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#31, GAD Katalog
„ So weit ih zurüddenkfe, waren mir Bücher bie beiten Freunde, jie waren mir Trojt im Un:glü und SGejelljchaft in der Cinfamfkeit, erfebten mir in der Dürftigkeit den Reichthum, in der Verbannung das Vaterland, bewahrten mir in:mitten politijdher Stürme die Heiterfeit des Ge:müths, Weder Vermögen, noch Macht, noch Rang mürde id taufcdhen für den Genuß, den mir meine Bücher dadır$ gewähren, daß fie mir den Uınz gang jidhern mit den qrößten Genien entjhwunz dener Jahrhunderte, mir leuchten auf der Bahn zum Wahren und Schönen und mir daz Vorrecht geben, zu verkehren mit dem Fernen und Unficht-baren, mit dem Vergangenen und Zufünftigen.“
Dieje Worte des englijchen Seldhichtjhreiber8 Macauleny habe ih vor vielen Xahren in
meine
Diefen finnvermandten Bücherfreunden biete id meinen Gruß indem ich Ihnen eine Blüthenlefe meiner vieljährigen Lectüre darbringe.
Eine vormiegend contemplative Natur, genährt von einer Kugend, in der mich Keinerlei
Sunft anläcelte, gequält von einem Sehnen und Ringen,das ih mit den äußern Verhältniffen
nie in Ein AMang zu bringen vermochte, führte mid zu jenen Freunden, deren Zuverläffigfeit
unvergänglich if.XS ergab mich der Lectüre, ohne Midhtung auf SelehHrtheit; e& war mir
darum zu hun, das mir von der Natur BVerliehene auszuweiten, meinen VBerftand aufzuklären,
meine Urtheilsfraft zu Iben,meine Empfindungen und Gefühle zu reinigen, den
Man kann freilig und nicht ohne Grund gegen folde Sammlungen einwenden, daß fie nur Zerz
ftückeltes geben, doch dürften. fie au einen Vor:zug Haben, Man Ht nicht immer hei Zeit
und Stimmung, ein ganzes Buch zu lefen und den geiftigen Erirag Daraus einzuheimfen; Doch
einen guten Auzfjpruch voll innerer Wahrheit und Schön:heit begrüßt man jeder Zeit. Sin
folder Uu8-fpruch Kann feinen Segen auf den ganzen Zag,auf die ganze Woche eines Menjchen
legen, ja zuweilen für da3 ganze Leben von durchflagender Wirkung fein. S3 fet hier alS
Beleg eine Stelle aus S. H. Lewes, dem. berühmten enalijchen Bio-graphen Goethes
angeführt: „Sin Studium kann fehr unjyftematijh und doch fehr fruchtbringend fein, eine
einzige Wendung kann befruchten, wenn fie auf den rechten Boden fällt, Gemwiz Hat jeder e8
an fih felber erlebt, daß ein Gedanke, der ihm
@&8 hat übrigen3 diefe Herausgabe zunächft zum 3wed, den bekannten Freunden eine Gabe
des Dankes für treue Anhänglichteit darzureidhen, den unbekannten Freunden aber ein Signal
des Das jeinS zu entfenden. Den unbekannten Freunden ?Wer find die? SE begegnet nicht
felten Menfchen,weldhe ihre Fühler fuchend und tajtend nach Jfinnz vermandten NMaturen
ausrecden, daß fie in einer
Sb diefe Sammlung von einem alınftiagen
3 Anhang habe ich mir dann erlaubt, einen Nachtrag von Sedanken und Betrachtungen aus dem Eigenen anzureihen.
Seon, im Xuli 1875,
&d. Dößekel.
Immer hat die tiefer liegende Wahrheit das Wort gewebe gegen fih; e8 {ft der Inftinkk des Buchfta:ben, die Vernunft unter fihH zu bringen.SJakoßi.
Wahrhaft über fi felbjt erhebt den MenfdhHen nur fein Herz, welches das eigentlide
Vermögen der dee, der nicht leeren, ift,
Wir nennen eine Seele fhön und jHöner, wenn fie Veit und Leiter durch die Hülle dringt, überall Seele offenbar macht; fo empfangen wir von dem beffern Menfhen, ohne zu wijjen wie, den Saamen feiner Nehnlichkeit; er ftrahlt ung fein Bild ins SemüthH und wir lernen, wie man fig felbft im AUnfdhauen eines Andern verliert, lernen Freund:ihaft, Neligion, Patriotizmus, jede Tugend, alle Wahrheit.“
Wenige Menfchen wifjen, was daz für eine Stille und Stetigkeit in die Seele bringt, wenn
man vor allen andern die eigentliden Gefühle des Herzens zu Ihärfen und fie empor zu
bringen weiß: wie fehr
Das Eine erkannte ih, daß fo lange meine Seele dh mit höhern Gedanken befhäftigte, fie fo
lange wenigften3 jene niedern Neigungen gar nicht auf:fommen ließ, jondern ernftlih uur an
dem neuen Bebensplane hing, und gerade bie gereichte mir zu großem Trofte, Denn id erjah
daraus, daß jene Uebel doch nicht fo befhaffen feien,. daß. fein Mittel dagegen wäre. Und
obgleid anfangs diefe Hellen 3wifjdgenräume felten waren und nur Kurze Zeit dauerten, fo
Famen fie doch, fo wie iQ das wahre Sut mehr und mehr Fennen lernte, Häufiger und hielten
länger an, befonders feit ih einfah, daß der Erwerb des Geldes, daz Streben nad finnlidher
nit und die Chrbegierde fo Tange fhädlih feien, als man bie Objekte nicht als Mittel,
-fondern als Zwed behandle.Sy'no20.
Wir Haben im Parzival und Triftan unfere da:malige Kunft auf ihrer Höchften Höhe gefehen.
Die Nation und ihre Digtung ft aus dem Zuftande des GSemeingefühl8 und der Unbewußtheit
hHerausgetreten,dies febte an die Stelle des Charakter des alten Volksepos einen geradezu
entgegenftehenden. Statt daß früher die Menfchen ihre moralifhen Sefinnun:gen wie ihre
poetifhen Productionen ohne Befragung des Berftandes nach dem bloßen. Triebe der Natur
heaten und pflegten, fo lernen fie fih jebt erfennen und vergleihen und fhaffen fi
SGrundläße und Regeln. Allein bei dem erften Verlafjen der Natur und dem Uebergange zur
Bildung, bei der Kluft der frühern Stärke des Inftinkts und dem Auffuchen von Brincipien
geräth der Men immer auf Wbmwege,traut auf die Eingebungen des einfeitig, erft tHätig
werdenden Verftandes und verläßt die Einfachheit der natürligen Empfindung, bis erft
almälig und fpät fi@ die neu aufgehende Erfenntniß fo ausbildet und
Uebermaaß des Senuffes umpft ab, und was fanın ber Weltling, der nie Begriffe von wahrer Sreundfhaft und Häuslidem Glück, vom Vergnügen der Zurücgezogenheit in die Stile der Natur und den Sefhäften des Aıntes für fein Vaterland, oder unter Büchern, und am allerwenigften Begriffe von der Hohen Wohlluft, feine Begriffe zu berichtigen haben fann, mwa8 Kann er anders empfinden als Rangeweile.Weder Democrit.
Che der DidHter c& unternimmt, die Vortrefflihen ju rühren, foll er e8 zu feinem erften und wichfigften SefHäft machen, feine Individualität felbft zur rein:ten und vortrefflihften Menfchheit Hinaufzuläutern.
Schiller.
Die Wahrheit offenbart fiH nidgt im Sturm 100 Teuer, nod) Erdbeben, fondern ein fanftes Säufeln ift ihre Stimme,
Hamann.
Zumweilen, wenn er von feinen Freunden und von Hreundfhaft, Liebe oder irgend einer
andern edlern Empfindung des HerzenZ fprach, Fonnten feine Aus:drücke Zweifel über feine
Grundfäge und den Edel:finn feines Gemüths erregen. Das Gefühl des Augenblids gab ihm die
Worte ein, und dazıı kam noch, daß er gern. die Molle des Sonderling3 zu:weilen aud) wohl
noch eine fHlimmere vorzüglich gegen diejenigen jpielte, die er in Verdacht Hatte,daß fie
e8 darauf anlegten, Entdefungen über feinen wahren Charakter zu maden; aber nur
untergeord-9)
Ein edler Sinn für Gerechtigkeit, ein freier und offener Charakter verpflichtet, dreift diejenigen zurüd-zumeifen, melche übertriebene Forderungen machen.
Ein heilig Feuer, das in div, ruht,Schlag aus in lidhte hohe Sluth,Doch daß das Leben, das dich treibt,Immer bei Holden Kräften bleibt;Hab ih deinem innern Wefen Nahrung und Balfam auserlefen,Daß deine Seel fei wonnereich
Einer. Knofpe im Thaue aleich.
Wiedergeboren werden muß,
Wie er den IHlanken Leib umfaßt,
Bon aller Mühe findet Raft,
Wie er in8 Hiebe Ärmlein finkt,
Neue LebenStag und Kräfte trinkt,
Und dir Kehrt neues Lebenzglück,
Deine Schalkheit Fehret dir zurüg.
Mit Keen und mandhen Schelmereien
Wirft ihn bald nagen, bald erfreuen,
So wird die Liebe nimmer alt
Und wird der Diyter nimmer Kalt,Auf Hans Sadis aus ©öfhe.
Denn jeder Menfch hat angeborne Schwäden,Die Gnade nur, nicht Kraft kann überwinden.Shakespeare.
Nie fann der Menfch, wie viel er auch vollende,Wie Kühn er fei, fih zeigen al8 ein Ganzes
Und was er ausführt, gleicht e& nicht am Ende Berftreuten Blumen eines großen
Kranzes,Xfaten.
Diefer fHöne Begriff von Macht und Schranken,von Willkühr und Sefeb, von Treiheit und Maß,von beweglidjer Ordnung, Vorzug und Mangel, er-Freue dich hoch: die Heilige Mufe bringt Harmonifch ihıt dir, mit fanftem Zwange belehrend.
Keinen Höhern Begriff erringt der fittlige Den-ver, feinen ber thätige Mann, der dichtende Künftlerz der Herricher, der verdient e8 zu fein; erfreut nur durch ihn fih der Krone. Freu? dich, hHöcdhftes Se:Iöpf der Natur, du fühleft dich fühig, ihr den höchiten Gedanken, zu dem’ fie fhaffend fi aufs idwang, nachzudenken.Soefhe.
Diefe Begierde, die Pyramide meines Dafeins,deren Bafis mir angegeben und gegründet ift, fo hoch als möglich in die Luft zu fpiken, überwiegt alles andere und läßt Kaum augenbliclihes BVergeffen zu.
Goethe.
OGervinus.Mühfam und wirklich oft wider allen Dank muß ich eine Laune, eine dichterifche Stimmung hervor:arbeiten, die mich in zehn Minuten bei einem gut denkenden Freunde felbjt anwmandelt, oft auch bei zinem vortreffligen Buche, oder cinem offnen Him-mel. € Igheint, Gedanken laffen fi nur durch Se:danken Locfen und unfere Seiftesfraft miüfje. wie die Saiten eines Inftrument8 durch Seifter- gefpielt wer:den. Wie groß muß aljo das Original-Genie fein,das weder in feinem HimmelsftriH und Erdreich,noch in feinem gefellfehaftlidhen Kreis Aufmunterung findet und auZ der Barbarei felbft hHervorfpringt.
Schiller in Mannheim.
Der dies SGefhenk mit ftiller Seele nimmt;
Aus Morgenduft gewebt und Sonnenklarheit
Der Didgtung Schleier auS der Hand der Wahrheit.Goethe.
Wir wifjen alle, daß unfern Zeiten. mit Recht der Borwmurf gemacht wird, daß nicht wie in den alten und ältejten Zeiten unfere Weisheit im Leben ausgedrückt wird und von Sitten ausgehend auf die Sitten zurüdfehrt. Sie wohnt bei unz mehr im Kopf als im Herzen und Hat meijtenz mehr unfer Sedächtniß bereichert al unfere Denkart und Sin:neSart gebildet. - Die unermeßlihe‘ Lururie in den Wiflenfhaften, ihre faft unabfehbare Vermehrung hat un8 zu Sclaven des Wiffens gemacht, oft ohne alle Selbitbildbung; mie mande Iugendfeele ging im rl:gerifchen Ocean der Vielwijjenheit, der ANgelehrfam:leit, an einer Sceylla, bei einer Carybde oder auf glatter Woge unter. Herder.
Nicht das Was allein, fondern audH das Wie entidheidet über den Werth der Handlungen; der
Han:delnde Menfch Hängt wie der Arzt und der Neuerer von Umftänden und nicht blos von fi
fTelbit ab;
Aufmand des Seift8 in [HmählidHer Berfhwendung ift Quft in Thatz und eh fie That geworden ijt Luft meineidig , treulo3, voll Verblendung mild, blutig, wüft und roh, bereit zum Morden.Senofjen kaum, wird fie verfmäht fogleich finnlo8 erftrebt, und wieder, kaum gehafht,finnlos gehaßt; dem tückifjhen Köder gleich,Der den toll madhen fol, der ihn benafcht,Toll in Begehren, im Befigß zumal;ihr Seftern wüft, ihr Morgen und ihr Heute,im Koften Wonne, und gefoftet Qual,im Ausgang Trug, nur in der Ausfiht Freude.
AM dieß weiß alle Welt; dohH Keiner meidet
Den Himmel, der zu diefer Hölle leitet.Shakespeare.
Und weiter fommt bei SGroßmuth nichts heraus,Wer Geld nicht hüten kann, der Hüte 8'Haus.Derfelbe.
Rohe Schulen,Nachjingt der Staar, was nur er Hört,Doch wie zufammen e8 gehört,
Hat er noch nicht begriffen.
Und durcheinander freuz und quer
Wird alles nadhgepfiffen.
Aus vielen Weifen bringt er her
Die lieblihiten der Stellen,
Und mitten drin beginnet er
Zu grunzen und zu hellen.3 rößlich.
Das Studiren, was man nidHt liebt, Heißt mit dem Erfel, der Langeweile und dem Ueberdruß
käm:pfen, um ein Gut zu erhalten, das man nicht be:ehrt; das Heißt, die Kräfte, die fiH zu
etwas anz
Ohne Anfang fein’ Bollbringen;Ohne Mühe kein Semwinnuft,Ohne Sorgfalt fein Selingen;Ohne Segen Fein Verdienft.So wie Mofes, kaum geboren,
Semiffem Tode beftimmt,
Wunderbar ward gerettet |
So mander, IHon Halb verloren,
Da der Feind eindrang, ergrimmt,
Ward wieder froh und glücklich gebettet.Siröhlid.
Sie wundern fihH, daß eine Licbe zur DBelHäfti-zung mit Empfindungen, eine Milde und
Zartheit in denfelben, ein Eingehen in fremde Gemüthsftim:mungen, mir unter vielen und
abziehenden Sejhäften geblieben ift. Das kommt doch nur daher, daß jenes eigentlig die
natürlidhe Befdhaffenheit meines Se:müth8 ift, und daß eS mir immer eigen gewefen
ift,gegen das. innere eigentlide Sein, die Se{häfte nur mie eine Art Nebenfadhe zu
behandeln, immer ihrer mächtig zu bleiben, ftatt mich von ihnen beherrfhen zu lafjen. Man
macht fie darum und auf diefe Weile nur defto beffer. Und das was den MenfhH als Menfgh
berührt, die Gefühle, die ihn erfüllen, die fi in ihm drängen und ftoßen, Haben inımer
einen Hauptfädhlihen Reiz für mid gehabt. IH Habe zuerft damit angefangen, mid felbft zu
Ffennen und mid jelbft zu beherrfhen und Fein Menfdh Fann fih Harer durchichauen , ‚Feiner
fig mehr in feiner Semwalt haz ben als ih. Ich Habe dabei immer nach zwei Dingen geftrebt;
mid empfänglid zu Halten für jede Freude des Leben3, und dennohH durchaus in allem, was
ich mir nicht felbft geben Kann, unabhängig zu bleiben,niemandes zu bedürfen, au nicht der
Begünftigungen des Schiefjal, fondern auf mir allein zu ftehen und mein Glücg in mir und
durgH mid zu bauen. Beides
Das Slük vergeht und läßt in der Seele kaum eine flade Spur zurück, und ijt oft gar Fein
Olüd zu nennen, da man dauernd dadurch nicht. gewinnt.Das Unglück vergeht au (und das ift
ein aroßer
3e mehr id die Umgebungen Ffennen lerne, in denen Sie aufwuchfen, je mehr io Sie mir
darin denfe, Defto manigfaltiger bewegt {Hweben mir die Züge vor, an die meine
Einbildungskraft immer gern und FieblidH geheftet ift. Solden Genuß der Phantafie rechne
iQ zu den Hödhften, die den Menfjhen gegeben find, und in vieler Hinfiht ziehe 9) ihn der
Wirklichkeit vor. In diefe fann im:mer leicht etwas jtörend eintreten, aber jene nähert id
den Ideen, und das Größte und Schönfte,das Menjchen zu erfennen im Stande find, bleiben
Joch die reinen, nur mit dem innern Bli erfenn:baren Ideen. In ihnen zu leben ift
eigentlidH der
8 giebt unleugbar Perfonen, welchen mehr Wi:derwärtiges alz Slüclihes begegnet, und auch
die jehr Stüclidhen Haben Küirzere oder längere Perioden,wo ber Verlauf der Umftände ihnen
nicht zufagt,und fie gegen den Strom zu fHwimmen genöthigt find. Das Kegt aber, auch ob e8
gar nicht eigene Schuld, oder Folge unridhtig beredneter Berfahrungs:mweife ift, in der
natürlidhen VBerkettung der Umftände,mo das allgemein Nothwendige oder unvermeidliche den:
Interejfe des Einzelnen widerfpridht. Sehr oft,
Der Propyläen drittes und lebtes Stück wird bei zrichwerter Fortfekung aufgegeben. Wie fich bis:artige Menfhen diefem Unternehmen entgegengeftellt,Fol wohl zum Trofte unferer Enkel, denen e8 nidjt befier gehen wird, gelegentlid näher bezeichnet werden.
Goethe.
Die ganze VBeredlung des Wefens, die möglidhfte Erhebung der Sefinnung, die größte
Erweiterung der innern DBeftrebungen ift ebenfowohl die Aufgabe,die her Menfch zu köfen
Hat, als die Reinheit feiner Handlungen. Es gibt au im Sittliden Dinge,die fih nit blos
unter den Maakftab des Pflidt-mäßigen und Pflichtwidrigen bringen lafjen, Tondern
Wenn behauptet wird, e& gehe jebt von mandhen Seiten Strafungs = oder
Berdammungswürdiges vor,fo ift dabei doch die Frage, ob darum die Sefinnung der Menfchen
jet fOlimmer und unmoralifdher {ft Ih möchte es bezweifeln. €8 fheint mir weit mehr eine
Verkehrtheit der Meinungen, eine Verdrehung der Begriffe zu fein. Chemals war mehr und
weiter verbreitete Frivolität, Die fdheint jebt doch weniger und feltener. Gerade die
Frivolität aber untergräbt alle Moralität und Käßt Keinen tiefen Gedanken und fein reines
und tiefes Gefühl auffonmen. E83 Fönnen fig damit natürliH gutmüthige und fanfte
Empfin:dungen verbinden, aber es& kann in foldher Seelen:Himmung nit aus Grundfägen
hervorgehen, und an Selojtüberwindung und Aufopferung ift nicht zu denken. IFebt Herrfht
doch der Ernit, der zum Nach:
%denfen führt, und der auf das Semüth zurücmirkend,ziner Anerkennung des Willens fähig ift, und auch wirffanı Bleibt, wo der Entfchluß Neberwindung foitet.Aumboldt.
Das Wachfein des Seiftes, feine Fruchtbarkeit an Borftellungen, die er bald au der äußern Beobadh-hing der Dinge und MenfjhHen, bald aus Jeinem Innern [Höpft, oder das fejte Fortrücen in längft begonnenen, vielleiHt durd einen Theil des Lebens gindurcdhgefchlungenen Ideenreihyen, ft das wahre dem menfhlidhen Dafjein erft Werth verleihende Glück 5e8 Lebens, und zwar nicht blo8 für intellektueller organifirte, Höher gebildete, mehr dem Denken erge:dene MenjhHen, fondern für AWe. Denn jeder Hat zinen innern Kreis von Ideen und Sefühlen, Wahr:heiten und Borurtheilen, Phantafien und Träumen,in dem er wach und regfam bleiben und den er al8 innere BefHäftigung weiter ausfpinnen will,
Derlelbe.
Sache der Seele ift e8, die innere Heiterkeit 10 fange und immer in dem Srade zu
erhalten, al8 es
Wer mit den Augen winket fhmiedet Böfes; und wer ihn Fennt Hält fi fern von ihm. Vor
Deinen Augen verfüßt er feine Rede und bewundert deine
€ wäre mir leid, 5i8 heut gelebt zu Haben,ohne daß die Erfahrung mich gelehrt Hätte, daß
der Zwet des Lebens nicht auf die Gewöhnung an diefe oder jene LebenZweife Hinausläuft;
fondern daß das Betentlidhe immer Lleibt, durch fo viele neue Ber:Jältnifje, in melde mir
geworfen werden, immer mieder von einer andern Seite auf un8 zurückgehen zu müffen, uns
felbft immer näher und inniger fennen zu lernen uns8 in diefer Kenntnik felbft im:mer
humaner und volllommener zu werden. Freilich meiß id nicht, wo e8 mit dem MeuifhHen Hinaus
mil allein, wenn au) mit Diefenn Leben alle8 ge:det fein folltez fo ift doch nur Eins in
der Welt,508 glüclidh, das Heißt zufrieden maden ann; daß id nämlidh immer mid felbit
adten fönne.Sorffer.
Das Eifen, wenn fiH ihn des Feuer? Kraft vereint,
Roth glüht c8, daß e8 wie cin Cheljtein erfdheint.
Der roth von Jelber ift, der feurige Rubin
Erfcheint dagegen blaß, glüht man im Feuer ihn.
So hat des Menjhen Sinn, von LeidenfHaft beraufcht
Sein Eigne8, auf den Schein, um Fremdes ausge:taufcht,Doch, wenn erkaltet, wird das Eifen wieder dunkel Und mieder hell, wie er gewefen, der Karfunkel.Yüßerf.
Hüte dih, daß du nicht betrogen und nicht un:alüclich mwerdeft durch deinen Frohjfinn.
Dränge dihH nicht zu, damit du nicht zurücge:ftoßen und fiche nicht zu fern, damit du
Nicht ver;gefjen werdeft.Gef. Sirad.
Die Sffentlide Meinung hat dies mit der Chemie gemein, Daß fie, mwofern ihre Gährung nicht Künft-fi gehemmt wird, das Wefjen der Dinge von ihren Zufälligfeiten, das gebiegene Metall von feinen Schladen, den Gebrauch von dem Mißbrauch fHeidet,und wenn Ddiefe Scheidung genauer beachtet würde,jo fönnte man gewaltjamen Veränderungen begegnen.Denn fo ift einmal der Dinge Fluß. Mag ihr Ur-prung noch fo qut fein, bald mifhen fig mit dem urjprünglidhen Clement die Einffüfje der Ufer. Doch reinigt c8 fich mieder im OYccan, in weldhen e8 zus (lebt itrömt.Mefenberg.
Diele Schönheit, die Schönheit des reifen Alters ift die Höchfte der men!hlidhen
Erfheinung; die For men find fatt, daß Gefäß ijft ganz ausgefüllt; fie haben jebt erft den
Ausdrud des SGemwollten, des Figenthums8 und Ddienftwilligen Draanz, worin
€ wird fünftig noch bemwiefen werden, daß die menjhlidhe Seele auch in diefem Leben in
einer un:auflö8lidh gefnüpften Gemeinfhaft mit allen imma:teriellen Naturen der
SGeifte8welt ftehen, daß fie wechtelmeije in diefe mwirke und von ihnen Eindrücke
zmpfange. Abgefchiedene Seifter können zwar nie:mals unfern äußern Sinnen gegenwärtig
fein, aber wohl auf den SGeift des Menfchen wirken, mit dem fe zu einer großen Mepublif
gehören, fo daß die Vorftellungen, melde fie erwecen, id nad dem Ge:jeße feiner Fantafie
in vermandte Bilder Heiden und die Apparenz der ihnen gemäßen Segenjtände als außer ihnen
erregen.Kant.
Das fHlechtejte Rad am Wagen macht den mei:iten Lärm.
Dem du gibjt, der [Hreibt’S auf Sand; dem du nimmit, auf Stahl.
Man empfängt Jeden nah feiner Kleidung und zntläßt ihn nad feinem VBeritande.
Das erjte ift immer, daß wir unZ rechtfertigen dor un8 felbit. DanadH fer un Liebe und
Achtung der ÜUndern milliommen. Gern opfern wir ihren Schwächen, ihren Vorurtheilen den
zwanglofen Ges nuß unjerer natürlichen Freiheitz nur müffen fie nicht fordern, daß wir um
der conventionellen For:met willen, womit fie jidhH belaftet haben, auf das
Feder MenthH muß in das Sroße und Ganze wirfen; nur was dies Große und Sanze genannt
wird, darin liegt meinem Sefühle nach noch fo viel
Für mic ift der Kreis, in dem ih jebt Lebe, der angenehmfte; e8 ift der, den id am
Dbeften auszu-füllen vermag, und Jollte e8 nicht wichtiger fein feinen Kreis wie groß oder
Hein auszufüllen al8 gerade diefen oder jenen zu Haben? Zühle ich ja mehr Kräfte, als
diejer Kreis fordert, nun fo Ändet fihH vielleicht auch ein größerer. Allein {Hıyer-li
wird daz je der Fall feinz je mehr man hut,defto mehr ficht man zu thıum noch vor fig. Die
intenfive Größe ift gerade diejenige, melde man nie erfhöpft und dennoch, wie jonderbar,
fuchen die Menfchen immer die extenfive, als wären fie mit jener {on fertig. Statt zu
fragen, mie viel an dem Zweck, an dem fie find, noch zu thun ift, eilen fie ihon nad einem
andern Hin. Wenn dies, wie es mir fcheint, den Geift nothwendig zerftreut, fo muß er bei
jenem Verweilen an Tiefe und Stärke ae:
8 feben Edle Höher ftet8 ihr Biel.
So ftößt der MenfhH mit Füßen oft fein SGlüc,
Weil Finfternif die Seele ihm umfhwebt.
Der Blinde fhüttelt ab vom Haupt den Kranz
Des Glücks, den ihm ein Wahn als Schlange malte.Sakßunfala.
Bei Scherern, den ich geftern fprach, ft mir eine Bemerkung wieder eingefallen, die Sie
mir voriges Sahı über ihn machten. E83 ift eine. ganz gemüth:lofe Natur, und fo glatt, daß
man fie nirgends fajfien fann. Bei folden Natürellen it e8 recht Hihlbar, daß das Gemüth
eigentlich die MenfgHheit in dem Menidhen macht, denn man fann fi folchen Seuten gegenüber
nur an Sachen erinnern, und das Menfchlide in einem felbft ganz und gar nirgends
Hinthun.Schiller an Goethe Bd. 4. S. 266.
Wenn Zimmermann in feinem Buch über die Sinlamfeit von einer Dame fpricht, die er mit
Plus tarchs Lebensbefhreibungen von HyjterijhHen Zuftänden furirt und dem Hauswejfen und
der Küche wieder gewonnen Habe, fo läßt fig in gleidher Weife auch von den Schriften von
Bigius jagen, daß fie un8 nicht nur mie reine Bergluft und Herrlide Natur mit erhöhter
Lebens: und Strebeluft erfüllen; fondern daß fie un8 wichtige Impulie fürs Leben geben,
daß mir von ihrer Lectüre weg nicht blos mit Luft an jebe Arbeit gehen Können, mas immer
ein Kennzeichen gefunder Bücher iftz fondern daß wir auch, von ihnen angeregt gleichfam
neue Fittide fühlen, unfer Leben mit frijdem Sinn neu zu ordnen und zu geftalten,mit dem
Pfunde zu wuchern, das Vedem, dem Klein-ten wie dem SGrößten anvertraut ift, und die
manig=jaden Kräfte in un8 zu entwideln, deren Nebung
Die Poefie {Heint in ihren Verbindungen eben fo eigenfinnig mie die Sffentlidge Meinung. Sie vermält fih eben fo oft mit der Heiterkeit wie mit dem Trübfinn. Wenn wir an das Schiekfal und den Charakter ihrer Angehörigen denken, fo fcheint es unmöglidh , daß ein fo eigenthümlidHes Wefjen mit fo entgegengefebten Nidtungen des SGeiftes und Zügen des Semüths verträglich fein Könne. Oleich den geheimnißvollen Verbindungen des Lichts, weldes der Cypreffe einen grünliden Schatten und der Wolke einen rofigen Hau verleiht, indem e8 durch eine teudtende Ausftrömung unzählige Tinten hervor:Sringt, fo affimilirt fi der SGeift der Poefie mit jeder Spielart des menfHlihen Semüths, von den tief ften Schatten des MenfhHenhHaffe3 bis zu den frifdeften Blüthen des Entzückens.Bhomas Ioore.
Die deutfhe Sprache ift auf einen fo Hohen Srad der Ausbildung gelangt, daß einem Keden
gegeben ift, fowohl in‘ Profa als in NRhytmen und Reimen, fiO dem Segenftand, wie der
Empfindung gemäß, nach feinem Vermögen glücliH auszudrücken.Hieraus folgt nun, daß Feder,
welcher durH Hören und Lefen fi auf einen gewiffen Srad gebildet hat, wo er fih felbft
einigermaßen Deutlich wird,Äc alsbald gedrängt fühlt, jeine Gedanken und Urtheile, fein
Erfennen und Fühlen mit einer ge:mwifjen Leichtigkeit mitzutheilen. Schwer, vielleicht
unmöglih, wird e8 aber dem Jüngern einzufehen,daß Hierdurg im Höhern Sinne nodh wenig
gethan it. Viele, die auf demfelben Wege gehen, werden Rh zufammen gefeXen und eine
freudige Wanderung zujammen antreten, ohne fi zu prüfen, ob nicht ihr Biel allzufern im
Blauen liege. Denn leider Hat ein mwohlmollender Beobachter gar bald zu bemerken, Ddaß ein
inneres jugendlihes Be:Gagen auf einmal abnimmt, daß Trauer Über ver:idwundene Freuden,
Shmachten nah dem VBerlornen,Sehnfucht nad dem Unbekannten, Unerreihbaren,MißmnuthH, Neid
und Verfolgung die Mare Quelle irübt, und fo fehen wir die Heitere SGefellfhaft {ich
vereinzeln und fich zerftreuen in mifantropifhe Cre:
Und diefe wechjelreidhe, flücht’ge Welt
Boll Luft wie Leiden, ift das Dornenfeld.
Sie zählt die Athemzüge, die du thuft,
Ob früh, ob fpäter du im Grabe ruhft.
Um Ende wird ein Erdftoß fich erheben,Dann Laffen feufzend wir all unfer Streben Und Müh'n auf diefem Dornenfeld zurück
Und ridhten auf das fejte Haus den Blic,
Sin Andrer Foftet unfrer Mühen Frucht,
Doch er auch zieht vorbei in rafher Flucht;So wars von je, fo wirds für immerdar
8 fein, und diefer Spruch bleibt ewig wahr:Vollbrachten wir der guten Thaten viel,
So wird un8 Ruhm an unferm Reifeziel;Doch waren wir verderbt, fo kommt die Kunde Davon zu Tag in unfrer lebten Stunde,
Ob unfer Schloß au hoch den Scheitel trug Bis zum Saturn nicht8 als das Leidhentuch Wird
unz zulebt; der Kühnfte wird erfhreckt Wenn Bruft und Haupt ihm fHmarzer Staub
bedeckt,Zirdufi.
Das Sein fo wie daz Nichts verneigt fih ihm,Er ift der Einz’ge, Nichts verneigt ih ihm.Zum Zweiten werde der Prophet gepriefen,Und alle melde fiH ihHm treu bewiefen.
Da jene Edlen von der Welt gefHwunden,
So rechne nicht auf Dauer deiner Stunden.Wo kam der Thron des größten Königs hin?Wo find die Großen al von Heldenfinn ?
Wo find die Weifen all und die Gelehrten?Die raftlos ihren Seift mit Wiffen nährten ?Wo find mit ihrer Stimme Janftem Ton
Und ihrem Reiz die Schönen Hingefloh’n?
Wo die Bedrängten, die in Bergesfihlucdhten Stend und ruhHmlos eine Zuflucht fuchten ?
Und jene, die den wilden Lömen jagten?
Sie wurden allgefammt des Todes RKeute.
Heil dem, der nur die Saat des Suten freute!Bon Erde find, zu Erde werden wir,
Voll Angft und Kummer find auf Erden wir.Du gehft von Hinnen, doch c& währt die Welt,Und Feiner Hat ihr RNäthfel aufgehellt.
Voll weifer Lehren ift für unz ihr Lauf,Warum denn addten wir fo wenig drauf?Sirduli.
Sie {Oneidet [Härfer als das Schwert; ihr Mund Bergiftet mehr als alles Nilgewürm,Ir Wort fährt auf dem Sturmwind und belügt Jedweden Erdfirih: Kaifer, Königinnen,Sürften, Matronen, Iungfraun, ja in Grabes Seheimniß wühlt das Natterngift VBerläumdung:
Cymbelin Bd. 12. S. 296.
Was find wir für SGejdHöpfe, wenn wir unfern zignen Wea gehen.SHARESPLALE.
Kür alle muß in Freuden
Mein treues Herze glüh'n.
Hür alle muß id leiden,
Zür alle muß iO blüh'n,
Und wenn die Blüthen Früchte Haben,Da Haben fie mich längft begraben.„Hichendorf.
Die Wahrheit ift freilid wie der Verfaffer im 83. KYahre, nad fehSzigjährigem Studium,
immer deutlicher einficht, nicht immer erreichbar, wenn von objectiver Wahrheit die Rede
ift;z allein die jubjective Wahrheit, d. H. die Vermeidung alles defjen, was nicht den
Schriftfteller durch und durch befeelt, fon:dern nur für das Publikum, deffen Bedürfniß
oder Vorurtheil man berücfichtigt, gelten fann, ift aller dingS erreichbar. In diefer
Nückficht gerade ift das Studium der Alten, weldhes. jeßt fo fehr vernadh-fäffigt wird, fo
ungemein wichtig, weil Ddiefe weder
Die medhanifden Künfte Haben fih länger ge:halten, weil die Urt des Fleißes, welche Kein Nach:denken erfordert, fondern das Werk der Nebung und Sewöhnung ift, pflegmatifden Völkern zur andern Natur werden kann. Ihre Eyiftenz ift in diefer, wie in jeder RückfihHt mafhinenmäßiger als die Eryiftenz ber lebhaften, geiftreichern Menjdhen, deren unftätes Welen mehr von eigenen Antrieben abhängt und daher Sfters die Erfheinung des Mürjfigangs bewirkt,
©. Siorfler.Mus d. Anfichten vo. Niederrbein.
Die Nüglichkeit ift nicht das einzige Bedürfniß unferer Natur, fie ft nicht der einzige
SGefichtspunkt,uf welden alle Thätigkfeit unferer Intelligenz fie
Die Kunft, diefe Hödhfte und allgemeinfte Sprache,ift, mie überhaupt alle Sprade ein in
die Sichtbar-feit tretendes Geiftesleben, ein Ausftrahlen des Seiftes, weldhes je nach dem
Standpunkte, welchen feine Träger einnehmen, belebend und veredelnd, oder aber vermirrend
und umnebelnd auf Ddiefelbe zurüd:Jällt,Derfelbe.
Was aber den Schein betrift, fo habe ih darüber meine eigenen ©rundfäge; id glaube, daß
e8 meinem Stande geradezu obliegt, ihn zu verachten; ich meine nit aus Leidigem UebermuthH
Dinge zu thun, die man fonft nit thun mürde, nur um zu zeigen, daß man fi aus der gemeinen
Meinung nichts macht,jondern das, daß, To oft e& HineinreiHende Gründe gibt etwas zu
thun, man nad) dem Schein dabei nichts fragen müffe. Das ift wie mir fheint, fehr nöthig
und ganz eigentligd Pfliht.... € Kiegt fehr tief im meiner Natur, daß ih mid immer genauer
an Frauen anfehließen werde, al8 an Männer; denn 28 {ft vieles in meinem SGemüthH was
diefe felten verftehn.... In der Gemeine (Herrnhut) wird der Menfch gebildet durgd
Einfamkeit und ftilles Nach:
Wahılih, man hat, mas daz innere Leben der Kinder betrifft, nichts zu thım als abzuhalten, daß fie nicht geftört werden; und dann wiederum fie zu:jehen zu Xlaffen dem Wirken der Kiebe und der Regierung des Verftandes im Leben um fie her,Was fo nidht gut wird, dem ift gewiß auf keinem andern Wege was Sute8 anzuerziehen und etwas Böfe8 auszutreiben. Das bejfjere Sefühl, was man auf diefem Wege gewinnt von dem Leben mit den jungen Geiftern ift wohl reichlich die Teeren Einbil-dungen mwerth, welde alles Gute in dem Menfchen für das Werk der Erziehung Halten. Einbildungen,die eigentlid dem Srundjage nad, der in iYnen liegt, jedes Höhere Bewußtfein zerftören.
Schleiermacher,
IH meines Cheil8 Halte wenig auf das nübliche.Wenn man das Leben nur für das nimmt, was der Menfh in der großen Maße auf fie wirkt, fo ift e8 in Der That nicht der Mühe werth. IS nehme aber bie menfHlihe Natur al8 eine noth:mwendige Stufe des geiftigen Lebens, die eben da fein muß, und von diefer Seite betrachtet {ft Fein Menfh unbedeutend, der etwas eigenthümlidhes hat, der die menfdlidhe Natur von einer eigenen Seite darftellt,Indeß ft e8 mit dem Nuben auch eine mißliche Sache. . Du fiehft ja, wie die Menfdhen fiH gegen mid) vermahren oder Alles von fih ftoßen, was id thue. Das macht mid wie du weißt nicht irre und verbittert mir das Leben, nicht, aber e8 fann do) au nicht Helfen, daß ih auf meinen Nuben ein aroßes Scewicht leae.Derfelbe.
DO trunknes Schietfal! mweldhes Saufkelfpiel
Treibfit du mit uns! Du weißt der Künfte viel!
Mit Sturm und WolfenbruH Hinweg uns raffft du,
Mit DoldH und Schwert uns aus Ö Leben Ihaffft u,
Den Ehlen tödtejt du durd SchurkenhHände,
Nach Laune nur vertheilft du deine Spende,
Xn Kerker bald und Sram verfenffit dır uns
Der Weife münfdht, ev wäre nie geboren,
Kon Hätte nie im Erbenfroft gefroren
Und niemal8 ihn die SGiuthH der Welt verfengt;
Unheil nur wird durch die Geburt verhängt,ur Wechfel Herricht und Trübfal hier auf Erden,
Drum ift e8 befjer, nit gezeugt zu werden.Firdulfi.
Sei dennoch unverzagt! Sib dennoch unverloren!
Weich feinem Slücke nicht! Steh Höher als der Neid!
Vergnlüge dihH an dir, und acht es für kein Leid,
Hat fich gleich wider diH Glück, Ort und Beit ver:{Hmworen ,
Was dich betrübt und Iabt, Halt alles für erkoren.
Nimm dein Verhängniß an. Laß alles unbereut;
Thu, mas gethan muß fein, und eh man dies gebeut,
Was dır noch hoffen fannjt, das wird noch ftet ge boren. .
Was FMagt, mas lebt man doch! Sein Unglück und fein Glüce
If fh ein Feder felbft, Shan alle Sachen an,
Dies AUile8 ft in dir! Laß deinen eitlen Wahn.
Xaul Silemming.
Einzelne MenfhHen und felbjt ganze Bölfer denken menig daran, daß, indem fie, ein jedes nach feinem Sinne und einer oft wider den andern, ihre eigene Abficht verfolgen, fie unbemerkt an der Naturabjidht,die ihnen felbft unbekannt ift, al8 an einem Leitfaden fortgehen, und an derfelben Beförderung arbeiten, an welcher felbft wenn fie ihnen Gekanut mürde, ihnen doch wenig gelegen fein würde.Kauf.
Eine geiftige Athmofphäre, wie die Äußere, um:giebt die Welt und jeden ihrer heile,
umgiebt das Jahrhundert und den Zag. In fie verbreiten fich alle Lebendigen Wirkungen des
einzelnen, zu einem Ganzen; aus ihr wirken fie, ihm unbewußt, auf den Einzelnen zurüd;
Gedanken, Empfindungen, Bor-jteNungSweifen fhmeben ungefehn in der Athmojphäre,wir athmen
fie ein, aflimiliren fie und heilen fie
Pfalm 1,Das3Z Loos des Frommen und des Sottlofen.Heil dem, der nicht mit SGottvergeffenen
einig geht,Der nit an Weg der Sünder fteht,NochH fiet im Kreis der Syötter:Sondern feine
Luft hat an Jehovas Lehre Und über defjen SGefeb finnt Tag und Nacht!
Und deffien Laub nicht welt; i
Und alles ma8 er [Hafft gelingt ihm wohl.Nicht fo die Sottvergefjenen.Sondern wie Spreu, die der Wind verweht.Darum beftehen die Sottlofen nicht im Seridht,Und die Sünder nicht in der Gemeinde der Gerechten Denn Jehova achtet wohl auf den Weg der SGerechten,Über den Frevker lenkt er inz Verderben.
Durch Reif und Froft.
Durch Reif und Froft im falben Hage Schreit id dahin bet rauhem Wehn,So fühl ih add durch meine Tage Mit leifer Klage
Des HerbiteS KKihle Schauer gehn.Wo bift du reiche Iugendwonne,
Du trunkner Glanz mir im Semüth,Ach, bleih und läffig hängt die Sonne Im Nebel, die fo
IHön gealüht.
Du meiner Sehnfucdht tröftlig Wort,Du bleihft mir treu und raufcheft Leife Auch unterm Eife
Wie eine Heiße Quelle fort.„Sm, Geibel.
Nicht durch SGelübde oder weibifche Gebete. erlangt man die Hülfe der Götter, Wachfamkeit, Chätigkeit,Klugheit fichern in allen Dingen den Erfolg; wenn dır di der Trägheit und Feigheit ergiebft, rufft du vergebens die Götter an; erzürnt und feindfelig wen:den fie ih ab.Seneca.
IH freue mid mit einer {trebenden und in den Mefultaten noch nit gefangenen Kugend von
Neuem
Der größte SGegenftand in der Welt, fagt ein großer Pbhikofoph, it ein redhtihaffener Mann, der mit Widermärtiakeiten fämpft.Mlpenrofen 1566.
Wie die Pflanze die Kräfte ihrer NMeproduktion an Light und Luft nicht nur übt, fondern in diefem Prozeffe zugleich ihre Nahrung einfaugt: fo muß der Stoff, an dem fih der Berftand und das Vermögen der Seele überhaupt entwielt und übt, zugleich eine Nahrung fein.Hegel.
Uns gegeben
Bum Troft ift holder Wahn, und wo entrathen
Muß foldhen edlen Sporns ein trübes Leben,
Muß rühmliches Bemühen.
In träge Ruh’ fi wenden und verglühn.Oiacomo Leopardi.
Doch mil ih gleichwohl, weil ih noch Hier trage diefes Leibes Joch,Auch nicht gar ftille
[mweigen.Mein Herze fol fidh fort und fort An diefem und. an allem Ort Bu deinem Lobe
neigen.Hilf nur und fegne meinen Seift Mit Segen, der. vom Himmel feußt.Daß id dir ftetig
blühe.Sib, daß der Sommer deiner Snad In meiner Secle früh und fpat Viel Slaubensfrucht
erziehe.Mach in mir deinem SGeifte Raum,Daß ih dir werd ein guter Baum,Und laß mid wohl
bekleiden;Verleihe, daß zu deinem Ruhm,IM deines SGartenz {Höne Blum Und Pflanze möge
bleiben.us Yanl Gerfard’s ‚„„Sommergefang.“
Aus dem Lobgefang von S, Gerhard.
Feigee Gedanken Bänglihes Schwanken,Weibilches Zagen,Nenaftlidhes Klagen
Zum Troß fih erhalten,Nimmer fih beugen,Kräftig fi zeigen,Rufet die Arme
Der Götter herbei.Soefhe.
Indem fo der Menfjch den göttlidHen Seift in {id wohnend Hat, wird er vom Seifte
getrieben.“. „Die der Seift Gottes trübet, die find Kinder Gottes.“ Der Böfe geht gegen
feine innerfte Natur, dagegen wird ihm das Sute zur (andern) Natur. Auf diefer hHöchften
Stufe des fittlidHen Lebens vollzieht fi dann die fittlidhHe Forderung, wie eine
Naturforderung, die Tugend -erfheint als das Kampflofe Herausfeken des in der
MenfchHenfeele Kiegenden göttliHen Schalts,der Menfch fiegt über das Böfe durch fein
Herz,nicht feinem Herzen zu Trog, und alles Handeln geht aus Dem unmittelbaren: Drang der
ganzen,Sotterfüllten Menfhennatur Hervor, ohne daß man jeden Augenblit ängftlihH fragen
müßte: wa8 ver:
Wäre e8 möglich die Stimmung, aus weldher bie Fanft: Dihtung Hervorgegangen ift, mit einem einzigen Wort zu bezeichnen, Io wäre e8 jenes Wort,auf weldhes Göthe die Denkweije Hamans zurücführt.“Alles mas der MenfdhH zu Teiften unternimmt, es werde nun durch hat oder Wort oder Jonft hervor:gebradt, muß aus fämmtlidhen vereinigten Kräften zntfpringen ; alles vereinzelte ift verwerflich.
5. Setiner.
Und mer bekennen
Sch glaub’ ihn.
Wer empfinden
Und fig unterwminden
Zu Jagen : ih glaub ihn nicht?
Der Allumfafjer ,
Der Allerhakter,
Faßt und erhält er nicht
DihH, mich, fih felbft?
Wölbt fih der Himmel nicht da droben?Liegt die Erde nicht hier unten feft?Und fteigen freundlich blidend
Ewige Sterne nicht herauf ?
Schau id nit Aug in Auge dir
Und drängt nicht alles
Nah Haupt und Herzen dir?
Srfüll’ davon dein Herz, fo groß eS fei Und wenn du ganz in dem Sefühle felig bift Nenn’ e8 dann wie du willft,
Nenn’s Glück, Herz! Liebe! Gott!Ich habe feinen Namen
Dafür. Gefühl ift alles,
Name {ft Schall und Rau,Umnebelnd Himmelsaluth. Goethe.
In unfer8 Bufens Reine wogt ein Streben,Sid einem Höhern, Reinern, Unbekannten Aus
Dankbarkeit freimillig hinzugeben
Wir heißen: fromm fein! Soldjer feligen Höhe
Hihl ih mid theilhaft, wenn id vor ihr ftehe. -OGoefhe.
Wenn der Gott der Willführ und der Wunder für mi auffört, glaubwürdig zu fein, Toll 1 aud an den night glauben, der fi mir offenbart in den Sefeben und Ordnungen der Welt, der vor meinen Augen täglig fein Weltgeridht übt in den Sefdhicfen der Völfer, der in meinem SGemwifjen mit mir redet al8 der Heilige und Serechte, verfolgend jede Ueber:tretung ‚Jeiner Gefebe mit feiner unerbittlichen Strafe,der, fobald ich wieder einlenke in die Geleife des Suten, fi mir zu fühlen gibt al8 der Gnäbige, der daz reuige Kind mit feurigen Armen an fein Herz zieht, ihm zuruftz Friede fei mit dir! Das Alte ift vergangen, e8 Joll Alles neu mwerden;“ und die Seele füllet mit Freud und Wonne. Diefen Gott der religiöfen Erfahrung folte ich nicht glauben fönnen? glauben müßen? Wer darf fagen: ich glaub Shn nicht in dem wir doch keben, weben und find.
Heinz. Sang.
Und erfenn e8 far Wie alles [Hmwankfend und gefahrvoll ift Im Menfdhenleben. Slück und Mißgefchiek.Wer frei von Schmerz ift, blide hin auf’3 Leid Und wer im O©lück lebt, der fei vor Allem Auf feiner Hut vor undbenerftem Sturz.Sophokles. (Philoktet.)
Timotheus wurde durch einen Beldhluß der Cpho-ren au3 Sparta verbannt, weil er der Lyra noch drei Saiten zugegeben.
DBefenntnifje des Heil. Auguftin: Und es gehen die Menfdhen hin und bewundern Hohe Berge
und weite Meeresfluthen und mächtig dahin raufdhende Ströme und den Ocean und den Lauf der
SGeftirne und verlaffen fi felbit barob.
Der Roman Pamela, der im Jahr 1740, Ger au3 fam, Hatte Nihardfons Ruf auf den Höchften Sipfel erhoben. Diefes Buch, meldhes Stellen enhält,bie un8 Heut fehr unfohiclidh erfheinen würden, wurde damals fogar von der Kanzel Herab anempfohlen.
Unter den edlen Männern, die mit Muth und Einfiot unferer Zeit den Spiegel beffen, was
fie war und Deffen was fie werden foll vorzuhalten wagten, verdient Schloffer die erfte
Erwähnung,Waz unz in feinen Schriften zunächft mwohlthätig berührt, ift die völlige
Rückfichtslofigkeit, mit der er die Wahrheit und zwar die ganze volle Wahrheit nad) allen
Seiten hin aus]pricht. Weder die Scheu
€ ijft nicht3 leichter, al8 aus dem Bilde einer urfprünglidgen Natur alle Größe wegzumwifchen, man barf nur fein Leben in die einzelnen Tage zerlegen und den verbindenden Faden fallen Kaffen.Der Obige.
Du prahHiit fo laut mit deinem Glück «nd ladeft dadurch das Unalück in dein Haus.
Reich ift an eigner Tugend, wer die fremde ‚rt.
Ein Herz, das wohl mir. will, fhäß ich nod mehr al3 meines Bruders Blut.X, Syrus (griech. Dichter).
Toute casse Tout se casse Tout passe.Benny Lind,
Was die Didhter der neuern Schule vor unfern ältern Uyrifern unter[heidet, ift, daß fie
niemals bei der Sache find. Die Kunft Hat die Aufgabe,den Segenftand in finnlicher
Klarheit zu zeigen, nidt verwirrt durch anderweitige Borftellungen. E83 ij in der Malerei
ebenfo. Der Künftler Kann die glän:zendften Farben und Linien anmenden, fie werden feinen
Eindruck machen, wenn fie nicht der Sache angemefjen find und wenn fie die Einheit der
Stim:mung {tören. Faft in feinem Zweige der Kunit wird
3. Schmidf.
Man Iaffe jeden nicht nur nach feiner Facon jelig werden, fondern au fhon auf Erden möglichft nach) feiner Facon glüclih fein.- Niel.
Ueber Grab und Srabkult haben die eilenden VahHrhHunderte und alle Neuerungen, die fie
mit fih führen, nur geringe Macht. Ihre Symbolik in den älteiten Anfdauungen unferes
Sefhlechts wurzelnd,reicht. unverändert, menn auch zulekt nicht mehr ver:jtanden, hinab in
die Zeiten des finkenden Chriften:thums und über diefe hinauZ in das neue Weltjahr,das
Chrifti Menfdhwerdung eröffnet hat. Späte und frühere SGefcdledhter treten in unmittelbare
Berührung und mit der Bedenutungskofigkeit zeitliher Trennung verbindet ih diejenige
volfliHer Berfhiedenheit und räumlicher Entfernung. Liefert für jene dasz Ei:
Magft dur den Feind mit Liebe aud behandeln,Du wirft ihn nie zum wahren Freund verwandeln.Sirduß.
Der Menfch fällt nur gar zu Leicht in den SFrrtyum,dasjenige für groß, für mächtig zu
Halten, was mit itarfen Eindrücken auf feine Sinne wirkt und Teicht gibt er fi Der
Täufgung hin, daß dasjenige aud unbedeutend fei, was unbemerkt und geräufhlos,aber ftetiqa
im Stillen wirkt.Schleiden.
Des Herren Auge dürtgt das Land.
Der griechifhe Künftler Dinokrates, oder wie ihn ındere nennen Nafikrates, der Erbauer
Alerandriens,irat einft vor Alerander den Sroßen hin und tadelte die Künftler, welde den
gewaltigen Welteroberer bis:ger in Farben, Erz und Marmor Herzuftellen verfucht,da doch
foldhe Bildchen, die gekauft, geftohlen und ingefHmolzen werden Könnten, nicht® weniger
als nürdige Denkmäler feiner Größe feien. Ih dagegen jJabe mir vorgenommen, {prad) er, in
einem unver:gänglidhen und lebendigen, ewig fejtwurzelnden Stoffe in Abbild unbewegbar und
unerfHüttert für die Swigkeit hHinzuftellen. Der thrakijde Berg Athos,da wo er am Hödhften
und fihtbarften über dem Meere auffteigt, fol durch meine Kunft zu einem Standbilde
umgewandelt merden, das Alexander mwürz dig, mit den Füßen daz Meer, mit dem Haupte die
Wolfen berührt; in der rechten Hand eine volfreiche Stadt tiragend, mit der linken aber
einen immer Tießenden Bergftrom auZ einer Opferfhaale in das Meer ausgießend.
Der Schmerz ift eine Frucht, Gott "yäßt fie nidt gedeihen Am Zweige der zu IHwahH noch wäre für die Laft.DT, Hugo.
Die wahre Tugend ift, daß Ieder jede Frift Das thut, wozu er taugt und tüchtigq ift.
1523 ftarb ‚auf feiner unbefejtiaten Burg Land:ftubl Franz von Sidingen. Hutten prie8
feine Schlöffler al8: Herbergen der Gerechtigkeit. Da find die. Männer rechte Männer, da
wird Gutes und Böles an- feinen gebührenden Drt geftellt, jedes gilt
‚..Die dritte Kategorie hefteht aus einer fpecififchen Ybart der „beiten Männer“, welde
ihrem Egoismus die Maste der Selehrfamkeit auffebt. Zunfimäßige Nachbeter fHolaftijdher
Weisheit, zeihnen fie fic dur ihren Dünkel aus, der nur von ihrer, dureh hohles Wiffen
gepflegten Charakterfofigkeit, überboten wird. Ihnen gilt jener Sas, weißer den
überflüffiz zen Ballaft und das obligate Rothwelih verjhmäht,um das NMefultat der Forfhung
in bürgerlicher Rede:weile vorzutragen, für unwiffenfhHaftlich. Diefe Baalspfaffen der
Wiffen[hHaft, die weder die Logifche Kraft befigen, ihre Ideen felbftftändig zu
bilden,noch das fprachlide Vermögen, ihren Gedanken ein zigenes Gewand zu IHaffen, Halten
fiHd für gewiegte A
Mer daz, was er fagen will, nicht in gemein,verftändlidher Sprache fagen kannt, der verfteht fidh felbft nicht; der Hat eine fremde Formel im Kopfe,die vielleicht gefeßmäßig gebildet ift, Die er jedoch im Strome des wirkenden LebenZ nicht ffüßig zu machen müßte, und deren wahren Werth er nit darzuftellen vermag. Die Denkwijfenfchaft bedarf nidht diefes Formenkram8, der ihrem eigenften Wefen zuwider Hr und nur den Mangel an Inhalt verdefen Hilft,3. fan.
Treten Künftler in einem Lande auf, ift die Rraft derfelben fo umfaffend und tief, daß
ihre Schöpfungen zu einem heile des allgemeinen geifli:gen RNeichthHums werden; dann
Hietet die Stellung,welche folge Männer einnehmen, Feinen Maßfjtab für die Behandlung
weniger begabter Naturen. Weder ir hoher Mang (wenn er ihnen eingeräumt wird)no ihre
Verlafjenheit (menn ihnen diefe zu Theil wird) gibt für Andere ein Präjudiz ab. Solde
Seifter Haben ihre eigenen unberechenbaren Schicklale.
Die Hervorhebung der Eigenthümlichkeiten des Ipantfden Dramas, namentlig feiner VBermifdhung des Komifhen und Tragijdhen war e8, welche Leffing auf das wichtige Zhema von der NMadHahHmung der Natur durch die Kunft führte.
In der neuern NWefthetit ift jene Frage dahin zrledigt, daß die Kunft eben die
Erfheinung, weldje die Natur gefhaffen,. aber im SGedränge des ftörenden Zufallzg
Trübungen jeder Art ausgefeßt Hat, auf die Reinheit zurücführt und fo gereinigt in einem
idealen Scheinbilde wiederholt, während fie in der Zurück:
Lefage,. der des Morgen bald nad Sonnenaufs gang aufftund, murde Lebhafter, tHeilnehmenbder und Fräftiger, jemehr fi die Sonne dem Meridian näherte;aber fo wie fie fid zum Untergange neigte, verän:derten fiG Empfindungsfähigkeit, Klarheit des SGeiftes und Fähigkeit der Sinne ganz in demfelbden Maaße al8 er bald nad Sonnenuntergang in eine Art von Lethargie verfiel, aus der man ihn nicht einmal zu erwedden vermochte.
Eine Brantweinfäuferin litt an einer volllomme-nen Lähmung des rechten Aıms. Al ihr eines Tages ihr Enkel erzählte; Der Arzt Habe gefagt,daß ihr Saufen wohl die Urfache ihres Nebel8, jeden:fall8 aber die angeftellten Heilverfuche vereitle, gerieth fie in heftigen Zorn, daß fie dem Knaben eine Fräftige Mauljchelle mit dem gelähmten Arm gab,defien Lähmung von Grund au3 gehoben war.
Dr. $. Wald.
Bernt Tugend unterf[Heiden von dem Schein,
Seid nie zu {nel zur Hand mit Eurer Addtung,
Und mo ihr zweifelt mählt den Mittelweg.
Man fol zu leicht nicht jedem Trug vertrau'n,
Und doch die feltnen Suten nicht verfennen.
Und müßt ih mid für ein Eytrem entfhließen ,
So fehlt ih Keber durch zu viel Vertrau'n.Doliere.
Dante wußte noch nicht, daß die Erde fih um die Sonne bewege, gleichwohl Hatte er
bedeutende Renntnifje in der Ajtronomie, und feine NMaturbe:raddtung war nad allen Seiten
geöffnet. Heute fennt Jedermann den Sang der Erde, aber allge:meine Sfeichgiltigkfeit
macht den Werth erweiterter Renntniß leblos und fruchtlos.
Darwin fucht zu beweifen, daß die ganze orga-ni[He Welt in einer unaufhörliden Wandelung
be:griffen ift, in Folge deren fi die heutigen, wenn auch noch fo Hoch organifirten Thiere
und Pflanzen au8 einer oder einigen einfachen Urformen entwidelt haben. Da daz Pflanzen:
und hierreih auf ihren unterften Stufen in einander übergehen, fo ift die Annahme eine8
einzigen primitiven nach obigen An:deutungen ohne Zuthat eines SchöpferS entjtandenen
Organismus mahr[heinlicdher, aus welcher fih fpäter zahlreihe Formen in den zwei
Hauptrihtungen der organijdHen Meiche Herausgebildet Haben.
Daz Denken, das den Willen in der Bildung des Charakter3 leitet, Halt in der Sefühlstiefe
wieder,wird Sefinnung. Die Sefinnung bewegt mächtig die Welt der Triebe und Leidenfhaften
und Hält fie zugleich zur Cinheit des geiftigen Gefekes zufammen.Mit diefer geiftigen
Wärme die Welt in fiG und fig in der Welt vernehmend, heißt der Charakter SemüthH und dies
gibt ihm zur Schneide die Innig-feit. Wenn wir die zufjammengehaltene, im eigenen Bentrum
unendlich webende und diefes Centrum zum Welteinflange erweiternde Sefühlstiefe des
Charakters Semüth nennen, fo wende man nicht ein, der große Mann. der eneraiflch
Entichiedene fei nicht gemüthlidh.
Sut Brutus, du bift edel, doch ich fehe
Dein Löblidhes Semüth kann feiner Art
Entfremdet werden. Darum ziemt e8 fidh,
Daß Eble fi zu Edlen immer Halten,
Wer ift jo fejt, den nichts verführen kann.Shakespeare.
Erhalt dein Wort und Heilfam Lehr.
Du Haft doch allen Swalt -und Macht,
Dbgleih die Welt dein nicht viel adht,
Was iit die Welt, was it ihr Kunft,
Was ift ihr Phantafei und Dunit!
Wer dein Wort Hat, derfelb befteht,
Sunft, Kunft, Stolz, Muth, Troß, OÖmwalt vergeht,N. Seluedker 1530,
Ö’we was find verfgmwunden allin minin Sahr!Xit mir mein Leben getraumet oder it e& wahr?
Alters-Freude und Abentfhin Mögen wohl gelih einander fin.Sie troeftnet wol und varent hin,Als ime regen ein muedin bin.MBMalter von der Bogekweide.
Saelsfield gab dem Kertbeny auf die Bemerkung,aß er ein urächtes Deutih {chreibe, troßdem
er in
Wer die Sefhihte durdhforfcht, muß die Poefie al8 einen der mächtigften Hebel zur
Erhöhung des Menfhengefhledht3, ja alz wefentligHes Erforderniß für deffen Auffdwung
anerfennen; denn wenn jedes Bolke8 eigenthümlide Sprache der Stamm ift, an dem alle feine
innerften Kennzeidhen fi darthun und entfalten, [o geht ihm erft in der Dichtung die
feines WadhHzthum8 und Sedeihenz auf: Voefie ft das,
Am lang verfchleierten Gemälde bleichen
Die Farben endlich ab, melf wird die Blüthe,
Die fi umfonft nad Lit und Sonne mühte,
Die Kraft verfiegt, Kanır fie nicht Muhm erreichen.3. £ingg.
KXeder arbeite für das Volk, morunter ihn fein Schietfal geworfen und er die. Iugend
verlebt Hat,juche deffen Herz zu erfhüttern und mit WohNAuft und Entzücen zu fHmwellen,
fuche deffen Luft und Wohl zu verftärfen und zu veredeln und Helfe ihm weinen,menn e8
mweinet.Geinfe.
Schulplan des tHalmudifch=rabbinifhen Unterrichts vom -Kahr 1650.
Nahe bei der berühmten pradtvollen Synagoge ift das Schulhaus mit fechs Klafflen. In
jeder Klafie ift ein Lehrer; in der erften lernen die Kinder hebräifh lefen; in der
zweiten die fünf Bücher Mofes mit dem dabei üblihen Recitativ;z in der Dritten überfeßen
fie Die fünf Bücher Mofes mit dem Commentar des RMafdhdi, in der vierten lernen ie die
Hiftorijhen und prophetilHen Hücher der Reihe nad mit dem Recitativ, ein Knabe liest einen
hebräifhen Vers, überfebt ihn, die Andern Hören au u, ff, in der fünften Kaffe gewöhnt man
die Knaben den gefeblidhen Theil des Thalmuds (Halacdha)von felbit zu Lefen und zu
verftehen, hier fprehen fie num in Hebräifher Sprache, die Halaha auszgenom:men, die in
die Landesvrache Überlebt wird, auch
Die SGefchidhte der MenfHheit ftellt unz die Be:wegung des menfdhlidhen Seiftes aus
feiner Natür-likeit Heraus zum göttliden Seijte dar, fie zeigt un8, mie der Menfch
anfänglihH in die tieffte Natür-(ichkeit verfunkfen, der Natur, außer ihm unterthan, in
jeinem Handeln durH die wenn au von Anfang gottbegabte, alfo nit thierijde Natur in
ihm,
Und Schönes {ft ja Götrliches, Teicht verhüllt Durch einen For, den un8 des Denkers Weljen erfor]hendes Auge Wftet.Daten.
Walter Scott macht die Sittlihkeit zur Bafız aller Xunft. Iede unfittliche Anregung Haßt
er und mit Recht, Aus feinen Werken, die nie und nirgend ud) nur von Ferne das Unedle in
Schuß nehmen,dürfte fih daS vorausfeben lafjen. Allein e8 Könnte im Stoffe, im Talente des
Verfafjer8 liegen, daß er Rippen zufällig mied, die fo mandje unferer Schrift:iteller
aufzufuchen Jheinen. Um fo mehr erfreut uns jet dieje Reinheit feiner Werke, da wir
finden, daß fie aus begründeter Kunftanfiht hervorgeht. Wäre gier der Ort dazu, eS Kieße
fih Manches über diefes Thema fagen und thäte noth, daß e8 gejagt würde.68 ift wahr, die
Theorien Haben viele Winkelzüge aufgefunden, gewiffen Ausfhweifungen in das Gebiet der
Unjittlichfeit, die fie durch das Vorbild der größe:ten Meifter zu rechtfertigen fuchen,
al8 ein der Runft angehöriges Recht zu erweifen. Winkelzüge die nicht Keicht und nicht aus
dem Steareif zu wider
Wollt ihr erfahren mas ih ziemt,
So fraget nur bei edlen Frauen an.
„.. Denn der Sinn für das Schöne hängt ftreng mit dem fittligen Sefihl zufammen; einem reinen Semüth verfhmikzt beides in Eins. Wer fi daher am Semeinen in der Kunft erfreut, der fet arg:möhnifdh gegen feine Sefinnung in Leben und That...
Daz große Sejebe, nach dem alle äußern Be:ftimmungen und Formen fih überleben und
zerfallen müflen, weil der Seift, in emwiger Verjüngung und Fortfchreitung fie auswächst
und zerfprengt, diefes Sefeb, nad dem fih fogar das Recht ändert, dem fi Könige und
Völker, ja die Religion felbjt beugen muß, das waltet au in der Kunft, die fih noch feiner
ewigen Form zu rühmen gehabt hat und nie rühmen wird...‚..£aßt die großen Früchte des
vorigen IJahr-Yundert8 nicht verdorrend auf dem Speicher liegen.Lefet euch denn leider
gefhieht e8& wenig! mit Eifer in die großen Kunftanfihten eines Leffing,Herder,
Goethe, Schiller, Auguft Wilhelm Schlegel,
Hiebei befenne ih, daß mir von je her die große und fo bedeutend FMingende Aufgabe:
erkenne did Telbft, immer verbächtig vorfam, al8 eine Lift ge:geim verbündeter Priefter,
die den Menfhen durch unerreichbare Forderungen verwirren und von der Thätigfeit "gegen
die Außenwelt zu einer innern alien Befchaulihkeit verleiten wollten. Der Men fennt nur
fich felbjt, infofern er die Welt Kennt, die r nur in fig und fi nur in ihr gewahr
wird.Zeder neue Gegenftand, wohl befhaut, fchließt ein neue8 Organ in un8 auf. Id habe in
reifern Jahren große Aufmerkffamfeit gehegt, inwiefern andere mich wohl erfennen möchten,
damit id in und an Onen, wie an fo viel Spiegeln, über mid felbft und über mein Inneres
deutlidjer werden Könnte. Wider:lacher Fommen nicht in Betracht, denn mein Dafein ift Ynen
verhaßt, fie vermerfen die Zwede, nad) weldhen
X habe mid in den Monologen felbft idealifirt und nun meinen die Guten, ih bin fo. Nämlich ich bin fo, c8 ift meine innerfte Gefinnung, mein wahres Wefen, ja freilidH aber das Wefen kommt ja nie rein hHerau8 in die Erfheinung; c8 ift immer getrübt in diefen armen Leben und dies SGetrühte fteht nicht in den Monologen.Schletermacher.
Das {(Hönfte Glück des denkenden Menfdhen ift:das Erforjhlidhe erforfcht zu haben und das
Uner-forfHliche ruhig zu verehren.%oeffe.
Homo sum, nihil humani a me alienum Duto.Brofichüre über das babr. Ghmnafialtvefen.
Alles wa8 unflern Seift befreit, ohne un die Herrihaft über uns felbit zu geben, ift verderbliq.Nur das Gefeß kann uns die Freiheit geben.
Hefe.
8 fieht wahrhaftig auf dem deutfhen Parnafie ‚benfo toll au8, als in der europäilden
Politik.Sott fei bei unz. IH mußte den gefpreißten Mangel perdauen, der damit auftrat,
befheidentlihH Soethe Thlecht zu madhen und den geipreißten Srabbe,der befcheidentliH
Shakespeare Ihleht macht und die Bhilofophen, die Schiller zu Ffrivol finden. If Ihnen
denn dies neuere, hHochfahrende, unerfreuliche Wefen, diefer widermärtige Cynismu8 auch fo
fatal wie mir? Und find fie mit mir einer Meinung,
Sewalt’ge Leidenfchaften Hat zuerft un Gott ins Herz gepflanzt.
Dann fagt er un8: „Ih ftrafe dihH, wenn du fie nicht bemeiftern Fannft.“
Wir Armen! Spricht ein Vater wohl: „Die Schale Ffehre um mein Kind.“
Und ftraft fodann das Söhndhen, wenn der Inhalt auf den Boden rinnt?“
Amer Ehyam. Verf. Dichter.
5. Sana.
OO meine Freunde, diefe Beharrlichkeit, diefer unerfchütterlide Glaube, diefe durdy, kein
Mißlingen zu tilgende Bereitmwilligkeit immer wieder das unfriae
65 Söethe und Schiller find nicht blos die dihterifchen Befreier der Deutfhen, fondern weit mehr noch die fittlichen. Die Nebermindung der Sturm: und Drang-periode war die Zügelung der entfeffelten dunklen Semüthsmädte zu freier Selbitbeherrfihung, der Nebergang von der Sophiftik zur Sophorfyne, von ber Freigeifterei der Leidenfhaft zur verföhnten in fi Bbefriedigten Befonnenheit. Indem die Dichter fi felbft erzogen, haben fie die MenfHhHeit erzogen.Und ift vielleicht, mie e8 MenfcdenHickjal ift, die eigene Perfönlichteit zuweilen Hinter diefem Höchften Biel zurücdgeblieben, der Begriff des reinen und freien Menfdhenthum3 war wieder erobert. Die Natur, weldhe Rouffean und die jungen Stürmer und Dränger fo nadhdrüclidh gewollt und erfirebt Hatten ift gerettet, aber nicht die rohe, ungeberdig, felbft:Jüchtige, fondern die geläuterte, die mit Freiheit. ficdh Jelbft beherridhenbe, die mit den SGeleben und For:berungen der fittliden Vernunft Übereinitimmende.Die Einfeitigkeit des BZeitalter8 der Aufflärung und die Einfeitigkeit- der Sturm: und Drangperiode find in einer Höhern gemeinfamen Eihheit verföhnt.
€ mar die, Erhebung des hHöhern deals vollen:deter Bildungsharmonie oder mie die
Schulfprade lagt, des Ideals vollendeter und reiner Humanität.
Weil’s der Brauch verfügt!Doch wenn fih alles vor Gebräuchen {Hmiegt,Wird nie der Staub des Alters abgeftreift,Berghoher Irrthum wird fo aufgehäuft,Daß Wahrheit nie ihn überragt.Shakespeare (Coriolan).
Ruhm ift nur Rauch, gejagt von allen Winden,Dem Rauche aleich, der in die Augen beißt.
Waitwill. MichH däudht, Sie wollen fagen, der Bater müfle Ihnen gar zu viel vergeben und
weil m das nicht anders als fauer werden könne, fo machten fie fi ein SGewiffen, feine
Vergebung an unehmen. Wenn Sie daz meinen, fo fagen fie mir
Sind dann au Dinge, die mir nicht anftehen,fo fomme ih darüber gar leicht weg, weil e8
ein Mrtifel meines Glaubens ift, daß wir durh Stand:haftigfeit und Treue in dem
gegenmärtigen Zuftande
Spinoza erflärt in feiner Ethif: daß jeder Menth je nad Anlage feine8 Sehirnz über die Außenwelt urtheilt oder daß ihHım vielmehr feine perfönlichen Eindrücke ftatt der Dinge gelten. E8 ift daher auch beiläuftg gejagt nicht zu vermwundern, daß fo viele Meinungsver]hHiedenheiten unter den Menfdhen hHerr-[den, woraus denn endlid der Scepticismus erwadhs jen ift. Denn obwohl die Körper der Menfchen in vielen Punkten einander gleichen, in den meiften find fie doch verfchieden und darum fcheint dem einen [hleht, was dem andern gut, diejem geordnet, was jenem vermworren, diefem angenehm, was dem andern unanaenhem.
Wenn in deines HerzenZ Tiefe nur die Saat der Liebe fprießt,
Sleich ift’S, ob du in Mojdheen oder Gößen:tempeln fnieft;
Haft du in das Buch der Liebe deinen Namen eingefHrieben,
Nicht mehr denkft du dann an Strafe oder an Belohnung drüben.
Omar Chnam.
Soethe fuchte den Segenjaß von Slaubeu und Wiffen fo auszugleihHen: Beim Stauden komme
alles darauf an, daß man glaube; wa3 man glaube, fei völlig gleiGgültig. Der Glaube fet
ein großes Ge:fühl von Sicherheit für die Gegenwart und Zukunft und dieje Sicherheit
entfpringe aus dem Zutrauen auf ein übergroßeS, Übermächtiges, unerfor[H liches Wefen; wie
man e8 denke, das Hänge von unfern übrigen Fähigkeiten, ja von den Umftänden ab und jei
ganz gleichgültig. Der Glaube fei ein Heiliges Sefäß, in welches ein Ieder fein Gefühl,
feinen VBerftand, feine Einbildungskraft fo gut als ‚er ver:möge zu opfern bereit ftehe.
Mit dem Wijjen fei es
© welche lange, lange Zeit nad un3 noch wird die Welt beftehn!
Im Wind wird jede Spur von un8, wird unfer Name felbit verwehen.
Bor unferer Seburt behalf die Welt ganz gut fich ohne uns,
Und Feine Lüce wird entfteh'n, wenn wieder wir von dannen gehn.
Omar Shnyamt.
Durch Fehler fagt man find die beften Menfdhen Sebildet, werden meift um fo viel beffer Als fie vorher ein wenig fHlimm.
Shakespeare (Maaß um Maaß).
‘)
HerrligH und in Freuden! Alfo nicht von jenem heiligen Leiden, durch welde nad) dem [Hönen Worte der Schrift Gott diejenigen züchtigt, weldhe er lich hat, die unfere Seele Iöfen und das Salz des Geiftes find, Nidt8 von jenem Leid, das durch jede edlere Seele zieht über die eigene Unvollfommenbeit, über die Mipklänge des LebenzZ, über die Leerheit und Nichtigkeit der DVDinge. Nichtz von jenen füßen Schmerzen, unter welden der nah Wahrheit rin-gende Seift fih LoSreißt von Irrthümern und Bor:urtheilen und das nach Gerechtigkeit dürftende Herz den Troß der Eigenwünfdhe bricht und dem Odem des göttliden Lebenz fih Öffnet! Ift das nicht ein in vollem Sinne des Wortes gottlofes Leben! die vollftändige Knechtumg des SGeiftes durch das Sicht:bare? Die ftumpffinnige Welttreundfhaft, die zur SotteSfeindihaft geworden if.%. Sana.
Se TeidenfhHaftlidher und ungeftümer das Iugend-leben Soethes von dem Kampf und
Widerfprudh zwifdhen dem Überfhmwellenden Unendlichkeitsgefiihl des Heißblütigen Herzen
und der undurhbrehbaren Enge
<q der Wirklichkeit bewegt und durchglüht mar, um fo mehr wurde ihm die zunehmende
Lebenserfahrung und der Eintritt in bedeutende Weltverhältniffe der Srund ernfter
Selbjtprüfung und Selbftbeftimmung.Die erfien Jahre in Weimar beginnen diefe Ent:widlung,
die italienifde Reife bringt fie zum Ab-idluß, der dunkle Drang, den vollen und ganzen
Menfchen aus fih HYerauszubilden, begrenzte und ver Hefte fih zu einer umfajjenden
Vielfeitigkeit und Tiefe der Bildung, wie Fein anderer Menich fie jez mal8 erreidt Hat und
zugleich zu einer fittliden Maßbeldhränkung und innern Harmonie, zu einer Sophrofyne und
Kalokagathie im fhbnen antiken Sinne des Wortes, die ihn, mwa8 die unverftändige Menge
auch fagen mag, zu einem der größten und veijejten aller MenfdhHen, zu einem Urbild und
Vor:yild fHönften reinften MenfhHenthum3 macht. „Bon der Gewalt, die alle Wefen bindet,
befreit der Menfdh ich, der fihH überwindet,“ Die Fortfebung und Ber:Dhnung des Werther
ift Taflo und Wilhelm Meifter.Der willensfräftige und Marbewußte Künftler feines Gebens
wird auf der Heitern und Haren Höhe feines fittliden Ideals der Dichter der modernen
Bildungs-fämpfe und wie er fi gerne felbjt nennt, der Dichter der Herzensirrungen. OSoethe
kommt Shakespeare Q
Herm. Setiner.
Die urtiefe Kraft der Organifation fefjelt, troß ziner gemwiffen Freiwilligkeit im Enfalten einzelner Theile, alle thierifjhe und vegetabilifhe Seftaltung an fefte, ewig wiederkehrende Typen; fie befitimmt in jeder Zone den ihr eingeprägten, eigenthümlihen Charakter, d. i. die Phyfiognomik der Natur.Deßhalb gehört e& unter die {Hönften Früchte euro:yäifher Bölkerbildung, daß es dem MenichHen möglich geworden, fi faft überall, wo ihn fOmerzlide Ent:behrung bedroht, dur Cultur und Oruppirung exotijdjer SGewächfe, durch den Zauber der LandjHaft-malerei und durch die Kraft des begeifterten Wortes einen Theil des Naturgenuffes zu verfhaffen, den auf fernen, oft gefahHrvoNlen Reifen durhH das Innere der Continente die wirklige Anfhauung gewährt.
X. Sumboldt (Kosmos).
üG find Banoramen, welche nur wirken, wenn fie einen großen Durdmefjfer Haben, mehr auf
Anfidten von Städten und bewohnten Segenden als auf foldhe Scenen angewendet morden, in
denen die Natur in wilder Neppigkeit und Lebenzfülle prangt. Voyfiogno:mifde Studien, an
den fHroffen Berggehängen des Himalaya und der Cordilleren oder in dem Innern der
indifjhHen und fübamerikanifjhen Flußwelt ‚ent:worfen, ja durch Lichtbilder berichtigt, in
denen nicht das Laubdach, aber die Form der Miefenftämme und ber Harafteriftijghen
VBerzweigung fih unübertrefflich barftellt, würden einen magijhden Effekt
hervor:bringen.Alle diefe Mittel, deren Aufzählung recht wejent:lid in ein Buch vom Kosmos
gehört, find vorzüglich geeignet, die Liebe zum Naturftudium zu erhöhen, ja die Kenntniß
und das Gefühl von der erhabenen Größe der Schöpfung würden Kräftig. vermehrt wer:den,
wenn man in großen Städten neben den Mufeen,und wie diefe dem Volke frei geöffnet, eine
Zahl von Rundgebäuden aufführte, ‚melde wedhjelnd Land-[Haften aus verjhiedenen Höhezonen
darftellten. Der Begriff eines Naturganzen, daz Gefühl der Einheit des Harmonijdhen
Einkflanges im Kosmos werden um fo lebendiger unter den Menichen, als fihH die
In Wahrheit ift die Kunft zu fagen was ich leide nur wenigen und felbft den Meiftern nur
in jeltenen Augenblifen gegeben. Der Grund ift leicht arfennbar. Nicht allein, daß die
Forderung den Gehalt 'n fnappe und zutreffende Worte auszuprägen, Hier bes londers fharf
hHeruortritt, da bei dem geringen Umfange ion ein faljcher oder pulslofer Ausdruck die
Wirkung des Ganzen zerftören kanırz diefe Worte mülfen au durch die rHytmifdhe Bewegung
und die Klangfarbe des Berfes gleihtam in Mufik gejeßt und folder Weife wie:der in die
Empfindungen aufgelöst fein, aus der fie autiprungen find; in feiner Wirkung foll das
Iyrifche Sedicht den Lejfer man geftatte den Ausdruck zugleid eine Offenbarung und eine
Erlöfung oder mindejftenS eine SenugthHung gewähren, die ev fih jelbjt nicht Hätte geben
Fönnen, fei e8 nun, daß es unfere Anfdauung und Empfindung in ungeahnter Weije erweitert
und in die Tiefe führt, oder was 9alb bewußt in Duft und Dämmer in un8 lag, in
An die Barzen,Nur Einen Sommer gönnt, ihr SGemwaltigen!Und Einen Herbit zu reifem SGefange mir,Daß williger mein Herz, vom füßen
Spiele gefättigt, danır mir fterbe.Die Seele, der im Leben ihr göttlich Recht
Nicht ward, fie reift au drunten im Orkus nicht,Doch ift mir einft das Heil’ge, das am
Herzen mir liegt, das SGebidhHt gelungen.Willlommen denn, o Stille der Schattenwelt!
Zufrieden bin ih, wenn au mein Saittenfpiel
Mich nicht Hinabbegleitet; Einmal
Vebt ih, wie Götter, und mehr bedarf’8 nidHt.Siriedr. Hölderlin.
Bei unferer geiftigen Kochkunft gilt das Sprich:
20 wort: SDViele Köche verderben den Brei. Ieder der Herren Lehrer Hat fein beftimmtes
Jah; in diefem jeden feiner Schüler zu einem Virtuofen Heranzu-bilden, Hält er für feine
Heiligfte Pflicht. Cr thul dabei, unbefümmert .um die andern ganz fo, ‘al8 ob der Schüler
nur da fei, um in diejem Segenftand Meifter zu werden. Der fogenannte gute Kopf hält da3
nun wohl aus, cr pfropft feinen SGeift voll auf Koften feiner Herzens: und
Charakterbildung. Er wird ftolz und aufgeblafen von feinem BWiffensdurft und meift ganz
unpraftifigh zum Berufe des Lebens,Der Mittelmäßige wird von alledem fo dumm, als ging ihm
ein Mühlrad im Kopf herum. Statt Al:ger wird er alle Tag dümmer. Man fönnte diefe Art der
Bildung, wenn man ein etwas runderes Bild brauchen wollte, mit dem Nudeln (Stopfen) der
Sänfe vergleichen. Es febt fid) blos Fett an, aber Fein gute8, gefundes Fleifd. An
WachHsthum ift nicht zu denken. Eine mit fid abgefchloffene Selbftzufrie:denheit, ein
nafemeifes Aburtheilen über Alles, das find in Folge davon Hauptzüge unferer Iugend. IH
habe mehrfadh Selegenheit genommen, mit hoch:geftellten und einflußreihen Männern, die auf
Ab-Hülfe hätten hinmirfen Können, zu fpredhen. Ale waren‘ mit mir .einverftanden; aber
doch ift zur Wo-
X. 9. Sumboldf.
Wenn man bedenkt, wie viele neuere Produkte des Auslandes und Inlandes mit Gier verfhlungen werden und hat man fie gelefen, ift man fo arın und leer mie zuvor dann muß man doch dem heutigen Sejhlechte zurufen: Lerne die Schwierig feiten und Abhfonderlichkeiten Jean Pauls überwinden,und du wirft Feine8 feiner Bücher weglegen, ohne zin befjerer Mienfdh geworden zu fein. Mandhes Wort wird dir ins Gemwiffen dringen und dihH zur zhrlidgen Selbfterkenntniß erwecden. .
Über vor allem muß unfer Heutiges Sefchlecht,und zumal die Frauenwelt, mieder Lernen,
beim Moz mente zu verweilen, nicht immer von Effekt zu Effekt zu hafgen und zu drängen,
wodurch alle Poefte, oder was man eben fo nennt, zum gröbften und roheften Mechanismus
wird, fo daß man bei Beendigung der
Die Natur ift dem MenfhHen, der in ihr lebt,nicht blos nüßliH oder IHäblich, al3 nährende, hilf reihe Macht oder als feindliche zerftörende Gewalt,fie nimmt ‚nicht blos feine werkthätige Kraftanftren-gung oder wiffen[HaftlidhH feinen Scharffinn und Er-forfOungStrieb in Anfpruch, au mit feiner dichHteri-Ien Anlage, feinem Schönheitsfinne findet er fih auf ihre Schönheit, die milde und die erhabene hin:gewiefen. Er fudht in ihr nicht blos SGleichniß,Sinnbild, Farbenfhmuck, fondern, was all diefem
'J ft bie poetifde Weihe giebt, das tiefere Einver:tändnif, vermöge deffen fie für jede
Megung feines Innern einen Spiegel, eine antwortende Stimme gat. E83 ift nidt
Selbfttäufhung eines empfind-jamen SZeitalter8, daß LenzeshHauch und Maiengrün,Morgen= und
Abendroth, Sonnenaufgang, Mond:jhein und Sternenglanz das SGemüth erfrifhen, rüh-ren,
beruhigen, daß der Anblick des Meeres, daß Sturm und Gewitter den SGeift zum Ernite
ftimmen.Chen die jugendkräftige Poefie der unverbildeten Bölfer ft von Ddiefen
Einwirkungen durHdrungen.Sage man immerhin, der Menfch verlege nur feine Stimmung in die
fühllofe Natur , er kann nichts in die Natur übertragen, wenn fie nicht von ihrer Seite
auffordernd, felbftthHätig anregend, entgegenfommt.Die wiffenfHaftlide Forfhung hat
überall den Schein jerftört, der alte Glaube an die götterbefeelte Natur it Yängft
gebrochen, und deunoc bleibt jene Befreunz dung des GemüthHes mit der Natur eine
Wahrheit;das Mitgefühl, das in ihr geahnt wurde, rückt nur weiter hinauf, in den Schöpfer,
der über dem Ganz jen waltend die MenfHenjeele mit der f{Hönen Natur um Einflang verbunden
hat und damit fih felbft dem empfänglidjen Sinne ftündlidh nahe bringt.Dlland. Abhandlung
über Volkslieder.
A Tas aber die Sprachen betrifft, fo ft die Art,wie fie betrieben werden, in den bei
meitenı aller:meiften Fällen zu einer formalen Bildung des Seijtes au nicht im
entfernteften geeignet, entweder wird nach den Leiftungen unferer Schulen überhaupt eine
Bollfommenheit in der Sprache gar nicht erreicht und das Stundennehmen mird bis in die
erften Jahre des ehelichen Leben ftoßweife fo oft von Neuem wieder:Holt, als eine
anmefende Franzöfin oder ein franzöfi:[Ges Schaufpiel, oder eine Reife nad) Frankreich und
England dringende Veranlafjung bieten, oder man hat bei ganz geläufigem Sprechen, doch
anftatt des Seifte8 der franzöfijhen Sprache, nur den Seift der franzöfilgen Bonne fi
angeeignet. Nicht zu ge:denken, daß durch dies mühlame und Ängftlihe Stre:den nad) dem
Erwerb der fremden Sprache, vollends durch frühzeitige Bonnenwirthjhaft, wo das Kind
zuglei die fremde mit der Mutterfprache erlernt,alle Slarheit und Energie, gefdweige
Orginalität des ANusdruckes, alfo au des Denkens verloren geht,während eine fleißige und
grüudlidhe Lectüre der Nationalliteratur fogar die leßtere Leicht begqünftigt,indem ein
Claffifer vor andern zum Lieblingzautor und unwillfürlih zum Mufter des Ausdruckes
wird.Yan findet zuweilen Damen, die weder franzöfildh
„Sazarıts. (Das Leben der Seele.)
Wollt ihr viele Hülfe haben, fo müßt ihr nur feiner bedürfen.
Die Poefie fheint in ihren Verbindungen eben fo zigenfinnig mie die Sffentlige Meinung.
Sie ver mählt fig ebenfalls fo oft mit der Heiterkeit wie mit dem Trübfinn. Wenn wir an
das Schicfal und den Eharakter ihrer Angehörigen denken, fo fcOeint e8 un8 unmöglich, daß
ein fo eigenthümlidhes Wefjen mit jo entgegengefeßten Nidhtungen des Seiftes und Zügen des
SGemüthes verträgligH fein könne. Gleich den geheimnißvollen Verbindungen des Lichtes,
weldhes der Cypreffe einen grünlidten Schatten und der Wolke zinen rofigen Hau verleiht,
indem e8 durch eine leuchtende Ausitrömung unzählige Tinten hHervorbringt,
A m
Aus dem Eigenen.
Wo e8 au fehlen mag, man Hilft mit Salben dir und MManden,Doch ad) der Seele Schmerz
bleibt meiftenS unver:ftanden.
Ein Werk der Vahre ift die innerfte Kultur,In wenig Monden gibt die Welt dir Politur.
Die Klugheit nimm zum Schild, die Energie zu Wehr,Wohin du ftreben magft, es führt zu Sieg und Chr
Du mödhteft wiffen wohl wie einer von dir denkt,8 wird dir offenbar, fobald du ihn aekränkt.
Nah WohHltHun brauchjt du Ängitlih nicht zu jagen 8 findet fiH Seleaenheit in allen Lagen.
Streu aus die Saat des Guten und des Schönen,Set e8 in Wort, in That, mit Binfel oder
Zönen.
Dein Glück, dein Schieffal leidet BrudG auf Bruc,So lang du Hegft den innern Widerfpruch.
Ber trägt nach dem was ihHın verfagt Verlangen,Kann nimmermehr zu Fried’ und Ruhy gelangen.
5 bietet Hand und Aım dir die Gelegenheit.Und feindlih ftellt ein Bein dir die Berleaenheit.
Wenn e8 dein Loos ift, daß dich die Ungunft der Welt drücken foll, fo gefhieht dies,
damit du zum Nachdenken über den Werth der menfHlidhen Dinge and fomit zur Weisheit
angetrieben werdeft.
Man braucht in der Herrlichften Frühlingsland-[haft nur eine Herdenglode zu Hören und die Augen zuzuhalten, fo glaubt man fi® mitten im Herbite,Ein Beweis, daß auf dem Hervorheben des Charat:teriftilgHen die Hauptwirkung aller Darftellung XKiegt.
Reftanation ift die Philofophie des Befiegten.
It eine Thorheit abgethan So nimmt man eine andere an.
Warum follte nit aus der unbeftreitbaren Thatfache des Ankündens Sterbender eine neue
Entdenng im Gebiete der menfhlidhen Seele {id machen Iafien, fo gut als man aus dem
Leuchten be8 Kriftallfpates auf das Licht und den Kern ge:wifjer Sterne gefOloffen hat und
zur Entdefung gefommen ift.
Wenn der Sturm nachläßt, werden die Aefte in hre gewohnte Richtung zurückkehren.
Meligion ijft eine Angelegenheit des Semüthes;der Menfh von tiefen GemüthH hat immer einen Zug nad) dem Söttlidhen, fein Leben ift ein ewiges Suchen darnad) in der Natur, in MenfhHen= und Bölferfhichfalen. Er fultivirt aus innerem Drange das religiöje Clement in feiner Natur und verabläumt darob die Beobachtung äußerlicher Meligionzübungen,das Kirchlidhe, während der Welt und Berufsmenfch nehr an das Lekbtere fih Hält und des NMadhdenkens über fo unpraftifjge Angelegenheiten gerne fi ent ‘lägt.
Im gewöhnlichen Leben ift man nur zu Diel jeneigt, wohl auch gezwungen, mit dem Seifte
par ;erre zu wohnen.
‚A
Richt deiner Wünfche- ftolzen Fkug Nicht nah dem Wolkenberge,Denn aud das riefige Phantom Wird in der Näh’ zum Zwerge.
Der Dichter Hat nidht die Intelligenz zu ver:treten, fondern die Fülle, Wärme und ewige Iugend-(ihfeit der Gefühle, gegenüber dem vernüchternden,engherzigflugen Profaleben.
Die Seele guter, aber fOmwacher Menfdhen hat viel Nehnlichkeit mit dem Wefen des Rauches, der,wenn er feiner natürliHen Richtung folgen Kann,immer aufwärts fteigt, aber von jedem Windhauche auf die Seite aetrieben wird.
Das Sichtbare ift nur ein verförpertes Unfidcht:bares.
Entfagung ift dir auferlegt,Halt feflt und bleibe unentwegt.
Der erfte Eindruk eines Sefichts ift immer von ntfcheidender Bedeutung‘ und wenn man auch
beim Beginne einer nähern BekanntfhHaft von diefen Ein:drude mandheS zu mobdificiven
geneigt fein mag, fo vird man am Ende doch wieder finden, daß derfelbe ichtig gewefen fei.
€E8 ift wunderbar, wie das tief:jerborgene innere Wefen eines Menfchen auf feiner
Bhyftognomie fich abprägt. Der Harakterifirende und ndividualifirende Ausdruck gines
Seficht8 Kiegt aber at nur in den feften heilen desfelben, wie Stirne,Rafe, Mund, Kinn,
fondern eben fo fehr in den einen, unbefchreiblidhen Linien, welde über den veidhern,
fleifdhigern Theilen fhweben. Dies ge:
Wie fehr trügen die Worte und mie leicht werden fie ander3 auZgeleat, als e8 dabei
gemeint mar. IH
Der MenfgH ift nach Unten eine Reafumtion aller Erdenbildung, nad Oben ein Anfang der SGeifter:welt.
Sein Talent zum Wohle der MenfHheit anzu:wenden, ift die eigentliche Lebensaufgabe eine8
eben.Worin diefes Talent beftehe, in melden Wirkungsfreis e5 geftellt fei, das ift ganz
gleihgültig. In dem großen Ganzen greifen die wirkenden Kräfte alle. in
FreundfhHaft, Kunft, Natur, WifienfhHaft find die reinften, erhabenften und
beruhigendften SGenüffe, die un8 diefe Erde bietet. AWber wir dürfen ung dem Wahne nicht
hHingeben, daz Leben ganz nur. mit diefen Sütern ausfüllen zu wollen. Nein, der
eigentliche Srundton unferes Daijeins ft: Anftrengung, Hemm=niß, Verwiclung, Kampf,
ANtäglichkeit, und jene Blüthen ranken fi nur al8 Bierwerk zwifdhen dur. D, daß mir ein
für allemal an diefer Anfhanung jefthielten, mie mandje Unzufriedenheit würde unters
drückt, mie mandjem Migverhältnik vorgebeugt werden.
Was immer und immer bleibt, Jobald ih unfer Wefen von der DurchHeinanderrüttlung der Uußenwelt wieder feht, daz t’8, mas die Bafis unjeres Dafeins au8macht, der wir um allen Preis treu bleiben müffen.Denn außer Dderfelben fpielen wir nur eine fremde Rerfon, und unferm Chun fehlt der inere Antrieb.
Was am meiften an mahrer Seiftesbildung, an gründlidher Einfiht fördert, it das völlige
Durdh-ftudiven eines einzelnen Werkes der Vortrefflichkeit und zwar von feiner geiftigen
SGefammtanlage bis zu feinen Feinften einzelnen Theilen. Hinter dem
Eine Quelle manigfaltigen Nebel ijt bei Phan-tafie-Menfhen die Sucht, au der Imagination
zu urtheilen, Auz einzelnen Losgeriffenen Erfheinungen,tragen fie fih {nel und willfürlig
ein Gejammtbilb,zin Phantom zufammen. “Treten fie dann mit dem-jelden in nähere reale
Beziehungen, fo- kann e$ nicht anders fein, als daß nah und nach dieje Ilufionen
Das erfte und Höchfte Biel alles menfhlihen Strebens fol Bildung fein, mworunter ih die Er:meiterung des geiftigen SGefichtsfreifes, verbunden mit der Nidhtung unferes Wefens zum Schönen und Wahren wverftehe. Um Ddiejem Ziele zu nähern,müffen mir Mittel und Wege Kfennen. Die ganze Welt, daz täglidHe Lchen, VBerhältnifje und Umgang und vor Allem Kunft und WiffenfhHaften find Bil:dungsquellen. Ih erwähne unter den Lebtern insbefondere: der Sefchichte, der Naturkunde und der Boefie. Die Sefchidhte zeigt. un8 das Walten der
N <Gottheit im Gange der menihlighen Schietfale. Die Naturkunde lehrt uns die Sebilde
der Schöpfung al8 bie Offenbarung der (Haffenden Urkraft erkennen und die Boefie ft, al
die Pythia unferer reinften und Jeligften Empfindungen, vor allem berufen, das Semüth zu
veredeln, das Leben dur Weisheit und Shönheitsfinn zu heben. Zur Hörderung des Ein:zelnen
fomımt e8 aber vorzüglich darauf an, daß Keder erfenne, was ihın gemäß fei, aus welden
Zuftänden und Wiffenfhaften er den meiften Bildungsitoff für feine befondere Richtung
fhHöpfe. Denn da wir mu innerhalb unferes individuellen Talents unz entwickeln fönnen, fo
gemährt Hauptfächlih das wahren Fort:Iritt, was mit diefem Kreife im ZufammenhHang und
VBerwandtihHaft fteht. ES {ft daher fehr wichtig, daß wir uus hier orientiren und immer an
dem Mittel:punkt unferer Individualität fefthalten, um von diefem Stamm-Marfe au3 unfere
Jahresringe zu erweitern.Dazu ijft aber erforderlich, daß unfer Lebensgang von ziner
gewifjen Planmüäßigkeit regiert werde! daß wir nicht Läflig dem Zufalle anheimftellen,
wohin er un8 treibe. Nur au8 der befonnenen Vereinigung aller Kräfte zu einem Geftimmten
Ziele, kann ein nach-haltiges Ergebniß entftehen,
Wir ftoßen in unfern Bildungsbeftrebungen auf HörderungS: und HinderungsSmittel. Sie Wnnen in der Lebenslage, im Umgange mit Perfonen, in Büchern,furz in allem, was auf unfere fittlige und geiftige Entwidiung einen Einfluß auszuüben geeignet i{ft,ren Srund haben.
Biel {priht man über die Wahl des Umgangs mit Perfonen; und in der That ift diefe Wahl von großer Wichtigkeit. Iede Perfon, die zu uns in be:itimmte Berhältnijje tritt, bt, wenn fie nicht ganz One Bedeutung ft, gewiffle Einflüfie auf un8 aus.Wir nehmen von dem einen Freunde das, von einem Sreunde oder Genofjen etwas ander8, bewußt oder unbewußt, in un8 auf. € wäre fehr förderlich,dies in unjerm Lebensgange genau nachgewiefen zu haben, und e8 überfehen zu fönnen, wie alles, was wir gegenwärtig find, al das Ergebnif des Zufam:menftrömens folder Einwirkungen dafteht, In wel:
10
Weit weniger wird ein anderer Umgang in Be:tracht gezogen, Deffen Einflüffle und
Wirkungen viel:Leit noch umfangreider und nachhaltiger find, als die der Perfonen, e8 ift
derjenige mit Büchern. In unbeadhteter Stille, wo das SemüthH alle Ein:drüce inniger
aufnimmt, mit dem Anfehen einer gewifjen Autorität fommt das Buch in die Hand des Lefer8,
nnd theilt im mit der eindringliden Sprache jHöner Darftelung, Ideen, Srundfäße, Anfidhten
und Sefühle mit, die oft eine völlige Cpodhe im Leben eines Menfhen bilden. Wer die
geheimen Fäden des Schicfalganges eines Menfdhen verfolgen fönnte, würde oft die Quelle
verfehlter Richtung,verfehrter Sefinnung und fHlimmer Handlungsweife in irgend einem Buche
finden, das zur unrechten Stunde in unzeitigem Alter gelefen wurde. Und wer allen
Wirkungen eines Buches in der Breite der Welt nadhfehen Könnte, mürde wohl oft über ihren
Umfang und ihre Folgen erftaunen. Und doch läßt man eben Hierin den blinden Zufall am
unbeforg:teften walten. Bon fo vielen werden hen die Bücher
Sanz befonders die Lektüre follte von einer durch:dachten Wahl gelenkt werden, und diefe
Wahl müßte wie jede andere, von einer richtigen Selbfterkenntniß zusgehen, Der Lejer
follte fi vor allem fragen,welche Lektüre, feiner hefondern Seiftesanlage und Semüthsart
gemäß, für ihn die gewinnreichfte fei,welche feine fittlide und geiftige Entwiclung am
meiften fördere, und vor allem beachten, auf weldjer ihwaden Seite er etwa gegen
verführerifde ECinz drüde auf der Hut fein müffe. Er follte, bevor er ein Buch zu lefen fi
entfHließt, Prüfung Halten,ob e8 möglicdherweife feinen Zwedfen entfpredhe, ob es nicht
etwa in feinen Bildungsgang ftörend eingreife;zr follte, naddem e3 gelefen it,
überfhlagen, welches das Hauptergebnif des Inhalte fet, und welchen Zufluß für feine
Bildung er darausS gefhöpft habe,
Die Weltliteratur hat des BVBortrefflihen, des Kaffiigen in Scherz und Ernft einen jo reihen Schaß aufzumeifen, und doch wird. der Modetand des Cphemeren fo gerne vorgezogen. Möchte der Sinn auf Ddiefes Kiaffijhe fi wenden, das eben dadurdh flalfild it, daß eS zu wahrer und ächter Menfchen:bildung einen Beitrag leiftet. Hier am Beften den Seift erweitern, das Herz veredeln, den Charakter tärken, einen fihern Halktpunkt der Klarheit und Rraft erfafien gegen die Trübungen des täglichen Zeben8, das märe der eigentlide Geminn, den uns Bücher bringen follten.
Und wie die Lektüre nicht mahllos fein darf,jo fol fie aud nit im eitles und.
genußfüchtiges Viel= und Durcheinanderlefen ausarten. Ein ein:zige8 gutes Buch gründlih,
mit Nachdenken über feinen Plan, Sang und Endzwek durchlefen, fördert weit mehr Einfiht
und Bildung, al das flüchtige Aothun einer halben Bibliothek. Diefe Art hin:träumenden
oder meggaloppirenden Lefenz verwirrt nur ben Kopf, mißleitet das Herz, entführt die
Vhantafie, hinterläßt den Dünkel Hohler Ab{precherei,
Sutaeleitete, mwohlverftandene Lektüre dagegen ift zine8 der fHönften Sefchenke des Himmels. E83 hat den hHöchften Reiz, zu vernehmen, wie die glüclichften Köpfe, die edelften Gemüther gedacht und empfunden haben, Im Umgange mit den TreffliHen aller Zei:ten werden wir felbfit allmälig edler, wir nähern un8 unvermertt jener Höchften Bildung, die fichH weniger in wohltönenden Reden Kund gibt, als in Handel und Wandel, weldhe der unverfälfhte Abdruck un:jerer innerften Sefinnung find.
Unjer Leben ift ein fortgeleßter Gang zwilden BelhHränkungen. eberall findet unfer
individuelles Sein, Wüniden und Wollen Widerftand- und Rei:sung. €8 liegt in diefer
Befchränkung eine Höhere Borforge; denn ohne fie, wie ftände e8 mit der fo nöthigen
Bezähmung der Leidenfchaften? Ieder Hat jeinen Theil davon, der hHerauSbrechen würde,
fobald er in einem durchaus freien Elemente fih bewegen fönnte. Das einzufehen, das
Hemmnif als Fiügung
Die umgekehrte LebenZzweife MHarakterifirt den Sgoiften. Ueberall Heftet er fein Selbft zum Bole jeiner Umgebung und ift nur glüclih, wenn diefe ihn umfreist. Ans diejem Mittelpunkte der Selbft:Iucht fließen alle Strahlen, die den RadiuZ feines Wejens. bilden. Er richtet fi nach Niemanden, er it Feiner Aufopferung fähig; er kennt feine Duldung Fremder Anfdauungsweifez er adtet nicht fremdes VBerdienft und feßt an die Stelle der Anerkennung den Neid. Was Wunder, daß ein foldger Menfch feine Bufenfreunde hat.
Man follte in unfern Tagen nidt mehr von einem . WiderfpruchH zwifhen Ideal und
Wirklichkeit iprehen. Was {ft denn die Wirklichkeit anderes als das Ergebniß vielfacher
zufammenwirkender Urfadhen,a3 ein Iogifdhes Naturprodutt? Sie erzeugt und entwicfelt fiH
nad) den ewigen Sefegen von Urfache
1 diefem Zuge nicht- die Einführung der ShHwurgerichte,der Ruf nad der Civiljury, nad)
Handelsgerichten,nach einer freiern Bemweistheorie, zu Grunde? Die Rechtspflege folk dem
Leben, dem ungetrübten Necht3=finne, der Volksanfiht näher gebracht merden. Sie fol nicht
Selbftzweck, fondern nur Mittel zum Zweck nämligh zu Nealifirung der hohen Idee der
Ge:rechtigfeit fein, In den NMaturwiffenfHaften iftet fi dem ernften Forjdhertriebe ein
Schleier um den andern, wenn auch der leßte, [Hmerfte Vorhang nie aufgerollt merden wird.
Wie mehren fihH die großartigen Anftalten zu Erleichterung des Verkehrs und des
Sedankenaustaufhes unter den Menfchen verfdhiedener Länder, ja Welttheile. Wie hat die
immer fi vervollfommnende Photographie unz die Kunftidhäße der großen Städte zugänglidH
gemacht!Neue Sildungsanftalten erftehen von Land zu Land:Frobel’IHe Kindergärten,
HandwerkerfHulen, Sekunz darfhulen, ftaatlidhe Töchterinftitute, Polytedniken,Mufeen
alüberall das Lebendigfte Beftreben, daz gewonnene Wiffen dem Volke näher zu bringen und
ijın nußbar zu madhen, die Menfdhen au3 dem dumpfen Dahinleben aufzumecen und ihnen die
Mit-tel zur Berufstüchtigkeit, zur Bildung und zu einem menfdenwürdigen Dafein an die Hand
zu aeben.
Welch’ ein fhöne8 und ergiebiges Arbeitsfeld thut RO auf! Wahrlih,. das läßt Feine Zeit
zu Klagen über die Verworrenheit diefer Welt, über das Dunkle und Zrübe des
MenfhHenkoofe8, Keine Zeit zu eitler Selbftbefhauung und weltfhmerzlidhen Sedanken.Wie
undankbar find aber auch folge Klagen! DO Menfh, fiehlt du denn nicht, wie eine
allwaltende Süte dihH vor allen Erdengefhöpfen bevorzugt hat?Wie fie deinen Körper fhön
geformet, dihH mit hHerr-lien Gaben des Seiftes und des Gemüthes aus:geftattet Hat, um
Deiner SGenußfähigkeit nad allen Seiten ein weiteS Feld zu Sffnen, wie fie die Erde,bein
Wohnhaus, mit allen Reizen gef mlct Hat.Die Farbenpradht der Blumen ziert Garten,
BWiefe,Feld und Wald; KiebliHe Düfte durhwehen die Luft.Auf den Bäumen figen die Sänger
und heben wett:zifernd ihre Lieder an; am Waldhang flötet die
Kampf? Allerdings! Kampf muß fein, er unter:Hält deine Kräfte, deine Frijhe, Keiner gebe
diefen Kampf auf, fei er fo Hochgeftellt als er wolle, Haft du über enge, zufOnürende
Verhältniffe zu Hagen,will dein. beftes Streben nie vet zum Durchbruch fommen, [legt dir.
Mißgunft einen Verhau in den Weg, wideln dih die Fehler deines Temperamentes in
Befümmernifie, alle diefe Nebel finden ihre Ver-föhnung in einem edlen feftgehaltenen
Beftreben,Wirf deine Cheilnahme auf die ganze Sefellfchaft,lebe mit ihren hHöhern
Interejfen fort, wirke Hinein,wo du Gelegenheit findeft und Kraft fühlft. Und wenn du auch
nicht groß unter den MenfchHen glän=zen Fannft, edles Streben und gute That jHÖmwingen fi®
in ungeahnte Ferne fort. Das DBeifpiel, die Wirkung geht auf andere über, von diefen auf
dritte und vierte und fo fort. Der Geilt einer Ort{dhHaft (äßt fih zuweilen auf einen
längft dahingegangenen wadern, zu Lebzeiten einflußreidhen Bürger zurücz führen... Bon
einem Zündhölzhen aus erleuchten fih alle Sasflammen des Drts. Unter den Menichen
So wird in nimmerraftender Thätigkeit die welt:[Hmerzlige Stimmung verdunften. Liebe und Dank-barkeit werden früher oder fpäter das Bemühen um Andere Kohnen und deine guten Werke folgen dir nach, wenn längft der Srabhiügel die Mefte deines Dafeins deckt,