nicht, bis der letzte Heller bezahlt ist.
So ging es jetzt Steffen auch. Er war wie ein Aas, um das die Geier sich streiten, und
wer sein treuster Freund geschienen hatie, der wollte jetzt am uver
Wir kennen zu wenig die richtigen Grundsätze der Staatswirthschaft, welche beiläufig
gesagt, uns noch so im Nebel scheinen, daß mit gleicher Bestimmtheit das Gegentheil
behauptet wird, um zu beurtheilen, ob dadurch das Staatswohl gefördert oder gefährdet
werde,wenn gegen hohen Zinsfuß mit Leichtigkeit Geld zu erhalten UÜnternehmungen zu
beginnen sind? Blos das scheint uns, daß im hohen Zinsfuße der Stein des An
Wenn ein arm Kind des Abends mit drei Strangen Garn, welche die Mutter und das Kind
selben Tags erjastet haben, ins Dorf geht um sie zu verkaufen, weil sie Oel haben sollten
und Milch und Brod,und der Händler gibt ihm blos 4/, Batzen dafür, er weiß, sie müssen
Geld haben und diesen Abend noch,und Niemand in der Nähe kauft noch Garn; einem Reichen,
der warten oder weiter könnte, würde er 6 Btz.geben, so nenne ich dieses Wucher, welchen
das Gesetz nicht beschlagen kann. Ich nenne diese Handlungsweise Wucher, denn Wucher ist,
wenn einer aus seines Nächsten Noth seinen Vortheil zieht. Ich nenne dieses einen
himmelschreienden Wucher, denn er nährt sich von der Armen Schweiß, und wie heillos und
verflucht dem Reichen mehr geben als dem Armen! Dem Reichen 6 Kreuzer zulegen, dem Armen
sie abziehen, während 6 Kreuzer dem Reichen nichts sind, während sie für den Armen einen
zehnfach höheren Werth hätten als für den Reichen! Das ist aber noch nicht Alles; der Arme
muß auch theurer zahlen wenn er etwas kauft als der Reiche, und zwar bedeutend theurer,
und wenn man sich darüber ärgert, wenn man findet, es sei ungerecht und es sollte
umgekehrt sein, so heißt es, das komme daher, weil man die Sache nicht verstehe, den Armen
müͤsse man so oft Dings verkaufen, wisse nicht,ob man je was kriege, müsse ihnen in
kleinen Quantitäten verkaufen, wo man so viel vermesse und verwäge. Ganz gut, aber wenn
man einem Armen was abkauft, da vermißt man nichts, da verwiegt man nichts,
Wenn es dem Reichern schon etwas g'nüger geht,seine Bilanz nicht brillant aussieht, er leidet doch nicht Pein an seinem Leibe, er braucht seine Kinder nicht hungern zu lassen. Wir müssen sagen, wir kennen kaum eine schrecklichere Versündigung als diesen Wucher und wenn in solchen Fällen der Arme zur Selbsthülfe greift,so halten wir seine Sünde nicht für so groß. Blos wenn dieses Gefühl, der Drang zur Selbsthülfe, andauernd und bleibend zum Kommunismus wird, der nehmen will wo er findet, dann halten wir es für eine Krebswunde an der Menschheit, für ein Alles zersetzendes Element. Der Kommunismus aber so wenig als der Radikalismus können etwas anders als zerstören; ist der Bestand zerstört, dann schlagen sie um in Despotie und Habsucht; was Andern genommen ward, angeblich für das Allgemeine, das will am Ende doch jeder ausschließlich für sich.
Wir geben gerne zu, daß im Wechselhandel das Diskontiren am Orte ist, ein Kaufmann einige
Prozente einschlagen kann, um baar Geld zu kriegen, welches von Rechtswegen ihm sonst erst
in einigen Monaten zukäme, allein so wie es jetzt im gemeinen Leben getrieben wird, ist es
wirklich eine heillose Betrügerei,obgleich eine Art von Freiwilligkeit obzuwalten
scheint.Da werden arme Mannli gedrängt bis in die Noth hinein, dann wird ihnen älles was
sie haben, Geld oder Schriften, verleidet, verunwerthet, als Nichts dargestellt, sie
werden in Angst gewerchet und mit Wein getränkt, bis sie etwas Ungeschicktes gemacht
haben. In Beziehung auf das Land ihut das Gesetz Vorsorge,welches vorschreibt, daß kein
Kauf gültig sei, ehe dar
So ungefähr ging es auch unserm Steffen; sein Erbe war nicht blos kleiner als er geglaubt, sondern er erhielt nicht einmal was ihm zufiel; er mußte einschlagen, mußte abtreten, und jemehr Rechtskundige er zu Freunden hatte, desto mehrere halfen einander, bis sie den Steffen da hatten, wo sie ihn haben wollten.Steffen klagte oft, wie er nicht geglaubt, daß erben einen Menschen arm machen, oder ihm wenigstens zum grͤeten Schaden sein könnte. Am übelsten ging das ei Eisi, es hatte geglaubt einen reichen Mann zu haben, sehr oft gesagt: „Wart die D Täsche da äne ume, bis Steffes Alte d'Nase ungere het, de wey m'rt Ar de di donstigs Kräye nimme a, wenn ih vors Hus use stoh, die muß m'r de da dänne.“
Das konnte nun nicht geschehen und darum mußte Steffen bei jedem Anlaß hören, wie wenig
er geerbt,und wie man angeführt werden könne beim Heirathen.Bis dahin war das so ziemlich
einig gegangen, jedes hatte das Andere gewähren, das Gänze schlitten lassen und wenn sie
einander zuweilen auch rauh anfuhren,so war es doch nicht böse gemeint und griff nicht
tief.Jetzt sahen sie, daß zur Sache gesehen werden müsse.Obgleich keins von ihnen dafür
hielt, daß sie eigentlich bös ständen, sie schlugen alles was sie hatten sehr hoch an und
hofften, die bessere Zeit stehe bereits vor der Thüre, so dachten sie doch, es sollte
besser gehen,
Steffen meinte, Eist sollte etwas weniger hoffärtig sein, alle Augenblicke ein neu seiden
Fürtuch wäre nicht nöthig und ällemal die Näherin und, eine neue Kappe wenn es z'Märit
wollte oder Gotte sein mußte, ebenfalls nicht. Auch die Kinder könnte man einfacher
haltien und etwas mehr zum werchen, und albeeinist weniger Leute am Taglohn, so meinte er.
Potz Blitz, so meinte es aber Eisi nicht. Es brauche noch lange nicht was es ihm ziehen
möchte, von wem z'Sach herchöm und wer doch immer dabei sei von früh bis spät, nicht
einmal Zeit nehmte es sich für z'Kindbette und ehe die Sache halb vorbei sei, müsse es
schon wieder füre un uf d'Bey. Was er denn mache? Nichts mache er, hell nichts, z'fule sei
er z'metzge und längs Stück müsse es den Leuten Fleisch geben; z'fule sei er in Keller zu
gehen, lieber v'rspreng er z'Hus mit Brülle bis er eins hätte, als daß er einem Menschen
einen Schoppen hole und wenn man ihn nicht albeeinist mit einem Hälstg abeschleifte, su
luegte er z'gahr us und y nie mit em Wy, schüttete öppe z'säme, was z'Essig g'rathe
well,oder miech sust Neuis, kratzeti öppe d'r Dreck us de Fässere, daß d'r Wy, wo me dry
thuey, nit steich wie ne Hung. U de mit em bruche, söll er ihm bim nichts vorhalten. Er
solle zusammen zählen, was er z'Jahr aus z'Jahr ein v'rfresse u v'rsuf u was die keibe
Schießete bruche, u was de gang i de obere Stube, un ob er g'winn oder v'rspiel, das merk
es neue afe, bim Wetter. Wohl, so solle er ihm nicht kommen, sonst wolle es ihms zeigen,
woher z'Sach chöm u wer z'Recht hätt, Meister z'yy, ja wolle. Wenn einmal solch Vorrechnen
angehet, so hält es sich selten still, gutet selten wieder. Es ist traurig, wenn Leute,
die im Glück sind,es haben konnten wie sie wollten, stößig werden unter einander, das
Unglück mit Gewalt und muthwillig über sich hereinziehen, und nun, da Gott sie glücklich
gemaächt hatte, sich selbst expreß unglüͤcklich machen,alle Tage unglücklicher, sich die
schönen Gaben Gottes
Was ihre Fortbildung für Früchte trägt und wie sie die schreienden Bedürfnisse
stillet.Wenn auf dem Meere der Sturm beginnt, eine schwarze Wolkenwand über dem Meere sich
lagert, langsam sich nähert, wenn es dumpf in den Lüften rauscht,kurze rasche Windstöße
pfeifend durch die Masten streichen, da ruft der Kapitain die Mannschaft auf, was auch
zwischen ihnen liegen mag, wie ein Mann spannt sie ihre Kräfte zusammen, jeder fliegt an
seinen Ort,einer steht zum andern, gilt es ja ihrer aller Sicherheit, und was hülf es
einem, wenn er auch dem Andern den Tod gönnte, müßte er ihn doch kosten vereint mit jenem.
Räuscht dann der Sturm heran, schwarz und wild, und faßt er mit seiner ganzen Kraft das
Schiff, er findet gefaßte Kraft, 5 das Schiff zusammenhält, nirgend eine Spalte, in die er
sich zwängen, eine schwache Seite, die er überwältigen kann.Das ganze Schiff gehorcht
einer Kraft und wo der Sturm es faßte, steht diese Kraft ihm entgegen und bricht seine
Macht, gerettet geht es aus dem Sturm.Es ebnen sich die Wellen wieder, es wird der Himmel
wieder helle. Wo aber Meuterei auf dem Schife ist,die Macht zersprengt ist, welche sonst
die Kräfte band,die Wuth größer ist, als der Trieb der Selbsterhaltung,einer wider den
andern die Waffen kehrt, keiner Sinn hat für den Todfeind aller, da faßt der Sturm die
machtlose Masse, wirft sie von einer Seite zur andern,gen Himmel auf, in des Abgrunds
Tiefen, begräbt sie in des Meeres schaurigem Schooße. Wenn der Sturm kömmt, ist das
Zusammenfassen und Binden der Kräfte
So ging es hier bei Steffen und Eist. Wie wir gesehen haben, hatte sich bei Eist mehr das
aktive Element, das herrschsüchtige, ausgebildet, bei Steffen mehr das passive, das
sinnliche, bei Eisi das sich selbst bestimmende, bei Steffen das sich bestimmen lassende,
oder wie der Bauer sagt: Eisi hatte die Hosen an, oder wie der Herr sagt: Steffen war
unter dem Pantoffel. Der erste Ausdruck jedoch ist der richtigere, denn wenn auch in Eisi
der bestimmte Wille sich aussprach, es als die Macht erschien, welche das Haus regierte,
so hatte es doch nicht so viel Gewalt über Steffen, daß er seiner Lebweise entsagte und
das Heft mit Kraft zur Hand genommen hätte. Eisi genirte sich nicht. Wenn es Geld brauchen
wollte, so brauchte es, und wenn es schon nicht einem Postillon oder Kondukteur den
Auftrag gab,
Wenn so ein schwerer Himmel lastet über den Gemüthern zweier Eheleute, so entsteht schweres, trübes Sinnen, ein eigener Gedankengang bildet sich aus. Die
Gegenwart lastet schwer auf ihnen, unzufrieden sind sie mit ihr, sie sehnen sich nach
Verbesserung, sie suchen vor sich in der Zukunft ein Plätzlein, ihte Hoffnung,daß es
anders komme, abzustellen. Sie sehen die Schuld,daß die Gegenwart so sei, nicht in sich,
sie kommen sich unschuldig vor, sie meinen, wenn sie machen könnten wie sie wollten, es
müßt sy Seel bald anders sein.Aber ! Dieses Aber ist wohl anfänglich ein Stein,an welchem
die strömenden Gedanken sich stoßen, wie an einer Schwelle der fluthende Bach anfänglich
sich stößt,inne hält, sich aufstaucht, dann einzelne Wellen überschlagen, bis mit tosender
Gewalt er über dieselbe sich stürzt. Aber, heißt es, aber, wie sollte es anders kommen,
bin ich ja nicht alleine, sind die Hände mir nicht gebunden, wie sollte es anders kommen,
so lange da ist, von wem das Verderben kömmt, so lang an keine Besserung zu denken ist? Da
könnte ich lange, könnte mich tödten, und es hülfe nichts. O wie unglücklich,daß mir
dieses Loos gefallen, aber es wird so haben sein sollen, es wird mir geordnet gewesen
sein. O,wenn ich zurückdenke, wie ich eins gewesen bin, (so denkt die Frau) wie ich es
hätte anstellen können und meine Sache gut machen, und das Unglück muß mich treffen, daß
ich den haben muß, gerade den, wo nichts mit ihm ist und noch alle Tage minder! O, warüm
mußte ich an die kommen (denkt der Mann) wo nichts versteht und doch alles befehlen will,
wo nur die Leute vertreibt vnd nichts weiß, als brauchen? Was habe ich von den paar tusig
Pfündlene, es wär mir nützer,ih hätt' die nie g'seh u si o nit, es wär mir nützer,h hätt'
es arm Meitschi g'no, wo ke Chrützer g'ha hätt', aber m'r a d'Hang gange wär, un o öppe
g'si wär, daß me hätt' Freud g'ha bi nihm z'st u m'r d'Lüt is Hus zoge hätt', statt m'r fe
z'v'rtrybe! So seufzen beide, so schlagen die Wellen plätfschernd über den Stein,eine
rascher, mächtiger, als die andere, bis der ganze Strom darüber rauscht. Aber wenn's
Gott's Wille wär,daß er oder sie sterben könnte, an die Ruhe käme, ich möcht sie ihm so
wohl gönne, dann mißlegeb anders
Ist einmal der Gedankengang auf diesen Punkt gekommen, dann ist keine Versöͤhnung,
Ausgleichung mehr möglich, innerlich ist zwischen den Herzen eine Kluft gerissen, die
nicht mehr heilet, die wirklich täglich größer wird. Solche Gedanken können wohl hie und
da wie flüchtiger Nebel über eine Seele streichen, keine Spur hinterlassen, nimmer
wiederkehren. Aber gar zu gerne kehren sie wieder, fressen sich ordentlich in eine Seele
ein, wie eine ätzende Substaänz, fressen sich ein zum Herde, auf welchem brodelt und kocht
höllisches Sinnen, teuflisches Wünschen. Wir haben hier ein kaltes Blut, es wird nicht
erhitzt durch füdliche Sonne;wir genießen noch die unbeschreibliche Wohlthät der viel
hundertjährigen Angewöhnung, Mord als eine fürchterliche Sache anzusehen, von
Obrigkeitswegen mit der höchsten Strafe, der Todesstrafe, belegt zu sehen. Die Sonne wird
ihren Lauf kaum ändern und ändert sie ihn, so überleben wir es nicht; aber Obrigkeiten
ändern Ansichten, sind halt näher dem Nebel der Welt.Verbreitet die Obrigkeit die Ansicht
ins Volk, daß Mord kein fluch- und todeswürdiges Verbrechen sei, hat Gnade und
Barmherzigkeit für Giftmischerinnen, dann wird noch aus manchem Herde, wo bereits
höllische Wünsche,teuflisches Sinnen brodeln und kochen, Mord zu Tage gekocht und gebrannt
werden, im Herzen ist die That längst fertig, sie wird auch zu Tage treten, ein fait
accompli werden. So weit sind wir noch nicht, an eigenmächtiges Handanlegen wird selten
gedacht, ein tiefer Schauer weht die Gedanken von diesem Punkte weg. ) Aber man denkt doch
an den Todhofft, der liebe Gott werde einem den Gefallen erweisen, werde
Steffen eben hoffte eine Kindbetti, wo Eist gewöhnlich so unvernünftig that, um sich groß zu machen,nehme es einmal ung'sinnet, u de well er nit z'Schuld sy, er heygs mängist g'seit, aber jetzt säg er nüt meh;wenn es es well g'hebt ha, su heygs es i Gotts Name.Auch sagte er zuweilen, seine Frau sei d'r g'süngst Möͤnsch vo der Welt, vo me ne sellige heyg er no nie g'hört. Er glaub, wenn man mit Kegelkugeln nach ihr würfe, sie kriegte nicht einmal Mose, u Vörn chönt si fresse, si kratzete si nit emal. Aber wes de die ecinist agryf, su choön me de luege, die dräys de z'Bode, er well nit gut d'rfür sy. Wenn dann einer sagte: Biß du froh, daß du e so g'sünge Frau hest, es wär mänge froh darüber, we si scho nit Dörn fresse chönt ohne Buchweh, so seufzte dann Steffen und sagte: darüber heyg er ja gar nit klagt, es sei ihm z'rechte. Wenn de aber e sellige Mönsch ume sinne chönt, wie's angere Mönsche syg, wes ne fehli. Aber da meine dann die,8 wie ihnen, und wer gruchse, tryb ume auntast.
Eisi hoffte auf Steffens fett und aufgedunsen Wesen; die nähms de einist ung'sinnet,
sagte es ebenfalls
So sah es inwendig aus, äußerlich merkten andere Leute so viel nicht davon. Ob Steffen und Eisi selbst den Kampf merkten, das Passen und das Hoffen, das weiß man nicht, sie äußerten darüber sich nicht. Aber wie jeder Müller weiß, die Mühlsteine, welche aufeinander gehen, sind sehr selten gleich hart, einer ist weicher als der andere, und der weichere wird abgerieben,untauglich für den Gebrauch, bis er neu geschärft wird.Bei Menschen geht das Schärfen selten an, die Natur,welche schlaffer, schwammiger ist, kann nicht wohl geverstanden, hier ist von den Feuersteinnaturen, welche springen, und von den Waschlumpen, welche immer Waschlumpen bleiben, nicht die Rede.
Es ist aber doch füͤrchterlich, wenn ein Mensch, der
Ob er dabei nicht an seine Kinder gedacht, gedacht,was aus ihnen werden werde, verarmt,
verlassen und übel gewöhnt dazu. Wir wissen es nicht, wir glauben es kaum. Steffen war,
wie wir gesehen, durchaus nicht ohne Liebe zu seinen Kindern, namentlich gegen die
Jüngsten, sobald sie laufen konnten und sagten: Aetti gim m'r o; Aetti wott o. Da gab er
ihnen was er hatte, konnte scherzen mit ihnen, d'r Narre trybe und oft hörte man ihn
sagen, das King sei ihm afe so lieb, es duech neh, er chönt nit sy ohne dä Bub. Aber
wahrscheinlich war seine Liebe nicht viel anders, als die Liebe zu einem Spielzeug. Diese
Liebe unterscheidet sich von der rechten elterlichen hauptsächlich dadurch, daß sie
Die Kammer, in welcher das Empfinden lebendig ist und sich reget, sie birgt das Höchste,
die kostbarsten Edelsteine in der Krone unserer Kräfte, die Begeisterung,die nach dem
Höchsten ringt, die Liebe, die nicht ait
Wehe aber der Erziehung, wo nur des Geistes Kräfte geschärft, ins Wissen und Denken Alles gesetzt wird. Diese Erziehung, wie sie wieder leider so oft betrieben wird, ist nichts als das Schleifen kalten Stahls zu einem zweischneidenden Dolche, der nur zu oft gegen den Schleifer selbst sich wendet und dessen Brust durchbohrt.
Nun aber gibt es wirklich sehr viele Eltern, welche durchaus an keinen Zusammenhang der
Gegenwart mit der Zukunft ernstlich denken, die ganz vergessen zu haben scheinen, daß, was
der Mensch säe, er auch ernte.Gar mancher Landmann weiß recht wohl, daß, wenn der e güt
ist, die Zeit der Aussaat, das Feld wohl gerüstet ist, die Aussaat früh und gut bestellt,
die Ernie schon halb als gewonnen anzusehen ist. Aber in seinem eigenen persönlichen Leben
vergißt er diesen Zusammenhang, thut was ihn gelüstet, kümmert sich um keinen Menschen und
kann am Ende nicht begreifen,warum ihn alles haßt. So geht es auch vielen Eltern.Ihr
Sinnen und Trachten ist auf etwas gestellt, durch etwas gefesselt, oder sie werden durch
die Umstände getrieben, wie ein Mühlrad durchs Wasser, die Kinder sind Zugaben zu ihrem
Leben, die ihnen bald lästig,bald lieb sind, aber in ihren Gedankenkreis gehören sie
nicht, die Aufgabe ihrer Erziehung nehmen sie nie auf.Das werde sich schon machen, denken
sie, es seien schon viele durch die Welt gekommen, die dümmer seien als die, d'r V'rstang
werd neh scho cho, daß si's de selber y gsehye u daß es ne z'Sinn chöm, wie si öppe thue
müße, daß es gut chöm, so reden sie. Und wenn man ihnen was bemerkt, so sagen sie: he, mi
müß öppe luege, aber sövli pressirt selb nit, z'früh treyt nüt ab,
An die Macht der Gewohnheit, an das Lebendigwerden und Aufgehen von Eindrücken, an den Reiz des Beispiels, an das Alles denkt man durchaus nicht,so wenig als man daran bei einem Spielzeug denkt,bei welchem man nur dafür zu sorgen hat, daß man es nicht fallen lasse oder sonst es zerbreche.
Unter diese Klasse gehörten Eisi und Steffen, und wenn Steffen schon seine Kinder liebte, so dachte er doch kaum an ihre Zukunft, und wenn sie ihm einfiel und wenn er dachte: u de d'King? So wird er sicher gedacht haben, o öppe viel schlimmer als jetzt wird es ihnen nicht gehen, wenn ich schon nicht mehr bin, so gibt es deßwegen noch immer Leute. Die Verwandtschaft ist groß, und denen thuts sauft, eins oder das andere zu ihnen zu nehmen, dort lernen sie vielleicht arbeiten,hier hätten sie doch nichts gelernt, macht, ja jedes was es will. Und seis mira, wie's well, lueg de mira Eisi,grad so hets es welle g'hebt ha, su häbs es de!
Doch von einem solchen Inwendigen sich eine sichere bestimmte Vorstellung zu machen, isft
schwer, weiß es ja oft derjenige selbst nicht, wie es mit ihm steht, in welchem es so
aussieht. Steffen konnte oft noch recht lustig sein und seine Händel haben, wie in seinen
bessern Tagen. In der Regel war er sonst schweigsamer und oft war's, als hoöre er übel.
Eist behauptete aber, das sei nur Fantast, was er nicht hören solle, dafür habe er feine
Ohren genug. Ungern ging er zu Bette, es war ihm allemal im höchsten Grad zuwider, daher
er seine Gäste so lange wie möglich versäumte. Eist meinte,das sei bloße Faulheit, er mög
si afe vor Füli nimme abzieh und alege. Eisi hatte erstlich keinen Begriff, wie so häufig
eine gewisse Trägheit unzertrennlich mit der koörperlichen Beschaffen heit verbunden ist,
so daß der Wille der Menschen über diese Trägheit durchaus keine Gewalt hat, die größte
Anstrengung sie nicht zu überwältigen vermag. Das sinnet man zu wenig zu Stadt
Der wunderbare geheimnißvolle Uebergang von einer Welt Gottes in eine andere Welt Gottes, das Einschlafen hier zu einem Erwachen an einem andern Orte, was wir Tod nennen, hat etwas schauerliches, auch für den gläubigsten Christ, der das Wesen des Himmels in seiner Seele fühlt, der die Nähe seines Gottes bereits im Herzen empfindet.
Wie da das Herz pochen muß, wenn man das Nahen fühlt, das jetzt, jetzt, wie eine
aufsteigende Sonne immer klarer sich kündet. Wer erinnert sich noch, als Kind vor einem
Vorhang gesessen zu sein mit Zittern,Beben und brennender Ungeduld, wie ein Wonneschauer
nach dem andern ihn durchrieselte, als der Vorhang zuckte, als es sich zu heben begann,
wie bei dessen Aufrollen ein wunderbar Erstaunen ihm blendete, ihm Sinnen und Sehen
zusammenfloß in ein unaussprechlich Erstaunen, wer erinnert sich wohl dessen noch? Das
Denken nur an den Augenblick, in welchem das Irdische versinkt, das Ewige aufgeht, ist
auch beim gläubigsten Christ das Beben des jüdischen Volkes, als in Blitz und Donner
Jehova zu ihm reden wollte. Oder wenn wir uns vorstellen einen tiefen Denker, der sein
Lebtag unerschrocken in den kühlen Nebeln der Philosophie herumgestoffelt, oder einen
Würzligraber, der die Schichten durchstöbert hat bis z'nächst ungerus, und beibe haben
nichts angenommen als real und existirend als was sie gesehen und was sie darüber gedacht,
und dabei begreiflich nicht bemerkt, wie das, was sie gedacht, der ärgsie Nebel war, und
sie stehen auf einmal am Rande ihrer Schichten und ausgehen will ihnen das Denken, wie
einer armen Spinnerin das Oel und sie fühlen es, wie das Leben erlöschen will, das
Nichts,
Man denke sich aber nun so einen Steffen mit seiner Halbschoppenbildung, die heute durch
den Vieharzt hexen läßt, morgen Gott und Ewigkeit läugnet, heute zu einem Quacksalber
schickt, des Lebens wegen, und morgen einige Schoppen mehr trinkt, des Todes wegen, heute
von Freiheit brüllt, morgen den ärgsten Zwang übt, von Bildung spricht und alle Gebildeten
kreuzigen will, so ein Steffen, der im Tode keinen Trost hat, keine Hoffnung, dem aber des
Lebens Last unerträglich wird; der andern möchte, der versinken möchte in ein ewig Nichts,
dem es aber doch bangt vor diesem Nichts, vor diesem Aendern, da er feine Hoffnung hat,
als das Sprüchlein, allweg kann ichs nicht böser haben, und dem dieses Sprüchlein des
Herzens Klopfen doch nicht stillen will, so wenig,als eine abgestandene Mirxtur das
Fieber, man denke sich so einen Steffen um die Mitternachtsstunde, wie er zu Bette gehen
sollte und doch nicht darf, weil er sterben möchte, und doch nicht denken darf, wo erwache
nih ächt, gits es hienecht oder wieder nit? Das wußle aber Eist nicht, wie es Steffen war,
wenn er nicht zu Bette konnte, das wußte Niemand, wie es ihm war am letzten Abend, als er
zu Bette sollte und nicht konnte und am Ende doch mußte, Es hätte nicht gemerkt, daß öppis
angers sei, sagte Eist, in der Nacht hätie er neue so wunderlig g'schnürflet, aber es
hätte sich dessen
Wie Eisis Fortbildung zu Falle kömmt.Wenn die Leiche im Schooße der alten Mutter ruht,das Getümmel der Welt verrauscht, die Leidtragenden verlaufen sind, wie es da stille wird und öde im Hause,aus welchem man eine Leiche getragen. Erst jetzt klaft die Lücke, welche der Tod gerissen, in ihrer ganzen Größe, exst jetzt brennen die Wunden in den Herzen so recht heiß und tief, denn erst jetzt ist man so recht zu sich selbst gekommen und empfindet sie in vollem Bewußtsein. Wars der Hausvater, der nun draußen ruht, so sammeln, wie um die Henne die Küchlein, die Kinder sich um die Mutter, die mit verhülltem Haupte bitterlich weint. Sie fühlen Alle, was sie verloren, sie fühlen, daß wie sie der Mutter Kummer, sie auch der Mutter alleiniger Trost sind. Sie können es der Mutter nicht sagen, daß sie ihr Trost sein wollen, aber sie drängen sich um die Mutter her in immer engerm Kranze, die Mutter soll es fühlen, was sie ihr sein wollen, wie eng und innig sie mit ihr zusammenhalten,ihr Alles in Allem sein wollen. Es ist wirklich, als ob dieser Trost der Mutter rinne ins Herz hinein, sie breitet die Arme aus wie die Henne ihr Gefieder, schließt noch näher ans Herz die lieben treuen Kinder, damit mächtiger und inniger der Liebe Strom rinne von einem Herzen ins andere Herz, durch alle Herzen, daß die
Liebe webe in dieser heiligen Stunde die Kette der Treue,die keine Zeit zerfrißt, keine Macht zerreißt, welche an des Vaters statt, seine lieben Häupter zusammenhält,eins am andern erstarken, sie aufblühen läßt in Gnade und Weisheit vor Gott und den Menschen, der Mutter zu immer süßerm Troste.
So wars leider auf der Gnepfi nicht. Es floß durch Eisi allerdings auch zum ersten Mal
ungestört und ungetrübt ein eigenthümlich Gefühl; es war aber das Gefühl eines
Kronprätendenten, der zum ersten Male die Krone, um welche gestritten worden, in seinen
Händen hält, das Gefühl einer Königin, deren König endlich gestorben und die nun hofft
Königin sein zů können, so recht nach Herzenslust. Die Kinder hatten an Speise und Trank
sich's nicht mangeln lassen; gewohnt, daß man nicht um sie sich kümmere, hatten sie das
Recht zuzugreifen und dessen sich weidlich bedient.Sie hatten auch von Gevatterleuten, die
z'Lych gekommen, manchen schönen Batzen gekriegt, und ob dem G'schauen derselben und dem
Klimpern damit Alles andere vergessen, hatten in ihrem Sinne einen recht glücklichen Tag
gehabt. Der junge Bube, dem heute wieder einmal nichts abgegangen, hatte seinen Gram
vergessen, sich gütlich gethan und schlief längsten selig.Die andern Kinder hatten
ebenfalls just kein Verlangen nach der Mutter, vermißten den Vater nicht, dachlen so wenig
an die Zukunft, welche ihnen wartete,als die Eltern an die Zukunft gedacht hatten, welche
fie den Kindern bereiteten. Nur das kleine Mädchen,Anne Liseli mit Namen, hatte keine
Freude gehabt und jetzt noch nirgend ein Bleiben. Seit man aus der Kirche und es zu Hause
erwacht war, hatte es Niemand gefunden, welcher mit ihm für Aetti beten wollte.Das drückte
sein armes Herzchen grüselig, denn jetzt wär's grad am nöthigsten, glaubte es, jetzt, wo
ner bald im Himmel sy werd, u me ne de nit yche lay,un er de id Höll müß, wenn me nit für
ihn noch recht bete chön, u wenn er einist i d'r Höll syg, su sygs de ja z'spät, dert
chöne me de nit meb use. Es hatte eine
Anne Liseli zagte und bebte. Es sei ihm, sagte es,der Vater könne nicht furt cho gegem Himmel, hing sich an die Mutter, gäb wie die es zur Ruhe wies;Eisi mochte nicht warten, bis es mit seinem Rechtsfreund Rath pflegen konnte.
Heute war das Haus leer. Wo des Tages eine Leiche aus dem Hause getragen worden, dahin
geht des Abends auch der durstige Bruder nicht gerne, er mißt lieber die lang gewohnten
Schoppen, ja er geht nicht gerne beim Hause vorbei, er fürchtet, es möchte in einer Ecke
der geschiedene Kamerad stehen, möchte ihm winken, daß es jetzt an ihm sei, eine Leiche zu
werden,möchte ihn mahnen an sonst noch was. Heute konnte Eisi ungestört mit dem Freund
abrathen, was vorzukehren ünd wie es die geträumte Selbstständigkeit, in der es ganz
anders gehen sollte, sich erringen und sichern könnte. Der Schalk wußte wohl, daß es nicht
gehen könne, wie er es Eisi glauben ließ, vielleicht wußte er bestimmt, was für eine
Wendung die Sache nehmen werde, aber begreiflich hinderte das ihn nicht, Eisi in seinem
Wahn zu bestärken, ihm nach dessen Sinn zu rathen, es hätte ihm sonst nicht geglaubt und
das Ver
Unser Rechtspraktikant dachte gar nicht mehr an seinen Freund Steffen, sondern wär bei
einbrechender Dunkelheit eingeruckt; er dachte bloß, wie er die Sache unter der Hand so
recht ins Lange drehen könne, um derweilen das Bein desto gründlicher abzunagen, und so
lange ein junger hungeriger Rechtspraktikant so ein Bein im Auge hat, fürchtet er sich vor
Gespenstern gar nicht. Er saß in der leeren Gaststube, hatte seinen halben Schoppen vor
sich, von wegen, er zählte sich auch zu den Gebildeten, und wartete geduldig auf Eifis
Erscheinung. Eisi ließ nicht lange“ auf sich warten, das
Da ward Eisi doch bang, es schlotterte, was es lange nicht gethan, eine tiefe Angst preßte ihm das Herz zusammen. Aber du Tröpfli, sagte es kleinlaut, was soött ih de bete? Bet du, ih will lose, wied's chast, u de gang de is Bett.“ „Ney Mutter, sagte Anne Liseli, du mußt jetzt, es b'schüßt bas, u was de witt, z'Unser Vater oder d'r Glaube. Aber Muetti, o Muetti, doch recht e nangere nah.“ In Eist werchete es, die Angst rang mit der Scheu zu beten, es hatte so lange nie daran gedacht, es nicht gethan, und jetzt sollte es beten in Gegenwart seines Rechtsfreundes. Wenn eine zarte Pflanze durchbrechen soll die harte Rinde der Erde, so bedarf es unaussprechlicher Anstrengung, Gott muß da helfen, möchte man sagen. Aber wenn Jemand beten soll, der Jahrelang nicht gebetet hat, dessen höherer Mensch im Starrkrampfe liegt, dem die Rede mit Gott eingerostet ist, was da für Anstrengungen nothwendig sind, bis das Wort sich losringt aus dem Herzen, bis man es über die Lippen bringt in einem verstäudlichen Laut und wie man bei diesem Laut erschrickt, sich dessen schämt und entweder schweigt, oder neu ansetzen muß zu einem zweiten Laut, Laut um Laut Erdstößen gleichen, in denen die Erde erbebt und zittert, und alles Lebendige noch bebt und zittert, wenn längst kein Stoß mehr empfunden worden, das erfuhr Eisi, als es das Unser Vater zu beten beginnen wollte. Es war ein
Kampf, wie es ihn vielleicht nicht erlebt hatte, und wenn die heimliche Angst nicht gewesen wäre, keine menschliche Gewalt hätte es däzu gebracht, und besonders noch in Gegenwart seines Rechtsfreundes. Dieser jedoch, so wie das erste Wort des Gebetes über Eisi's bebende Lippen kam, entfernte sich in größter Stille, er vermochte das Beten nicht zu ertragen, wie es bekanntlich Geister gibt, die kein Gebet vertragen und weichen und fliehen müssen, sobald gebetet wird irgendwo.
Es heißt, am folgenden Morgen hätte er den Kopf verbunden gehabt und Niemand sagen
wollen, warum?Später soll er einmal hinterm Glafe offenherzig geworden sein und bekannt
haben, er hättee Grüfe g'ha u d'rvo syg er g'schwulle. Wo er das G'stürm (Bete!)nit hätte
hören mögen, sei er use, u da syg ihm grad g'si, wie wenn Steffe vor der Thüre stünde u
losti.Da sygs ihm nimme 'helfe g'st, u wie er hey cho syg,wüß er nit, un am Morge heyg er
e Gring g'ha wie es Mäß. Mi wüß bim bal nimme, was 'me glaube föll! Eist hatte sein
Weggehen kaum bemerkt, betete unter Zittern und Beben däs Unser Vater, betete den Glauben
und noch einen Abendsegen auf des Kindes Bitte. Aber ganz weich und schwach ward es
darob,wie es seit Jahren nie gewesen war. Als Anne Lifeli endlich beruhigt und getröstet,
weil jetzt z' Muelti o für e Aetii betet heyg, un er jetzt wohl xwvölmig uche möge heyg,
zu Bette gebracht war und Eisi ins Stübli kam und zu Bette wollte, da erfaßte ihns
plötzlich ein Grausen, es durfte nicht hinein, es war ihm, als höre es Steffen drinnen
schnürfeln und schnupen, um kein Lieb,kein Geld hätte es die Nacht dort zubringen
können,auch nirgends alleine in einem Bette. Es flüchtete sich zur Köchin und schlotterte
dort noch lange schlaflos, troß seiner körperlichen Ermüdung, die Angst vor dem
Unerforschlichen, dem unsichtbaren Geheimniß, welches uns umrauscht, hatte es zu gewaltig
erfaßt. Dieses Unsichtbare war Jahrelang für ihns gar nicht da gewesen, es hatte sein
Leben unberührt gelässen, sein Leben schaukelte sich auf den Wellen des alltäglichen
Wechsels,
Im Maenschen lebt der Glaube an das Unsichtbare,an das große göttliche Geheimniß
unvertilgbar, er bricht im kleinen Kinde hervor, gibt sich kund auf kindliche Weise, und
das kindliche Gemüth nimmt am liebsten und gierigsten alle Erzählung, die Kunde geben von
diesem Gcheimniß, in sich auf, und je kindischer,wunderbarer diese Erzählungen sind, um so
lieber hört es sie, so tiefer wurzeln sie in seinem Gemüthe. Der
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Jedoch müssen wir ausdrücklich bemerken, daß bei Eisi durchaus keine innere Umwandlung vorging, sein ganz altes Wesen, seine religiöse Leichtfertigkeit blieben, der alte Aberglaube erschien bei ihm nicht anders als ein Todtenbein, das aus einem Grabe hervorragt, von dem Jemand die Erde weggescharrt. Auch betete es zuweilen, namentlich wenn Anne Liseli bat; es ging jetzt Eist afe ringer, und es dachte, für Neuis könnte es doch gut sein, und nütze es nichts, so schad es doch auch nichts.
Viel Zeit dazu hatte es aber nicht, denn es hatte jetzt so viel Weltliches zu verwerchen, daß es ihns duechte, es müsse erworgen daran, wie es sich nämlich ausdrückte.
Wie Eisi zu einem Benesizinventar und ein Schreiber zu einem Lehrplatz kommt.Trotz dem Beistande seines Rechtsfreundes, der sich wieder bei ihm eingefunden hatte, doch nur Tags,Nachts erschien er nie mehr, wahrscheinlich ragte auch bei ihm ein Todtenbein aus dem übertünchten Grabe herauf, mußte es das Benefizi ausschreiben lassen.
Es war selbst vor der Gemeinde erschienen in all seinem Staate, hatte den Manne
imponiren, sie mit der Verachtung behandeln wollen, welche es so oft sellige Mannlene, wo
ke V'rstang heyge u nit wüße, was öppe o i d'r Welt d'r Bruch syg, gezeigt hatte. „Loset
ihr Manne, hatte es gesagt, ihr werdet mir doch nicht unnothige Kosten machen wollen,
sondern Verstand haben. So ein Benefizi trägt nichts ein, aber Köste gibts und Schryber
muß me futtere, es weiß ke Mönsch wie mängist v'rgebe, und alles für hell nichts, als daß
de Lüt chöne g'wungere, wie rych me syg un was me aller Gattig heyg, un daß me i d'r Lüte
Müler chunt. Das werdet d'r m'r öppe nit welle z'leid thue u muthwillig e Wittfrau, wo
soöpli King het, un mit Ehre wott dur d'Welt cho, plage? M'r hey öppe üsi Sach nit bös
z'weg un wenn m'r nit Ung'fäll g'ha hätte, un er o neschly angers gsi wär, su wäre m'r no
besser z'weg.Aber allweg steils nit bös, u we me soöovli spitz nache luege wett, su choönt
me de ame angere Ort afa un es wär de viellycht no mänge, dem me z'Benefizi usschrybe
sött. Das war den Manne doch zu stotzig vorgekommen und Einer hatte Eisi gesagt: „Los
Frau, das verstehst du nit oder bist sust läß b'richtet, es Benefizi muß sy, das ist
g'setzlich, un G'mein wird nit welle d'r Gring dar ha, u b'sungerbar wo me nit weiß, wie
z'Sach steyt u so mänger Gattig g'mugglet wird. U viellycht wär's gut gsi, wenn me scho
längst drüber g'luegt hät, wo d'r de Schyn heyt lah fälle, z'selbist wars aständig gsi,
aber z'selbist ist's nit gut gsi, öppis z'säge, aber jetz prediget e nangere.“
Begreiflich hatte Eist endlich Zeit zu schweigen,mußte unvertichteter Sache heim, strotzend von Gift und Galle. Wohl, wenn seine lieben Mitburger hätten hören können, wie Eisi sie vor seinen Freunden titulirte, wie es den Gemeindrath hechelte, verspottete, ausschimpfte, sie hätten es geprügelt, einer nach dem andern und weiß kein Mensch was mit ihm angefangen.Eist hätte gerne prozedirt, hielt lange Berathungen mit seinen Freunden. Sie riethen ihm an, es solle durch die Verwandten die Gemeinde reversiren lassen, wolle sie das nicht annehmen, so könne man es mit ihr probiren. Aber Eisi fand keine Verwandten, welche dazu geneigt waren, seine Brüder putzten ihm ab, die entferntern Verwandten sagten, es gehe seye nüt a un i sellig Sache mischlete sinst nüt, si heyge für seye selber ginue F'luege. Als Eisi seinen Rechtsfreunden seine Noth klagte, von seinen Verwandten sagte, es sei ein Schelm wie der andere, meinte es, wenn sie ihm einen
Revers oder wie man einem sellige Papier sage, unterschrieben, so würde es auch gut sein und z'Sach häts.Da machten sie bedenkliche Gesichter, bis einer unter ihnen, der geschickter war als alle andern und mehr konnte als Brod essen, sagte: „V'hütis ja, vo Herz de siebe nächste V'rwandte ungerschriebe sy.“ „Was ist das für e Schelm, wo selligi G'setz geyt ga mache, für e donstigs Spitzbub“, frug Eist. „Es wird d'r Schnell gsi sy, d'r Alt“, antwortete der Rechtsgelehrte. „Das wird o e Rechte sy, sagte Eisi, dä wird o Schwestere g'ha ha, wo ner het welle bsch dä Hagel. Mit Selsige sött me Mutt füre im Hustage, wenn me Brönnherd macht für Kabisplätze; aber wird doch bald e angere pfyffe, sellige Rustig abrume, un G'setzi mache,wo ey Fründ d'm angere cha helfe?“ „Per sche, antwortete der Fründ, aber es Wyltschi wirds allweg no gah, biß die Rechte am Platz sy.“
Also ein Benefizium gab es. Ach, so ein Benefizium und noch dazu das eines Wirthes, was
das für süße Gedanken zu erwecken im Stande ist. Es gibt Leute, denen so ein Ding
vorkömmt, akurat wie der Morgenstern, wenn er am hellsten der Sonne vorangeht.
Wohlverstanden, nicht allen damit Betheiligten ist's so, es gibt solche, denen es sehr
zuwider ist, es gibt Prinzipale, welche nie in eigener Person beim Inventarisiren
erscheinen, es gibt aber auch andere. Aber man denke sich so ein Individuum, oder vielmehr
ein Subjekt, an der mageren Kost, das z'Faßnacht schon kein Fleisch mehr im Hause hat und
von trocknen Erdäpfeln, dünnem Kaffe lebt, Herdöpfelbitzlene, wo gixe,wenn man eins vom
andern schreißt, und Roösti, wo Staubwolken davon fahren, wenn man die Thüre aufund
zuthut. Man denke sich eins von denen magern Schreiberchen, welche von der Frau
Prinzipalin, welche streng katholisch scheint, weil es bei ihr immer Fasten ist, sehr
mager gehalten werden, bei blinden Suppen und blauer Milch, welche noch keinen Kredit
haben und spottwenig Lohn, die drei Sonntage hintereinander wer
Da hat mich mein Prinzipal, er ist jetzt längst g'stotbe,er ist e gute Herr gsi, aber sy
Frau es v'rfluchts Rybyse, o gischickt, gah inventarisire, und ih ha mih druf g'freut, mi
glaubt's nit, nit e Neuthaler hätt' ih g'no d'rfür. Da ha ni g'meint, ih überchöm de o
einist recht gut un g'nue z'esse, vo wege mir sy mängist so hungrig vom Tische gange, mir
hätte de Hühnere g g'fresse, wenn sie öppis im Trögli g'ha hätte, aber die heys g'hah wie
mir u sy o geng F'früh fertig worde mit ihrer Sach. Und doch het ihm sy Pfoste meh as
10000 Pfd. abtreyt es Jahrs. Jo wäger, z'selbist ist es d'rby gsi z'sy, es ist anders gsi
als jetzt, wo me chum mit em Lebe d'rvo chunt.“ „He öppe gar e Mangel sieht man euch nicht
an, Herr Major, sagt dann etwa ein Gerichtssäß. „Bi g'schlachter Art“, antwortete der
Major, brach dann den Inzedent ab und fuhr fort:„Ja, wie g'seit, ih ha mi g'freut, mi hatt
m'r's gar nit chöne abchaufe. Spät sy m'r fertig worde, un ih hane Hunger g'ha, wie me de
hungrig wird in dem Alter und ordinäri nit fürig z'esse het; und e Durst ha nih g'hah, daß
es mih duecht het, es chleck alles a m'r. Und du was hey m'r: e raäßi Suppe, g'salzes
Fleisch un ykocheti Rübli und hinger nüt u vorfer nüt,un d'rby ist's bliebe, die Schelme i
d'r ander Stube,hey e Herrefresse g'ha un Wy, meh as g'nue, wie m'r nache hey möge merke.
Ja, ih werd myn Lebtig dra sinne, was ih z'selbist für e Täubi un für e Durst usg'stange
ha. U was du no zAergste gsin ist, myner Kamerade hey v'rno, wie es ihs gange ist, u hey
mih du no brav usg'lachet. Sider denke ih allimal dra,wenn bi er e sellige G'legeheit Wy
ufe Tisch chunt.Ih wüßt m'r zwar jetzt besser z'helfe.“ So redet der Prinzipal, so oft er
bei solchen Gelegenheiten, welche ihm noch immer nicht unerquicklich sind, perfoönlich
erscheint. Es ist freilich nicht Speise und Trank, was ihm alleine erquicklich vorkömmt,
es hängt an solchen Dingen ein silberner Schwanz, der das Hauptgericht ist, welches ihm am
besten mundet. Es ist ein unglücklicher, aber in der Ratur der Sache liegender Um
So bringt es halt das Leben mit sich und hoch in Ehren ist der zu halten, der seine
Person über seinen Beruf erhebt, und während sein Beruf ihn unter die Blutfauger ordnet,
sein Charakter ihn zum Tröster, zur Stütze solcher stempelt, die Trost und Stütze
bedürfen.
Am meisten erfreute sich jedoch über das ausgeschriebene BenefizInventari die
gegenüberwohnende Speisewirthin. Jetzt könne man sehen, wie es herauskomme,sie hätte Toöne
lauten hören, wie es unsauber aussehen solle. Sie hätte es immer gesagt, es komme so; wie
sollte es auch anders. Niemere ha u doch geng groß thue, so muß es z'letzt zBode gah. Sie
wolle sich nicht rühmen, aber z'halb mehr Kunde hätten sie, z'halb minder verthäten sie,
und sie wisse, wie an einem kleinen Orte der Profit Platz habe. Das gebe da eine
Aenderung, darauf könne man zählen, da könne man sehen, daß doch noch Gerechtigkeit im
Himmel sei.Was die Leute sie erplaget hätten, es könne es Niemand glauben, sie seien
nirgends sicher gewesen vor ihnen, d'Kinder nicht und sie nicht, sie hätten nirgends sein
sollen, und doch hätten sie ihnen nichts in Weg gelegt, sondern ihnen dienet, wo sie
können und mögen hätten. Sie könne nicht sagen, wie sie beten und Gott danken wolle, wenn
der Hochmuthsteufel und Hoffartsnarr ihr ab den Augen käͤne. Wenn es länger hätte dauern
sollen, sie hätie es nicht ausgestanden, nein, sie hätte es nicht, d'Uszehrig wäre das
mingst, wo sie aufgelesen hätte. Ja, es heygs se mängist duecht, fi
Da einmal ein Benefizium sein mußte, so mochte Eist nicht warten bis inventarisirt wurde, es meinie,und seine Freunde b'richteten es nicht besser, wenn das einmal geschehen sei, so nehme man die Siegel ab und es könne wieder mit freien Händen schalten und walten. Der angesetzte Tag brach endlich an, an welchem das dazu bestellte Personal sich einfinden sollte, Schreiber, Schätzer und Ausgeschossene der Gemeinde. Schon frühe des Morgens hatte die Speisewirthin die Nase unter dem Fenster um die Mannschaft anrücken zu sehen und wer vorüberging den rief sie an und: Weißt,heute schreiben sie ihnen däne ihre Sachen uf, es nimt mi nüt Wunger wies use chunt, ih weiß's, aber anger
Lüt werde d'Glare ufthue, wenn si g'seh, wie's steyt,es nimmt, mih nüt Wunger, as wie die donstigs Tasche d'rzu es G'sicht mache wird.
Es heißt, die Speisewirthin habe als Strafe für ihre G'wundernase einen Pfnüsel aufgelesen, daß sie gefürchtet, daran ersticken zu müssen. Es kömmt mancher G'wundernase komod, daß sie nicht so delikat ist,sie müßte ja ihrer Lebtag im Pfnüsel fein.
Es war aber auch Grund einen aufzulesen, denn die Speisewirthin mußte ihre Nase gar zu lange unter dem Fenster haben, um die gesammie Mannschaft einrücken zu sehen, sie ließ sich gar so verzattert herbei.
Zuerst fanden sich die Ausgeschossenen von Eisi's Gemeinde ein. Eist einpfing sie puckt, stichelte, es werde ihnen Angst gewesen sein, daß sie so früh da seien, oder ob es bloß der G'wunder sei, wie man es hier öppe hätte, es nähms Wunger, daß sie nicht ihre Weiber mitgebracht, das waäͤre eiwas für sie gewesen. Manne sollten nadisch nit so g'wungerig sein,, aber es werde ihnen in ihrem Krottenästli was Reus seltsam sein.Indessen hätte es sich doch nicht dafür gehalten, ihnen an Essen und Trinken was abgehen zu lassen. Es stellte ihnen gehörig das Frühstück auf, stelite Zucker die pfefferle es ihnen aber mit seinen Reden nicht echt.
Nach und nach trabbeten die Schätzer herbei. Einer hatte noch Futter rüsten müssen, weil der Knecht das Ung'nannte an der Hand hätte, der zweite hatte nicht gewußt, was für Zeit es sei, die Uhr sei ihnen gestanden, und wo er habe gehen wollen, sei no Neucer cho u heyg ne chöne v'rsume.
„Wenn d'r Schryber da wäre, wir könnten anfangen, meinte Einer; was ist o für Zyt?“ „Es
wird bald Zehne sein,“ antwortete der Andere. „Der Amtschreiber wird selbst kommen, meinte
einer, und der ist nicht der Frühste.“ Unterdessen that Eisi vertraut mit den Schätzern,
machte die gute vertraute Frau gegen sie. Es wollte es den Gemeindsmanne einreiben, wie es
hier ästimirt sei, und für was man es, hätte, und
Begreiflich trösteten und beruhigten diese Männer Eisi: „häb nit Chummer, sagten sie, öppe viel zwänge werde die nit, u mir schätze wie öppe recht u billig un der Bruch ist, vowege mir heyse Pflicht uf ihs.“
Ih welt doch gern, er chäm bald, sagte einer der Schäßer, und schauete seine Uhr; d'r halb Tag isch jetzt de Ume; halbi englefi u, no nit ag'fange, u er no nit da, un um vieri sött ih wieder hey, gah fuhre; ha zwar g'seit, si sölle afe einist yche gͤh, wenn ih nit da syg.“ Auf diese Bemerkung hin, hielten es Alle für passend, zu muckeln und zu sagen, wie es ihnen z'wider sei, fo lange zu warten; ob es aber Allen Ernst war damit, das wüsen wir begreiflich nicht.
Endlich kam so ein grau mager Ding die Straße herauf, und beinelte stark der Gnepfi zu.
„Das ist nit
Er stellte sich also hochgrad auf, postirte sich vom Tüfel, schritt gegen das Wirthshaus zu, und öffnete weit der Gaststübe Thüre, daß er gleich mit der ganzen Postur darin erschien. Drinnen saß wirklich z'Anneli ganz alleine, und knorzete an einem Strumpf. „E Servitör, Jungfer Süßlächt, sagte der junge Herr, und streckte sich schön gerade in seiner hart geschnürten schwarzen Kravatte. Was lebet d'r geng, es freut mih,wenn d'r wohlsyt,“ sagte er mit starkfem Anstand, und sehr herablassend, ungefaähr wie der Prinzipal mit ihnen redete, wenn er freundlich thun wollte. Der gute Junge wußte nicht, daß ihr Prinzipal ganz andere Mienen machen konnte, wenn er mit einem lustigen Mädeli oder einer Jungfer Süßlächt, sprach, als wenn er einem g'stabeligen Subjekt kapitelte. Dazu schlenggete er den Haarbüschel zurück, und strich mit gespreizten Fingern nach. Aenneli machte kein unmanirlich Gesicht; da kein Hübscherer da war, so gefiel ihm unser Herr nicht übel.„Was lebit d'r geng, sagte es, ihr syt lang nit da gisi,u womit cha nih ufwarte?“ Damit legte es die frei gewordenen Hände über einander und rieb sie auf einander. Der Herr rieb seine Hände auch, aber anders;der rieb sie in einander, und sagte: „es macht frisch daä Morge, e halbe Schoppe Rothe denk! Wenn man schon stark läuft, so mag man sich doch nicht erwärmen, man muß etwas haben, für nachzuholen, b'sunderbar wenn man noch einen weiten Weg hat.“
Unglücklicherweise sagte er das, als Anneli bereito
Es glaubs, sagte Anneli, un da uf d'r Gnepfi werds o no nit am liechteste sy, drüber
z'icho; es syg dert so nes G'schäft; d'Lüt heyge scho lang d'rvo g'redt.Er glaubs, sagte
der junge Herr, es syg ihm scho vor cho, es heyg eim Amtschryber selber grüset dra hi, u
drum heyg er ihn g'schickt, er wird wohl g'wüßt ha,warum. Aber was säge de d'Lüt? Es chunt
eim mängist chumlig, wenn me felligs weiß, mi cha si de rangire,
Der gröbst Bur, wenn er i d'Schrybstube chunt,wird so zahm, daß er nit weiß, darf er no
uf zweu Beine stah, oder ume no uf eim. Er begann Anneli zu erzählen, wie man so einen
dummen Bauer zahm mache; es waren alte Geschichten, welche er vordätirte und in ihre
Schreibstube versetzte und wir zweifeln, ob er selben Morgen ab Fleck gekommen wäre,
hätten ihn nicht einige Luzerner Säutreiber aus seinem holden Selbstvergessen geweckt und
sein tète à léte gestört. Plötzlich fiel ihm ein, daß er eigentlich auf die Gnepfi solle,
nahm holdselig Abschied und Anneli I&nicht zu sagen: „chömit de zuche im Heygah.“ Das
tönte wie Harfenklang und Saitenspiel in die Ohren und machte einen Glücklichen noch
glücklicher, von wegen, er deutete das persönlich, nahm das auf zu Ehren seiner schönen
Augen und agnehmen Unterhaltig, wegen agnehmen Ydruck, daher drehte er sich um so gut' es
die Kravatte erlaubte und sagte höflichst: er wisse es nicht, wie es gehe, mi müß si geng
nam G'schäͤft richte,
So kam es, daß unser junge Hecht so spät eintraf,aber begreiflich sagte er was anders;
man muß sich früh daran gewöhnen, wenn man im Alter was rechts vorstellen will, allezeit
mit guten Gründen bei der Hand zu sein. Eisi sah ihn verflucht sauer an, aber ünser junge
Herr nahm gar keine Notiz von ihm, er sah es für keine wichtige Person mehr an, nachdem
was er von Aenneli Süßlächt vernommen. Aber schön strüßte er sich vor den G'richtsäßen und
längte ihnen die Hand,fragte, ob das nicht die Ausgeschossenen von der Gemeinde seien,
läängte dann auch diesen die Hand und sagte, er hulf anfangen. Da sagte einer der
Gerichtsäßen, „e ih wett doch no öppis näh, wenn me sövli wyt g'laufe isch, su mah me wohl
öppis. Seh, da isch no es sufers Kacheli, Wirthi, du wirst wohl no Neuis ind'r Kanne ha.“
„He, sagte Eisi, wenn nit ist, su cha me mache, wes sy muß.“ Der junge Herr sagte zwar, er
hätte nichts nöthig, er sei gar nicht gewohnt,
In dem Vorschlag fand unser junge Herr große Weisheit, kriegte daher Respekt vor solchen Männern.Das seien Leute, dachte er.
Man fand die Siegel unversehrt, brach sie auf und
Vor dem Bureau seines Vaters, wie oft ist da der Knabe gestanden in großem Respekte, sah staunend, wie aus einer Schublade der Vater blankes Geld nahm,sah anderes, welches so wohl ihm gefiel, aber meist alles nur auf Augenblicke, seine Neugierde sättigte er nie, die Schätze alle übersah er nie, und was in all den Schriften und Briefen sei, durfte er nicht fragen.Wie manches Weib sah Jahrelang auf des Mannes verschlossenes Gehalt, sein Bureau, grollend und eifersüchtig. Was darinnen war, das war ihm verborgen,selten öffnete es der Mann in seiner Gegenwart, und nur auf Augenblicke, wie der Kluge in einfamer Schenke,wenn gegenüber ein Unbekannter sitzt, sein Geld nicht vorzieht und ausbreitet, weil er die Macht gereizter Lust ermißt. Und der Schuldner, wenn er Zinse brachte,und der Gläubiger schloß die geheimnißreiche Kammer auf, nahm Bücher heraus, that Geld hinein, wie oft dachte der, o wenn ich doch sehen könnte, wie viel drinnen ist, wenn ich einmal so recht nach Herzenslust das Geld durch die Finger laufen, Zahl um Zahl überschauen, mit den schön geblümten Schriften tändeln,träumen könnte eine Stunde lang am offenen Bureau,Alles, was darinnen, sei Mein. Nun ist gestorben der Besitzer des geheimen Gehalts, den Schlüssel zu seinem Geheimniß konnte er nicht mitnehmen. Dieser blieb,ing in andere Hände über, diese schlossen jetzt auf, vor den Augen liegt nun offen, zum beliebigen Erlesen,was so viele Jahre lang so sorgfältig gehültet war, der Sohn, das Weib, der vielleicht zum Schätzer gewordene Schuldner, stehen endlich am Ziele ihrer Wünsche, nach Belieben können sie enthüllen und schauen, was so lange ihnen verborgen war.
Ein anderer Schlüssel zu einem andern geheimnißvollen Behälter blieb nicht hienieden, den
nahm der Gestorbene mit, den Schlüssel zu seinem innern Leben,zu seines Herzens
Empfindungen, zu den Gedanken seiner Seele. Wenn der auch hienieden bliebe dem andern
Schlüssel gleich, zu finden wäre in irgend einer Tasche, wenn man mit demselben
aufschließen koöͤnnte des Todten geheimnißvolle Kammer, lesen könnte was da innen sich
bewegt hatte in der Jahre langem Laufe,aufgeschrieben fände in wunderbarer Schrift in der
Sprache der Geister, was da innen alles sich bewegt und gereget hätte, vor dem Sohne
aufgerollt wäre des Vaters Innerstes, die Wittwe lesen könnte ihres Mannes Seufzer, seine
Gebete, seine Träume, seine Hoffnungen. Was wüürde erst da innen zu finden und zu lesen
sein, und wie würde beben in Erwartung jeder,der stünde vor dem aufgeschlossenen
Geheimniß. Aber was das für ein Sterben wäre, wenn man wüßte, daß nach dem Tode die
Lebenden aufschließen könnten der Seele geheime Kammern, lesen köonnten was da innen alles
sich geregt und bewegt hätte in des Lebens langem Laufe, alles was später vergessen,
überwunden worden, alles was flüchtig vorüber gerauscht und was täglich wiedergekehrt. Wäs
das für ein Sterben wäre im Bewußtsein, wenn du deine Augen geschlossen hast,so werden sie
kommen und werden deine Seele öffnen und werden schauen alles, was darin gelebt, was du
darin geborgen hast. Da fühlt es der Sterbende, wie gut es ist, in die Hände Gottes zu
kommen, statt in die Hände der Menschen, wie gut es Gott gemeint,daß er das Schauen der
Seelen sich selbst vorbehalten hat, keinen Schlüssel dazu für die Menschen gemacht,einen
Vorhang davor gewoben hat, den kein sterbliches Auge durchdringt. Doch wenn auch
verschlossen und unsichtbar die Seele von hinnen geht, wenn endlich das Bureau offen
steht, so werden doch in demselben ihre Spuren gefunden, Zeugen von ihrem Wesen und was
sie wohl zuletzt gedacht und gewollt. Da innen sind vielleicht Briefe verwährt, die vieles
sagen, da
Ach, da war es schlecht bestellt mit Steffen, einer der Ausgeschossenen meinte, er hätte es fry noh nie so atroffe. „Du wirst öppe noh nit mängist d'rby gsi sy,allem a, sit werde öppe die Witzigere vorab g'no ha“,antwortete Eisi.
Wo eine Meinung so bestimmt und scharf sich äußert, da schweigt man einstweilen, man blickt sich bloß,wartet den Augenblick ab, wo die scharfe Person den Igen gekehrt hat, dann läßt man los, was einen drückt.
Der Ausgeschossene hatte jedoch vollkommen Recht,es war im Vorgefundenen ein G'hürsch sonder Gleichen. Es war wohl ein Hausbuch da, aber dasselbe in einem Zustande, um deßwillen es verdient hätte, an einer Kunstausstellung ausgestellt zu werden.
Längs Stück konnte man nichts lesen, besonders was Eisi aufgekräbelt hatte, sehr oft war
die Sache so gestellt, daß das Gegentheil herauskam. So erschien z. B. mehr als eine
Kindbettin, welche als ausstehend verzeichnet war, wo es aber zu lesen war, daß wegen
einer Kindbetti schuldig an Klaus Kräuchi 8 Fr., oder aber wegen gelieferten Wein an Herrn
Gusch, oder Herrn Kötz, Wein geliefert 12 Säum, thut 500 Fr.Register hatte der Buchbinder
eins gemacht, aber bald war eingetragen, bald nicht, bald durchaus unrecht.Kötz z. B. im
Buchstaben G., Gusch aber im Buchstaben F. Dann war wohl geschehen, wenn die Papiernoth
groß war, daß hier und dort ein Blatt herausgerissen worden war. Wenn z. B. ein Reisender
was schreiben wollte, der Krämer schon nieder war,der Schulmeister in der Rütti, und im
ganzen Hause war nicht eine Hand groß weißes Papier, so hätte Eisi
Der junge Herr lächelte nicht weniger. Herr Jeses,wie der ißt, wohl, den würde die Frau Amischreiberin anders dressire, u de wurds neh no selber lere, wenn er ungesse vom Tisch müßt. Wenn er's bi üs so miech,so hät er nit z'Suppe gesse, wenn scho keis Stäubeli meh uf de Platte wär. Nei aber, so ha nih doch no Niemer g'seh. Das ist es rechts Bure Babi un überchunt dä weg niene g'nue. Und während der andere bloß für sich lächelte ünd zäpfelte, warf der junge Herr Blicke, bald nach diesem, bald nach jenem, und wollte winken und deuten, aber in keinem einzigen Auge lockte er Blicke des Verständnisses hervor, nicht einmal aus Eisi's Augen. Eisi war diese Weise zu essen nicht ganz neu, zudem hatte es den Schreiber auf der Mugge, es hatte ihm die Speisewirthin noch nicht vergessen, und auch die Frage wegen den Fünfunddreißigern nicht. Es ist nun nichts fataler, als Jemanden blicken und nicht verstanden werden, darum ward unser junge Herr verlegen, um diese Verlegenheit zu verbergen, aß er um so hastiger, und als er dieses sah, lächelte der andere desto seliger und aß um so behaglicher.
Den Herrn wurmte es, daß Niemand ihn verstehen wollte, und es ist, wie gesagt, nichts
fataler als das Gefühl, nicht verstanden zu werden, oder nicht verstanden werden zu
wollen, unter Larven die einzig fühlende Brust! Dem reise ich es doch, dachte er, denn
sich rächen zu wollen, ist eine allgemeine, auch der fühlenden Brust zukommende
Empfindung. Kaum hätte er den letzten Bissen hinunter, so daß er deutlich fühlte,noch
einer habe nicht mehr Weite, so sagte er, er hulf
Unser junge Herr wurde dabei nicht gefragt, die andern machten das mit halben Worten aus,
sie yerstunden sich innerlich, und wenn man im Herzen einig ist, so braucht es der Worte
nicht viel, um sich zu verständigen. Jede Sache hat eine gute Seite, wohl dem,welcher sie
rasch bemerft, wenn sie ihm sich zuwendet,
Die Gärnäseni liefen jedem Hosenbein nach, in dem ein Lieutenant stecke, oder sonst einer
mit einem Titel,und wenn's am Ende nur Mauser wäre oder Lumper,und je mehr einer lumpe,
dest besser gefalle er ihnen.Da innen seien Viele gewesen, ja fast alle, die nichts werth
seien gegen ihn b'sunderbar innerlich, aber weil sie schöner daher kämen und titulirt
wären, 3 oder 4 sogar mit Schnäuzen, so hätte er hintenab sehen können, und kein gut
Wörtchen hätte das Gärnäst ihm gegeben. Dem wolle er es aber zeigen, dem wolle er nicht
bloß gut genug sein, wenn es alleine sei und an A oder wenn es sein müsse, so gebe er dem
Täschli kein gut Wort. Und warte das nur, bis er einmal sei, was er sein werde, dann wolle
er dasselbe trabeln, daß es wisse, was irabeln sei. Dem wolle er dann seine Frau bringen,
eine gebildete Tochter, so eine aus einer Sekundarschule, wo wisse wo der Murtensee sei,
oder gar eine Weltsche, dann wollten sie das Lumpenmönsch, wo gar keine Bildung habe,
nicht einmal ansehen, das müsse dann wissen, daß ein Unterschied sei, so wispen einem
Stubenmeitli und Standspersonen. U we das de nit d'Finger abbyß, bis hinger a Ellboge, su
well er hingerzi ga Rom laufe.
Wir wollen die ganze Geschichte des Inventarisirens nicht beschreiben, wollen beim Vorgeschmack es bewenden lassen, die Geduld könnte Manchem bei der Beschreibung so gut ausgehen, als sie bereits Manchem bei der Sache selbst ausgegangen ist. Nur Weniges Bezeichnendes müssen wir noch berühren.
Am folgenden Tag war man ziemlich früh beisammen, die Gewissen dine in etwas erwacht zu
sein,indessen ganz besonders rückte man doch nicht mit der Sache. In einem Wirthshause
gibt es der Sachen gar mancherlei aufzuschreiben, besonders wenn man im Kaufen, was einem
in die Augen stach, eben nicht Schätzern nicht kunds, sie sagten oft, ih weiß my Treu der
Sach ke Gattig z'gäh, ünd wenn Eisi sagte, was es glaube, daß die Sache gekostet habe, so
duechte es sie gewöhnlich viel zu vielz; da gabs ein langes Werweisen, ehe endlich einer
sagte: „he nu, su machit e sövel, es wird enangere nit übel b'schyße, u wes de scho meh
gilt, su wird Niemere nüt d'rwider ha.“ Wenn aber auch die Sache ihnen bekannt war, so
lief es doch oft nicht kürzer ab. Ein Schätzer hatie den Brauch, Vergleichungen
anzustellen so oft er konnte,zwischen der Sache, wo er schätzen sollte und den eigenen
Habseligkeiten, welche er daheim hatte. „Grade“! so eins haben wir auch, ume daß de üses
viel z'brävere ist, d'r Großätti hets scho kauft, er het mängisch g'seit,es heyg neh ume
soövli kost, un jetz ist es no emel phalb meh werth, weder das.“ Solche Vergleichungen
dienten natürlich nicht in Eisi's Kram, es erkaltete daher sichtbar gegen die Schätzer und
den, welcher so stark in den Vergleichungen war, trümpfte es oft nicht schlecht ab. „Es
isch doch schad, sagte es, lebt dä Großätti nimme, wo sövli gut u sövli wohlfel het chöne
chaufe,es mangleti neh Niemere bas as grad dir selber.“
Endlich, als Alles, was man finden und auftreiben konnte, auf dem Papier war, fand es sich, daß, wenn man das halbe Weibergut, dessen Nachgang erklärt war, abrechne, noch Vermögen heraussah und z'halb mehr würde es gegeben haben, wenn sie nicht geschätzt hätten wie Schelmen und Spitzbuben, sagte Eist seinen Vertrauten.
Sie könnten jetzt sehen, wie die Sachen stünden,sagte Eisi zu den Betheiligten, und daß es keine Rede sei, daß es hier nicht fortfahre, darum hoffe es, man werde es jetzt nicht mehr so wollen eingänterle, wie bis dahin; es werde jetzt doch ungenirt gehen können über Geld und Wein und alles was es öppe nöthig hätte. Das sei in einer Wirthschaft nicht wie öppe in einem Bauernhaus, wo man nichts mangie als aü Tag
Erdäpfel und alle 7 Jahr, wenn's gut gang, einen frischen Anzug an die Betten. Da komme alle Tage etwas Ung'sinntes vor, wo man nicht Zeit habe des ume z'gumpe, u de no grusam ahah sött, für das, wo sy so a d'Gnad vo me ne Schnürfli möge es nit cho.„He, wie es herauskömmt, Frau, weißt du noch nicht, es frägt sich, ob alles da ist, was ihr schuldig seid, ich zweifle, wart ume, das wird sich bald erzeige.Es ist mir, ich hätte einen Ton gehört, wo was anderes sagt“, sagte der bösere Schätzer. „Du wirst manchen Ton horen, während der Tag lang ist, sagte Eist,dawider bin ich nicht, aber ob der Ton von einer Kuh kömmt oder von einem Menschen, selb merkst du nicht,dafür sind deine Ohren nicht gereiset. Einmal dir sind wir nichts schuldig. Gottlob, wenn wir dir einen Kreuzer schuldig gewesen wären, du wärist Tag und Nacht vor der Thüre g'hocket, wie d'r best Hushung, bis de neh g'ha hättist.“ „Nit, nit, sagte der andere Schätzer, das chunt neue afe wohl grob, un es wär dir nützer, Wirthi, du zugist d'Pfyffene chliseli y, allweg weißt du no nit, wies chunt.“ „Selb wär g'späßig, sagte Eist, wenn ih das nit wüßt, wer sötts de wüsse, u de heyt dir ja alles ufem Papier.“
Eisi wußte gar wohl, daß das nicht so war, es kannte einzelne Ausstände ganz genau, aber
kurios ist es, wie der Mensch selbst Dinge, die er weiß, sich ausreden, oder besser
gesagt, ganz vernütigen kann. Eist machte sich selbst weiß, was nicht auf dem Papier
stehe,das mache nichts, das wüßte ja Niemand und selb brauche auch Niemand zu wissen. Halb
dachte es, es werd vergessen, halb hoffte es, wenn es mit den Leuten ein, sondern kämen an
ihns und sein Versprechen. Kurz, kurios waren Eisi's Gedanken, Iw durcheinander, das bloß
stand fest und klar vor ihm: es wolle Wirthin auf der Gnepfi bleiben, die nächsten
Verwandten möchten ihm das nicht gönnen, aber wenn es sich v'rflucht wehr u z'Wustist
alles mach, su heyg
Alles nun, was dieser Ueberzeugung widersprach,seien es Menschen oder eigene Gedanken, eigenes Wissen,trümpfte es verflümert ab, und wies es kurzweg von der Hand. Dieser Gemüthszustand scheint wunderlich,fast ünnatürlich, und doch, wenn die guten Leute ihre Vergangenheit erlesen wollen, so werden die Meisten finden, daß derselbe ihren eigenen Ersahrungen nicht fremd geblieben ist.
Als der bessere Schätzer Eist auf so hohem Rosse sah und mit scharf eingelegtem Sper, so sagte er: „He nu, sei das jetzt wie es wolle, so geht das mit dem Wein und überhaupt mit dem Yhb'schließe üs weneli oder nüt meh a, das ist z'Massaverwalters Sach. Wenn der dich üͤber alles lassen will, so kann er unseretwegen,das ist seine Sache, wir haben ihm da nichts zu befehlen und nichts zu verbicten.“ „Das wäre g'späßig,wenn das nicht an euch wäre. Ich habe mit' ihm geredet, und er hat mir gesagt, wenn iht und die Ausgeschossene ihm ume es paar Buchstabe welle gäh uf Stempel, su mach er was me well, es syg de nit öppe,daß er Freud dra hätt, mih z'plage. Un ih ha nihm wohl ag'seh, daß es ihm so gsi isch, vo wege er isch e brave Ma, es wäar wohl gut, es wäre all e so.“
Dawider hätte er nichts, sagte der Schätzer, er sei ihm ganz der Rechte, und wenn die Ausgeschossenen den Massaverwalter autorisiren wollten, so sei es ihm ja recht, aber wie gesagt, Seye gehe es nichts an, sie seien nichts als Schätzer.
Dawider würden öppe die Manne nichts haben,meinte Eisi, sie könnten ja jetzt sehen, daß da nichts Gefährliches sei, wo noch so viel Vermögen zum Vorschein käme.
Das duech Seye wunderlich, daß sie da sollten autorisiren, das sei sonst neue nicht der
Brauch. Allweg thäten sie es nicht von sich aus machen, sie müßten es erst der Gemeinde
vorbringen, wenn dann die
Es werde sich dem Gesetze unterziehen müssen, wie alle andern Weiber auch, wo ganz andere
Vermoögen aufzuweisen hätten. Die Gemeinde könne und werde nicht eintreten, sie hätte dem
Massaverwalter nichts zu ersauben und nichts zu verbieten, das Gesetz spreche darüber
deutlich, und wenn der Massaverwalter was wolle, so wisse er, an wen er sich zu wenden
habe,sonst solle er nur das Gesetz lesen, in denen und denen Paragraphen stehe es
deutlich, ein Kind könne es begreifen.u mi duecht de, sagte Eist, das ging euch nüt a,u
das söttet d'r begryfe. Wenn die Manne wey, su heyt dir nüt d'rnah zifrage, dir syt nüt as
e Schryberdiener, un no vo de mingere eine, u de no lang nit dene Manne Vogt, u brüchet
ihne nüt ga vorz'cheue,was si ythue oder nit z'thue heyge, die werde öppe, so Goit wül,
witziger sy, as daß si vom ene King manglete b'richtet zͤwerde.“ Unser Herr war, wie
gefagt,noch wohl jung, hatte noch keine Nase wie das Rhynozeros ein Horn, das bekanntlich
nie roth wird und vor nichts erschrickt. Er ward böse, die Lust zum Aufbegehren fehlie ihm
nicht, bloß das Courage dazu und vergessen hatte der Amtschreiber ihn zu infiruiren, wo er
allfallig aufzubegehren hätte, wo aber nicht; er sagte daher bloß: „Ih wott dem Manne gar
nit bifehle, ih
Das stach, jetzt ward er wirklich zornig und sagte:»Was, es lauft mir aus jedem Haus Jemand nach und heyg z'heusche. Das ist nicht wahr, ich vermahne noch einmal.“
„Putzit doch z'erst d'Ohre u trochnet se, eh d'r v'rmahnit, sagte Eisi, sust säge die Manne, dir syget ume e Stürmi üͤ lache ech us.“ Ja lueget ume, es lächeret allsame, daß d'r da vom G'sat b'richte weyt, un es eifalts Wybervölchli het ech am Hag, u weiß, was zG'satz erlaubt z'rede u was V'rmahne ist. Es duecht mih, mi sött am Amtschryber slah zwüffe thue, wenn er ke Witzigere z'schicke heyg, su sött er es angermal selber cho.“ Das sagte Eisi laut, was es aber im
Hituesehen brummte, daraus wußte man nichts zu machen.
Unser Herr fragte zwar rund um: „was seyt siwas het si g'seit“, aber alle sagten, si heyg neuis brumlet, selb heyge si g'hört, aber v'rstange, daß si öppis drus mache chönte, selb heyge si nit.
„Aber vorhin hat mich die uv'rschante Frau gescholten, daraus wird doch wohl etwas zu machen sein, so kann ich das doch nicht annehmen“, sagte er.
„Ih wett das lah g'rathe, sagte Einer. Es ist es Wybervolch, u dene isch si nit viel z'achte, am beste chunt me mit neh furt, we me thut, als hätt me nit g'hört, was si g'seit hey. U de wurd me us dene Worte öppe nit emal viel chöne mache, si het nit g'seit,dir syget alle Lüte schuldig, bloß dir syget froh, we si euch nüt heusche, u nit daß dir z'viel heuschet, bloß söttit dir erst bi euch luege, u das het gar es wyts Mul, daß nit viel g'heusche wurd. Das isch e schlimmi Frau, ih chas eym fäge, die cha eim ungere reke, daß me möcht nah Gott schreie, u F'best isch doch, mi thuey nit emal d'rgiyche, daß mes g'merkt heyg.“
„U doch“e Dummi, sagte der erbitterte angehende Herr, sie kennt von keinen Gesetzen nichts, und will in keine Ordnung sich fügen.“ „Was weyt d'r, sagte der Schätzer, es ist es Wybervolch, u si heys my armi Thüri, alli so. Was hey die de Gesetze nahz'frage, die gange se nüt ah. Si heys mit em zwänge, zwänge ist ihres G'satz, u was si zwänge chöne, das ist recht.Da ist nüt angers z'mache, as d'r Mähre zum Aug z'luege u se öppe im G'läus zepha, nüt lah zwänge,as was me gern will, d'rnebe lah feufi grad fy.“
„Es mahnt mih dra, sagte ein Ausgeschossener, üse G'richtsäs chenn z'Sach, het er öppe selber wohl e Handligi?“
„Ebe nit, antwortete dieser, gar e keni ha nih, drum cha nih am beste öppe e
unpartheyischi Meinig abgäh.E V'rhürathete darf nimme säge, wies ihm ist. Er hets grad wie
e Landjäger mit sym Regierungöstatthalter, gäb wies ihm ist, muß er neh doch rühme.“
Kurz, unser gute junge Herr mußte seinen Zorn verwerchen, da war Niemand, der ihm Hand bieten wollte,die Wirthin anzugreifen. Da erfuhr ers praktisch, daß er im G'satz nicht vollständig beschlagen sei, aber noch viel weniger in der Welt Läuf und Gäng. Da ist nicht bloß der Stärcher, sondern der Meister, welcher der Stärkere scheint nicht im Recht und in der Gerechtigkeit, sondern in irgend einer irdischen Macht, im Geld,im Maul, in der Faust, in der Frechheit un s. w. Der wird wohl Recht haben, denken die, wo schwache Gedanken haben, der dürfte sonst nicht so aufbegehren;der ist e Ruche, es ist besser, man komme dem nicht in Weg, denken die, wo die eigene Haut lieben; der hato dem tüfels lustig g'macht, die müß me no meh z'säme reise, denken die, welche Bosheit im Leibe haben und Freude daran, wenn Menschen oder Hunde sich eißen.
Und diese Läuf und Gäng findet man nicht etwa bloß unter den barfüßigen Gassenbuben und Mistauflesern, nicht bloß ein jung Schreiberlein, ohne Namen und ohne Klang, erfährt sie einer rauzigen Wirthin gegenüber, die sind gäng und gäb in höheren Regionen,denn wo steht geschrieben, daß die feingekleideten oder hochbetitelten nicht noch unterm Balg den Gassenjungen bergen? Es wollen Viele ganz bestimmte Erfahrungen zu müssen, wo man das Recht ganz bestimmt auf feiner Seite weiß, thut allerdings weh, indessen muß so einer denken, er sei noch nicht auf der Höhe der Zeit.Ein sehr hoch geschnäuzter Mann hat juüngft an einem Ort, der sonst moralisch berühmt war, wo sich aber Spangrün angesetzt zu haben scheint, gefagt, das Wort „legal“ sei ein relativer Begriff. Es war kein Jesuit,der das gesagt hat, sondern gerade das Gegentheil; aber bekanntlich berühren die Extreme sich. Indessen eben von dem geschnäuzten Hecht (fast hälten wir im Verschuß Held geschrieben) moöchte das Wort gelten;
Vater vergib ihm, von wegen er wußte nicht, was er sagte; denn möglicher Weise moöchte es
ihm stark vor
Aber eben auf dieser Höhe der Zeit war unsere liebe junge Seele nicht, begriff ihre
Stellung nicht, die Klugheit der andern nicht, sondern ward, grimmig im Gemüthe und wälzte
schwere Gedanken. So manchen Tag,dachie er, hätte er den Leuten gedient und ihnen
geräthen, wenn sie am Haag gewesen, daß ihm selbst fast der Verstand darob üusgegangen,
und jetzt am Ende diesen Dank davon! Aber warien die nur, denen wolle er es eintreiben,
wenn er einmal z'Platzg komme, die dummen Kerls wüßten noch nicht, was so aus einem
Schreiberlein es einmal geben könne. Einstweilen aber,
Aber Eisi war eine Weltfrau, wie bekannt, konnte sich fassen. Zudem gibt das Siegsgefühl
zuweilen den Anstrich von Gutmüthigkeit. „He he, sagte es, als der junge Herr ohne
Abschied von dannen wollte, so wey m'r doch nit vo neh nangere, das waär si doch dor
werth, taub z'sy über e angere wege es par Wörtlene.Seh kömit, m'r wey no G'sundheit
mache, ih ha da no e Maaß bessere brunge, we si in'r scho alle vermacht u versigelt hey!
Seh chömit u thüt B'scheid un es augersmal redet ame ne arme Wittfraueli z'best u nit
z'böst, sust geyts nit gut i d'r Weit u dir werdit doch nit euer Lebtig ume so e
Schryberdiener welle blybe.“Er mußte Bescheid thun, er möchte wollen oder nicht,aber den
Groll vergaß er darob nicht, nichts verletzt
So trat unser junge Herr in Gedanken wohlgerüstet ein. Er sah zu seinem Schrecken akkurat die gleichen Majestäten da wie das vorige Mal, und b'sunderbar alert und lustig Aenneli Süßlächt unter ihnen herumfchwirren und 'gugeln mit ihnen. Das verletzte ihn schon, indessen faßie er sich, trat näher und ohne Gruß saqte er: er möchte einen halben Schoppen und für einen halben Batzen Zuckerwasser. Aenneli wandte sich schnippisch und spöttisch ihm zu und sagte: „Oeppis dümms e so! Ih ha myr Lebtig no Niemere für e halb Batze Zuckerwasser gäh!“ Aber er wolle drum grad für esövel, meh mach ihm nit wohl, antwortete unser Herr.„He mira, sagte Aenneli, mi chas mache, aber öppe Füfels süß wirds nit sy.“ Als es die Sachen brachte,fah es die Majestäten spotten und lachen, und wenn men Beifall weiß, so juckt es einem gerne zu einem Witz (habs selbst erfahren, sagte einmal ein Gelehrter).Da habt ihr aber das schöne Säckli bei euch, was eme Säckli des ume z'laufe,traget d'r öppe der Frau Amtschrybere d'Eyer z'säme“,frug das schnippische Aenneli und rieb vor ihm stehend rüftig die Hände. „Nei, Jungfer Süßlächt, sagte er zornig zum zerspringen, das schickte sich besser für euch als für mich, dir würdet ech o besser druf verstah als ich.“ „Das wär no d'Frag, sagte Aenneli, u de we dirs nil vorstundet, su wurd ech Die öppe scho b'richte,die söll ech neue brav i d'r Kur ha, heißts?“ Was nit i fys Fach g'höre, sagte er, da lay er si nit b'richte und er heyg wichtigere G'schäft als so. „He nu so de,mira“, fagte Aenneli kaltblütig und wandte sich kaltblütig den Majestäten zu.
Es wolite unserm jungen Herrn fast den Kopf oben
Ume eys syg, daß neh trösti, dem Täschli heyg er eys g'längt, es heyg lang dra g'worget, er heygs wohl g'merkt, wenn's scho nüt derglyche tha heyg. Nei,Jungfer Süßlächt, heyg er ihm g'seyt, das schickti st besser für euch as für mih. Ume schad sygs, daß er ihm das nit heyg chöne säge, wo er heyg welle ersinne, das wär no viel v'rflüchter gst.
Wie Eisi auf das Venefizium den Krapel kriegt und zu interessanten Aufschlüssen kömmt.Das
BenefiziumInventari lief also und der Amtschreiber schrieb Briefe so viel er konnte, das
Stück zu 1 Btz. Doch war er ärgerlich, dieser Posten gab bei weitem nicht aus wie man
hätte erwarten sollen, dieweil eben im Hausbuch nicht viel aufgeschrieben war,und gar oft
die Namen der Betreffenden unkenntlich;ein ärgeres donstigs Hudelbuch sei ihm sein Lebtag
nicht unter die Finger gekommen, sagte er.
Und wenn zuweilen auch einer sich bei ihm zeigte,so that er so fremd und unheimlich,
hatte weder Ruhe noch Bleiben, that als ob er krätzig wäre oder gestohlen hätte, fragte
wunderliche Sachen, und wenn Eisi ihn fragte, warum er den bestellten Wein nicht sende,
Was das für ein Leben, für ein Dabeisein ist, und namentlich für eine Frau, und zwar für eine hochmüthige, hoffärtige, heißblütige, wenn sie nicht bloß sehen muß, wie die Leute sich von ihr wenden, sondern wenn sie sehen muß, wie sie gegenüber bei ihrer Todfeindin einkehren, dort sitzen und bleiben, einen lieben langen Abend durch, während es öde und einsam bleibt im eigenen Hause.
Was das für ein heißes, bitter Sitzen ist, einen lieben langen Abend durch, in weiter öder Gaststube,alleine mit seinem Zorn, seinem Groll, drüben aber, in des Feindes Haus, erleuchtete Fenster und hinter denselben ein bunt Gewimmel.
Was da für Gedanken auf- und niedersteigen müssen,von 5 bis 10 Uhr, einen langen Winterabend durch,beim düsterm Schimmer einer verglimmenden mageren Kerze. Das sind nicht Engel, welche aus offenem Himmel auf und niedersteigen, das sind schwarze,trübe Schatten, welche an der Seele vorüberstreichen,
Gespenster, die durchs öde, schwarze Moor schweben,ein Grauen der Wanderer. Was so ein
arm verlassen und doch hoffärtig und hochmüthig Weib alles sinnen muß in öder Einsamkeit,
wie da Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft, sich durcheinanderschlingen, dreien Schlangen
gleich, die grausig durcheinander gewunden,sich ringeln um einen zuckenden Menschenleib
und dreiköpfig ihm ins Auge züngeln. Wie es da vor ihm aufsteigt, was alles da gewesen,
und wie schön es gegangen, und wie viel Gutes man dem erwiesen, und wie viel Geduld jenem,
und wie die es jetzt machten,wie sie jetzt noch Freude hätten, mit den ärgsten Feinden
zusammenspielten, und was sie einem noch alles thun würden, wenn sie könnten, und wie
daran Niemand schuld sei als der Mann, der gestorben. Der sei ein Löhl gewesen, hätte sie
da hinein gewerchet, allen Leuten geglaubt, nur der Frau nicht. Aber warten die nur, es
komme auch eine Zeit, wo man denen daran denken, es eintreiben wolle, daß sie daran zu
denken hätten ihr Lebenlang. Und bei diesen bestimmtern Gedanken dann doch einem formlosen
Nebel gleich, einer schwarzen einförmigen Wolkendecke, ein düster Bangen,wie es kommen
werde, ob man durchschlagen könne durch die vermeintlichen Feinde, oder ob man z'Boden
müsse, ungerecht durch Uebermacht und Spitzbüberei bezwungen. Das alles sind heiße
brennende Gedanken,züngelnde Schlangenzungen, ein Verzehren in Rachfucht und Zorn, eine
geistige Höllenpein. Von der eigentlichen Reue, der Einkehr in sich selbst, dem Erkennen
der eigenen Schuld, dem tiefen Weh über sein eigen Wesen, ist dabei keine Spur, darum ist
auch kein rechter Trost da, bloß ein öder, in die Luft gebauter,der auf Hoffnungen der
Rache ruht, da ist kein Erheben des neuen Menschen aus dem von Thränen der Reue erweichten
und befruchteten Seelengrund, da ist nichts als ein verzweifelnd Umsichschlagen eines
Geschöpfes, das in den letzten Zügen liegt, das blind nach dem Aste schlägt, an dem es
sich retten könnte, aus dem gähnenden Abgrunde, wenn es ihn ergreifen würde,
Wenu dann schon zuweilen ein paar Schnapsbrüder kamen und an einem halben Schoppen Herdöpfler einige Slunden lurggeten, so war das nur Oel ins Feuer,und heißer und mächtiger rauschte der feurige Strom durch Eisi's Seele. Die verthaten in 4 Stunden vielleicht 4 Batzen, an den 4 Batzen hatte es einen Batzen Profit und dabei fast für so viel Licht gebraucht, das war seine Herrlichkeit, vielleicht einen Kreuzer Gewinn selben Abend und drüben glänzten 2, vielleicht 6 Lichter und hinter denselben ein bunt Gewimmel.
Wenn gar Niemand da war, dann kam wohl Anne Liseli hinein, schmiegte an die Mutter sich
und sagte endlich: „Ach, Muetti, es ist m'r wieder so Angst ume Aeiti weiß nit warum, aber
fast all Abe chunts mih ah, daß ih nüt möcht as bete u briegge. Muetti, wettifch m'r nit
helfe für en Aetti bete, d'Angst vrgeyt mor de, u wenn ih de schlafe, su duecht mih de
geng ih g'hör d'Engeli singe im Himmel, o Muetti, so schön,so schön, ih ha albetz nit
g'nue lose.“ Gewöhnlich weigerte Eisi sich anfänglich, wie heiß seine Gedanken qud
brannten, an das Feuer hatte es sich gewohnt, es löschte es nicht einmal gerne aus, und
immer noch wars ihm, als ob Jemand das Beten ihm wehre, als ob ihm die Worte im Halse
anschwellten, als ob es sich schänen müßte, es wußte sreilich nicht vor wem. Gang m'r
jetz, chär m'r nit, erst vorgester ha d'r ja Phulfe, schwyg m'r jetz. Anne Bäbi söll,
g'hörst, ih woit nit, wotsch jetz oder wotsch nit, oder soll d'r z'F.erhaue?“ Aber Anne
Liseli setzte nicht ab, es sagte,Aune Bäbi sei nicht da, es flattirte die Mutter, der ja
Riemand mehr flaitirte als ihr Anne Liseli, und wem
Wenn aber endlich Anne Liseli verstummte, seine Aeugelein sich schlossen, die Engelein niederstiegen vor seine Seele, himmlische Lieder sangen und mit Wonne sie füllten, und Eisi ging wieder in die vordere Stube,sah drüben die hellen Fenster, dahinter das bunte Gewimmel, dann siedete neu auf der heiße, versengende Strom und jeder lebendige Keim, der sich geregt hatte in seiner Seele, verwandelte sich in einen feurigen Springbrunnen, und es duechte Eisi, es wohle ihm nimmer, bis es einmal hinüber gehe, allen wüst sage nach Herzenslust und die d Dorftäsche unter den Tisch schlage, daß sie 14 Tage lang nit meh füre mög.Wenn dann die in der Gaststube hängende Schwarzwälder Uhr Stunde um Stunde schlug, und endlich die zehnte, drüben es immer heller ward, statt dunkler,darob die eilfte Stunde schlug, endlich die zwölfte,ohne daß der Glanz drüben viel trüber wurde, was da Eisi verwerchen mußte, kaum glüht der Ofen in einer Eisenschmelze heißer, als der Zorn glühte in Eisis Brust, und je heißer es ward, desto fester war es gebannt in seine vordere Stube, fast wie ein Geist, der was hüten muß und erst zur Ruhe darf, wenn der Hahn kräht. Es mußte die Fenster drüben hüten, bis der letzte Gast entwichen, bis das letzte Licht verlöscht war. Aber wie zornig derweilen die feurigen Wellen durch seine Seele rollten, das faßt Niemand als ein eifersüchtig Weib.
So einer gehe Alles an, aber man wisse warum;in ehrlichen Häusern herrsche das Gesetz, um
10 Uhr müsse Feierabend sein, aber bei so einer dolder Täsche liege alles unter einer
Decke, darunter könne sie machen was sie wolle. Das sei afe e Ornig, wes so chöm,de gut
Nacht! Aber mi wüß warum, we me glaub,
An dieses Auslachen, wenn den Unglücksmachern Nasen gedreht wurden, an den Jubel, daß man nicht mehr so in verfluchter Tyrannei sei, dachte Eisi nicht mehr, das hatte es rein vergessen, es hatte mit veraänderlet Lage ganz andere Ansichten gekriegt, hatte seine Grundfäte geläütert und zwat ohne daß es es wußte,es hätte, wenn es geistlich gesinnt, d. h. in geistlichen Redensarten geübt gewesen, wäre, sagen können, der Herr gebe es den Seinen im Schlaf. So redete aber Eisi nicht, sondern es fluchte jämmerlich in sich selbst hinein, oder an die kalten Scheiben, über alle dabei Vetheiligten und verschwor sich bei allem Heiligen, bei einer solchen Hudelordnig, wo d'Hure Küng syge, us Lumpepack Meister, chöns nit gah, da chöm zletzt d'r Tüsel u nähm die ganze Pastete.
Wenn dann endlich drüben die Lichter erloschen, so suchte Eisi wohl sein Bett, aber Ruhe fand es selten es sei dann, daß es sein eigener Gast gewesen; doch dieses war nicht Regel. Eist lebte gerne gut, aber appart trinken, dazu hatte es den Hang, die Anlage nicht,wenn es sie gehabt hätte, so hätte es ihr begreiflich nicht widerstanden. Aber, wie soll Ruhe über den Leib kommen, wenn die Seele im Aufruhr ist, daß ihre Ufer,der ganze Leib, erzittert.
So verwerchete Eisi einige Wochen, ohne daß es viel ans Benefizium dachte, außer in so,
weit, daß es dessen Ende herbeiwünschte, weil, es seine Einsamkeit nur demselben zuschrieb
und den Lügen der Täsche drüben, die, wie zuweilen ein Weib, das verstohlen sich
Da kam eines Abends, als Eist abermals einen Zorn verwerchete ohne Gleichen, denn nicht weniger als zwei Weingumene und einen Weinherrn wußte es drüben,und keiner setzte einen Fuß zu ihm, kam die gedachte wohlmeinende Frau geschlichen, die allenthalben obenauf war, wie ein Pantoffelzapfen. Sie wußte unter dem Scheine der Gutmeineheit den Leuten Sachen zu sagen, die ihnen fast übel machen, so wie man vie räulichsten Wurmmittel z. B. den Kindern einhüllt in sig Latwerge. „Du guti Frau, sagte diese zu Eifi bist aber eleini, du chast mih doch afe dure, wie ung'wahns muß dir doch das sy, albetz so viel Lüt u jetz Nemere.»He nu, es geyt so i d'r Welt, si kehrt si, seit me.“„U z'letsch, wes no so blieb wie's jetzt waäͤr, fu wär's d'r no gönne, aber ih ha hüt e Ton g'hört, du chast mih doch afe dure, du armi Frau, was de bist.“ „Das wird aber Neuis dumms sy vo der Blätteren vrfluchti
Lugi, wo si erheyt un erloge het. Seh, füre mit. Einist muß es doch sy, g'seh nih wohl,
daß ih d'r Herreschleipfe d'Haar usem Gring schryße u er e Zäng ache schlah,daß si se i de
Schuhne muß suche. Seh füre mit, Trini.“„Darf wäger schier nit, los Frau, du durist mih
viel Yfast. U de mein de nit öppe, ih heygs vo dere däne.B'hütis, die redt nüt mit mir, u
we si scho wett, su weit ih nit, meh weder es Jahr hey m'r enangere nit emal meh gute Tag
g'seit uf d'ir Gaß. Sie hasset mih gar grusam, si mahs nit erlyde, wes Neuere gut mit dir
meint.“ „Seh, stürm m'r nit e halbi Nacht, wie d'r Sigrist zu W., wo ner het welle lere
lüte; sage was ist's, su weiß ihs einist.“ „Lue, Wirthi, ih sött schwyge, vo wege, wes de
nit wär, su macht es d'r ume z'leerem V'rdruß, u mügli ischs, daß es nüt a d'r Sach isch,
vo wege, es chunt vo dere däne, aber mir het si's nit g'seit.“ „Wie weisch es de“, fragte
Eist schnausig? „He, wie weiß ihs. Dä halb Tag, he es isch grad g'si, wo si mit der
Kuppele Säu da dure g'fahre sy, di nih zum Bach u ha Neuis welle schwäyche,su chunt grad
Säbel Grits Näyere v'rby u het Neuis ungerem Fürte. Ih traue es syg e Halbi Bränz g'si,si
säge geng, si nähms v'rflucht gern, daß sie mängist längs Stück ihres Fürte un es Hemli
oder was si uf d'r Schooß heyg z'fäme näy, daß mes fast nit meh vo ne nangere mache chön.
Si säge, daß si für Tüfelsg'walt ihre Nase heyg welle a nes Göller schnurpfe oder süst a
Neuis. Si schleipft e Schuhmacher des ume, u ganz halb Tag föll er byre hocke, säge
d'Lehrmeitscheni,dä wird er e z'Geld gä ha, für gah e Halbi z'reyche.Die geyt v'rby u
stellt si by m'r. M'r rede sust nüt mit enangere, du weißt, m'r hasse enangere, du
weißt,wie si mör's einist g'macht het i d'r Chile, wo si i üse Bank borzet isch für
zTüfels G'walt u z'vorderist abg'hocket un ihres G'schirr yche drückt het, as wär's e
Hfewegge, un ume wil si es neus Tschöpli agha het,u se d'Bube recht hätte solle g'schaue.
Ja wolle, die schwarzi Gränne, si het m'r fast Plätze abdrückt z'selbist, vo wege, ih bi
eigetlig z'vorderist g'hocket g'si, du
Lüte, seit die schwarzi Gränne. Weiß aparti nüt, ha nih du g'seit. Hät gern g'seit weder was all Lüt säge,daß die, wo ihm z'Bränz gäh heyg, i alle Lüte Mülere syg wege ihrem G'schleipf.“ „Warum hest's nit g'seit“,fragte Eist. „Hät nit möge z'Platzg cho“, antwortete
Trini. „Das wär d'r Tüfel, wes dr Aerst g'si wär“,antwortete Eist. „Los wäger nit u fußwarms hätte die
Täsche 's ume g'seit u däych mys Aettis Bruders Sohn hechlet dert. Aber los jetz was es du seyt, aber wäger ih darfs d'r's fast nit sage. Denk, was ih v'rno ha,
D am Tag, wie's dem Hoffartsnarr dert äne, wo se geng am Fenster usgrännelt heyg, gang, die chön jetz d'Säckli näh u d'r Gottswille ga heüsche. Da chön meh doch noh g'seh, daß e g'rechte Gott im Himmel syg. Es
äb e Geldstag, vo de grüslichste eine, viel, viel tusig
3 syge z'weni. Wo das Täschli das seyt, ist mir du z'Für dure Gring g'schosse u du säge nih, das syg erheyt un erloge. Wes wär, su müßt ihs doch o wüße.
Es gange ja kener Schulde y, ha nih du g'seit. Da lachet dů das Mönsch, o ih bi so taubs
worde, ih hät ihm möge a Gring scheieße, u seyt du, da bist, schints,lätz b'richtet, oder
thust ume d'rglyche. Ja, im Afang
In Eisi stritten Zorn und Angst und schnürten ihm den Hals zusammen, aber der Zorn
überwand die Angst,der Unglaube an seine Zustände, welchen der Hochmuth ihm eingeredet
hatte, der war noch nicht erschüttert.Es sollte Niemand von ihm reden, was es selbst nicht
glaubte, es wäre alsobald hinüber gestürzt und hätte dem Tüfel vo Lugnere Zang hingere
g'schlage, daß sie se in den Schuhnen hätte müße z'fäme lese, wenn Trini ihm nicht in Weg
gestanden, d'r Tusig Gottswille an
Als aber Trini fort war, kam Eisi die Angst doch wieder; die Posten, welche es wußte und
nicht aufgeschrieben gewesen, stiegen wie Gespenster vor ihm auf,
So ging Eist das Herz auf, es packte aus, was es darin hatte und frug um Rath, wie
machen, um über z'Sach z'cho, ob's ächt selber i d'Schryberei müß?„Bewahre nei, sagte die
Freundin, ih will d'r scho d'rzu v'rhelfe, es ist nüt liechter.“ Und richtig, ehe eine
halbe Stunde um war, trat der Amtschreiber ein.Er war verblüft im ersten Augenblick, doch
faßte er sich und richtete nun Eisi an, daß ihm fast g'schmueccht würde, eine solche Summe
wäre im Traum ihm nicht in Sinn gekommen. Der Geldstag sei unvermeidlich,sagte der
Amtschreiber, wenn man nicht akommodiren könne, es sei auch möglich, daß falsche Eingaben
gemacht worden, das werde sich aber erzeigen. Er hätte anfangs nicht geglaubt, daß es so
bös sei, aber in den letzten Tagen hälte es ihm schier welle afa gruse. „So,sagte Eisi,
ists däweg“? aber wunder nähms ihns doch,woher das alles gekommen, es hätte doch auch
darum müssen wissen. Der Amtschreiber konnte nur oberflächliche Auskunft geben, nannte nur
einige der beträͤchtlichern Summen, welche ihm im Gedächtniß geblieben waren. Die
richteten Eisi wieder auf. Das sei erheyt und erlogen, sagte es, von diesem und jenem
wisse es
Eisi erhebt sich, sendet Freunde aus und wird auf einen Standpunkt gestellt.Das
Benefizium ward ausgefertigt, der Gemeinde zugestellt und Eisi schlug die Hände über dem
Kopf zusammen, als es dasselbe zu Gesichte kriegte, denn es hatte per se vergessen, wie es
bei ihnen zugegangen war. Eine Unmasse kleiner Schulden kamen zum Vorschein, für hundert
Dinge, an die es durchaus nicht mehr dachte. Hier hieß man dem Knecht was mitbringen, säg
de, mi wellscho zahle, wenn me öppe yche chöm; dorthin waren Kinder, Mägde ausgesandt
worden, sollten was holen, sollten nur sagen man werde dann selbst zahlen. Das alles wurde
vergessen, die Leute forderten es nicht ein, dachten, es gebe noch mehr,sie wollten es
dann zusammen machen, oder sie hatten einen Konto eingegeben, aber man hatte dessen sich
nicht geachtet, er war mit anderm Papier verbraucht worden.Wie sich aber solche Schüldleni
aufhäufen und summiren können, davon hat man keinen Begriff. Darum sagte Eist, es chön
Neuis sy, aber e sövli, darvo syg 6 kamen die Metzgerschulden, hier für Kälber, dort für
Schaafe, für Kühe, besonders Restanzen von 4, 6, 10 Neuthaler. Nur zu oft hatte Steffen
gesagt: Sä, da hest afe, mit em Reste wartist m'r wohl no eschly;hätt viel z'zieh, aber
Niemere wott m'r nüt gäh. Müller und Bäcker waren nicht weniger betheiligt, dann erst die
Weinhändler von allen Sorten, vor ällem aber die, welche zumeist bloß mit wackelnden
Wirthen Geschäfte machen, mit welchen Wirthe, welche Geld haben, ihrer Unredlichkeit,
ihrer Verfälschungen und Wuchereien wegen, nichts zu thun haben mögen. Diese kamen nicht
bloß mit Rechnungen angezogen, sondern
Dieses Ergebniß hielt die Gemeinde Eist unter die Nase und sagte ihm unverblümt: „lue du
dums Fraueli du, wie's gange wär, we me d'r glaubt hät, das wär sufer use cho. Hätt' me
ume scho früher g'luegt, mi hät chöne, mi hät sölle, aber es isch z'selbisch e angere
Meister g'st. Da isch nüt angers z'mache, hör uüme chäre, da muß geldstaget sy, das ist
fertig. Sövli V'rmöge g'ha u jetz sövli Schulde, un i so kürzer Zyt,wie wottisch jetz mit
de Schulde chöne huse, wo d'r's nit heyt chöne mache, wo d'r söpli rych g'si syt?“ Als
Eist von Steffen sagen wollte, wie der Schuld sei, jetz alleine es anders fahren wolle, da
hieß es: „Es wird öppe eys d'm angere nit viel für z'ha ha. M'r hey Steffe wohl b'chönt,
m'r wüße, wie er eine g'si isch,wenn er z'Gefäll g'ha hät, e nangeri Frau zübercho,wo hätt
wüße z'huse, nit ume z'bruche, se hätt Steffe chöne e Ma abgäh; d'r V'rstang hät er g'ha
d'rfür.Aber wenn bedi nüt v'rstange vo d'r Sache u nüt wüße,as bruche, su chunts e so. Da
wollte Eisi die Arme stützen und sagte, es nehme es doch Wunder, was es II ben, wenn einer
was wisse, so solle er hervorkommen und es sagen. Vo wem zV'rmöge chöm, werd me wüße,u wer
z'Sach heyg müße mache, hät me choöne g'seh,
He nun, wenn es so leicht sei, so solle es es machen oder zum Amtschreiber gehen, der solle ihm helfen, das sei ihnen ja recht, sie aber wollten die Erbschaft nicht antreten, dazu sehe sie ihnen zu strub aus. Aber wenn Jemand anders es wolle, so sei es ihnen ja recht. Zum Amtschreiber gehe es nicht, sagte Eist, dä heyg de zuv'rschamt ufg'macht für sy Mühy u heyg doch nit emal möge selber cho, heyg ume so ne Löhl g'schickt,aber er werd g'wüßt ha warum. Meh as drei Tag syg er da g'si ü doch heyg es ihm dr Hunger nit chöne g'stelle, vom Durst wells ume nit rede, Es wisse noch andere Leute, wo es z'Rath gehen könne. Wenn sie sich keine Mühe geben wollten fuür ihre Burger, so wolle es selber luegen, so liederlig setze es nicht ab und lasse fahren, was sie so viel gekostet.
He nu so gump, u weds mache chast, su gib bis den uü den d'r B'scheid, sust rüfe m'r d'r Geldstag ah,ohni Pardon.
Was doch Eisi beim Heimfahren für einen Zorn verwerchete über die Kudermannleni, die so
mit ihm umgingen, auch gar kein Einsehen haben wollten mit
Fist' fuhr zu seinem Bruder, daß der ihm helfe,oder für ihns einstehe, reversire; es wußte zwar nicht was das Wort bedeüte, aber man hatte es ihm so gesagt. Es hatte zwar anfangs auch Verdacht auf ihn gehabt, er wolle da was für seine Buben fischen, seither hatte es aber nicht gemerkt, daß er die Hand im Spiele habe, auch hatte er nichts ins Benefizium gegeben, es traute ihm daher noch am meisten.
Doch der wollie nichts von der Sache. Reversire,öppis dumms e so, das cha me nit u we me chönt,füswott ih d'Finger nit yche ha, es chönt m'r se abschnelle bis a d'Achsle zuche. Brav Wybergut mache u sust nebe zuche no was ne cha. Das war seine MeiJ in diefer Beziehung war er zu Rath und Hülfe ereit.
Äber Eisi hatte dafür taube Ohren, es sinnete nur in einer Richtung, die Räthe welche nicht in die gleiche Richtung schlugen, die waren ihm vom Bösen. Eisi wöllte Wirthin bleiben, der donstigs Täsche gegenüber wollte es nicht weichen, der wollte es zeigen/ daß am besien lacht, wer zuletzt es thue, u daß all ihr AufreiHetzen ihr nichts helfe als se selber i z'Loch zischlah.
Eifi sagte daher seinem Bruder wüst, fuhr heim und machte heimlich seinem ehemaligen
Rechtsfreund Bescheid, alsobald vor ihm zu erscheinen. Der hatte es wie alle geschaffenen
Kreaturen, er ließ sich gerne der Sonne nach, verschmähte es jedoch auch nicht, im
Finstern sich was zu Gemüthe zu führen, er war eins ener beglückten Geschöpfe, die Tags
und Nachts ihr nicht bei Eisi fehen lassen, sondern hatte sich zur Speisewirthin
übergesiedelt, der Botschaft jedoch folgie er sonder Säumen? Als Eisi ihn anrauzte, ob er
ein bös Gewissen habe, daß er sich nicht mehr zeigen dürfe, wege der Luenz da äne, oder ob
er sich seiner verschäme, daß man ihn gar nicht sehe, begehrte der auf und sagte:
Die nachsten Tage ging das Akkommodiren also an,die beiden liefen nach und kriegten alle
Tage bessere Hoffnung, daß das Ding sich machen werde. Freilich ußten sie dabei auch viel
abthun und hoören, aber sie gewöhnten sich daran und übten sich dabei in gottseligen
Redensarten. Allenthalben empfing man sie finster und bofe, fagte zuerst, mit der Sache
wolle man nichts zu thun häben, entweder Alles oder Nichts, und wenn man schon
unterschreibe, so gebe es doch aus allem Nichts, wer da' o wett d'Finger zuche ha? U de a
sellige hoffärtige u hochmüthige Lüte, wo eym nit emal heyge möge danke, we me neh Zyt
g'wünscht heyg,müße gah z'vorspiele, das duech se strengs. U wes no nite Wirth wäͤr, si
wette no minger säge, öppe so ne Krämer, wo doMüsterler z'Bode g'ritte heyge oder füst
Ung'fell g'ha heyg, aber so ne Wirth, dem ðGeld zuche trole, wie vur es Stiefelrohr ab, wo
z'erst z'Land usnutzi, daß es e grüßlige Sach syg, grad wie es schlechts Lehemannli
zHöfli, wo es empfange heyg, deno ga gelostage u dLüt no einist, no nahm Tod um ihri Sach
zbringe, das syg nit recht, dä weg chöms nit gut/ u mit der Sach welle st nüt z'thue ha,
st welle nit gah Götti sy, für daß die hochmüthige Gränne no länger chön die fürnehmi Frau
mache u Seye über d'Achsle aluege. Es nähm se einist Wunger, was die o für es G'sicht
mache, wenn si ufem Blutte hocke.Dann begann der Rechtsfreund seine Rede: Ja, sagte er, es
sei so, er könne ihnen nichts darwider haben,es thäte ihm auch weh, sein Geld zu
verlieren, und viel fei gegangen/ wo nicht hätte gehen sollen. Aber
Was selb sei, sagte dann wohl hie und da eine Bäurin, so stoße man Niemand von seiner Sache,wenn man nicht wolle, als was einem von Gott und Rechtswegen gehöre. Dann sei es aber noch die Frage,ob's den Kindern nicht wohl ginge, wenn sie untet brave Leute kämen, und sie möchten fast kommen zu wem sie wollten, so ging es nicht übel. Sie hätte noch nie gehört, daß es aus Kindern, die nichts arbeiteten, und äßen und tränken was sie gut dünkle, und g'schändeten, daß es eine himmelschreiende Sache sei,je was Gutes gegeben habe. Und öppe wüstere, uverschanteri, schmäderfräßigere King, als die seien, hätte sie nie gesehen.
„Ja, ja, du gute Frau, sagte dann der Rechtsfreund, der zwischen den beiden Wirthinnen
sich eine bedeutende Gewandtheit im Umgang mit Weibern erworben hatte. Du hast Recht, so
ist z'Sach, die besten Kinder sind es nicht, aber das wurd sich ändern, zähl darauf. Es
het scho mängs Kanari angers afa pfyfe,wes het welle v'rsufe, v'rschwyge de es
Wybervölchli.Und dann wird dazu gesehen werden, zähl darauf, die läßt man nicht so machen,
wie es sie gut duecht. Selber werchen müssen sie, und die fremden Leute bleiben dahinten.
Daneben mußt für dich rechnen, und es ist doch besser öppis, as gar nüt, besser e Lus im
Kabis,as gar ke Fleisch, seyt me albetz. Von 100 gibt man zehne, das ist doch geng das,
und an manchem Orte
Endlich blieb der Bruder dahinten, und Eist schwitzte Geld um Geld für weitere Ausflüge. Der Freund mußte auf Basel, wo sie aus Landschäftler und Picarden den Markgräfler machen, und aus Elsäser und schwarzem französischen den Taveller und sonst herrliche Tafelweine; er mußte auf Vivis, wo sie den See nahe haben und noch appartes Wasser fast in jedem Keller;mußte hierhin, mußte dorthin, traf die Leute nicht an,oder es hieß, man wolle noch warten, bis der und der unterschrieben; so gab's ein Gespreng hin und her, und ob allemal der Freund die Wahrheit berichtete, und allemal da gewesen war, wo er vorgab, das konnte man nicht üntersuchen, er reisste ohne Paß. Wahrscheinlich trauete er dem Regierungsstatthalter nicht,und ohne dessen Empfehlung kriegt man bekanntlich bei der Polizei keinen, wenn man kein Vorrecht dort hat,ein Städter ist zum Exempel. Ob diesem verlief der gesetzliche Termin; die Gemeinde schlug die Erbschaft aus, der Geldstag ward erkannt und verlesen. B'hütigs Gott, wie that Eisi, als es vernahm, der Geldstäg sei verlesen worden. Die Speisewirthin war selben
Tags so fröhlich ums Haus getänzerlet, und hatte mehr als sonst hinüber gegrännet, daß es Eisi auffiel; aber es dachte, die Täsche wird aber g'soffni sy. He nu nähm si ume recht, su isch si dest eh für e Tüfel goreiset;indessen ermangelte Eisi nicht, wieder zu gränne. Am Abend kam Trini, und gab nach einer langen Rede endlich Aufschluß über die Ursache, welche die Speisewirthin so fröhlich und grännsüchtig gemacht. B'hütis,wie da Eisi tobte und auskehrte. Trini müßte auf der Stelle um den Rechtsfreund aus, und als der erschien,hatte es ihm wüst gesagt, daß es einem dünkte, er sollte in kleine Fetzleni verfahren, ehe er nur mit einem Worte sich vertheidigen konnie.
Endlich, als er schnupen, zu Athem kommen konnte,faft wie einer, dem man den Kopf unterm
Wasser gehalten, der ihn endlich los gekriegt, als es eben die höchste Zeit war,
entschuldigte er sich, daß er gemeint,Eisi wisse per se darum, daß der Geldstag erkannt
sei,das hätt' ihm per se sollen angezeigt werden, aber es werd's o Niemere gern tha ha.
Indessen ändere das jetzt an der Sache nichts; akkomodiren könne man nach wie vor, da sei
der Geldstag gar nicht im Weg; im Gegentheil, das zeige den Leukten, daß es Ernst sei,und
wer noch nicht unterschrieben habe, der sei jetzt froh, wenn man noch einmal komme, und
sie vielleicht mit dem halben von dem zufrieden wo man ihm früher habe geben wollen. Darum
solle es doch nicht so thun,z'Sach mache sich jetzt z'halb ringer, wenn man recht
kuraschirt dran hin gehe. Was es etwa mehr Kosten gebe, sei nicht der Rede werth, und wenn
z'Sach bis an die gemacht seien, so mache sich das allweg auch;der G'richtschreiber und
der Amtschreiber würden allweg auch mit sich reden lassen. Schwer ließ Eisi sich
beschwichtigen; der Geldstag stach ihm im Kopf, und das Grännen und Tänzerlen seiner
Gegnerin konnte es nicht vergessen, und der Rechtsfreund mochte sagen was er wollte,
allweg war es wieder einen Schritt näher dem Ziele, wo es nicht hin wollte; jetzt nur noch
die Steigerung, so war die Sache fertig; mit dem Rücken
Eist war nicht empfänglich für solche Späße, es brummte stark über das Sündengeld, welches daraufgehe, und währscheinlich für Nichts und wieder Nichts,spendirte indessen wieder die Einbünde der Kinder und ein Paar schwere Göllerkettelein. Er könne selbst sehen,daß er dafür Geld kriege, es damit mache und z'Sach abtreibe, ume für si lah füre Narre z'ha, syg ihm es ziköstlig u wes scho wett, öppe viel hätts de nimme dra z'wänge. „Häb nit Chummer Frau, ih denk das läng ü wes nit längt, su fehlt doch nit viel meh“, sagte der Freund und strich sich mit seinen Schätzen.
Es ergeben sich noch andere Standpunkte,daraus entsteht Allerlei.Nun gab es noch ganz
andere Plackereien, wie Eisi es nannte, welche ihns fast die Wände auftrieben; es wurde
noch ganz anders v'rpetschirt und die Sachen eingeschlossen, und nur mit der größten Mühe
konnte es es z'weg bringen, daß das Wirthshaus nicht geschlossen wurde, daß man ihm gegen
Bürgschaft einiges Geräthe ließ. Zum Wein verhalf ihm jene Freundin,welche ihm zum
Amtschreiber verholfen hatte. An all diesen neuen Dingen sei der Gerichtschreiber schuld,
behauptete Eisi, das vom Gesetz nichts kannte. Dä steck mit der More da äne unter einer
Decke, es syg e Schang für z'ganz Lang wie das gang, u wo me Lit,wo me a angere Orte scho
siebemal g'häycht hätt, a sellig Plätzg thuy, wo si anstatt g'häycht z'sy, dorvo lebe
chöne, Wittwe, u Waise z'schindte u anger brav Lüt; u de z'Sach mit sellige zvrbruche, daß
z'Steine uf der Gasse si v'rschlüfe wege der Schang. Der Gerichtschreiber machte den
Amtschreiber wieder gut, aber erst so recht, als nun eine neue Schatzung vorgenommen
wurde, und alles noch niedriger geschäͤtzt als früher. Der Gerichtschreiber, der nicht
ungern den Bureaustaub mied und die freie Luft genoß, weil er Anlagen zu einer schönen
Seele hatte, machte die Inventare selbst,trümpfte Eisi ab daß die Schwarten krachten und
ohne es zu wissen, des Amtschreibers Subjekt schrecklich rächte.Eisi versuchte freilich
auch Widerstand, aber ein GerichtSchon das Bewußtsein, eine Staatsperson vor sich zu
haben, verursacht bei vielen Leuten und begreiflich auch bei Wirthsleuten gar gerne eine
Art von Zungenlähmung. Denn gäb wie Eisi was sagte, so grunzten ihm die Anwesenden
mißbilligend darein, beim Subjekt hatten sie es umgekehrt gemacht. Nichts lähmt aber die
scharfe Zunge mehr als allgemeine Mißbilligung, der Zorn und die Grobheit können steigen,
aber der Witz
Es selbst mochte mit dem Gerichtschreiber nichts zu thun haben, und sein Rechtsfreund hatte bald dieses bald jenes z'Wort, was noch sein müsse und warum er gestern nicht gekonnt und morgen wieder nicht. Endlich derlor Eist die Geduld, jagte mit Wüstthun Bruder und Schwager auf die Beine, dem Rechtsfreund schickte es sich aber unglücklicherweise wieder nicht, er mußte ins Seeland vor Audienz, die mußten hinter den Gerichtschreiber, daß er seine Meinung sage und Nachlaß der Kosten verspreche.
Der Gerichtschreiber fuhr die beiden Mannen gar bedenklich an, wahrscheinlich war er selb
Tag mit dem linken Fuß zuerst in die Schuh gefahren. Daäs sei ihm ein ewig dumm Gestürm,
sagte er, was sie doch auch sinneten? Es nähmte ihn nur Wunder, wer so was Dummes ihnen
angegeben hätte und wie sie so dumm sein könnten, so was Dummes zu glauben. Ho, sagte
Eisi's Schwager, öͤppe hüt erst seien sie nicht auf die Welt gekommen, sie wüßten notti
wohl, was Akkomidiren sei, und daß das schon viele Leute getrieben hätten, denen es nichts
an der Ehre geschadet, und was andern erlaubt gewesen, werde wahrscheinlich ihnen
ebenfalls erlaubt sein. Sie hätten ihn nur fragen wollen,ob er ihnen nicht auch an den
Kosten schenken wolle,der Amischreiber hätte gesagt, er wolle auch, wenn der
Gerichtschreiber wolle. „Nüt schenke ich, antwortete derselbe, keinen Kreuzer, und höret
m'r jetzt stürme.Aus was wollt ihr zahlen, was ihr versprechet, oder wer verbürget es, daß
bezahlt wird? wer will da zuche?“Es werde sich desse öppe nüt mangle, antwortete der
Schwager, was man verspreche, das werde scho öppe zahlt werde, allweg könne man es aus dem
nehmen,wo man mehr löse als die Sachen geschätzt seien; wenn es verkauft sein müsse, aus
dem was für e Gültbrief u z'halb Wybergut us für schieß. „Nüt schießt für,
Was er sein wolle, das sei er für sich, sagte der Gerichtschreiber, sie gehe das allweg
nichts an. Das sei ihm eine uverschante Sache, fremde Leute zu plagen, daß sie schenken
sollten, was ihnen von Gott und Rechtswegen zukomme, um sich selbst bezahlt zu machen,und
dann noch uverschant zu thun, wenn man nicht ihre Lappi sein wolle. Sie sollten jetzt
machen daß sie fortkämen, sie wüßten seine Meinung, und für ganze Tage mit solchen Leuten
zu stürmen, dafür sei er nicht da. „He nu, sagte Eisi's Bruder, we das so g'meint isch, su
cheu m'r gah. Lebit wohl, z'danke hey m'r nüt.“
„Ha nüt d'rwider, e uv'rschamte Uflath isch er,sagte Eisti's Bruder. Aber es duecht mih doch, zWybergut wär jetz d'Hauptsach, u alles angere söit me lah gheye wie's gheye will, u dys Bigehre wirds notti nit sy, welle gah vorab z'näh, was de Kinge g'hört.Oeppe schöns wär selb nit.“udSchönst wär allweg, meinte der Andere, wenn du zuche styngist un o neuis thätisch, Bürg wärist oder sust, as üme de nangere welle z'bifehle, was si thue sölle u was schön wär. G'redt ist bal viel, u chost nüt, u dä, Weg het scho mänge Hudel d'm angere welle helfe.“ Das gab natürlich Feuer und wenn andere Leute nicht geschieden hätten, so wären die beiden blutig hintereinander gerathen, denn beide waren ertaubet und beide stärker am Leibe als am Geiste, namentlich der Schwager. Er hatte es wie viele Kinder gescheuter kundiger Väter, er hatte bloß des Vaters Haus geerbt, des Vaters Wissen und Kenntnisse nicht,von wegen der Vater hatte sein Wissen und Kennen nicht den Kindern zugewandt, sich auch bei ihnen appart durch Niemand vertreten lassen; darum geriethen sie, wie schon oben gesagt, nicht absonderlich weder zu geistiger noch zu leiblicher Arbeit.
Nachdem man sie auseinander gerissen, machte Eisis Bruder sich heim und verschwor sich hoch, wegen der Sache versetze er keinen Triit mehr, luege si synethalb,st syge jetz nimme hie daheim u z'Sach gang ne hell 5 a as er gern well, un es si ihm öppe wohl hick.
Der Andere dagegen fuhr Eist zu, that dort wie ein brüllender Löwe und wenig fehlte, er hätte Eisi die abgestreckt, die dessen Bruder bestimmt gewesen waren.Der Rechtsfreund, der ganz unvermuthet, wie er sagte,früher heimgekehrt war von seinen Geschäften in der
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Fremde, der mittelte jedoch. Er that lästerlich über den Gerichtschreiber, was das für einer sei. Dem wolle er es aber eintreiben, er habe für den schon lange eine Kochete über dem Feuer, jetzt wolle er ihm anrichten,daran solle er genug haben sein Lebelang. Dä Dschade dem Volk jährlich nicht bloß etwa 4 oder 5000,mehr als 10,000 Fr. Er kennte die Sache, aber er wolle nicht, dest schlechter sei es von ihm. Das sei ihm nur wegen den paar Franken, die er schenken sollte,aber die wolle er ihm salzen, daß er grännen müsse,daß es dem Teufel darob gruse. Das was er gesagt,seien alles Späße und Dummheiten, sie sollten sich nur auf ihn verlassen. Aber einstweilen sollten sie still sein,jetzt könne man so viel nicht machen, weil der Hund nicht wolle und der Amtschreiber auch nicht, und man nicht gleich Jemand bei der Hand habe, der das Geld werde schießen wollen. Aber man solle das nur gehen lassen bis die Sache von der Regierung zurück sei, es werde sich schon anders kehren und g'setzt, es komme nicht gleich u d'r Geldstag ging v'rby, so miechs aber nüt, mih chön neh ufha, u de sygs de a dene z'etschädige, wo z'Schuld syge dra. Wohl dem D. wett er de e Gunte mache, dä ihm mängsmal lieber sy sött as das Wirthshüsli mit allem was drinne syg.
Die Antwort von der Regierung kam indessen immer nicht, wohl aber nahte sich der Tag der Steigerung, und gäb wie Eist lästerte, das Kalb von G'richtschreiber sei an allem Schuld, es fand in diesem Zorn je länger je weniger Trost, denn je länger je größer ward sein Leiden.
Wie aus allem endlich ein Geldstag entsteht und was ihm noch alles vorangeht.
Es gibt je länger je mehr Leute, welche nicht arbeiten mögen, doch gerne gut Sääch
hätten, reich werden möchten. So bloß mit dem grad ane Zähn tröcknen an der Sonne, kömmt
man weder zu dem einen
Auf der andern Seite herrscht das natürliche Gefühl, das Seine ungern in fremde Hände übergehen zu sehen. Es dünkt einen, es sollte Riemand davon mögen, kein Mensch darauf bieten, wenn Niemand darauf böte, so würde es ihnen ja bleiben. Und allemal, wenn man möchte, daß Jemand davon möchte, wird man roth im Gesicht, bei jedem Bott gibt es einem einen Stich und wenn Jemand etwas ersteigert und wegträgt,so denkt man: so auch du! hätte doch nicht geglaubt,daß auch du so schlecht wärist, aber wart nur, dir treibe ich es ein.
Die Begierde der ganzen Nachbarschaft nach seinen Sachen mußte Eist auf das bitterste empfinden. Wenns dämmern wollte des Abends, so sah Eisi wie Nachbaren ums Haus schlichen, fah sie hier einen Wagen,dort ein Kommet besichtigen, so gleichsam im Vorbeigehen, sah des Morgens, wenn es aufkam, sie aus dem Stalle kommen, und wenn es einmal ung'sinnet vom Essen ging, so war es sicher, verdächtige Gestalten hier oder dort stehen zu sehen.
Andere machten die Sache noch anders, die kamen zu ihm ins Haus, thaten gar theilnehmend,
sagten wohl: „du armi Frau, wie de mih doch dure chast“,ließen unterdessen die Augen
herumspazieren, musterten was sichtbar war, fragten verblümter und unverblümter,je nachdem
sie ein gröber oder feiner innerlich Yg'richt hatten, nach diesem und jenem; doch sehr
felten wär eine so grob zu sagen: „wes öppe nit z'höch ufetriebe würd, su hätt ih Muth
d'rzu, hät scho lang gern selligs g'ha, aber z'Geld het mih neue g'reut. Nit daß mör's nit
g'ha hätte, aber wenn me King het, su muß me geng z'erst a die sinne, gäb me Neuis z'Unutz
usgit.“ Die andern sagten höchstens: „Aber nei, Eisi,daß du das erlebe mußt, lue, du chast
mih dure, ih cha nit sääge wie (die Feinsten nahmen hier einen Zipfei
Qualen stund indessen auch die Speisewirthin aus,neben der großen Wonne in welcher sie
sich wälzte, die
Male an um hinüber zu gehen, geistete sich auf, sagte fich: „tödte wird die dich öppe nit, u freße nit, die wird doch wohl öppe zahmet ha un alti g'nue sy, emel 10 Jahr ist die älter als ih, für z'wüsse was es erlyde mah u was nit, u de ha nih z'Recht so gut as öpper anger, u de chönt ih ja öppene Knecht z'wegstelle, daß er m'r g'schwing z'Hülf chöm, wen ih afing brülle, u daß er se de so kecht vom Tüfel abhabereti.“Indessen war sie doch nicht Babi genug, die Sache ins Werk zu setzen. „Was Tüfels hätt' ih z'letsch d'rvo,d'Lüt hätte z'grusami Freud dra, wenn m'r enangere recht vrkreblete, u de dörft ih ja gar nit emal a dSteigerig, z'Selbigst will ih doch de gah, da nimmts mih doch de zu Gott Wunger, ob ih de dert nit sövli Recht heyg, wie ne angere Mönsch.“
Es half sich so gut es konnte mit Nachrichten durch Trini und stillete so seinen G'wunder bestmöglichst. Es hatte sichere Nachricht, theilte es daher seinen Gästen mit, daß a dSteigerig nüt g'rechts cho werd un es syg eine e Narr, wenn er deretwege ume e Tritt v'rsetz;zibest g'sech me niene meh, es wüß ke Mönsch wos hi cho syg; u was syg, syg es G'hudel, daß es e Schang syg. Deppere sorg g'ha heyg Niemere zur Sach, es heyg so müße gah, wies gange syg. Aber mi wüß wohl woher das chöm, ung'recht Gut thue nie gut. Es heiß, Eisi's Großätti syg rych worde, es heyg ke Mönsch g'wüßt wie, aber es syg geng d'Red gange,just z'selbist syg e ryche Krämer, dä uf Zurzi welle heyg, v'rlore gange, u kei Mönsch heyg chöne erfahre,wo ner hi cho syg. Es werd wohl öppis a d'r Sach sy, mi wüß ja wie es Eisi's Schwester gange syg.
So konnte Eisi der Steigerung nicht ausweichen,und hatte doch nicht alle Hoffnung
verloren, der Rechtsfreund wußte immer neuen Trost, und wenn Eisi in vollem Zorn auf ihn
einfuhr, so hatte er immer die Antwort: „E aber Fraueli, thue nit so, grad das isch gut,
grad so ha nihs welle, jetzt wird's öppe nimme fehle“, und wußte es mit den dümmsten
Gründen zu bereden, daß es ganz busch auf wurde; was man halt
„Du wirst öppe nit welle d'rby sy, hatte Jemand Eist gefragt, als der Tag der Steigerung nahte, du wirst mit de Kinge öppe'e weni nebe us welle, bis Sach für isch.“ „Warum sollte ich neben aus? fuhr Eist auf, gell, daß man dest besser b'schyße un stehle chönnt, wenn ne Niemere uf d'Finger lüegti. O jere nei, ih blybe d'rby bis z'lest, ih wüßt gar nit warum ih nit sött, bi nih doch nit z'Schuld, vormah mih desse nüt, u wär ih nit g'si, su gings no viel wüster. Nei,ih, wott de Lüte unger d'Auge stah, selb wott ih, si müße nit meine, ih heyg mih z'schäne u dörf mih nit zeige. Ih wott luege wer Freud dra het, vo uüͤser Sach z'kaufe un si möcht wärme a üsem Für. D'Lüt chenne möcht ih, vo wege es chunt de öppe e Zyt, wos m'r chumlig cho chönt, wenn ih wüßt, wo nih zSach zsuche ha u wem ihs ytrybe cha.“
„He, ja ja, sagte die Frau, du chast's so mache,
„Warum nit gar Krüzerwitthi, sagte Eisi, ebe so mähr Hühnermeitu. Nei, da ha nih nüt
g'luegt, un ih hätt nit g'wüßt, warum ih luege sött. Wunger nähins mih notti doch, wes mih
hie ustrybe wett; es ist de notti mys Geld g'st, mit dem z'Sach kauft un zahlt worde isch.
Da blybe nih, u we me vier Roß äsetzti, mih brächt mih nit weg. Will doch de luege,ob no
G'rechtigkeit uf d'r Welt isch.“ „Mit dere ischs afe bös, antwortete die Frau, si säge, es
syge Schmutzflecke druf cho u du heyg es d'Müs g'schmöckt u syge d'r hinger cho u heyge se
z'völmig g'fresse. Weiß nit obs isch, un a alle Orte möcht ihs nit säge.“ „Es wird viel
dra mache, sagte Eisi. Aber sygs wies well,glaubst, du zwängist öppis, su machs, ih möcht
d'r's gönne. Un ih glaub, du chönist no öppis zwänge, es cha neue schier e niedere mache
was er will, u wenn eine recht ufbigehrt, su isch me froh, neh lah z'laufe,u git ihm no e
Pfoste, b'sungerbar, wenn er öppe e Schnäuzler isch oder doch emel e Paß. Aber wenn ih di
wär, a d'r Steigerig wär ih doch nit da, es isch sust neue nit d'r Vruch u'was d'Lüt säge,
het me si doch geng e weneli z'achte.“ „Was frage ih de Lüte nah,rede die doch was si wey,
u wes ne nit recht isch was ih mache, su stecke si doch e Steckli d'rzu u hocke druf.“„Su
adie, sagte die Frau, ih muß gah, ih has Brod im Ofe, es wird wohl gut sy, aber m'r leus
gern lang drinn, es grauet de minger, u de Müse ischs d z'wider dra hi, wes ordli herts
isch. Aber denk, was m'r g'scheh isch, wo nih am vordere Tag es Brod näh wott, su rührt es
si drin, grad wie wes lebigs wärs, ih ha bim Schieß e Gux usg'lah, si heys im ganze Hus
ume g'hört u sy cho luege. U wo me du recht luegt, was isch du g'si? Hey m'r nit d'Müs
z'Brod usghölteu drin
Eisi hatte das Ding sich doch leichter vorgestellt als es war, es ging ihm fast wie manchem jungen Helden, dem es ein leicht Werk schien, eine ganze Armee zu überwältigen, so lange als er kein Soldatenbein sah,dem es aber zu duttern anfing, als er die erste Flinte zwitzern sah, der nach was Sicherm sich umsah, sobald der erste Schuß losging.
Es graute Eist doch, als es am Abend vor der Steigerung an die folgenden Tage sinnete, wie das eins nach dem andern verschwinden werde, hier aus, dort aus, daß es nicht einmal wußte, wo aus, und wie die Leute es ansehen würden, einander müpfen, fragen:„ist das se, d'Wirthi, wie mah die d'rby sy, das muß doch e usg'schämti sy“, und wie Diese oder Jene, die es sonst so gut kannten, es morgen vielleicht nicht mehr gen werde: „Go grüß ech u wie geyts“ und wie drüben alles voll sein, Chaise un Schärbänk dort stehen werden und hier nichts, obgleich es auch wirthen woilte und angewendet hatte mit Vorkehren. Aber was das für ein Vorkehren ist, wenn man gewohnt war, alles um sich zu haben, die Hülle und Fülle an Geräthen und, Vorräthen, mit vollen Händen zu spenden, das Geringe nichts achtend, beim Rassein zerspringender
Flaschen und Kacheln nicht einmal umzusehen, Anken ins Feuer zu werfen, wenn man nicht gleich hölzerne Scheiter bei Handen hatte, und jetzt bloß noch hie und da ein Pfänni und ein Kacheli, und etwa noch ein Schüsseli, und etwa noch ein Züberli, und an Vorräthen hier ein Brösmeli und dort ein Restli, armselig alles, als hätte man die Mäusenester geplündert, oder schmäderfräßigen Jungfern die Säcke geleert, und doch vielleicht trotz aller Armseligkeit noch viel zu viel. Denn wer ißt gerne in einem Wirthshause, wenn Geldstagsteigerung darin ist? Ist's nicht, als habe jede Sache eine eigene Kust, laufe einem im Halse auf, daß man es fast nicht hinunterbringen könne, oder würge einen wie halbreife Kannenbirnen. Darum wer es anders machen kann, mag da nichts nehmen, nicht essen, absonderlich allfällige Wirthsleute nicht, welche an die Steigerung kommen. Ist's denen nicht, wenn sie was genießen sollen, als müßten sie vom eigenen Fleische essen und vom eigenen Blute trinken? Oder ist's ein grusen ab der eigenen Kust der Sachen und dabei denken zu müssen, auch ihre Sachen kriegten diese Kust,wenn Geldstag sei in ihrem Hause? Es sei die eigenthümliche Geldstagskust in einem Wirthshause, wie es einen eigenthümlichen Leichengeruch gibt, einen eigenthümlichen Gaststubengeruch, der alle Morgen frisch zu riechen ist, ehe die Stubenmagd die Federn aus den Haaren gemacht, den Zieger aus den Augen und frische Luft eingelassen hat in die durenänderlige Unaussprechlichkeit, in die unaussprechliche Durenänderlichkeit.
Ist's zu machen, so läßt man das Fuhrwerk am nächsten Orte und schmuggelt sich herbei, so
unvermerkt als möglich, absonderlich die Männer. Den Weibern ist dieß freilich oft nicht
recht, sie sagen „emel ih schüche mih nit, hätte si o tha wie mir, su hätte si o chöne bi
ihrer Sach blybe, so gut as mir“; und dabei denken sie wohl, „ja lueget mih ume a, ih ha
am liebe Gott z'danke, daß ih nit e Sellige bi, sonder e ganz e angeri, wo no mängi, wo
meint, was sti isch, chönt Exempel näh vo me ne Byspiel.“15
Wie ein Geldstag angeht und was zuerst aus dem Haufse geht.Am folgenden Morgen war es
schön auf Erden,ach wenn es eben so schön in den Gemüthern gewesen wäre! Klar stieg die
Sonne auf, übersilberte das Eine,übergüldete das Andere, und tausendstimmig zwitscherten
die Vögel des Schöpfers Lied aus grünendem Busch, von schwellendem Baume, die
Märzenglöcklein nickten in leisen Morgenwinde den Takt dazu, und vom dampfenden Miste weg
krähte der Hahn sein
Oede aber, dumpf und traurig sah es um das Wirthshaus auf der Gnepft aus, fast einem
großen Sarge gleich, der zugeschlagen und vernagelt eine Leiche birgt, stand es da. Drüben
in der Speisewirthschaft rührte man sich früher, es rauchte der Kamin, es wurde ums Haus
gewaschen und gekehrt, die sämmtliche Mannschaft schoß zu allen Löchern aus und ein,wie es
in einem Bienenstocke geht, wenn er zu stoßen droht. Still war's noch auf der Straße, bloß
einige Hunde machten ihre Morgenpromenade, Kinder holten Milch, und Mägde liefen mit
Zübern den Brunnen zu,als ob es brenne, stunden dann aber bei den Brunnen,als ob sie aufs
Angefrieren warten wollten, und verwarfen dazu die Arme, als ob sie Gott einstweilen in
Windmühlen verwandelt hätte. Bettler strichen durchs Dorf, Zugvögeln gleich, die durch
Steppen streichen.Ein Mädchen und ein Knabe hoscheten lange am Wirthshaus und schrieen
kehrum: „möcht z'Almuse“,aber kein Leben regte sich drinnen, z'leerem mußten sie wieder
fort. Dann kam ein Mannli daher an langem Stecken, die Pelzkappe wohl über die Ohren,
gehorsamst wadelten ihm die langen und breiten Fecken seiner Speckseitekutte nach. Doch
bewegte sie sich in immer kleinern Schwingungen und stand endlich gehorsamst ganz stille,
als das Mannli sich stellte den Stecken vor sich, beide Hände darauf, und das Wirthshaus
beträchtete. So stund das Mannli alleine lange, knüpfte auch mit keinem Vorübergehenden
eine Unterredung an,rührte sich weiter nicht, als daß es zuweilen eine Prise nahm; aber
wenn ein Kind vorüber ging und ihm die Zeit wünschte, so dankte es. Dann endlich stellte
sich nicht weit von ihm ein anderes Mannli auf, lehnte sich an eine Ladenwand, machte
Tuback ein, versenkte in tiefe Betrachtungen sich, gab keinen Laut von sich.Endlich kam
eine Frau daher getrippelt, die Hände in den Kittelsäcken, die schwieg nicht, gab dem
einen Mann
Sie gingen, fanden wider Vermuthen das Haus offen, aber leer die Gaststube und dort mußten sie lange länge doppeln, ehe endlich Eist erschien, stattlich angezogen, doch nicht im eigentlichen Staat, und rauzig frägte: „Was hättet d'r welle?“ So ging für ihns der Tag an und seine Marter begannen, die es sich nicht vorgestellt hatte. Der Mensch kann wohl sich vorstellen, was sich zutragen, wie es gehen werde, aber was für Eindrücke das machen werde auf sein Gemüth,was er bei diesem, bei jenem empfinden werde, das kann er sich nicht vorstellen, das liegt außer aller Berechnung. Der Mensch kann was vom Wetter wissen,kann sagen auf den Abend wird es donnern, es wird regnen durch die Nacht, aber wann der Zorn donnert in seiner Séele, wann bitteres Leid in seinem Herzen sich ergießt, ob im nächsten Augenblick, oder in der nächsten Stunde, oder gar nicht, daß weiß er nicht.
Da kamen nun Leute, welche gar keine Rücksichten hatten, welche ganz ungenirt frägten,
nach diesem, nach jenem, ohne sich seiner viel zu achten, Gespräche führden wie es eine
strenge Sache sei, so vor e Hag use ywurste und müße g'seh eys Stückt hie us träge, FanJer
dert us, no viel ätger as bire Brunst. Da chön me doch denke, emel meh as z'halbe werd nit
g'stohle
Richtig stunden oft die Leute bei den Kindern still und sagten laut, unverholen zu einander: „Nei aber au, luegit au, was das für King sy, kes g'strählt u kes g'wäsche, u laufe so des ume, no ame“ ne sellige Tag. Nei, jetz nimmts eym nüt meh Wunger, daß es so gange isch; bi ere sellige Ornig, wie wetts chönne gut gah.“
Das nöthige Personal war da aus Eisi's Gemeinde,die Geldstagverordneten, der Weibel, Eisi's Schwager und endlich kam auch der Gerichtschreiber mit Säckli und Parisol, schob das unbekannte Personal ohne viele Rücksichten bei Seite, bot dagegen mit ausgezeichneter
Freundlichkeit und lieblichen Geberden den Mannen die Hand und sagte: er hätte gedacht,
zu früh zu kommen srage nichts ab, man müsse doch mit dem Ausrufen warten bis die Leute da
seien, und vor den, Zehne gehe es selten gut. Es werde ohnehin öppe nicht gar gehen, und
mangelte man doch so viel zu lösen, nur um das Nöthigste zu decken. „Ihr werdet es
wissen,am vordern Tage ist's herausgekommen, wo die Straße durchkömmt, däs hat sich übel
getroffen für uns, indessen es kommt einem andern wohl. Es ist halt so in der Welt, was
einem nützt, schadet dem andern, dary muß me si halt schicke.“ „G'rad so ist's, sagte der
Weibel, wie d'r Herr G'richtschryber seyt, mi muß si dry schicke, u wes eim nit breicht,
su machts no nit spli.“ Nun mußte er Bescheid geben über die erkannte Richtung und Mündung
der neuen Straße; den einen gefiel's, andere fanden es eine Hornvicherei, einige wollten
protestiren, andere, wie der Herr Gerichtschreiber gesagt, sich darein schicken,
wahrscheinlich Alles je nachdem es die Leute breichte, z'gutem oder z'bösem.Ob dem Reden
hin und her über hochgeachtete Weisheit, welche der Gerichtschteiber mit großem Behagen
anhörte, da er nicht unter der erkennenden Behörde stand, und es üblich ist unter uns, daß
jede Behörde eine Galgenfreude hat, wenn einer anderen Behörde was Menschliches entfährt,
verstrich Zeit und sie merkten es nicht, bis endlich Eist kam und ohne den
Gerichtschreiber zu grüßen sagie: Es duechs, es wäre bal Zeit anzufangen, die Leüte wären
da und pressirten. Der Gerichischreiber fuhr z'weg, als ob ihn Jemand gespickt oder ein
Cousin ihn gestochen hätte. „Frau Wirthin, sagte er, das ist ünsere Sache, wir fängen an,
wenn wir es gut finden, und anständiger wär's, ihr wäret gar nicht da, am allerwenigsten
steht euch das Befehlen an. Hie ist's jetz usbifohle, da prediget morn oder übermorn scho
e nandere.“ Das werdsi de erzeige, meinte Eisi, und, es duechs, ob es da sei oder nit,
gang de Niemere nüt a, un wenn es d'Meinig gäh weil,su heygs 'Recht. Mi heyg ihn
Man ging also an die Arbeit und nachdem die üblichen Formalitäten beseitigt waren, sagte der Gerichtschreiber, so wolle man jetzt anfangen, und natürlich bei der Liegetschaft, vo wege, wenn eine wüß, daß er der Höchstbietet sei, so werd's ihm de chumlig cho, no anger Sache meh d'rzu z'steigere, gläsigs G'schirr un angers. Es werde Käufer da sein und sie sollten nur brav bieten. Jetzt zeigte sich begreiflich die Wirkung von des Gerichtschreibers Nachricht, die Käufer sahen sich an, meinten, sie hätten Lust gehabt, aber auf ben Bericht hin, wär einer ein Narr, wenn er ein Bot thäte; was man mit einem Wirthshaus anfangen solle wo Niemere d'rzu chöm als im Winter und Schnee d'Haase und im Sommer öppe hie u da en Agertsche?Nün wurde freilich der Lage des Hauses wieder zebest geredet. Es wurde gesagt, immerhin bleibe hier eine Verbindungsstraße, wenn öppe e rechte Wirth darauf komme, so höre dann die Speisewirthschaft auf, weil es nicht mehr zwei hier abtragen möge, also gewinne man eher als man verliere. Es feien reiche Leute centum, darum sei die Schaal gut und Kindbettene gäbs ganz, hageldick, es schätz es hie ume e Bur nit,wenn er nicht es Dotzemal müß Kindbetti ha, er meinte,d'Lüt meinte, er vermöchte es nicht. Ganz besonders wurde auf das Mätteli und das Bächli dabei mit einem verflucht schönen Wasserfall aufmerksam gemacht,wo man errichten könne, was man nur wolle: Knochenstampfe, Oele, Reibe, Säge, Mühle, Galandern, Wollen oder eine andere Spinnerei, eine Brönnerei, eine
Glasfabrike, wenn z'Sand nit e wenig zu weit zu führen wäre, vortrefflich wäre es
Gelegenheit für eine Gasbrennerei, wenn einmal den Bauern der Verstand käne,
Gasbeleuchtung einzuführen in ihren Häusern,um Oel zu erspären, und von wegen den
Schmutzflecken, die ihre Bücher kriegen und auch das Papier,wenn sie es zu viel auf den
Tischen herumwetzten. Ja,sagte der Weibel, man hätte bemerkt, daß allemal nach einem
Erdbeben das Wasser mehre, emel ums halbe.Wenns nun einmal recht stark erdbebnete, oder es
paar Mal brav hintereinander, so gäb das e Bach, kene so im ganzen Kanton, de chön me
alles same errichte,weme z'Geld heyg, Wasser syg emel de g'nue, sogar e Roth oder e angeri
Färb, e Fabrike vo kernigem Ammermehl und e Kaffemühle für Erdnebe d'rnebe, oder kehrum
bald das bal dieß, geng was am meiste ytrag.Das syg d'Hauptsach i d'r Welt, z'Geld, un was
eim y'Sach abtrag, u we me d'rzu de no chön geistlig sy,warum nit, su syg z'Sach dest
besser, d'Lüt passe eim de öppe dest minger uf, si dayche es mangle si nüt, u glaubes eim,
we me si selber recht tapfer rühmt. Luegit, sagte der Weibel, e selligi G'legeheit chunt
nit uüme, wenn eine das Wese da chauft, es git my Thüri öppis us ihm, es git e Zyt, all
Zytige hey vo nihm,b'sungerbar wenn er es paar Chrüzer nit schücht, sürs selber lah dry
z'thue. Drum bietit, seh wer het z'erst Bot, er überchunt e Maas u de gnute, ih ha ne
v'rsucht, ih chas eim säge, wie er isch, u was z'fürnehmst ah nihm isch, am Wy nämlig, er
isch geistig un rühmts nit selber, er het viel Lyb ün isch nit hochmüthig, er isch vo ebe
rechtem Alter u wird doch wie länger je älter um so hübscher u milder u nit räßer u das
war allweg d'Hauptsach, b'sungerbar bi de Wybere, nit wahr ihr Mannleni? Doch der Weibel
mochte reden,wie er wollte, und er konnte es sonst, und war berühmt dafür, so wollte doch
alles nicht anschlagen.Die Leute waren aus dem Concept gebracht und weil auf einmal zur
Hauptsache wurde, was als Nebensache kaum geachtet worden war, so wollten sie die Sache
„Seh was wey m'r, Herr G'richtschreiber, ih möcht ech ersucht ha, das lah usͤz'rüfe, ih
möchte de furt, ih ha wyt; thut m'r z'G'falle u rüfit m'r g'schwing das,es wär grad da.“
So rief man rund üm und' hinter dem Gerichtschreiber stund noch einer, der rief nicht
laut,der flüsterte ihm was ins Ohr. Der Geiichtschreiber war jetzt zum gnädigen Herrn
gemacht, dessen Gunst und Gnade Jedermann suchte. Es ward ein förmlich Spiel und wer das
Spiel verstund, trug Beute heim.In diesem Spiel waren es hauptsächlich zwei Künste,auf
deren zweckmäßige Anwendung das Meiste ankam.Der erste Kniff war der, daß man von vornen
herein erklärte, das will ich, dann sich dazu stellte, sagte, das laßt mir, daß mir
Niemand darauf biete, sonst luegit,treibe ich euch auch das, was ihr wollt, herauf vom
Teufel. Aber öppe sövli uv'rschant wird Niemere sy u m'r das welle uchetrybe oder gar vor
em Mul e weg näh. Solches Seinigen der Sache, noch ehe man sie ersteigert hat, beseitiget
leicht andere Käufer, schlägt die Lust nieder, besonders wenn Jemand es treibt, den die
Leute scheuen müssen, den sie nicht gerne böse machen.Einem ganz, gemeinen Grämpler,
besonders wenn er dazu noch ein Fremder ist, würde diese Kunst wenig helfen. Die andere
Kunst wird verdeckt getrieben und zu ihrer Ausübung ist eben Gunst und Gnade der
Steigerungs-Regenten von Nöthen. Wenn einer, der zu vergeldstagende Habe zu seinigen, die
besten Stücke um ein Trinkgeld sich anzueignen gewohnt ist, und er kömmt mit der ersten
Kunst, mit dem einfachen Handdarüberschlagen nicht fort, sondern sieht Leute, die sich
nicht abschrecken lassen wollen, sondern entschlossen sind ihm die Sachen bis auf das
Aeußerste streilig zu machen, so wird eben die zweite Kunst geübt. Man nähert sich nämlich
einem Steigerungs-Regenten und flüstert ihm zu: „Das laß m'r jetzt bei Leib und Sterben
nicht ausrufen, ich will dir dann ein Zeichen geben, wenn's gut ist und d'Stube si
g'süferet hei.“ Ist
Seh, sagte der Gerichtschreiber, ohne auf alles was man därstreckte und ausgerufen haben
wollte, zu achten, da ist der Stutzer geschrieben sammt Waidiasche,Pulverhorn und was
d'rzu gehört. Nein, nicht dort der kleinere ist es, dort der Größere, wo so schön
eingelegt ist, ein Staatsstück und nur 60 Fr. geschätzt,wer gibt mehr als 60 Fr. So mußte
der Stutzer voran, mußte diesen Reigen eröffnen, und war doch zu einem andern Reigen
bestimmt. Der Stutzer, der schweizerische Enkel der Armbrust, mit welcher Tell den
Tyrannen erschossen, der Stutzer, das Sinnbild des Schweizer Entschlusses, das Sinnbild
des Looses eines Tyrannen in der Schweiz. Der Stutzer, des schweiez Hauses Zierde, die
Wehre die voranblitzt, wenn er Feind einbricht, mit welcher der Schweizer Weib und Kinder
schützt, seine Hütte zur Festung macht, diese Wehre eröffnete in des Weibels Hand den
Reigen der Zerstreuung aller Habseligkeiten eines schweizerischen Hauses, er öffnete die
Thüre zum Austiragen, zur friedlichen, gesetzlichen Plünderung, er war der Erste,der Weib
und Kinder verließ, er ging zuerst zur Thüre
Aber eben darin besteht die schweizerische Ehrenbaftigkeit nicht, daß man an allen
Lumpeten ist und wo möglich der Erste und der Letzte, daß man des Hausvaters Pflichten den
Festen nachsetzt, daß man den Farbenstrich sich über die Nase streichen läßt, der an
solchen Festen eben Mode ist, und so recht wüst thun kann,sondern darin, daß man treu ist
im Kleinen wie im Großen, daß man nicht bloß im Schießstande und hinter der Flasche ein
Mann ist, sondern hinter jeglicher Arbeit und in jeder Noth, treffe sie Waisen und
Wittwen, treffe sie den Bruder oder den Nachbar, das eigene Haus oder das Vaterland.
Solche sind die Ehrenmänner, auf die man bauen kann, das Vaterland und das eigene
Vertrauen, denen man im Sterben die Seinen empfiehlt, die man im Gebete Gott empfiehlt,daß
er sie erhalten möge zu Nutz und Frommen Allen und Jedem. Schweizerische Feste sind so
schön, schweizerische Ehrengaben, seien sie gewonnen auf kleinen oder großen Schieß oder
andern Stätten, sind die Trophäen dieser Zeit, jedes Hauses Zierde, Orden und Kronen des
Republikaners; aber ob sie zum Fluch oder zum Segen des Mannes werden, der sie empfängt,
zum Fluch oder Segen des Hauses, in welches er sie trägt,hängt nicht ab von den
glattgetretenen Sprüchen, von dem Gebrüll, unter dem er sie empfängt, von der Zahl der
Flaschen, die dabei getrunken werden, oder ob es Champagner, oder 31er Lacote, oder 54er
Markgräfler gewesen, sondern eben vom Sinn, der sie empfängt,vom Geiste, der sie
verwaltet. Dieser Sinn, der das Haus den Kindern wahret, das Vaterland dem kommenden
Geschlechte, die Seele Gott. Dieser ächt konservative Sinn ist es, der die Hände treu
macht, sie weiht, daß alles, was sie empfangen, zum Segen wird,der ist's, der an Festen,
wenn sie ächtschweizerisch sein sollen, geweckt und genährt werden muß, der der Geist sein
muß, der die Feste heiligt. Dieser Sinn ist es,der gepflegt und gehegt werden soll im
gesammten Vaterlande und allen dessen Einrichtungen, er ist's, der den Frieden bringt in
Haus und Land, es ist der ächt
Aber leider nicht mit diesem Sinne hatte Steffen die Ehrengabe empfangen, ob sie ihm auch
nicht mit dem rechten Sinn gegeben worden, wissen wir nicht.Aber was da für ein herrlicher
Tag war, als er sie empfing, Eisi konnte es wissen, denn es war auch dabei, und daß es dem
Jubiliren und Traktiren ein Ende gemacht hätte, können wir nicht sagen, wenn wir der
Wahrheit treu bleiben wollen. Es hatte am Schuß und Preis vielleicht eine noch größere
Freude als Steffen selbst. Es war zu einer Zeit geschehen, wo es sich groß meinte, mit
Steffen sich zü zeigen, als Wirthin auf der Gnepfi, wo es sich also noch ganz besonder
meinte, als Steffen den Stutzer gewonnen hatte, als er gefeiert, ein Lebehoch nach dem
andern ihm gebracht wurde. Nie in seinem Leben hatte es so flink die Wirthin gemacht,
eingeschenkt, Wein kommen heißen, Gesundheit gemacht ünd lustig gethan, daß es Manchem
vorkam, nicht bloß Steffens Stutzer hätte einen Stecher,
Thau, ohne Regen in tödtender Tröckne. Das Haus wird angefüllt mit Dingen, welche der Mann herbeischleppt, mit Dingen, welche die Frau erzwingt, jedes fröhnend dem inwohnenden Triebe, keins beachtend das Anbere, oder abwägend, ob das, was es will und bringt, der gemeinsamen Wohlfahrt dient. Jedes stellt das Seine auf, wie es kann und mag, und jedes, wenn es das des Andern sehen muß, ergrimmt im Herzen wider das Andere und flucht dem armen Geräthe, das sich dessen nichts vermag, daß nicht der Geist der Liebe es herbeigetragen. Im armen Geräthe scheint ein eigeV gen ins Herz fährt und daselbst immer brennend erhält,nKicht das ewige Licht der Liebe, sondern das andere Feuer, das auch ewig brennen soll, das wenigstens in den unglückseligen Herzen brennt, so lange bis sie ausebrannt sind hier auf Erden. Der arme Mensch, wie dr er sich erhebt, hängt doch so sehr vom Aeußerlichen und dessen Eindrücken ab, darum sollte er mit sinnigem Ernste und mit wahrhaft reformirtem Sinne dafür sorgen, daß was ihn umgibt, für ihn erhebend sei, daß mit jedem Geräthe, mit dem er sein Haus ziert, ein guter Geist einziehe, der jedesmal, wenn er es sieht,hn erhebt, ihn neu durchdringt mit heiligendem Gedenken einer schönen Stunde, mit dem Geiste, den er ins Haus gebracht. Das wäre die wahre ächte Weihe,Reliquien, heiliger Amülette, und was der Schweizer an vaterlandischen Festen gewonnen, das würde ihm zum geweihten Palmbüschel, dessen Anblick ihm das Zeugniß geben würde, sein Haus sei ein Geweihtes und sicher vor jedem bösen Geiste, so lange die Weihe des Herrn es überschatte. Aber dafür müßte man eben wvissen, was ächt schweizerischer reformirter Sinn sei,müͤßte begreifen, daß der Sinn ganz was anderes sei,als zusammengestoppelte Phrasen, und dieses begreifen noch ganz andere Maiestäten nicht alo unser Eisi, das dem Stutzer fluchte und doch denselben Sinn barg in feiner Brust, der scheinbar den Stutzer zu des Hauses
Fluch gemacht, und mit demselben Sinne andere Dinge ins Haus schleppte, auf denen dann des Mannes Fluch lag.
Wie eine Wirthin eine Uhr haßt, welche sie im Kopf gehabt, die aber nicht nach ihrem Kopf
gegangen.Doch während wir da schwatzen und gottselige Betrachtungen anstellen, eilt die
Zeit von dannen, rollt die Steigerung sich ab. Wie Ameisen an einem Stück Holz, welches
sie zernagen wollen, tummeln die Leute sich durchs Haus, und bald hier einer, bald dort
einer,schleppt was zum Steigerungstische, das er ausgerufen haben möchte. Bald wird es
ausgerufen, ein Spinnrad, ein Erdäpfeldrücker, eine Waschbahre, dann kömmt plötzlich der
Laun, man wolle unten die Fässer ausrufen oder hinterm Hause die Wagen. Die Menge rollt
über einander, strömt zu den Thüren aus, fährt um die zu versteigernden Gegenstände herum.
Unterdessen kömmt der, welcher den Stutzer gesteigert und in Sicherheit gebracht, daher
geschlichen mit einer schönen Pendule und meint: rufit m'r g'schwing no das, es geyt grad
i eym zu jetz. Eisi sah es und meinte: gut wenn die einmal fort ist, es glaubts kein
Mensch, wie froh ich bin. Wege dere habe ich einen Verdruß ausgestanden,ich könnte es
Niemand sagen, es hat sich alles umgedreht in mir, so oft ich sie schlagen hörte. Dem
Ketzer habe ich es aber g'reiset, ih ha ne nüt meh ufzoge, er het du vo nihm selber g'hört
schlah.“ „Was hat er dir denn z'leid gethan“, frug der Weibel. Eisi begann zu erzählen;
„rüf doch, ruf“ sagte der welcher die Uhr gebracht. „Wer git mehr as 40 Fr. rief der
Weibel,40 Fr. zum ersten Mal.“ „40 Fr. un e Batze“, sagte der Andere. „40 Fr. un e Batze
zum ersten Mal“, rief der Weibel. „Nit, nit, rief Eisi, nit, es isch ja Niemere da, u 7,
Dublone het dä Hung kost. Wärtet doch,mih muß z'erst d'Lüt zuche muftern, das isch nüt
das,
Wie Eisi dagegen G'schirr im Kopfe hat und warum.Nit, nit, rief Eisi plötzlich, als sein Blick auf den Steigerungstisch siel, auf demselben sein schönstes Kaffegeschirr sah, auf einem großen Cabaret und der Weibel eben sagte: wer gibt mehr als 13 Fr., zum zweute u zum ., „Nit, sagte Eisi, das lah nih nit, das wott ih, 59/, Krone sy bote.“ „Aber was wotsch d'rmit,sagte ein Mann Eisi, spar dys Geldli für Bessers.“„Lah du mih mache u lue du für di“, antwortete Eisi.„Aber warum willst du das g'hebt ha“, fragte ihns eine Frau. „Sechs Krone, rief Eisi, will d'rs de säge,allweg cha nih dere Züg nit alles lah fahre, b'sungerbar was brüchigs ist. We mes scho hingerdry g'seßlig umha chönt, wie si säge, su möchts d'r Tüfel alles säme trybe u was v'rheyt isch, isch v'rheyt.“ Es ist sonst Sitte, daß, sobald man weiß, daß die Sache für die Familie ersteigert wird, was gewöhnlich irgend wie verlautet, das Bieten mit großer Bescheidenheit getrieben wird. Und sowie einer fortfahren will, müpfen ihn die andern und sagen: e was witt, es isch für Seye.Eist hatte der Sache noch viel besser den Täsch geben wollen, wollte selbst bieten, es wollte sehen, wer zHergets syg, von seinen Sachen zu kaufen, b'sungerbar,wenn es selbst darauf biete. Nun waren wohl Leute,die sich vor ihm scheuten und balgeten, wie eine doch so ung'schämt sein könne und beiwohnen und sogar bieten. Wes no pläriti d'rby, daß me chönt d'Häng unger ihm wäsche, su wette si noh nüt säge, aber ke Thran heygs noh v'rgosse, ke Thran.
Aber nicht allen imponirte Eist. Es waren glänzende Weiber da, seiden und galanderirt,
was schöns,gäb wie leicht sie sich drehten und kehrten, so rauschte es, fast wie das
murmelnde Bächlein, das durch duftende Wiesen sich schlängelt, fast wie der Zephyr, wenn
er durch den grünen Wald fährt, auch hatten sie Ringe an den Fingern, Ketten um den Hals,
kurz waren ein
In Zorn und Triumpf, fast wie Juno in Jupiters Donnerwagen, fuhr Eisi ab mit dem Cabaret,
sagte für sich: su hann di doch, u wenn ih d'r Kittel hät müße o'rkaufe un z'Gloschli
d'rzu, sagte es zu dem Weibe,das ihm folgte und noch etwas nachtrug. „Aber warum hangist e
söpli daran, sagte das Weib, öppe selligs hättisch geng übercho, wenn d's wieder brucht
hättisch,das wird notti nit zenzige i d'r Welt sy un öppe nit viel thürer.“ „Selb nit,
sagte Eisi, was das kost het,weist nit. Ussyg das wie's well, su ha nih das nit welle lah,
das wott ih pha.“ „Was ist de d'rmit“,fragte die Frau. Da erzählte Eisi, als es zum
Zweitenmale guter Hoffnung gewesen, hätte es Gotte sein müssen, in einem Wirthshaus bei
entfernten Verwandten. Da sei schön aufgewartet worden und b'sunderbar schöns Geschirr
hätten die gehabt, daß es es fast hätte versprengen wollen vor Zorn, denn der Gattig
hätten sie keins gehabt, es hätte nicht einmal gewußt, daß
Wie Vabi, die Speisewirthin, ein Schesli im Kopf hat, und wie der Schwarze Babi darum
bringt.So packte Eist aus, während ein Kind ihm Wache stehen mußte und berichten sollte,
ob was besonderes gehe. Jetzt kam es gelaufen und berichtete, sie hätten noch so allerlei
Grümpel verkauft, Waschstecken, Bierkrüge und Grasbäre, jetzt redeten sie davon, sie
wollten essen, es sei schon lang über die Zeit, u thuye d'r Glyche si wüße nit wo. Si rede
d'rvo, si welle übere. Da fuhr Eist auf und machte den Mannen den Marsch,daß sie wüßten,
wo sie essen sollten, so daß selbst der Gerichtschreiber nicht aufreden durfte, so gerne
er auch in die Speisewirthschaft gezogen wäre. Dort ging es allerdings lebendiger zu,
dorthin waren die glänzenden Weiber gezogen und mit ihnen viele Männer, die aber nicht so
glänzten wie die Weiber. Auf dem Lande ist
Das sind die Weiber, die starch den Männern nachstreben und starch an der Emanzipation
der Weiber machen. Ach und ach so ein Schasli war der guten Speisewirthin schon lange im
Kopf gesteckt, ihr förmlich hineingewachsen. Wie oft hatte sie im Kothe pfoseln müssen von
einem Markte heim, und wenn sie eine halbe Stunde hinter sich ein Fuhrwerk rasseln
hörte,war sie stille gestanden und ach was für zärtliche Liebesblicke hatte sie ihm
zugeworfen, sobald es in ihren Gesichtskreis kam; ach und wie oft hatte ihr das gar nichts
geholfen. Das Pferd hatte sie noch übersprißt,in den Hag, in ein Grabli gedrückt, daß sie
einen Gir und einen Uflath nach dem andern ausgelassen, aber es hatte nichts geholfen, die
Leute darauf hatten gelacht und sie in Kyb und Koth pfoseln müssen bis heim.Wenn sie im
einen oder im anderen erstickt wäre, ke Hung hätt se ufg'lese, hatte sie oft geklagt.
Manchmal hatte man sie wirklich aufgeladen, wenn man das Wägeli nicht bereits schon voll
alter oder junger Schweine gehabt hatte. Sie hatte glückliche Stunden so verlebt.Aber ach
wenn der Bysluft so recht zog, oder es hurnigelte, daß man glaubte, das Katzenhageln wolle
angehen und sie eine schöne Kappe aufhatte, eine neue Scheube an und dazu nur ein
schlechter Parisol, ach,dann kehrte sich in ihrem zarten Herzen alles um, daß sie so z'weg
sei, und nicht in irgend einem Schäsli,wo e Theil noch Schüchleder hätten, die man
vormachen könnte. Wenn daunn gar noch Eisi vorbeirasselte im Schäsli, mit dem gleytigen
Byggerli, dann drehte sich
Bei solchen Seelenschmerzen war's begreiflich, daß sie nichts sehnlicher als ein styfs Schäsli wünschte, so mit Schüchledere, wo man sich gut einmachen könne,öppe von den köstlichsten brauche es nicht zu sein, daß sie ihrem Mann beständig mit diesem Wunsche vor den Ohren lag, fast wie ein guter Haushund vor der Hausthüre, oder eine Katze vor dem Mäuseloch. Der Mann war aber auch ein harter Klotz, wie viele Männer sind:„Was sinnist Babi, war seine fast unveränderte Antwort: was sinnist Babi, d'r letzt Zeys nit gäh, d'r vorrig ebe halb, u dä o bal ume, u de no anger Lüt,die Geld wey. Nei, Babi, wed nit laufe mast, su blyb daheim. Nun hatte Babi seine Hoffnung auf Eisi's Schäsli gestellt, und hoch auf war ihm das Herz gegumpet, wenn Babi dachte, wie's dann auch bei Eisi vorbei zschädern wolle, daß es fry Feuer gebe und es müsse nichts zu machen sein, so müsse es über und über überdrecket werden, allemal wenn es bei ihm vorbeifahre. Und wes es v'rsprengti vor Täubi, su sygs ihm glych, und es wett säge: recht g'schehts d'r, du Narr, das ist füre Hochmuth gut. Wie gesagt, einige Fünfudryßiger hätte es z'weg und ihre Wyherre, das feien alles seine gute Freunde, tröstete es sich, die begehrten sie nicht zu plagen, warteten, bis es sich ihnen wohl schicke, und gings bis am letzten Fastnachtmärit.Das syge brav Herre, es wüß's.
So weit hatte Babi also nache g'werchet, jetzt war das Schäsli zu haben, und gewiß um
Nichts, denn wer wett ihm i Wegscho, wenn me merk, daß es es möcht, dachte es, ke Mönsch
thuy es Bott druf. Und jetzt wars noch nicht fertig und die Blaättere saßen da,wie
Trüecher, hatten keinen Verstand und thaten gar
286 nicht, als ob die Steigerung sie was anginge. Babi wußte wirklich nicht, sollte es die Wände auffahren oder aus der Haut, und als es sie fragte, ob es se nit duech, sie möchte ga biete oder ga luege wie's drum gang, es söll es meineidigs sittigs Ryte drin sy, antworleten sie kaltblütig, si syge nüt g'wungerig und Lust zu dem aite Kratete hätten sie auch keine, aber es soöͤll ne öppe e Fläsche oder zwo vom bessere Rothe bringe u vielicht, daß de no öppe eini oder die anger es Taßli Schwarze nähmt. Es wett, daß d'r Schwarz Seye nähmt, dachte Babi. Die Speisewirthin schoß statt in den Keller über die Gasse, wo sie ihren Mann bei den Steigerungsleuten in Nähe des alten Krattens stehen sah.“ „Los Neuis, sagte sie, und rief ihn neben aus.Die Plodere wey nit üf, si sy abräntet, un ih darf nit vonneh, u daß de m'r jetz das Schesli nit lahyist fahre, g'hörst, chost's was well, su wott ihs jetz, u g'hörst, biet bis es hesch, sust lue de wie's d'r geyt!“Denk, chum z'tödte, sagte Babi's Mann halb laut,während er langsam wieder der Steigerung sich zu drehte. Da stund die Menge um das Schesli derum,g'schauete die Räder, visitirte das Räderwerk, probirte die Federn und bald war das eine nicht gut, das andere ausgelaufen, das dritte mangelte reparirens, und alle kamen darin überein, öppe viel werth sei es nicht.Wenn man leicht was dafür geben müßte, so kaufte man ringer ein Neues, dann wüßte man, was man hätte, und hätte etwas nach der Mode. Das sei altväterisch, und leicht ein hoffährtig Meitschi oder eine eigeligi Frau fuhr eym nit emal drin. Hatte doch Eist gemeint, was es hatte, als Steffen sich endlich zu dem Schesli bewegen ließ. Steffen hatte nicht daran gedacht, hatte eine währschafte Haut, die was ertragen mochte, hielt nicht viel auf dem Aeußern, fürs Inwendige sorgte er dest fleißiger, wenn man inne nache gut g'füttert sei, sagte er, so thuy eym ke Bysluf nüt, und wenn sein Byggerli mit ihm davon tschäderte, so saß er auf seinem ischäderenden Bernerwägeli, in Schneesturm und Regengüssen, stolz und wohlgemuth wie ein
J
König. Aber hundertmal hatte Eisi gesagt, uf daä Hung gangs ihm nimme. Und doch war es
ihm immer wieder gegangen, von wegen das Hozle auf dem Rumpelkasten war ihm doch noch
aständiger as das Daheimhocke. Da war einmal im Winter eine große vornehme Partie, wo sie
auch eingeladen waren und auf die es sich viele Wochen freute. Es war schöne
Schlittbahn,Steffen hatte ein verflümeret styfs Schlittli z'weg machen lassen, hatte ein
G'schäll gekauft, daß man es nicht schöner hören konnte und ein Fähnchen machen lassen von
roth und weißer Seide, daß man nicht genug luegen konnte, wenn es so recht wadelte im
Winde.Daneben hatte Eist einen Staat z'weg gekorbet, der ihn zu der Hoffnung berechtigte,
z'lezst werd's de heiße:d'Wirthi uf d'r Gnepfi, die het m'r g'falle, das ist doch die
Hoffärtigst g'si u zSach isch er e no b'sungerbar wohl agstange. Wie eitel aber menschlich
Hoffen sei, sollte Eist erfahren. Am Morgen vorher glänzte noch so prächtig die Bahn,
gegen Mittag ward es so milde, daß Eist meinte, grad so sollte es morgen sein,wege d'r
Kälti heygs ihm schier welle gruse, mi überchöm so v'rfrore Nase, un nüt stang eim minger
a, as so ne roth u blaue Knebel im G'sicht. Daß die Wälder schwarz wurden, die Berge
dunkelblau, dessen achtete sich Eisi nicht. Aber in der Nacht, als das Haus in allen Fugen
krachte, erwachte es, müpfte Steffen: los doch wie d'r Bysluft geyt, es wott m'r schier
gruse,sagte es. Aber am Morgen sah man, daß es nicht der Bysluft, sondern der Flühluft
war, er sprizte warmen Regen über den weichen Schnee, wüst gelb war die so schöne weiße
Straße geworden, Wasser sammelte sich in jede Vertiefung, hie und da war sie schon
vollftändig schwarz. Was das für ein Jammer war, für ein hinund herschießen, an allen
Fenstern herum, weil man immer hoffte, an einem andern Fenster sehe das Wetter besser aus.
Aber durch keines kam ein Hoffnungsstrahl,Steffen erklärte, der Schlitten gehe kaum mehr,
und wenn man heute es schon zwängen könnte, so käme man morgen gar nicht heim, man werde
8* Wägeli
Was war das aber für ein Tag, als das Schesli daher kam. Sättler, Wäner und Schmidt
hatten ausdrücklich sich ausbedungen, selbst es zu bringen; sie dürften sich wohl zeigen
damit und dann gebe es immer noch dieses und jenes z'brichte. Als sie angefahren kamen,
stand alles vor die Häuser und sah das Wunderwerk der Welt. Gravitäusch stiegen die drei
Künstler aus, schüttelten die Hosen über die Stiefel nieder, und stellten sich, der Schmid
vornen, der Wagner neben, der Sattler hinten, und demonstrirten der erstaunten Menge das
Wunderwerk. Nachdem sie es von Außen erklärt hatten, mußte Eisi einsteigen, mußte
bewundern wie bequem der Tritt ersinnet sei, dann hufch Eisi nach der Sattler, plötschte
ins Kifsen, und Eifi mußte bewundern, wie wohl man in den Kissen hock u wie's es lings
Alähne syg, u de syg da no es Täschli am Fußsack, das sei b'sungerbar komod für e
Nafelumpe oder sust Neuis. Aber lang war's ihm nicht vergönnt neben Eisi zu hocken, der
Schmid stand ungeduldig am Thürli und sagte, seh, chum doch einist use. Kaum hat er den
Sattler hinausgebracht, so macht er sich selbst hinein, plötscht mit Macht ab und wiegte
dann das Schesli hintere und füre. Eisi sollte merken wie stark die Federn seien und wie
gut sie spielen.Man könnte den Emmengrund auf- und absprengen,sagte er, man merkte
nichtis, es ging so sittig wie uf eme Teller. Aber aus dem dehaglichen Wiegen riß ihn der
Wagner. Es duecht mih, fagte der, Schmid, du layist d't ume z'wohl sy, chum ufe. Langsam
und un
260 gern that's der Schmid. Da stieg der Wagner ein,äber langsam, er mußte Eisi erst zeigen, wie komod man die Hände aufstemmen und sich halten könne beim Einsteigen; dann setzte er sich und sagte mit bedeutendem Gesichie: jetz, Wirthi, streck d'Bei! Hest se g'streckt,abet recht? Gäll, du chunst nit vorne a u mast doch styf z'Bode g'länge, mit de Füße ganz eberecht, gäll so ischs? Jäslüe, das ist ame Schesli d'Haupisach, daß me mit de Füße z'Bode mah u d'Bei strecke cha. Fehlt das, su isch alles nüt, sygs de wie's well. Er hätte vielleicht noch weitere wichtige Hauptsachen entwickelt,wenn nicht Schmid und Sattler hinter ihn gerathen wären. Er mußte Steffen Platz machen, der mußte sich neben Eisi setzen, der Sattler zog das Verdeck über sie auf und demonstrirte, wie man da eingemacht sei gegen alle Gewitter des Himmels und was man alles abelah und was man vormachen könnte. Aber ehe er z'halb fertig war, sprengte der Schmid bereits mit dem Ehepaar davon, die nun praktisch erfahren sollten, wie sittig es gehe. Der Wagner sprang hinten auf, der Sattler, zu spät dazu, lief hinten nach und fluchte bis er keinen Athem mehr hatte, dann wartete er an einem Hag, bis es dem Schmid beliebte umzukehren und praktisch zu zeigen, wie man ränken, umwenden könne und stillstänglige, während der Wagner Erläuterungen beifügte, wie hagels schön die Raäder drunger dur möchten und auch nicht an einem einzigen Orte anstellten,u das syg e Hauptsache, vo wege wenn sie astellte, su chönt me persche nit ränke. Als sie zurückfuhren, lag VVVV tern, ausgenommen auf dem des Sattlers, der Mühe hatte Athem und Aerger ins Gleichgewicht zu bringen,weil er dem Ränken nicht hatte beiwohnen können. Es müsse sagen, sagte Eisi, es hätte es nicht geglaubt, daß ein so großer Unterschied im Fahren auf einem Wägeli und auf einem Schesli sei. Es sei schon in manchem Schesli g'fahre und auch in Scharbänke, aber es müß es sagen, so in einem noch nicht, jetzt wollten sie es aber äuch recht profitire. Jetzt sollten sie das Roß in
Stall thun un yche cho. Das ließen sie sich begreiflich nicht zweimal sagen. Künstler
haben bekanntlich oft Durst, es sind Naturen, die viel Feuchtigkeit mangeln.Kaum hatten
die Herrschaften sich zurückgezogen, so trat die Dienerschaft auf und jedes wollte wissen,
wie es ein Hocken in einem Schesli sei. Das Kindemeitschi schlich dem Stallknecht nach und
setzte sich ab mit einem Gir in's schöne Kissen, die Köchin und der Metzger probirten, ob
man mit den Füßen z'Boden käme und die Beine strecken könne, die Kinder liefen schreiend
herum und schrieen immer lauter, bis auch sie drinnen faßen und alles probirten, was sie
gehört hatten, daß män probiren könne. Später mußte, um ihr Brüllen zu hemmen, der
Stallknecht anspannen und sie führen,und noch später soll Eisi sich hinausgeschlichen und
privatim noch einmal probirt haben, wie gut man drinnen hocke und wie schön man die Beine
strecken könne.Kurz es war ein Wonnetag, und was an Essen und cen versorgt ward, würde die
Nachwelt kaum auben.Manche Woche lang war das Schesli des Hauses Kleinod gewesen, war
allen Leuten gezeigt worden und ihm z'Lieb und z'Ehr war man anfänglich ausgeritten,so oft
als man nur immer was ersinnen konnte, nach dem sollte geritten werden, und wenn schon
früher Eisi hoffärtig gewesen war, so schaffte es doch noch Manches noch hoffärtigere an,
weil es meinte, es stehe dem Schesli wohl an. Später verlor sich der Reiz der Neuheit,
wenn auch der Stolz aufs Schesli blieb. Wenn an einem Dienstag in Bern beim Schlüssel,
oder an einem Samstag beim Kreuz in Solothurn, oder beim Bären in Burgdotf an einem
Donnstag Weiber weberten, sie glaube emel, es well cho regne, sie sötte pressire für hey,
sie heyge ume es offnigs G'ferg, u daä schießigs Lädi (der Mann, versteht sich) well si
gar nüt zuche lah, gäb i welem Egge er si v'rsum, so antworiete Eisi allemal so recht dick
und breit mit Behaglichkeit: emel ihm pressirs nüt, u wes vom Himmel ache miech, daß es
nit schröckliger chönt, so sygs ihm gra
Paar Stiere haben sollte, um es des ume z'schleipfe.Das Leder sei spröde, gehe dahin, und
das Innere hundsschlecht, in den Kissen sei Hundshaar und das Tuch so wüst, daß man es neu
werde machen müssen.Und wenn man dann Alles neu machen lasse, was neu gemacht werden
müsse, so kost's, daß es eine grüsliche Sache sei und z'lezt habe man doch nichts als
einen alten Krämerstand. Zehnmal ringer kaufe man ein neues, da konne man es doch dann
kaufen und neh biHerzen nicht so sein, sie mochten noch ein gut Haar an selbigem finden,
aber sie sagten es nicht, sie verläugneten es alles schnöden Gewinns wegen. Sogar Schmid,
Sattler und Wagner redeten nicht z'best, sie machten es bloß, wie man es zuweilen beim
Weibervolk macht: Herr Jemer, was für e Wüsti un e Alte,u was das für es schöns Meitschi
g'si isch, das glaubti afe ke Mönsch. Sie sagten auch, ke Möͤnsch glaubt,was das für es
schöns Schesli g'si isch, wo's neu's g'si isch, aber si sy mit ihm umgange, si sötte si
schäme.Die Anzüglichkeiten wegen leichtem Eisen, grünem Holz und dem Hundshaar überhörten
sie. Theuer war das Ding nicht geschätzt, kaum einen Drittel vom kostenden Preis, der
freilich weit höher war, als der akkordirte.Von wegen als die drei Mannen das Düpfi mit
der Freude so recht überkochen sahen, hatte der eine das vergessen gehabt anzugeben, dem
zweiten waren Neuigkeiten in Sinn gekommen, von denen er gedacht, sie stünden der Sache
wohl an; dem Dritten hatte das Material unter den Händen aufgeschlagen und doch hatte er
nicht zum wohlfeileren gegriffen, er hatte gedacht, Steffen sei einer der ihn nicht
Schaden halb lasse. Der Schmid hatte angefangen, als der Wagner mit seinen Nachträgen
fertig war, duechte es ihn, der hätte es wohl gut gemacht/ so sei er ganz im Hinterlig,
und meinte: Abrobo bal hättis v'rgesse, un es wär mör viel z'übel gange, vo wege de Federn
die hah nih no einist so schwer, as m'r abg'redt g'ha hey; das ist's ebe, warums jetz so
sittig geyi. Du wirst allweg nüt
Was kosten wir hier, fragte ablenkend die Alte drinnen in der Kindbettistube, welche
genug Schwarzen gehabt. Pressiret nit, sagte die Wirthin, mit dem halben Leib noch im
Gefechte, den andern halben widerwillig dem Geschäfte zuwendend. Wir müssen doch noch
sehen was drüben geht, sagte eine, so ganz v'rgeben da zu sein, wär doch nichts. Wenn's
erlaubt wär, so käm's mit, sagte Babi, die Speisewirthin, es nähms auch Wunder. Und wenn
man was wolle, so müsse man selbsten gehen und nicht d'Manne schicken.Gäb man schicke so
einen Möff oder nicht, es komme
Wie eine Wirthin der andern einen Spiegel überliefert.Wer kann sich wohl das Gefühl eines
Feldherin denken, der viele, viele Tage vor einer feindlichen Festung gelegen ist,
unendlichen Zorn verwerchet hat, jetzt ist sie ihm endlich aufgegangen, ungehindert reitet
er ein zum offenen Thore, kann schalten und walten drinnen wie er will; wie ist's ihm
wohl, so weit und stolz zu Muth und doch guckt er noch in jede Ecke, ob keiner drinnen
laure mit der Büchse. Oder wie war es gar den Griechen, als sie endlich in Troja waren,das
sie 10 Jahre lang so scharf und doch umsonst belagert hatten. Wenn man sich das recht
deutlich machen kann, so kann man sich ungefähr einen Begriff machen, wie es in Babi's
Seele aussah, wie es die Beine hob und wie kühn es drein sah. Nicht 10 Jahre,aber doch
manches Jahr, war ihm das Wirthshaus drüben vor der Nase gestanden, täglich hatte es
dasselbe mit Blicken, wie mit Bomben, beschossen, aber nichts abgebracht daran, und gäb
wie es schoß, hinein kam es nicht und doch nahm es es so verflümert Wunder,wie es drinnen
sei und was alles sie drinnen hätten,ob wirklich so schöne Sachen wie die Leute
b'richteten.Es hatte manchmal mit einer Magd die Abrede versucht, daß sie es in
Abwesenheit der Meisterleute hineinlassen sollte, aber nie war es zur Ausführung gekommen,
bald war ein Knecht, bald eine Magd im Wege, bald die Kinder, denn das hatte man gewiß,daß
wenn es Eisi wieder vernahm, die Verrätherin nicht bloß einfach ausgejagt wurde, sondern
Haut und Haar riskirte. Und jetzt war das Haus offen und in Mitte einer glänzenden
Leibgarde schrutt Babi, die Speisewirthin, kühn darauf los. Man hätte unterdessen etwas
Es waren einige Jahre her, da stund mal ausgeschrieben die Geldstagsteigerung eines
Wirthes und süß war der Mund der Menge gemacht mit der Ausschreibung der schönsten Sachen.
Ganze Haufen Dinge kamen Eisit, als es die Ausschreibung las, auf einmal in Sinn, welche
es durchaus haben sollte, indem es nicht länger ohne dieselben haushalten könne. Steffen
Es war ein schöner Maitag gewesen, die Vögelein hatten gepfiffen, so klar wie selten, und die Blumen gefunkelt und geduftet, als ob sie siunden im schönen,8 Himmelsgarten. Doch von dem merkte Eisi nichts, bloß dachte es, wenn das Wetter so fortfahre,se gebe es dieses Jahr wieder Bohnen; zumeist litzte es in Gedanken über Steffen oder dachte an sich. Es hatte fich gewaltig zugestutzt, hatte einen schwarzen Grüsel von Lampihut auf dem Kopf, mit Lätschen und Federn, fast ein Fuder hätte es gegeben, ein Fürtuch an, von ganz neuer Sorte mit arigem Namen, den es nie aussprechen konnte, aber verflümeret schön. Es duechte ihns fry, d'Hagspatzen hörten auf durch die Dörne zäberle, stünden still, guckten ihns an, und flögen wieder vorfür, um den Genuß zu erneuern. Auch neben dem war es schön, daß schöner nichts genützt hätte und was die Leute dazu sagen, und was sie für Augen machen werden, wenn sie ihns sehen werden;das gab ihm viel zu denken. So bei rechten Gäugle b'schüßt das Alter nicht viel, es macht sie bloß wüster,nicht witziger.
So kam es aufgezogen nach Nixiswyl, wo die Steigerung war. Da war es auch nicht bloß
z'Bode gange, sondern noch einige Klafter bas abe, und, da gar kein Weibergut da war, die
Frau und ein Trüppeli Kinder, die man alle mit einer Wanne hätte decken können, auf der
Gasse. Eist hatte die Frau wohl ge
Als Eist nun den Spiegel in der Speisewirthin Händen sah, und diese so hißig im Bieten,
allen voran, wie bei der Jagd ein Sperzer den Hülören, da flammte, wie eine Feüergarbe,
die ganze Erinnerung in ihm auf, und vor seinen Augen stand die Rede der Wirthin mit den
dunkeln Augen, wie eine Verwünschung. Am Spiegel hafte eine Verwünschung, das ward ihm
klar und mit dem Spiegel werde diese auf die Speisewirthin übergehen und die werd es über
kurzem oder langem auch erfahren, wie das Versteigern ünd Vergeldstagen gehe, wenn es
selbst längst wieder Wirthin sei. So kams Eisi vor, darum leuchtete sein Antlitz so in
taubsüchtiger Freundlichkeit, und als endlich Babi, der Speisewirthin, der Spiegel
zugeschlagen würde, und zwar theurer als es ihn gekauft, trat Eist unwillkürlich vor den
Spiegel, wollte hineinschauen,wandte aber rasch, als ob seine Augen an etwas abgeprallt,
dieselben ab und sagte: Grad dir wird der geordnet gewesen sein, un besser as dir, gönne
ih ne Niemere.“Aber lue de o dry, we si dir ne v'rsteigere.Was meinst, was g'sehst du de
ächt drinn? Mih nimmts nit Wunger; aber lue de, sinn dra, es Kalb ohni Gring, oder süst
neuis Uflaths. Es isch e appartige, weisch es de. Eisi ging darauf, es fing ihm an das
Herz weh zu thun, gar wunderlich, Im Spiegel hatte es etwas gesehen, aber es wußte nicht
recht was.War es das Fraueli mit den schwarzen Augen, war es Steffen, war es die
Speisewirthin, war es sich selbst, es wußte es nicht, allweg aber war es Etwas,das es
gesehen hatte. Die andern Weiber wichen vom Spiegel weg, kein einziges guckte hinein, was
da zu sehen sei, rein bis auf den Boden war ihnen die Neugierde vergangen. Auch Babi, der
Speisewirthin, war
Wie ein Tag zu Ende und einem Eisi ein Licht aufgehen kann.Da der Tag sich zu Ende
neigte, so wurde von der Effektensteigerung abstrahirt und die Liegenschaft zur Hand
genommen. Die Liebhaber hatten ins Auge genommen, hatten lange den berühmten Wasserfall,
wo man Fabriken und Färbereien anlegen könnte, gesucht,hatten bei einem Bauer sogar eine
Brille geliehen, üm ihn sehen zu können und hatten ihn doch nicht gefunden. Es war wohl
ein Gräbli da und etwas Wasser konnte man darin auch sehen, wenn man lange luegte,aber es
lief ziemlich zahm und hätte fast in einer Brunnröhre Platz gehabt, so daß kaum ein
Spuhlrädli damit zu treiben gewesen wäre, geschweige dann ein Mühlerad. Die Liebhaber
haderten mit dem Steigerungspersonal, daß es sie angeführt mit seinem Wasser und machten
dieses noch viel ünbedeutender als es war.Der Weibel kam aber nicht aus der Fassung,
sondern bemerkte, wie man bei solch trocknem Wetter Beispiele hätte, daß die größten
Flüsse austrockneten und dSchiff auf dem Trocknen fahren müßten, dDonau u d'r Rhin ab;
wenn das den großen Flüssen begegne, warüm sollte es bei einem Bache nicht geschehen. Und
doch sei noch Wasser da, wie sie selbst sagen müßten, da könnten sie denken, wie viel sein
werde, wenns naß würde.Zudem sollten sie nicht vergessen, daß es lange nicht g'erdbebnet,
es werd wohl jetzt bald wiedehund dann
Der Schwager hätte gerne die Sache sich angeeignet, aber um den halben Preis, um Schadens einzukommen, Eisi hätte er wenig nachgefragt. Aber höher zu fahren und etwas aufs Spiel zu setzen, dazu waren feine Umstände nicht und auch sein Kredit nicht, er hatte deren nie viel gehabt und das Schicksal des Bruders hatte ihm noch den Rest genommen. Er konnte also Eisi nicht helfen, nicht einmal trösten that er es,sondern sagte ihm bloß brav wüst. Es und der Gerichtschreiber seien alleine schuld, daß er sein Geld verliere; aber warte die ume, wenn no e Tüfel syg, su werde si neh erfahre.
Eisi's Bruder hatte ebensowenig Lust d'Finger yche z'ha. Er war anwesend, und wenn ihm
was wohlfeil zur Hand kam, so schnappte er darnach, und freute sich dessen; wenn er einen
guten Schick machen konnte,so fragte er allerdings weder Bruder noch Schwester was nach.
Als Eisi mit dem Ansinnen kam, daß er
Eisi schoß wie eine brennende Rakete zwischen den Leuten durch, aber dä hagels Fuchs war
nicht da, war nicht dort. Grad vori het er mit m'r g'redt, sagte Einer und ging in den
Gang, aber ob zStege ab oder uf e Estrig, ha nih mih nit geachtet, aber a eitwedere Ort
isch er g'wüß, g'wüß. Eist schoß nach, hinauf,hinab, hier war er, dort war er, dorthin
ging er, dort war er nicht mehr, gäb wie Eisi des ume schoß, er war nirgends mehr zu
finden. Wes e ewige Jud gäb,sagte Eist, so sygs dä donnstig, däã wells nimme
suche,viellycht heyg dä qe d'r Tüfel g'no u dert wells ihm nit nache, es well angere der
Weg nit verlaufe, es 'sech jetz wohl, es syg ey Schelm wie d'r angere.hel machte es bei
diesem Ausspruch doch noch eine Ausnahme und die war sein Rechtsfreund. Zu dem schickte es
und ließ ihm sagen, er solle doch recht noch kommen, es wolle ihm warten hinterm
Ofenhäusli, es müß mit ihm reden. Es war böse über ihn gewesen,daß er sich heute nicht
gezeigt, aber was will man,wenn Ast um Ast läßt, so greift man doch nach Aesten,
279 so lange man noch solche sieht. Bald kam der Bescheid,er sei nicht daheim, Niemand
wisse wohin und wann er wiederkommen. „Das wird doch öppe nicht sein, sagte Eisi, oder
wenn's ist, so ist das doch der schlechtest Spitzbub von allen. Aufreise u sugge, u wenn
er si zeige sött u fürstah u säge wie z'Sach isch, su isch er nit daheim. Su söll er
v'rreist sy, das wär m'r d'r Tüfel, aber selber luege wird z'best sy.“ Es machte sich auf
nach ihm, es war finster und zur Vorsicht band es noch einen dichten Lumpen um den Kopf
wie man es sonst nie sah. Als es bei der Speisewirthschaft vorbei kam, konnte es der
Versuchung nicht widerstehen,in die hellerleuchteten Fenster zu gücken. Dort waren sonst
dichte rothe Umhänge, welche des Nachts gezogen wurden, entweder damit die Polizei nicht
merke, was drinnen vorgehe, oder damit das Publikum die Polizei nicht merke, welche
drinnen es sich behaglich macht,eins von beiden, aber welches von beiden, wissen wir
nicht, das mögen Polizei und Publikum mit einander ausmachen. Hinter den Fenstern waren
noch viele Leute und mitten unter ihnen der verreiste Rechtsfreund. Man berichtete viel,
lachte stark, offenbar hatte man was Lustiges vor und neben dem Rechtsfreund stand
Babi,die Speisewirthin, und stützte die Hand auf dessen Achsel.Da war es Eisti als breche
in seinem Herzen ein feuerspeiender Berg plötzlich auf, glühende Lava ströme herauf; erst
meinte es ersticken zu müssen, dann schwoll in unnennbarer Gluth der Kopf ihm auf, als ob
er bersten wolle, öffnen einen neuen Schlund, damit die Gluth ins Freie ströne. In den
Tagen seiner Herrlichkeit hätte Eist ohne Besinnen mit einem Faustschlag das Fenster
zertrüummert, oder wäre zur Thüre eingefahren, wie eine Ländersau in einen Bohnenplätz,
hätte den Rechtsfreund beim Kabis gefaßt und Babi, die Speisewirthin, unter den Ofen
geschlagen. Aber es ist kurios, wie das Couragi des Menschen ein Fundament haben muß.
Fehlt das Fundament, so ist kein Couragi da, und wenn man es mit der Laterne suchte. Aber
auch mit dem Fundament ist man wunderlig z'weg,
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Kinderwägeli.Wie Eisi diese Nacht verlebte, wissen wir nicht, aber am folgenden Tage sah man es weniger, und wenn man es sah, so mahnte es einen an eine stumme dunkle Wolke, von der man nicht wußte, habe sie im Sinne zu donnern, zu hageln, zu regnen, zu schneien, oder streiche sie nur so für ihre Kurzweil am Himmel herum.Uebrigens was versteigert wurde, betraf Eisi weniger.Der Bysluft ging heute minder räß, des Gerichtschreibers Füße mochten das draußen sein besser erleiden, die rechten Leute schienen da zu sein, daher gings hauptsächlich an den Keller und was in Tenn, Schopf und ums Haus herum war.
Der Keller in einem Wirthshause ist die geheimnißvolle, wunderbare Zauberhöhle, wo die
Geister hausen,von denen man auch selten weiß, woher sie kommen und wohin sie zuletzt
fahren, ob in Schweine oder sonst wohin. Wer an einem solchen Keller vorbeigeht, wird
selten ermangeln, einen neugierigen Blick ihm zuzuwerfen. Wen äber der Wirth
hinunterkommen heißt in seine geheime Zauberwerchstatt, der steigt mit einem Klupf ihm
nach, hebt hoch die Beine auf, stellt satt sie wieder ab, stellt sich an der Thüre, steht
endlich im Gewölbe still, feierlich istss ihm zu Muth, feierlich spricht er, und wenn er
versuchen muß, was in den Fässern ist, so hebt er anders das Glas, trinkt anders,fhut
alles feierlich. Es ist ihm, wenn er nur ganz wieder draußen wäre, und doch pressirt es
ihm nicht,es ist ihm immer, als sollte er noch auf was besseres warten, als halte ihn
Jemand. Und wenn er endlich muß, die Treppe wieder sieht, da spürt er die wunderliche
Zaubergewalt, die Stufen sind alle um einen guten Fuß höher geworden, und viel, viel haben
seine Beine gekurzet, gäb wie er sie hebt, seine Schritte sind immer zu kurz, an allen
Tritten stößt er sich und stolpert. Und wenn er endlich oben ist, mit dem Kopf
Ein solcher Keller, doch nicht von den größten einer,stand sperangel weit offen, und
ungeheißen konnte hinunter wer dä wollte. Und doch gingen nicht alle hinunter, Weiber
blieben oben stehn. Eine sagte, sie dürfe nicht hinunter, sie förcht dKrote grusam und
dWirthe,säg me, heyge dere geng i de Kellere. „Oeppis dumms e sagte eine andere, warum
wette die Krote im Keller ha?“ „Mih het m'r g'seit, si bruche se für e Wy z'lütere. Wenn
er trüb werd, su thüye site Krot oder zwo is Faß, de werd er wieder schön luter.“ „Schwyg
doch, du Uflath, sagte die andere. Pfi Tüfel, du chöntisch eym d'r Wy für syr Lebtig
erleide, aber selb wird notti nit sy.“ „Wenn ih se ume nit muß g'seh, sagte die Erste, su
macht's m'r nuüt. Abchust gäbs e keni u we me geng wüßt, was me esse muß, su möcht me
zl'letzt gar nüt meh, u müßt Hungers sterbe.“ „Schwyg mör
Wirthli zu verzeihen, aber daß ein alter Wirth nicht weiß, was das für e Chust isch, selb isch e Schang.“v„Weißts de öppe du?“ „Ja selb weiß ih, das isch abg'stangene Näftebacher, wo im Aargau niede gemacht wird, däschunt eym so wunderlig i d'Nase.“
Da das Niemand glauben wollte, so mußte man begreiflich wieder hingerfür mit dem
Versuchen. Was die unter der Kellerthüre für lange, lange Hälse machten, um inne zu
werden, wie abgestandener Näftebacher rieche. Sie vergaßen Füße und Kröten, rückten näher
und näher, bis sie endlich auch zum Glück gelangten,das Glas zu erwischen. „Ja wäger,
sagte die eine, abg'stangne Näftebacher wird das sy u nüt angers.“ „Hest du de scho
Näftebacher g'ha,“ fragte die Zweite. „Nei,sagte die Erstere, aber mengist daycht ha nih,
der abstange Räftebacher muß grad so sy, wie dä isch. V'rwr o.“ Das that die, trank sittig
einen Schluck, „nei,aber au“, sagte sie, trank noch einen, „e b'sungerbari Chust isch
das“, setzte noch einnial an, trank aus, sagte dann: „nei, abg'stangne Näftebacher traue
ih nit, daß es syg. Tüfel, ih weiß was es sh wird, e abg'stangni Krot oder zwo werde im
Fäßli sy, mi wird sev'rgesse ha drin!“ So werweisete man und handlich ging das Bieten
nicht. Am besten war der Wein allerdings nicht,doch so schlecht als man ihn machte, war er
auch nicht,abgestandener Näftenbacher war keiner da und abgestandene Kröten hatten auch in
keinem Fasse sich gefünden.Da es aber im Deutschen umgekehrt ist wie im Weltschen, im
Deutschen män geborne Milchmäuler hat, im Weltschen geborne Weinmäuler, im Weltschen jedes
Kind einen Weinrichter vorstellen kann, rechtskundig in diesem Fach geboren wird, im
Deutschen für rechtskundig genommen wird, wer Wein von Weintrübeln von Bätziwasser
unterscheiden kann (überhaupt nimmt mans mit dem rechtskundig sövli spitz nit), so wirkte
das Ausführen des Weines sehr hemmend auf das Bieten. Wo das Wissen aufhört, fängt das
Glauben an, und sehr denkwürdig ist, daß zumeist die, welche am meisten über den Glauben
schimpfen, durch und durch und in den
So entschuldigte sich ein Wirth oder Weingraämpler nach dem andern, und einer nöthlicher
als der andere.Da ging ein alter Bauer kopfschüttelnd aus dem Keller und brummte: „die
cheu afe rede, as we si neh für nüt wette, weder für neh i nehs B'schüttloch zthue, fürs
lah v'rlechne, u we d'Erndt chunt, su cheu m'r de,was si um 3 Batze oder 2 chaufe, chum
für 5, un 6 Batze gah ume näh. Ih chenne die afe, ih weiß's.U jetz, wo z'Sach ume Pris
z'ha wär, darf Niemere druf biete, mi laht die mache, as ob si alleini zRecht d'rzu hätte
u de werde si dFaß o grad d'rzu welle, u o um nüt, ih chenne die Kunde.“
Eist fuhr zur Stadt, wir wissen wirklich nicht, ob auf Bern oder Solothurn. Begreiflich
war die Wirthin, wo es einstellte, ebenfalls seine Freundin. „Emel es Undeckts chauf nit,
sagte die. G'heyt Neuis oben ache un ufs King, su schlahts d'rs ztodt, gäb es syg im
Wägeli oder nit, hergege isch es deckt, su machts nüt, z'glyche isch's, wenn z'Wägeli
umleert, ist's nit deckt, süung'heyt z'King use u cha de trole, es weiß ke Seel wie wyt,
ebesomähr über es Port us, i ne teufe Grabe ache oder gar is Wasser; hergege wes deckt
isch,su muß es warte, es mah welle oder nit welle. B'sungerbar chumlig aber isch's wegem
Schatte u wege d'r Sunne, we die schynt, su chä me decke u für mache,de cha zKingte halbe
Tag schlafe, d'Fleuge mache nüt,d'r Luft macht nüt, u z'Sunne erst nit, hergege hesch es
undeckts, su leu d'r die Kingemeitschi, du weißt wie die Täsche afe sy, ame Ort zWägeli
stah g d'r Sunne,v'rklappere si u mit eme schöne King sy si furtg'fahre,un e Möhr, e
Uflath bringe si d'r hey, daß des längs Stück nümme aluege mast. Nei es v'rdeckts chauf, e
paar Neuthaler meh chost's, aber es treyts meh as ab.Ih chume mit, ih ha neue ame Ort eys
g'seh, es het m'r b'sungerbar wohlg'falle.“ Die beiden gingen nun mit einander und fanden
das Chaisli. Es gefiel Eisi auch, die andern Wägeli, welche da waren, sah es gar nicht an.
Es frug um den Preis. Der Sattler sagte es sei ihm leid, aber so eben sei eine vornehme
Frau da gewesen, er glaube es sei die Frau Schultheißin gewesen, oder gar d'Frau von einem
Gesandten, die habe es besehen und gesagt, sie werde Nachmittags mit dem Herr wieder
kommen, so durfe er es nicht fort
So hatte mit dem Chaischen Eisi sich gebrüstet.Das waren selige Tage gewesen, als es breit auf der Straße stund und der Magd, die mit dem Chaischen spazieren fuhr, nachsah und denken konnte, jetz werde si bi zDokters vorby fahre, jetz schmöck du Büntel, bis d'Nase voll hesch!
Jeßt stund das Chaischen auch vor dem Hause,aber wie? Es hatte das Sonntagskleid
ausgezogen, es war vernachlässigt, verliederlicht worden, dem Uebrigen gleich, Niemand
hatte es gebüͤrstet, Niemand gesalbet,Niemand geplätzet, und doch gefiel es den Weibern,
vo wege dem Verdeck, b'sungerbar. Was das Komods sei,man glaub's nicht, sagten sie.
Möglich auch, daß sie dachten, wenn sie jetzt ihre Kinder in kleinen Chaischen herumzögen,
so sei das eine gute Vorbedeutung, daß dieselben spaäͤter in großen fahren könnten, es
heiße ja im Sprüchwort, jung gewohnt, alt gethan. Die guten Weiber brauchen die
Sprüchwörter zuweilen wie der Teufel die Bibel, es gibt zwei andere Sprüchwörter auch, an
die dachten wahrscheinlich die guten Weiber nicht: jung ryte, alt z'guß laufe; jung Herre,
alt Bettler! Es stand nicht die glänzendste Weiberschaar dabei, die wo krüschelten mit
Fünfunddreyßigern, glitzerten wie Pfyfolter und rauschten wie ein Wasserfall, wenn sie ein
Glied bewegten. Es waren Bäckerweiber, Lebküchlere,Gürtlere, Schuhmachere, Kappekrämere
und Brodirere,welche ihre Augen darauf gerichtet hatten nund zu bieten begannen. Es drehte
Eisi fast das Herz im Leibe um,daß dere Züg das Chaisli haben sollte, welches es der A da
mach es nieders Tschudi d'Flangge u fähnli des ume wie e Narr, so chöms sy Seel nit gut,
mih chöns.de g'seh. Wenn es no es King hätt, wo's bruche chönt, sy Seel wängti es d'r
letzt Krüzer dra, gäb es es selligs Kingewägeli sellige halbbatzige Wohr i dHäng
Wie Eisi an der Herrenstube hängt und wie Vabi, die Speisewirthin, darüber stolpert und
die Treppe ab fällt.Da es allgemach Abend ward, dem Gerichtschreiber kalt um die Füße und
die Honoratioren pressirten nach Haus, so ließ man sich zu guter Letzt noch ins Haus und
machte sich an Eisi's Herrenstube, wo die schönsten Möbeln waren, das schönste Bett, gar
es b'sungerbar es fürnehms Bett, die Betttücher eine halbe Elle länger als die andern
Betttücher, nur eine halbe Elle zu kurz und längten noch zu beiden Seiten etwas
Welt. Wo nih ihm d'Herrestube zeige, meint dä Möff,es sei en arti Zimmerli, ih söll ihm
jetz die angere o zeige, er möcht uslese. Ja wolle uslese, e Sellige. Es duecht mih, dä
hät nit sölle as Uslese sinne, wenn all Lüt uslese wette, dä hätt ke Frau übercho. U de
wird dä Narr g'meint ha, sellig Herrestube heyg me zDotzete u wär e sellige froh, wenn er
all Monet einist i ere sellige Stube chönt übernacht sy. Ja taube het mi dä Thürligyger
g'macht, aber dem ha nihs du htribe, sell Abe het er alles abräntet müße freße, u nache ha
nih ihm ke Bohne meh abg'no un hät er se v'rgebe gäh,keni hät ih g'no, u wenn er
hundertmal wär cho chäre,e sellige Löhi hät ih nit emal meh ag'luegt. Da sind aber dann
andere gekommen, die haben die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und konnten sich
nicht genug verwundern, ein solches Zimmer anzutreffen.Ihrer Lebtag, haben sie gesagt,
hätten sie nie geglaubt,daß man solche Zimmer auf dem Lande finden würde,vo wege i de
größte Hotälls, i de Städte hätt me se nit. Da koönnte man hundert Stung hie ume und
hundert Stung dert ume, so truf mes niene a. Un ih ha nehs müße glaube, vo wege si sy du
all uf d'r glyche Red cho, ume dä Löhl het si welle groß mache ü d'r Schyn ha, wie er si
g'wahnet syg. So redete Eisi lange von seiner Herrenstube und hatte große Freude nicht nur
daran, sondern auch darin. Dahin zog man sich gar oft zurück, wenn man ein vertraut Wort
mit einem Gummi reden wollte, da war so oft ein heimelig Parteili gemacht worden, von dem
nicht alle Leute wissen sollten, da hatte es so oft gehört, wie keine Wirthin sei, wie es,
das Land auf, das Land ab, und wie es schoöͤne Arme hätte, Auge wie nes Spyri u Zähng, däß
es eym duech, wes müß sy, daß me sött g'freße werde, su sött es die mache, vo wege die
chönte eym nit weh thue, so wyß u glatt u lieblig guggete die füre, grad wie jungi lustigi
Meitscheni us eme, ne Mayegarte. Man denke, wie wohl das Alles Eist machte, wie tausend
Erinnerungen sich knüpften an all diese Dinge, daß auch ihre Herrlichkeit vergangen, der
Sie mühte sich sehr ab um das Beit, nit daß sie nicht viel bessere hätte, aber ihre Herre
heyge wunderlig Gringe u liebtes, so unger emene G'flauder z'ligge,wo me nit wüß, heyg me
neuis uf ihm oder heyg me nüt. Als die Speifewirthin endlich die meisten ihrer
Wie die Nachzügler sich glücklich machen und Eisi den Schweis austreiben.Die Hauptsache
war versteigert und wie es Eist war beim Zusehen, wie ein Stück nach dem andern
dahingetragen wurde und verschwand, kann man sich vorstellen. Doch die Pürzlete der
Speisewirthin, an welcher Eisi wirklich nicht unschuldig war, hatte es erfrischt, es
brachte eine gute Nacht zu. Als es hell erwachte, dachte es nicht, daß der dritte Tag der
peinlichste werden sollte. Das Werthvollste war fort und mit diesem verschwanden auch die
glänzenden Ersteigerer und Ersteigerinnen; aber wenn die Geier weiier fliegen, so stellen
sich die Würmer ein. In bitterem Zorne hatte es die gesehen, welchen es früher gleich
stand, oder über die Meisten sich erhaben glaubte, welche ihns jetzt nicht mehr kannten,
oder höchstens im Vorbeigehen mit einem verächtlichen Gruße es beehrten.Heute waren diese
alle nicht mehr da, sie waren verschwunden wie die Störche verschwinden, alle den gleichen
Abend und Eist athmete frei auf, es meinte, jetzt sei die Sache vorbei. Aber Eisi kannte
die Sache nicht,Erfahrung alleine bringt hier Wissenschaft. Schon die Tage vorher hatte
man Weiber herumstehen sehen in
Löcher, mit und ohne Federn, g'saumet und ung'saumet, kurz es waren da Herrlichkeiten,
die nicht zu beschreiben sind, alle dem Finanzzustande des Publikums angemessen. Es war
also kein Wundet, daß das Gedränge groß war, wie es ja auch bei den 6 Kreuzer Krämern groß
ist, das Gedränge,von sechskreuzerigem Publikum. Je geringer ein Gegenstand im Preise
steht,desto größer wird die Zahl der Zahlungsfähigen, der Konkurrenten, wie bekanntlich
die Kühheimetli nicht viel theuerer sind als die großen Höfe, weil es viel mehr Leute gibt
welche 100 Kronen zweg bringen, als solche, welche 100,000 Pfund besitzen. Und wie das
fluthete und strönte, Haus auf, Haus ab, durch alle Stuben und wie das steigerte! Wer gibt
mehr als drei Kreuzer um den Blasbalg, ganz gut noch, wenn man die Löcher verschoppet.
Tiefe Stille. Der Blasbalg geht von Hand zu Hand, Augen beginnen zu glänzen, die Herzen
schlagen lauter, die Erkenntniß dammert immer klarer: ach, wer so einen Blasbalg hätte,
könnte zMaul sparen! Ach, und wer weiß, ob nicht auch irgend eine bereits bestandene Seele
seufzte:ach, mir fehlie schon lange was. ich wußte nicht was,ach, ist's ächt e Blasbalg.
ach, wenn ihs g'wüß wüßt,5z Krüzer reute mih nit. Endlich kommt aus tiefem Hintergrund
bebend der Ruf: 4, wes si muß. Vier Krüzer sy bote, ruft der Weibel, wer git meh als 4
Krüzer, vier zum Ersten, zum Zweiten, zum vier zum Da sprengte die Sehnsucht den Riegel;
5, kam es noch viel lebender aus der Ecke, wo die bestandene Seele weilte. 5 zum Dritten,
tönte laut des Weibels weitschallende Stnme; ach, und sie hatte ihn den Blasbalg, sie
legte ihn auf den Arm, sie ging mit ihm füßen Hoffens voll. Schele Blicke folgten ihr ünd
manch höses Wort ward von den Lippen nur halb verdrückt.Eine Tellerkrätze ruft der Weibel,
ganz wie neu, wenn man neue Stangeli hineinmacht, wer gibt mehr als b Kreuzer. Ach, wer
doch eine Tellerkrätze hätte, denkt eine junge Frau, welche zwei Teller hatte und gestern
eins davon zerbrochen. Sie hofft, wenn man so eine
306 stängli, kurz alles was nicht niet- und nagelfest war.Sie schossen auf Eisi's bereits ersteigerte Sachen, rissen sie von neuem in die Steigerung, mit größter Mühe sonnle es eine feiner schönen Taffen retten, die ein hoffärtig Meitschi bereits in Ausruf gebracht hatte. Sie rissen die Riegeln aus den Schäften, die Böcke unter den Tischen weg, sie hanthierten wie die Ameisen in Indien, welche, einmal in ein Haus gebrochen, es nicht derlassen, so lange noch etwas zu beißen und zu fressen darin ist, so lange noch ein Span Holz zum Zernagen ist, so iange noch ein Geräthe vorhanden ist, das nicht aus Stein gemacht ist.
Endlich / als es Abend geworden war, da verrann die Menge, verschwanden Schreiber und Weibel, öd und leer war das Haus, drinnen waren bloß noch Eisi mit feinen Kindern, mit zwei Betten, zwei Stabellen,einem Tischlein, seinem schönen Geschirr und wenig anderm, erst aus Verblendung, dann aus Trotz, hatte es ums Nothwendigste sich nicht bekümmert. Da war es nun alleine mit seinen Kindern. Auch der, Vogt hatte, da er nichts Vernünftiges mit ihm reden konnte,es verlassen. In angestammler Kaltblütigkeit hatte er gedacht, die müsse man mürben lassen, wenn die nichts mehr zu essen hätte und nicht wüßte, wo hinein, so komme die schon zum Kehrumthürli, und werd dann selbst kommen und es sagen, jetzt helf rede nüt. Die Kinder weinten und wimmerten, wollten von der MutHunger, fragten, wo sie jetzt schlafen sollten, so viel jhrer und nur zwei Betten!
Es war ein trostloser Anblick, die unglückliche Familie im ausgeweideten Hause, jammernd die Kinder,mit starrem Blick die Mutter, und wer hinter dem Blick die freveln Gedanken. hätte lesen können, der wäre erschrocken.
Alte Leute haben altväterische Gedanken,die jungen Leuten wohl kommen.Wie es doch so wunderbar geht. Während an einem Orte Wildbes sich regt in einer Seele, steigt weit ab davon mildes, weiches Sinnen auf, Gottes Liebe bereitet in einer frommen Seele den Balsam, der eine kranke, wilde Seele heilen soll oder heilen möchte.
In dunkler aber freundlicher Stube spann eine alte Frau Kuder mit emsiger Hand. Sonst
hatte sie weichen seidenen Flachs gesponnen, aber als ihr Gesicht schwach geworden, ließ
sie den Flachs, er war ihr viel zu lieb, um ihn schlecht zu spinnen. Jetzt spann sie
Kuder, hatte auch diesen nun lieb gewonnen und ging mit ihm um mit mütterlicher Sorgfalt
und Zärtlichkeit.Am Tisch ihr gegenüber hatte ein alter Mann gelesen in einem großen
Buche, das vor ihm noch offen auf dem Tische lag, jetzt nahm er die Brille ab, lehnte sich
an die Wand und sagte nach einigem Sinnen: „Los Mutter, hätt d'r Neuis z'säge, möcht lose,
was du d'rzu siegisch.“ „Was hesch, Aetti, s sagte die Alte freundlich und setzte mit
Spinnen ab. „Du weisch,ih bi Steffe uf d'r Gnepfi d'r Götti g'st, u bi Götti vo eym vo
syne Kinge. Oeppe apparti wohl für mih isch er nie g'st, selb isch wahr. Wenn er Geld
nöthig g'ha het, su wär, ih gut g'nne g'si, aber öppe es Wörtli zur Sach hätte ih de nie
sölle säge, u ha nihs notti g'seit, su hey si's zürnt ammer, daß es es Elend g'si isch. U
hät er welle lose, su wär viellycht mängs an FDün er hets müße büße, u jetz müße d'King no
drunter lyde. Das cha mih plage, es duecht mih, das syg nit recht, u jetz chönt me
viellycht helfe, u we me chönt,su wett ihs thue u alles angere v'rgesse ha. Es chunt eym o
chumlig, we Gott eym v'rgit, u eym si wieder animmt, we me si wieder by nihm zuche laht.
Viellycht cha me no jetz nüt mache, d'r Vogt het m'r g'seit,es syg es Elend, aber e Gring
heyg die Frau, Nagel
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Muetti, aber seu m'r ume thue, was m'r gern wey, u nit o was ihs hert het, üme das wo ring geyt u lustig u nit o das, wo ihs duecht, m't möge nit u wo m'r müße dar gäh, was m'r recht lieb hey uf d'r Welt? Deppe am Geld hange m'r nit, es paar Batze schüche m'r nit, u sövli viel koste wird es nit, aber 'a d'Ruh sy m'r g'wahnet, es rühyigs Lebe, a dem hange m'r meh as am Geld, das isch, was ihs öppe vo dr Welt am liebste isch, dir u mir, ih weiß das wohl.Aber seu m'r deretwege zrugstah, we Noth a Ma isch,u nit öppe bloß d'r Muthwille, da Neuis zmache, vo dem d'Lüt b'richte. Het üse Heiland nit o d'r Kelch ustrunke, we scho d'r Trank drinn bitter g'st isch, us neh hert g'ha het, u d'r Aberham het ja sys Sühnli o welle dar gäh, wes Gottes Wille g'st wär. M'r hey keni King, u weisch wie hert ihs das g'ha het mängisch, u jetz wo m'r Neuis a Kinge thue chönte, sötte m'r zful sy d'rzu, u gut ha ihs lieber sy, as Müy ha um Gotteswillen? Ja, ih weiß, es wird mih mängs dure u mängs dueche, es sött nit sy un es sött angers zmache sy, un es wird m'r mängisch bis i alle ant füre cho. Aber da cheu m'r de ja erfahre, ob m'r die rechte Liebi hey, die si nit laht v'rbittere u die nit das Ihre sucht. U wer weiß ob m'r nit cheu Neuis thue für dEuigkeit u nit ume öppe für e Lyb mit Spyß u Trank. U wär das mügli, denk Aetti, wie schön das wär, wes de muß g'storbe sy u lang geyt das doch nümme!“
„Du bisch geng zbessere u wirschs blybe“, sagte der Alte. „Schwyg m'r vo selligen, Aetii,
sagte das Mutterli, selb ist nit, aber we me enangere hilft im Geistlige wie im Lyblige,
su bringt me Neuis z'weg, u zSchwächere isch geng zguraschirtere, will es weiß, daß es si
uf zstärchere v'rlah cha, will es erfahre het, was selb zv'rbringe im Stang isch. Es isch
e Zyt gisi, ih ha m'r o nüt trauet u g'weberet, gäb wie liecht Neuis vor m'r g'si isch,
aber du ha nih erfahre, daß wo du witt u hilfst, zsach geyt, drum ha nih gute Muth u will
mih lyde. Was es de nützt, un ob ih's zSach
„Los, wed wüßtisch, wie hert mih zSach achäm,du redtisch nit so, sagte der Aetti. U no vori, wo nih vo d'r Sach ag'fange ha, hets mih geng duecht, wed di ume wehrtisch u nei siegisch, su wär's m'r aghulfe.Ih hät doch de d'r Wille zeigt, chönt mih v'rantworte,u vbruchti doch zSach nit z'mache. Es isch m'r scho mängisch so gange, u du hest de grad ja g'seit, daß ih fry erschrocke bi. Ih weiß wohl, was das für e Stimm im m'r isch, wo dä Weg chunt, das isch der alt Adam, dä no geng si rührt, u du bisch's de, wo ihm ufs Mul trappet, daß er schwyge muß.“
„Jäslue, Aetti, sagte das Mutterli, ih ha a mir selber erfahre, wie hert es eym selber het, eh me Neuis guts füre bringt, was me da alles z'überwinge het, eh mes ume uf d'r Zunge het, u chunt de no Neuer u wehrt, u wotts nit thüe, jä su isch me mängisch selber froh, wied g'seit hesch, u mengisch meint me, mi müß schwyge, d'm liebe Friede z'iieb. U hundertmal ha nihs gehört, wie me g'seit het, ih hätt welle helfe, hätt's gern tha, aber d'r Ma het nit welle, d'gFrau het wüst iha, d'King heys nit welle thue. Jä dä Weg, we mes selber nit am liebste thuet, u de no Alli wehre, statt astrenge, was chas de da Guts gäh i d'r Welt? U da we du e gute Gidanke hesch, sött ih dä gah ztodtschlah? Da freuts mih, we du ne mit m'r theilst, we nih d'r darf helfe, ne zpflanze i d's Lebe, un ihm darf abwarte, da wird er de ja o halb myne u was er für Frucht treyt, darf ih mit d'r theile un üse Herrgott wird m'r o einist öppis d'rvo zu myne Schätze thue.“
„U fry viel, sagte der Aetti. So isch z'Lebe süß,wo eys dä Weg d'm angere hilft u keys
d'm angere sy Schleiftrog isch, sy bös Geist, wo nüt dohle mah,was z'angere Gut
fürebringt, wo's alli mal Stryt git,u wo me ZGute verstecke muß mit Angst und Zittere,wie
die größte Suünde. Es isch mängi Frau, si meints viellycht nit bös, aber si het d'ir
Geist, dem nüt recht isch, was öpper anger füre bringt, un ume was ihr
„Drum, Mütterli, hesch du doch geng a allem d'r besser Theil, hest's wie e Hebamme, wo d'rzu luegt,daß d'King am Lebe blybe u fürechöme. Su will ih morn früh fahre, gäb öppis ung'schickts geyt, u will se bringe i Gotts Name, de chame luege, wies geyt,u geyts bös, he nu, su cha me de öppis angers fürnäh. Wed Noth da isch, su wird d'r Rath o cho.“
Wenn so ein alter, frommer Götti was Frommes vor hat, so hat sein Leib keine Ruhe,
höchstens liegt er ein wenig ab, höchstens schlunet er einige Minuten,aber schlafen kann
er nicht. Er füttert das Roß, er trappet ums Haus, er sitzt im Stalle, er legt und zieht
z'weg, was er braucht. Ebenso wenig hat sein Mutierli Ruhe, und wenn es sich auch zu Bette
legt, so hört es doch die Uhr vierteln, hört des Aetti's Trappen vom fernsten Ecken her.
Ehe man sich versieht,sprezelt das Feuer in der Küche; zum guten währschaften Frühstück
nimmt das Mutterli sich gerne. Zeit, hurschet nicht so in der Geschwinde die Sachen hir,
sondern macht alles wenigstens doppelt so gut als an andern Tagen. Wie es bei vielen
Leuten geht, daß sie früh satteln und spät reiten, immer eine Stunde oder zwei später
fortkommen als sie gewollt, geht es bei einem alten trauten Paare umgekehrt. Zumeist ist
alles eine Stunde früher z'weg, als man es sich vorgenommen, so ein altes treues Paar
weiß, es hat keine Zeit mehr zu verlieren, was es thun will, muß es bald thun, drum ist es
auch in allen guten Dingen immer zweg vor der Zeit. Noch war der junge Tag nicht
Wie ein altväterischer Götti aufgeklärt handelt.Dem dämmernden Morgen entgegen fuhr in stiller Morgenandacht der Götti. Dunkel 'sei es auf Erden ohne Sonne, dachte er, kein Licht häite die Erde, und ohne Licht sei kein Leben, vor dem Lichte sei das Chaos gewesen, ein grauses, wildes Gemische, ohne Ordnung,ohne Entfalten; mit dem dämmernden Lichte hätte das Söndern begonnen auf die rechte Stelle, ins rechte Maaß sei alles gekommen, das Gleichgewicht sei entstanden und in feste Bahn sei die Erde getreten, und auf dieser Bahn, halte der Zug der aufgegangenen Sonne sie fest, wie sehr ihr auch zu entfliehen strebten die Kräfte, die im Dunkel walten.
Dunkel aber sei es auch im Herzen der Menschen,dachte er, ohne eigenes Licht der Mensch,
und ohne Licht kein geregeltes Leben in ihm, ein Chaos widerstrebender Kräfte, ein Streit
der Elemente ein gegenseitig zerstören, kein Maaß, keine Ordnung, kein Gleichgewicht. Erst
wenn es dämmere vom Himmei
Als die Sonne hell über die Landschaft schien, da stieg des Götti's Sinn aus den lichten
Höhen nieder,die Kleeäcker traten ihm ins Auge, die Haberfelder, die
So war auch unser Götti auf der Gnepfi, er wußte nicht wie. Oede wär's ums Haus, als er aufnhr;stille blieb es, wie ausgestorben, niemand zeigte sich, in den Ställen war nichts lebendiges, in der Gaststube Niemand, nicht einmal eine Fliege, die privilegirten Gäͤste einer Gaststube, die nichts bezahlen, sich nichts befehlen lassen und doch über Alles herfahren, rührte sich; in der Küche war kein Feuer, keine Maus höͤrte män chäfle hinter irgend einem verbotenen Schmaus.
Da ward es dem Göͤtti Angst, was das zu bedeuten hätte, alles offen und doch nirgends was lebendiges. Sind sie fort, oder was ist das, dachte er, und allerlei unheimliches fuhr ihm durch den Sinn.
Er schritt durchs Haus, öffnete eine Thüre nach der andern, keine war verschlossen, immer unheimlicher ward es ihm, er ging immer hastiger, und wenn er bei einer Thüre war, so öffnete er sie doch immer zagender. Endlich quoll ihm beim Oeffnen einer Thüre heiße Luft entgegen und als er zum Sehen kam, sah er zwei Betten voll Kinder und in die Fensterecke gelehnt Eisi schnarchend mit offenem Munde; neben ihm das Kööpflein auf dem Tische, das kleine Mädchen.
„Guten Tag gäb ech Gott allesame“, sagte der Götti bewegt. Da führen Kindsköpfe auf aus
den XX starrten mit noch dunkeln Augen den Mann an; Eisi schnellte es ebenfalls zusammen,
aber es war nicht recht bei sich, mußte erst fein Bewußtsein mühsam suchen,ehe es sich in
Zeit und Lage finden konnte, den Götti,den es nicht viel gesehen, erkannte es erst nicht.
„Was soll das sein, was heyt d'r welle, was da isch, isch alles mys“, sagte es. „Lue
recht, Base, du chennst mi de, sagte der Goöͤtti. Ih bi da mit Roß u Wägeli, u
Es hätte nicht im Sinne fort, sagte Eisi, ume todt bringe man es hier weg, hier wolle es leben und sterben. Es wäre anständiger für ihn gewesen, wenn er früher daran gesinnet, daß er der Götti sei, und wenn er ihm jetzt noch helfen wolle, he nu so de, su söll er mache, daß es hier Wirthin bleiben könne, es sei noch alles früh genug, wenn er ume e chly si zuche lah well.
Der gute Götti erschrak, als er diese Verblendung wahrnahm und zugleich die Noth, in welcher die Familie war. Was das für eine Auferstehung war, für ein Geschrei und Zank, eist nach Kleidern, dann nach Essen und Trinken, wie schmutzig alle aussahen, wie seltsam Eisi hoffärtig angethan, aber mit wirrem Haar und unsauber über und über. Es kam dem guten Mann schwer übers Herz, als er dieses sah, als er der Morgen gedachte, die solche Auferstehungen in sein stilles Hauswesen bringen würden.
Er sah, daß er in diesem Geschrei und bis die Kinder gespiesen und getränkt seien, zu keinem vernünftigen Worte kommen werde, sagte Eisi, es solle zMorgen machen, unterdessen wolle er das Roß versorgen.Befehlen gehe ring, sagte Eisi, aber z'Morge z'mäche mit Nichts, selb sei eine Kunst, dKing chönes ihm nicht kücheln. Es sei ihm leid, sagte der Götti, er hätte das nicht gewußt, es solle das ihm nicht für übel nehmen,dem Mangel werde wohl abjuhelfen sein, und gab ein ꝛ Münze, damit Eisi das Nöthige holen lassen önnte.
Draußen spannte der Götti seinen Kohli aus, führte
„d'Mutter het welle lah Pulver reyche, aber kes übercho, jetz sött si no röste, aber mir meu nit warte“,antwortete der ältere Knabe, „u für z'röste het si ke Pfanne“, meinte der jüngere. „Su chum, ih will d'er gäh“, sagte die Bäurin und brachte ihm in einem Papiersack eine brave Portion. Der Götti redete mit dem Bauer ein vertraut Wort, welches ihn ins Klare setzte.Der Bauer versprach, dem neuen Besitzer Bescheid zu machen, daß er sobald als möglich da sei, und als der Götti glaubte, das z'Morge könnte z'weg sein, wußte er vollkommen woran er war.
Eisi machte über dem Essen ein sauer, gespannt Gesicht, während der Goöͤtti mit den Kindern zu reden versuchte, aber eben nicht erfreuliche Antworten bekam,außer von dem kleinen Meyeli, das alsbald gar freundlich und zutäppisch gegen ihn ward.
Als die Kinder das Feld geräumt hatten, sagte er:„Los, Base, du chunst jetz mit m'r, ih
däich du miechist süfeli zweg.“ Da begann Eisi das alte Lied, lebigs bring mes nit da weg,
u we mes zwänge well,suschön me luege, was me mach, es well de a nüt zSchuld sy. Man
sieht, Eifi hatte es mit der Welt akurat so, wie unsere Radikalen mit der Tagsatzung.Wenn
diese der Tagsatzung das widersinnigste, bundes widrigste Zeug zumuthen mit schrecklichen
Geberden und knakerenden Phrasen, und die Tagsatzung erkennt es nicht, schiebt es von der
Hand, so erheben sie ein gräßlich Gebrüll über die Ohnmacht der Tagsatzung und machen sie
verantwortlich in Zeit und Ewigkrit über das Unglück, welches aus ihrer Ohnmacht entstehen
werde. Das ist eine neue Logik das, Jemand Ohnmacht vorwerfen, wenn er nicht nachgaggen
will Alles was fremde Schlingel oder durch fremde Schlingel inspirirte Hohlköpfe vorsagen.
Das ist eine Ünverschämtheit sondergleichen, Jemand verantwortlich machen für unglückliche
Folgen, welche nicht aus einer gesehlichen,abschlägigen Aniwort entstehen, sondern aus dem
bubenhaften Trotze, der an kein Gesetz sich kehrt, aus der verfluchten Lehre, daß in
staatlichen Verhältnissen kein
Nun setzte er ihm auscinander, wie man ihns zum besten gehalten mit dem Akkomodiren, wie
das beim Stand der Dinge unmöglich gewesen, man es nur habe ausbeuten wollen und zum
Besten haben. Was es nun unter solchen Leuten, die es so mit ihm meinten, wolle,da komme
es sein Lebtag nie auf einen grünen Zweig,alles red' ihm z'böst, alles sei auf ihm, d'Lüt
dürften nicht einmal bei ihm einkehren, wenn sie schon wollten,und komme Jemand, so lache
man ihn aus, und zum zweiten Mal sehe es ihn nicht mehr. So das Gespött von allen Leuten
sein und alle Tage tiefer hineinkommen und z'letzt doch mit Schimpf und Schand fortmüssen,
das werde es nicht wollen. Dann solle es denken, wie es ihm wäre auf die Länge in dem
geplünderten Hause und wie ungern es es hätte, wenn es alle Augenblicke sagen müßte, das
ha nih nimme,das ist no nit da, alies ungereinist cha me nit aschaffe.Vo wege bis me so i
nes Wirthshus yche ume z'nöthigist heyg, chost's Geld, un es söll denke, wie ja allerwelts
nichts mehr da sei, nicht einmal ein Schübeli Stroh, die Krippe auszuräumen. Das solle es
aus dem Sinn schlagen und mit ihm kommen in allen Ehren, mit Roß und Wägeli sei er da, es
brauche nicht zu zügeln, wie die Mäuse bei Nacht und Nebel,und seine Sachen wolle er
selbst abholen, die Leute sollten sehen, daß es doch noch Jemanden sei, und Leute seien,
die seiner sich annähmten. Bei ihm könnte es machen, was es wolle, bös haben solle es
nicht.Er wolle nicht sagen, daß es immer da bleiben solle,
Eisi hatte manche Einrede gethan, hatte zu weinen begonnen, hatte zu sich selbst gesagt:
z'beste wirds sy,ih gang, was wett ih dä Weg hie, äber warte si de ume, we nih wieder
z'weg bi, dene will ihs de zeige,zweuspännig fahre ih de dene unger d'r Nase ume!Doch die
letzte Bemerkung des Götti, daß es doch dene glauben solle, die appart nichts von ihrem
Rathé hätfen, verdarb beinahe Alles wieder. Jä so, flüsterte der böse, in jedem Menschen
wohnende Feind ihm zu, jäso, ist das däweg. Sie werde alt sy ü nüt ineh möge,u da werde
m'r neh sölle gah zSach mache ohne Lohn um blaui Milch oder gar Kasmilch u gah bös ha, u
si de no welle die gute Lütleni sy, wo ihs d'r Goits,wille hey, so wirds ssy. Warum syeg
er sust, si wette ke Nutze vo nihs u v'rspruch si grad daä weg? Aber o hä, Eisit isch nit
dumm, gah d'r Ofewüsch sy, so i nes alts Hüsli, nebe us, zu wunderlige Lütlene, selb de
nadisch no nit, für selb bi nih de nadisch no listig gnue.So begann es wieder
aufzubegehren und mit der dinen Hand zurückzunehmen, was es mit der andern gegeben hatte.
Auf dem Lande zu arbeiten, sei es nicht mehr gewohnt, und sich dann jeden Bissen Brot
vorhalten zu lassen, wäre ihm nicht anständig, an selbes könnte
„He los, sagte das Mannli, wed m'r lose wettisch u du hättisch mir die rechti Gattig
d'rzu, su wett ih d'r säge, wie zöach wär. Füre Narre ha nih se nie g'ha, aber für e Narre
isch si g'ha worde, selb isch wahr. Aber het Neuer ere das welle säge, un ere dNase
drufstoße, su het si ihm wüst g'seit in glaubt,
Kindern abzuschaben gewesen wäre. Es duechte dem Götti, er sollte helfen und mit jedem appart zum Brunnen; indessen schwieg er, Eist wollte er nicht wieder hinterstellig machen. Als er sie endlich auf dem Wägeli hatte, den ganzen Karsumpel, so erlebte er einen ihm noch nie vorgekommenen Spektakel.
Unter einem Fenster stand die Speisewirthin, um sie mehrere Kinder; als der Götti vorüberfuhr und grüßen wollte, sah er zu seinem großen Ersiaunen, daß Wirthin und Kinder aus Leibeskräften ihre Zungen herausstreckten und gränneten nach Vermögen, und äls er rückwärts blickte, sah er Eist und dessen Kinder ebenfalls mit herausgestreckten Zungen und grännend,wo möͤglich noch ärger als die andern. Das war der Abschied, welchen zwei Familien, die Jahrelang Nachbaren gewesen, von einander nahmen. Der Götti konnte ihn nicht vergessen.
So schied Eisi von dem Orte, wo es den bedeutsamsten Theil seines Lebens zugebracht, wo sein Sinn zum Werk sich entfaltet, wo sein Werk seinen Namen gemacht, seinen Werth vor den Menschen bestimmt, ihn eingegraben in der Geschichte, d. h. in der Gedächtnißtafel auf der Gnepfi, welche aber keine eherne ist und IVwelcher ein Name den andern oben abstößt, höchstens das Großkind den Großvater noch duldet, und bloß,wenn es ihn noch erlebt, mit eigenen Augen ihn gesehen hat. Ha, wer auf der Gnepfi lebt, der hat ein kurz Gedächtniß.
Geistern.Leer stund nun das Haus, harrte eines neuen Einzügers, unter der Thüre weilte
der Hausgeist, sah,wer kommen wollte. Man betrachtet so ein Haus als ein todt Wesen, ohne
Einfluß auf die Welt aüßer ihm,ohne Einfluß auf seine Bewohner. Wer es beziehen
So stund leer das Wirthshaus auf der Gnepfi und unter der Thüre desselben lauerte der alte Geist, paßte auf einen neuen Einzüger. Einer wird gekommen feinob der Geist ihn unterthan machte, oder ob derselbe einen neuen Geist mitbrachte, der stärker als der alte war, wir wissen es nicht.
Jedenfalls zügelte mit Eist der alte Geist nicht aus,solche Geister haben es wie die Katzen, sie zügeln nicht,sie müssen ausgetrieben werden, sonst bleiben sie dem Hause getreu. Was fragen die Katzen den Menschen nach, Mauselöcher sind ihnen die Häuptsache.
Eist mit seinen Kindern zog grannend aus, Mühe hatten sie die Zungen wieder ans rechte
Ort zu bringen,
Eisi und seine Kinder zügelten akkurat aus ihrer Wirthschaft, wie tausende zügein aus dieser Welt, alles haben sie dahinten gelassen, nichts bei fich als eine vom bösen Geiste besessene Seele, eine Seele, angesteckt mit Lust und Neid der Welt, hungernd und dürstend nach dem, was man eben nicht hat und zu was man eben nicht kommen wird. Freilich wer auf diese Weise zügell aus der Welt, mit dem ist's fertig, denn dahin,wo er kömmt, da ist eben der Geist auf seinem Throne,der ihn hienieden durch seine Diener locken, in Besitz nehmen, seiner Besitzung zu jagen ließ, einem gewaltigen Seeräuberkönig gleich, der seine Räuberschiffe aussendet über alle Meere, zu locken oder zu begwältigen alle Schiffenden, sie zu schleppen auf sein verborgen Eiland in ewige Sklaverei, aus der kein Entrinnen ist,ein Morgen nach dem andern kömmt ohne Ende und mit jedem neuen Morgen die alte Sklaverei.
Eisis Auszug glich dem letzten wohl, doch war er es nicht, es war nicht sein letzter
Auszug, und nicht dem ewigen bösen Geiste, aus dessen Hause kein entrinnen ist, wo das
Elend nie veraltet, sondern gleich jung, gleich unbeschreiblich immer bleibet, zog es
zu.Es zog bloß in ein ander Haus, dort war fieilich auch ein Geist, ein mächtiger
Hausgeist, aber es war kein böser, sondern ein guter. Schon mehr als 100 Jahre halte er in
dem Hause gewohnt, und eine mächtige Herrschaft führte er. Wer über des Hauses Schwelle
käm, der mußte sich ihm entweder unterwerfen, oder er hielt es nicht aus, er mußte
weichen. Nicht daß der Hausgeist Gewalt brauchte, Peitsche oder Ruthe, Hunger oder Durst,
oder harte Arbeit, er war ein sanfter,mildthätiger Geist, der nie fluchte, selten harte
Worte gab, selten Jemand trieb zu schnellerer Arbeit, aber wer böse blieb und Böses
liebte, hielt es in dessen Nähe
Diesen Hausgeist sah Eist nicht unter der Hausthüre, aber es empfand ihn bald; schwer,
fast als ob er das Doggeli wäre, legte er sich ihm aufs Herz. Der Götti üund sein Mütterli
nahmen Eisi und seine Kinder auf ganz wie Visite, meinten nicht gleich von Anfang sie
haben zu wollen, wie sie sein sollten; solch rasche Uebergänge von einer Luft in die
andere, thun selten gut, vermittelt ja auch unser Herrgott Sommer und Winter durch
Frühling und Herbst mit einander.Der Alten Lebensweise blieb die gleiche; der Götti
regierte das Land, das Mutterli das Haus, und zwar nicht mit dem Munde bloß, sondern auch
mit der Hand.Sie waren bei Allem, meinten jedoch nicht mehr, daß sie das Schwerste noch
immer thun müßten mit selbsteigener Hand, aber sie wußten das doch so zu machen,däß es
schien, als machten sie noch immer alles mit selbsteigener Hand. Als die neue Familie
einzog, änderte die Haushaltung sich nicht, nur wurde mehr als noch einmäl so viel gekocht
als früher, aber durch die gleichen Hände. Und doch war der Himmel über dem Hause ganz
anders und nicht bloß der Himmel, sondern das ganze Haus schien anders auszufehen. Es war
wie wenn in stilles klares Wasser eine fremdartige Substanz geworfen worden, es bewegte
sich die Masse,Bläschen stiegen auf, es begann leise zu brodeln, getrübt war das Wasser,
und was da werden solle, ob eins das andere ausstoßen, ob beide sich mischen, ob das Feuer
die Masse verzehren werde, entschieden war es nicht. Man denke es sich aber wie es anders
wird,wenn in ein stilles kinderlofes Haus, ein Rudel wilde zuchtlose Kinder einbricht, die
nicht arbeiten können,nicht lernen mögen, die weder was von Gehorsam wissen, noch was von
Respekt, die alles erlaubt glauben und gegen Jedermann, was sie zu vollbringen
Im Hause lebte eine schöne schwarze Katze, ein gewaltiger Maudi, auch ein Hund war da, ein stattlicher Blaß. Beide lebten in süßem Frieden mit einander,fraßen aus einer Schüssel und während der Blaß unter dem Ofen schnarchte, schnurrte der Maudi auf dem Ofen. Wenn sie ums Haus spazirten, flog keine Taube auf, ging kein Huhn aus dem Wege, ja selbst die Spatzen schienen den Maudi nicht zu fürchten, fetzten sich auf den Rand der Schüssel aus welcher er fraß.Es war der Weltfriede hier, von dem der Prophet geträumt, den er aber nicht erlebt hatte. Die wilden Jungen aber kannten keinen Frieden, und gegen jedes Thier, das in ihren Bereich kam, begannen sie den Krieg, vertilgten was sie konnten und quälten, was sie nicht vertilgen konnten.
In ihrer alten Heimat hatten sie es dahin gebracht,daß kein Thier ihnen wartete, als etwa
Hunde mit vorgewiesenen Zähnen. Als sie hier in den Frieden hineinfielen, wie vor
Jahrhunderten die Hunnen in die stillen Schweizerthäler, als sie die Thiere mit Händen
greifen, fast Salz streuen konnten auf die Schwänze der Spatzen, hui, was das für eine
Bürgerlust war.Doch dauerte diese Freude nicht lange, wie keine dieser Art. Gutmüthig
hatte anfänglich der Maudi einige Späße aufgenommen, als ihm aber die Späße zu arg wurden,
war er der Erste, der zur Selbstvertheidigung schritt und seiner Krallen sich bediente;
ihm ahmte der Blaß nach, doch biß er nicht zu, er klemmte nur nach,die Tauben flogen auf,
die Hühner zottelten ängstlich ins Korn, die Spatzen setzten sich auf die Bäume und
verschrieen die bösen Buben so weit sie konnten. Und was das dem Mutterli ins Herz
schnitt, als der Maudi nicht mehr mit dem vollen Bewußtsein eines lieben
So stund es im Hause unheimlich und wild, die alten Leute waren gedrückt, seufzten wohl,
wenn sie einander ansahen, aber reuig waren sie nicht und klagen
In einem Rudel wilder Kinder sind die kleinsten und schwächsten am bedaurungswürdigsten,
sie müssen am meisten leiden, wie in keiner wilden Heerde die Kranken und Kleinen
zertreten werden im Gedränge.Sonst ist es die Mutter, welche die Kleinsten schützt,oder
der Vater, daher es so oft heißt, die Jüngsten hätten am meisten Recht, besäßen die beste
Liebe, der ihnen so nothwendige Schutz wird nicht begriffen. Bei Eisi war es aber
umgekehrt, es fragte überhaupt Niemand viel nach, auch seinen Kindern nicht, und
begreiflich denen, welche es am meisten belästigten, am wenigsten. Wenn die Kleinern
weinend bei ihm Schud suchen wollten, so hieß es sie Brüllhüng, hieß sie schweigen auf der
Stelle, wenn sie nicht zum Gring wollten,daß sie dann wüßten, was sie zu brüllen hätten.
Zudem hatte es auf unser armes, kleines Mädchen einen Zahn und durfte es doch nicht recht
zeigen, es war ihm unheimlich bei ihm, es erschrak ällemäl, wenn dasselbe sich ihm nahte,
besonders wenn Eisi alleine war.Das Kleine konnte nicht vom Aetti schweigen, immer fing es
von ihm an und so oft bat es: „Mutter, wey m'r nit für e Aetti bete. Vielliecht wär's
g'nue, aber denk o, wes nit g'nue wär, u mir hätte d'r Wyi gha,us doch nit tha, denk o
Muetti. Wotsch afah. Müetti bet doch!“ Und gäb wie ungern, so mußte Eifi doch zuweilen
beten, ein gewisses Grauen ließ es ihm nicht zu, das Beten allemal abzuschlagen, aber
allemäl, wenn es gebetet hatte, so stund ihm der kalte Schweiß auf der Stirne. Darum
liebte es das Madchen nicht und doch war es das einzige seiner Kinder, welches sich zu
Etwas Aehnliches geschah mit Benzli, dem jüngsten Knaben und dem Götti. Seit des Vaters
Tode war Benzli so recht Niemanden gewesen. Früher hatte, wie erzählt worden, der Vater
seiner sich angenommen, seither hätte er nirgends sein sollen. Die ältern Geschwister
haiten es wie die Söhne Jakobs mit ihrem Bruder Joseph, und wenn er zur Mutter sich
flüchten wollte,so balgete die und sagte, er sei d'r wüstist Brülli wo's gäb, er syg ere i
Gotts Name geng ume unger de Füße, er söll si zu de angere gheyee nangere nah, sust mach,
si ihm dHose ache un er müß dRuthe ha. Der Götti konnte ihn noch nicht, wie die andern,
zum Arbeiten locken, welches sie aber auch flohen, als ob man ihnen Schwefel unter die
Nase hielte. Aber wenn Bruder und Schwestern ihn plagten und er weinend und schreiend
ihnen nachlief, so lockte ihn der Götti auch, sagte: komm du zu mir, und bald führte er
ihn zum Roß und bald nahm er ihn auf den Wagen, oder auf die Bähre, ließ ihn reiten,
machte ihm eine Geisel,lehrte ihn Thieren Vrot und Haber geben, mit Liebe nicht zur
Neckerei, um sie dann besser plagen zu können. Beim Götti war Benzli sicher, hatte kurze
Zyti,ja er konnte ihm zuweilen ein Werchholz tragen, eiwas
Die lieben Kleinen hatte der Hausgeist ergriffen,sie waren dessen lieblichste Ebenbilder, sie waren der Alten herzlichste Freude, und wer gesehen hätte, wie lieb die Augen glänzten, mit welchen die Gotte ihrer Kleinen nachsah, und wie mild das Auge des Götti erglühte, wenn er mit seinem lieben Büben sprach, der hätte gesehen, wie die Liebe, die im Herzen sprudelt,in den Augen erglüht. Solche Frende hatten die Alten noch nie genossen, auch durch ihre Herzen floß ein frischer Lebensstorm. Die Kinder waren ihre Sternlein,und wie ehedem die Schiffer nach des Himmels Sternbildern, richteten die Alten nach diesen Gebilden Gottes ihren Tageslauf, und wenn sie nicht sichtbar waren, so war es ihnen wie den Schiffenden, wenn Wolken die leitenden Sterne verhüllten. Und neben dieser Freude brannte doch ein großes Leid in ihrem Herzen, ihr Herz war fast, wie die Juden meinen daß es sei, wenn Himmel und Hölle aneinanderstoßen, Freude und Leid wohnten dicht beisammen.
Sie sahen das Treiben der andern Kinder, sahen wie keine Liebe fruchtete, wie jede
Beschränkung ihrer angewohnten Lebensweise durch Strenge erzwungen werden mußte, wie aber
zwischen den Kindern der Neid eine immer tiefere Kluft grub, wie da kein Friede her
Wie die altväterischen Geister Meister werden und auf harten Tag ein schöner Abend
kommt.Der Götti war nicht der Mann, welcher einer Sache,die im wachsenden Schaden lag,
unthätig zusah, oder den Gltauben hatte, wenn unser Herrgott es anders haben wolle, so
werde er es schon anders machen. Er hatte den Glauben, unser Herrgott mache, was wir nicht
machen könnten; was wir machen könnten, wozu er uns die Kräfte gegeben, das überließe er
uns ganz und gar und rühre keinen Finger dafür. So habe unser Herrgott die Erde geschaffen
und die Sonne dazu,ließe regnen und gebe den Thau, von wegen, daran könnte der Mensch
nichts machen, weder mit seiner Kunst noch mit seiner Weisheit, er habe die Samkörner alle
gemacht, dieweil er wohl gewußt, daß weder ein Schreiner noch ein Drechsler oder gar ein
Chemiker, ja gar kein Hexenmeister je eins derselben werde
„Ich muß bekennen, das kann ich nicht. Das könnte ich wohl, ein Kind züchtigen zuweilen bei groben Fehletn, und zwar, wenn ich einmal müßte, so würde ich es so züchtigen, zur Zucht ziehen, daß es wüßte, wie ich es meinte. Aber wenn ich mit diesem Rudel verfahren sollte, wie er es verdiente und wie es sein müßte, wenn derselbe zur Besserung kommen sollte, so müßte ich den ganzen Tag nichts als abschlagen, drein schlagen, als ob ich im Verding Wedelen hacken thäte,und den ganzen Tag wäre ums Haus herum ein Geschrei, wie bei einem Schweinmetzger, und selb mag ich nicht, selb stünd ich nicht aus, lieber wollte ich noch nach Amerika. So aber, wie gesagt, kann man es nicht gehen lassen, alle Tage wird das Uebel größer, das Heilen schwerer. Durch unsere lieben Zwei vermögen ir auf die andern nichts, denn sie werden von ihnen gehaßt; aber eben darum werden sie dieselben zum Bösen verleiten, sie zu verderben suchen, wie sie können lind mögen. Darum, was meinst, habe ich gedacht die Aeltern müßten fort, je eher je lieber, und zwar auseinander, eins hie hin, eins dort hin, ein jedes in eine eigene Haushaltung, an der es nichts abbringt, sondern D00 unterziehen muß, wo sie keine Bande mehr machen können.“ „Du meinst doch nicht auf die Gemeinde, wo sie verdinget werden“,fragte das Mutterli.
Was denkst, sagte der Mann, das waäͤr ja eine Schände für die Familie und eine Sünde für
uns.Aermeren Leuten, welche zinsen müssen und die eigenen Kinder schwer durchbringen, noch
die Last aufbürden,fellige Leuten, wo ihre Sache verthan haben, noch ihre Kinder erziehen
zu müssen, so lange Verwandte da sind,welche dieses unbeschwert vermögen, selb ist nicht
recht.
„Es isch m'r fry, as ob m'r e Stey ab em Herz fiele, sagte das Mutterli. Aber un Eisi, was wird Kiß säge, wenn die King furt sölle. Das thut de wüst u seyt, zSach heyg ihs g'reut u mir syge wüst Lüt.“
„Häb nit Chummer, Mutter, sagte der Götti. Es ist traurig, aber du siehst es so gut als
ich, wie viel es den Kindern nachfrägt und wie es sie, am weitesten von ihm, am liebsten
hat. Unrecht möchte ich Niemand thun, aber ich sage es nur zu dir, und recht wär's mir,
wenn's nicht wär. Merkst nicht, wie es anfängt sich aufzupützerlen, und bald hat es hier
was zu thun, bald dort, bald hat es noch Geld einzuziehen,bald etwas nachzufragen, ein
Vorwand um den andern. Hier ist's ihm erleidet, es möchte was anders anstellen, und dazu
kömmt eine Wittwe der Art am liebsten durch einen Mann. Und wie es solche Wittwen
anstellen, weißt du wohl, sie machen ihr Vermögen so groß als möglich, und wenn sie Kinder
haben,so reden sie von denselben so wenig als möglich. Ja,
„Eh aber schäm di, sagte die alte Frau; daß de sövli bös sygisch, hät ih doch afe nit glaubt. Nei aber so wirds doch öppe keini mache?“
„Eh Muiter, du weißt ja, wenn's nicht wär, ich würde es nicht erdichten. Besinne dich, wie es die uud die und die und die gemacht haben, es wär ja ein ganz Register voll, wenn ich es aufsagen wollte,ich würde nicht fertig. Solche Weiber wie Eisi sehen kein ander Heil als im Heirathen. Sind sie in schlechte Umstände gekommen, so wissen sie von Aenderung ihrer selbst nichts, daran haben sie keinen Gedanken, oder versuch es, rede Eisi von seiner Besserung. Ein Mann ist ihr Heiland, eine neue Ehe ist ihnen, was dem Christen die Wiedergeburt; nach einer solchen trachten sie von ganzer Seele und allen Kräften und sonst nach nichts.“
„E aber Aetti, so han di doch wäger no nie g'hört,söpli bös bisch doch sust neue nit, u redst sövli schlecht vo de Lüte.“
„Du hast recht, Mutter, sagte der Alte, und man sollte nicht, aber was wahr ist, ist wahr
und es gibt Zeiten, wo man es sagen muß, wo es einem übers Herz kömmt, daß man es nicht
mehr verdrücken kann.Ich habe fast gar nicht mehr gewußt, was es heißt zornig werden, und
habe mich oft sehr verwundert, wie verständige Leute es doch so werden könnten. Aber der
liebe Gott hat es mir wieder begreiflich gemacht.Wenn die Kinder in allem sind und kein
Rufen hören,kein Bitten achten, Alles verderben, so will es mir wohl manchmal das Haar
aufstellen. Aber viel zorniger, daß es mich dünkt, ich könne es nicht verwinden,
Der Götti war nicht bloß mit dem lieben Gott gut bekannt, sondern auch mit den Menschen, sein Urtheil über Eisi hatte seinen guten Grund, wie er sagte, so war es.
Eisi war es, wie es sagte, meineidig erleidet in der Einöde. Die Leute wären nicht bös, aber dumm und altvaäͤterisch. Da sollte es immer gehen wie in einer Versammlig, un obe druf sötts de no all Sunde zChile.ZEßse heyg es, u werche chöns, was 'swell, u daß es alles eleyni mache müß, mein es nit. Aber wo nehs trappi, syge ihm dKing unger de Füße, furt well me se nit lah u doch sött e st niene sy, gäb wie eys neuery trapp, ume öppe is Gras oder is Werch, su pfyff d'r Alt u heiß se use; un ihm wärs, we si ume dänne chäme. So sy besti Zyt da ab d'r Welt zuYbringe, selb wells de nadisch nit, es well öppis angers ästelle, so bald es si ihm schick, un ihm Eine Yweg lauf, wo nehs glaub, es machs gut. Es gugg ihm neue afe neuis, drei heygs i d'r Rispi u vo dene dreie werd wohl eine d'r recht sy. Wo nehs es am beste g'säch z'mache, da b'sinn es si de nimme lang.
Der eine war ein Märitkrämer, d. h. einer der daheim einen Laden hatte, jedoch auf
Jahrmärkten und zu Bern alle Dienstage feil hatte. Er hatte ein schönes Chaischen mit
einem langen langen Hinterstück, in wel
Der Zweite war ein Wirth, der hatte eine schöne Wirthschaft und handelte nebenbei noch etwas weniges um Käs.
Der Dritte war ein Herr, d. h. ehemals war er ein Handwerker gewesen, jetzt war er ein Stück von einem Schreiber, hatte ein Pöstlein dazu, und handelte um allerlei, um Kanarivögeli und um Bohnenstecken,um Aargauer Bauele und, um Luzerner Schnitz, um Zürikerze, um Baselleckerli, um Bernerseife und Aele Senf, kurz allerlei gut Sachen.
Alle drei waren Wittlige und Partie, besser nützte nichts, meinte Eisi, an jedem Orte hätie es es wie der Vogel im Hirse und alle drei hingersinneti si, wenn es si nit nähm, si thuye mit ihm, so heyg es fry no nie nüt gse, sövli narrochtig u v'rliebt.
Der Krämer gefiel ihm b'sungerbar wohl, es Chaisli und all Woche z'Märit u z'Sache im Lade alli selber,besser wüßt es es nit z'mache. Weder z'feil ha im Winter syg ihm öppe nit am aständigiste u de daheim Schwebelhölzli u Bäredreck zkrüzerewys zv'rchaufe, chönt ihm doch viellycht welle erleide.
Besser g'fall ihm sWirthe, selb chon me begryfe,un es glaub schier, es well d'r Wirth näh. Weder er syg gar e dicke u es heyg g'meint, wenn's no einist manne well, su wells de e dünnere, e dicke häts neue afe g'ha. U de heyg er zweu Meitleni, se mager gelb Gränne u de nüsti hoffärtig, daß me fast nit luüege dörf. Allweg, wes neh nähm, su müße ihm die üs em Hus, u well er ihm das nit v'rspreche, su nähms neh nit, druf chön er zelle, es heyg selber Kings meh as g'nue.
U de mit diesem, mit em Herr, wüͤß es erst nit,wies es mache well. Ey Weg'g'fall er ihm
v'rflümeret u d'r anger Weg nit e Tüfel. Am mingste mache müßt es da. Pflanze bruch me
nüt, zSach chauf me uf em Märit, es chönt sy Zyt bruche, wie es well,daheim sy oder nit,
chont a Bäull (Bällh) u i d'Ku
Solche Hoffnungen und Bemerkungen detaillirte Eisi begreiflich weder dem Götti noch der Gotte, so packte es seiner bekannten Freundin aus, bei welcher man es sehr oft sah, die große Gefälligkeit für ihns hatte und viele Gelegenheiten ihm verschaffte.
Eisi's Läuf und Gängen nachzugehen, wollen wir uns aber hüten, sie gingen so in die Kreuz und in die Quere, daß es uns ginge, als wären wir in einen Irrgarten gerathen, in welchem man sein Lebenlang laufen kann und doch keinen Ausgang findet.
Wir wollen unsern geneigten Lesern bloß noch sagen, daß auch der Götti seine Läuf und
Gänge hatte,jedenfalls würdigere, ob sie zu befferem Ziele führen werden, ist Gott'
bekannt. Er hatte mit seiner Mutter,wie er die Frau zu nennen pflegte, Bekannte und
Verwandte durchgemustert, die Thüren bezeichnet, an welche er für Aufnahme von diesem oder
jenem Kinde anklopfen wollte. Sie hatten die Sache nicht bloß so oberflächlich genommen,
sondern für jedes der Kinder,je nachdem sie es kannten, ein appart Haus ausgelesen und an
diese Häuser zu klopfen, war der Götti ausgegangen und hatte dazu manchen Tag verbraucht.
Er wär nicht unzufrieden mit dem, was er ausgerichtet hatte, er sagte seiner Mutter: „Es
ist schön und doch iraurig! Traurig ist's, wie so eine Mutter ganz erkalten kann für ihre
Kinder, daß sie ihr nichts als eine Last sind, sich um sie nicht bekümmert, von ihnen
wegftellt, so bald sie kann und so, daß sie dieselben verläugnet, so daß sie später nicht
einmal zu ihr dürfen.
Daß kömmt aber daher, daß kein christlicher Sinn in einer solchen Mutter ist, daß sie
nichts anderes weiß,als Gott und den Nächsten zu hassen, daß sie ihr eigener Götz ist und
Gut ha ihr Himmel. Hast gesehen,daß Eifi je ein Buch genommen hätte? hast gesehen,wie es
allemal ein Gesicht gemacht hat, wenn wit es gefragt, ob es mit uns z'Predi well? Zum
Nachtmal ist es gar nie gegangen und ein guter Zuspruch zu seinen Kindern ist nie aus
seinem Munde gekommen.Unser Herrgott hat die Ehe eingesetzt und Kinder sind des Höchsten
Gab, wer aber den Herrgott nicht mehr ästimirt und sich für das Höchste hält, der ästimirt
die Ehe nicht für heilig, sie ist ihm nur gut fürs Fleisch und die Kinder achtet es für
eine Last, die es abwirft bei der ersten Gelegenheit. Je weniger christlich die Eltern
werden, desto heilloser versündigen sie sich an ihren Kindern, desto übler geht es den
Gemeinden,welchen die armen Würmer, welcher Niemand sich erbarmen will, vorab liederliche
Wittweiber und schlärmige Wittwer nicht, zugeschoben werden. Das ist tiaurig, traurig ist
diese unchristliche Verlaäͤugnung der heiligsten und schönsten Pflichten. Aber
schoön'ist's daß es andere Leute gibt, welche noch der Kinder sich erbarmen und ein
Einsehen haben in ihre Noth. daß bei ungerathenen Eltern, denn die mißrathen fast noch
mehr als die Kinder, andere Leute einstehen müffen,Verstand haben müssen und Muth, solcher
Kinder sich anzunehmen, gäb wie ungern man es auch thut, von wegen der Verantwortung und
dem Undank.“ Somit gab er Bericht, wie er an wenigen Orten abgewiesen worden sei, und zwar
noch ungern, weil die Umstände es nicht gestattet hätten. Die meisten hätten sich freilich
bekümmert über die Pflicht, so ungerathene Kinder ins Geleise zu bringen, aber mit dem
Lohn sei er bald einig gewesen. Wenn man mit den Kleidern etwas nachhelfe, so daß man
nicht Geld aus dem Sack noch dazu thun müsse, so seien sie vorerst zufrieden. Er thue
sonst viel und daß er alles thue, fei nicht billig.Es müsse jeder was thun, oöͤppe was ihm
zieh mög
Am Morgen schickte Gott gleich eine gute Gelegenheit. Die Kinder bissen und kratzten sich untereinander,es war ein allgemein Gebrüll und Eisi, das geputzt ausreutern wollte, kriegte Blut an sein schönstes Mänteli. Was das aufbegehrte! Da meinte der Götti:zsäme thüe die nit gut, was meinst, we me se e Stung vo ne nangere thät? Ihm wär's z'rechte, sagte Eisi,es wett es g'schäch no hüt. Selb syg nit wohl mügli,sagte der Götti, aber er well luege, öppis müß gäh,so chön mes nit wohl lah gah.
Die Kinder hatten auch nicht viel gegen die Entfernung, obgleich der Götti das Mittel,
ihnen den Mund mit schönen Verheißungen recht süß zu machen,nicht anwandie. Mit solchem
möge er nichts zu thun haben, sagte er. Man wisse nicht, was für Schaden
Auf dem Bänkli saß der Götti und rauchte sein Pfeifchen, neben ihm saß der Bube und versuchte mit stumpfem Messerchen sich eine Pfeife zu schnitzen. Da saß auch die Gotte, rüstete späte Bohnen, denn dießmal war der Himmel Weibern und Mädchen günstig,noch hatte kein Reif Bohnen und Dahlien verblüht.Vot der Gotte auf kleinem Blöcklein saß das Mädchen, half der Gotte, hatte große Frende daran, wenn es einen großen ganzen Faden ab einer langen Bohne ziehen konnte und zeigte ihn dann dem Götti.
Aus dem Hause kam Eisi schön geputzt, ein Säckli in der Hand. „Wottsch no furt, sövli
spät“, sagte die Gotte? Es hätte noch eine Verrichtung, sagte es, und wenn es nicht früh
heim käme, so sollten sie seinetwegen nicht im Kummer sein; so sagte es und dahin ging es.
Es ging so eine Mutter von den Kindern weg um das Hochzeit anzugeben mit einem neuen
Männe, abzuschütteln die alte Last, ein neu Glück zu gründen, ein neu Leben zu beginnen,
voll Jubel und Freude. Den Herrn hatte es erwählet, die andern scheinen eben nicht hitzig
gewesen zu sein, nicht pressirt zu haben. Dem Glücke, eine Herrenfrau zu werden und mit
ihrem Föösel in der Stadt zu leben, konnte Eist nicht widerstehen, nur daß wüßte es noch
nicht recht, ob es sich städtisch wolle kleiden lassen, oder im Kiitel bleiben, sagte es.
Den Schritt that es, ohne
Der Götti und die Gotte sahen Eisi betrübt nach,dann warfen sie einander einen langen Blick der Verständniß zu. Man braucht einem nicht Alles zu sagen und man weiß es doch. Ueber seine Angelegenheüen redete Eist mit den alten Leuten nicht, es hielt sich für viel zu hoch, herausgewachsen über ihren Horigont,sich für eine Tochter einer Zeit, welche die Auten nicht begriffen, es gehörte der modernen Bildung an. Die Alten aber hatten vernommen, was Eisi trieb und womit es umging und hatten lange Rath gepflogen, ob sie die Rede versuchen wollten oder nicht Sie waren einig geworden, sich in die Sache nicht zu mischen,wenn Eisi nicht davon anfange. Ihren Rath woilten sie nicht aufdringen, zudem kannten sie Eist gut genug um zu wissen, daß es keinen von ihnen annehmen vielleicht gar noch zum Gegentheil angetrieben werden werde. Sie waren nicht der Meinung, daß man in Allweg rathen solle, helfs oder helfs nit, nach dem lateinischen Sprüchwort: animam meam salvavi, d. h.damit man sagen könne: i Gotts Name, g'seit hätt ihs, aber uf mih g'loßt het me nit, jetzt mach es, was es well, aber cho klage solls m'r de o nit, selber tha,selber ha, heißt's de!
Sie hatten immer bereite Hände zum Geben, aber einen sehr bedächtigen Mund zum Rathen. Der Götti hatte dem Vogt einen Wink gegeben, was dieser daraus gemacht, wissen wir nicht.
Aber betrübt sahen sie der Mutter nach, die so leichtfertig den Gang ging, der sie von ihrem eigenen Fleisch und Blute weg in neue Verhältnisse, vielleicht in neues Elend, vielleicht in größeres Elend füͤhrte.
Die Kinder ahndeten nichts, das Fortgehen der Mutter beschäftigte sie auch nicht; die Mutter hatte es dahin gebracht, daß die Kinder das Gehen und Kommen der Mutter kaum beachteten.
Sie setzten ihre Arbeit fort, bald mußte die Gotte die Pfeife bewundern, bald der Götti einen langen,langen Faden, und wenn sie es thaten, so hatten ihre Augen nie inniger über den Kindern geglänzt. J
Die Sonne war untergegangen, die Arbeit fertig geworden, am westlichen Hinmel glänzte, fast noch im Abendrothe, des Mondes junge Sichel, Planeten begannen zu flimmern, aus des Himmels unendlichem Grunde trat schüchtern ein Sternlein nach dem andern hervor, es war ein stiller schöner Gottes Abend, hie und da fiel ein Apfel, auf dem Birnbaum hörte man Eichhörne, aber in seinem Häuschen ruhte der laß.
Es ruhten die Messerchen der Kinder, an den Götti lehnte halb schlafend sich der Bube, des Mädchens Hände lagen in der Gotte Hände.
„Wey m'r öppe is Bett?“ frug sanft die Gotte.„Wie d'witt, sagte das Mädchen, aber wette m'r nit z'ersch no ume Aetti bete, d'r lieb Gott g'hörts villicht noch besser hie uße as dinne?“
„He ja, liebs Meiteli, bet,“ sagte die Gotte. „Was soll ih bete, frug das Meiteli, zUnser Vater oder der Glaube.“ „Was d'witt, sagte die Gotte, aber probir us d'r selber, wied scho es paar Mal probirt hesch.D'r Götti hilft de o, üs Brüderli.“
„Gotte ih schüche mih, sagte das Kind. Oder wottsch du o helfe?“ „Allweg“, sagte die Gotte.
Da faltete das Mädchen die Hände und betete leise über der Gotte Schoos: „O himmlischer Vater, mach'doch d'r Aetti selig u zMuetti u dGotte o u d'r Götti o un üs allisame. Ame.“
Da gabs ein heller Schein, man wußte nicht wars fernes Wetterleuchten, war's ein klein
Meteor. Erschrocken frugen die Kinder, „was isch, was isch, wots donnere ?“
„O Gotte isch das ächt?“ fragte das Mädchen.
„Glaubs Kind, sagte die Gotte, u blyb es guts Meiteli, su fehlts nit.“
„Gotte, ih wott,“ antwortete das Mädchen, „un ih o“, sagte der Bube.p veit gäb, daß es so
syg, antwortete der Götti,u so blyb.“Gut Nacht mit enangere!