Denksteine und Wegweiser: ELTeC Ausgabe Dössekel, Eduard (1810-1890) ELTeC conversion Automatic Script 158 22469

2021-12-14

Transcription UB Basel Scan UB Basel Denksteine und Wegweiser Dössekel, Eduard Kommissions-Verlag von J.J. Christen Aarau 1875

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#31, GAD Katalog Voywork a

„ So weit ih zurüddenkfe, waren mir Bücher bie beiten Freunde, jie waren mir Trojt im Un:glü und SGejelljchaft in der Cinfamfkeit, erfebten mir in der Dürftigkeit den Reichthum, in der Verbannung das Vaterland, bewahrten mir in:mitten politijdher Stürme die Heiterfeit des Ge:müths, Weder Vermögen, noch Macht, noch Rang mürde id taufcdhen für den Genuß, den mir meine Bücher dadır$ gewähren, daß fie mir den Uınz gang jidhern mit den qrößten Genien entjhwunz dener Jahrhunderte, mir leuchten auf der Bahn zum Wahren und Schönen und mir daz Vorrecht geben, zu verkehren mit dem Fernen und Unficht-baren, mit dem Vergangenen und Zufünftigen.“

Dieje Worte des englijchen Seldhichtjhreiber8 Macauleny habe ih vor vielen Xahren in meine Auszüge eingetragen, weil fie eine Anerkennung au8jprehen, die au th von je tief empfunden habe. "8 freut un8 doppelt, wenn ein berühmter Mann, mit dem mir uns in feiner Weije ver:gleichen dürfen, einen Gedanken ausfpricht, Der fi in unfjerm eignen Innern ebenfallzZ erzeugt hat, denn diejer AuzZfjpruch erhält dadurch Die Weihe der Autorität. Die Annahme wird wohl auch Feine verfehlte fein, daß Der angeführten Stelle noch Viele auZ eigener Erfahrung von Her:zen beiftimmen.

Diefen finnvermandten Bücherfreunden biete id meinen Gruß indem ich Ihnen eine Blüthenlefe meiner vieljährigen Lectüre darbringe.

Eine vormiegend contemplative Natur, genährt von einer Kugend, in der mich Keinerlei Sunft anläcelte, gequält von einem Sehnen und Ringen,das ih mit den äußern Verhältniffen nie in Ein AMang zu bringen vermochte, führte mid zu jenen Freunden, deren Zuverläffigfeit unvergänglich if.XS ergab mich der Lectüre, ohne Midhtung auf SelehHrtheit; e& war mir darum zu hun, das mir von der Natur BVerliehene auszuweiten, meinen VBerftand aufzuklären, meine Urtheilsfraft zu Iben,meine Empfindungen und Gefühle zu reinigen, den Bulsihlag meines Herzenz warm zu Halten und den Dlik nah dem Höhern nie verdunkeln zu fajfen. Traf ich bei meiner jeweiligen Lectüre auf Stellen, bie einen befondern Eindruck auf mid machten, fo jtridh ih diejelben an, trug fie in mein Heft ein und fo entftand im Lauf der Yahre all-mülig eine größere Sammlung, ganz ohne äußern Bed, ledigliH nur mir felbit Denkiteine des in:nern Lebens zu feben. Die ausgezogenen Stellen jiteben alle meijt in Beziehung zu meinen perjön-(figen Zujtänden. Bald fand ich einen Gedanken in Klarheit ausgefprocdhen, der in meinem Kopfe wohl werdeluftig vorhanden, aber noch nicht heran-gereift mar, bald {Höpfte ich in gedrücter Stim:mung Troft und Aufrihtung, und SiegeSgefühl,bald trat eine Stelle mit gehobenem Hinger war-nend vor mich, und wieder fanı gerade zur rechten Stunde ein Bud mir in die Hand, mir an irgend einem Scheidberveg den richtigen Weg zu weijen ber freilid nicht immer eingejöÖlagen wurde. So hat fidj bet mir ein ganz eigenthümlidher Glaube gebildet, daß eine liebende, marnende, Itrafende VBorfehung audy in der Zuführung der Bücher walte; mir fam e8 zuweilen vor, als fönnte id die aus den Wolfen Hängende Schrift mit Teiblichen Mugen lejen, als JHölle der Ruf der Borfehung vernehmlih an mein irdijhes Dhr. So hat diefe Sammlung allerdingS das nächite Interejfe nur für den Herausgeber, aber e8 darf angenom-men werden, e& werde eine Berlenfhnur fhöner Stellen von bevorzugten Geijtern aud Andern willfommen fein.

Man kann freilig und nicht ohne Grund gegen folde Sammlungen einwenden, daß fie nur Zerz ftückeltes geben, doch dürften. fie au einen Vor:zug Haben, Man Ht nicht immer hei Zeit und Stimmung, ein ganzes Buch zu lefen und den geiftigen Erirag Daraus einzuheimfen; Doch einen guten Auzfjpruch voll innerer Wahrheit und Schön:heit begrüßt man jeder Zeit. Sin folder Uu8-fpruch Kann feinen Segen auf den ganzen Zag,auf die ganze Woche eines Menjchen legen, ja zuweilen für da3 ganze Leben von durchflagender Wirkung fein. S3 fet hier alS Beleg eine Stelle aus S. H. Lewes, dem. berühmten enalijchen Bio-graphen Goethes angeführt: „Sin Studium kann fehr unjyftematijh und doch fehr fruchtbringend fein, eine einzige Wendung kann befruchten, wenn fie auf den rechten Boden fällt, Gemwiz Hat jeder e8 an fih felber erlebt, daß ein Gedanke, der ihm vereinzelt ganz zufällig aufgeftoßen, den dauerndften Sinffuß auf feinen Geiit gelbt Hat, Für mich perfönlich ijt die zufällige Anführung eines Satzes aus Spinoza ein Ereigniß gewefjen und bis auf den heutigen Tag erinnere ih) mich der Stelle, wo ih Hn a8 und der förmlihen Revolution, die er in meinen Gedanken heroorbrachte.“ € genüge diefes Citat, der Herausgabe diefer Sammlung das Wort zu reden. IH Habe mich. gefragt, ob nicht eine Dislokation der nach und nach entitanz denen Eintragungen vorzunehmen und diefelbe in gewiffe Kathegorien, 3. B. Religiöles, Cthijhes,Üithetijches, VPäbagogijches u. |. mw. einzutheilen jet;aber ih bin davon abgegangen, weil id davon feinen befondern Gewinn für den Lefer erjehen fonnte, und ih von der Reihenfolge der Eintra-gungen nicht abgehen mochte,

@&8 hat übrigen3 diefe Herausgabe zunächft zum 3wed, den bekannten Freunden eine Gabe des Dankes für treue Anhänglichteit darzureidhen, den unbekannten Freunden aber ein Signal des Das jeinS zu entfenden. Den unbekannten Freunden ?Wer find die? SE begegnet nicht felten Menfchen,weldhe ihre Fühler fuchend und tajtend nach Jfinnz vermandten NMaturen ausrecden, daß fie in einer Ungebung eben müffen, die dem nicht entjpricht,welfen ihr bedürftige Gemüth verlangt, daß fie,was daz innere Leben betrifft, Diefer Umgebung jo zu fagen fremd bleiben, mährend in der großen Weite. der Welt Biele Iebhen, die auf gleiche Weile da3 Kdeal ihres Herzenz juchen, ES genügte eine Stunde Zufammentreffen8, um, ohne zurücgelegte gemeinjame Vergangenheit, ohne Proben und Brüfungen, mit ihnen einen unverbrüchlichen Freundfhaftsbund zu {hHließen, meil Die gegen:jeitige Nebereinftimmung auf einem Naturgefeß beruht, meil ein gemeinjames Ziel alle Uusfirah-Tungen des SGeijtes und Gemüths in einen Brenn-punkt zufanunenzieht und einigt. Sin langes Leben fann Sahinfließen, wir bekommen Dieje finwvers wandten Naturen nie zu SGejicht, wir haben nidt einmal eine Mbnung von ihrer Erijtenz. AYoer gleichwohl bilden diefe GeifteSgenoffen eine unjicht-bare Gemeinde. Ein fhöner Gedanke, eine edle That, ein rührendes Schicffal berührt telegraphitd ihre Seelen bis über den fernften Dcean. Die Senoffen diefer unfidhtbaren Gemeinde find .e3, die gemeint jind, wenn ih von unbekannten Freunden Ipredhe.

Sb diefe Sammlung von einem alınftiagen Winde getragen in. die Gärten folcher Freunde gelange, muß ih höherer Hührung anheinıftellen,

3 Anhang habe ich mir dann erlaubt, einen Nachtrag von Sedanken und Betrachtungen aus dem Eigenen anzureihen.

Seon, im Xuli 1875,

&d. Dößekel. Das Tängere Leben bringt überhaupt dahin, das Himmelreich Feinesweg3 in einer einzelnen Handlung,ginem Befehlufje, einem Ereignijfje zu Juchen; fondern e8 mo nit nach dem Tode zu erwarten, e8 doch in diefer Beitlichfeit au3 gar vielen VBerhältnifjen, Zwe:den, Thätigkeiten u. f. w. zufammenzufeben und aufs suerbauen.1.Daumer.

Immer hat die tiefer liegende Wahrheit das Wort gewebe gegen fih; e8 {ft der Inftinkk des Buchfta:ben, die Vernunft unter fihH zu bringen.SJakoßi.

Wahrhaft über fi felbjt erhebt den MenfdhHen nur fein Herz, welches das eigentlide Vermögen der dee, der nicht leeren, ift,Lieben Fann man einen in der erften Stunde;aber eine8 Freund werden, das ift eine andere Sache,Da muß MenfhH mit Menfch in dringenden Ange:fegenheiten oft und lang verwidelt werden, der Eine am Andern vielfältig fi erproben, Denkungsart und Handlungsweife zu einem unauflöslidgen Semwebe fich in einander fhlingen, und jene Anhänglichkeit an den ganzen Menfchen entftehen, die nach nichts mehr fragt, und von fid nicht weiß, mweber woher noch wohin Liebe, die fih nicht ewig weiß und ewig erwiedert, das ift Keine Liebe, das ift blos Ergöbung,Blumenfreude, Tanz und Spiel. -

Wir nennen eine Seele fhön und jHöner, wenn fie Veit und Leiter durch die Hülle dringt, überall Seele offenbar macht; fo empfangen wir von dem beffern Menfhen, ohne zu wijjen wie, den Saamen feiner Nehnlichkeit; er ftrahlt ung fein Bild ins SemüthH und wir lernen, wie man fig felbft im AUnfdhauen eines Andern verliert, lernen Freund:ihaft, Neligion, Patriotizmus, jede Tugend, alle Wahrheit.“

Wenige Menfchen wifjen, was daz für eine Stille und Stetigkeit in die Seele bringt, wenn man vor allen andern die eigentliden Gefühle des Herzens zu Ihärfen und fie empor zu bringen weiß: wie fehr 1,bass alles fchon Heitert, wenn Fräftigere Megungen den Meutereien der Eitelkeit ein Ende madhen und man nur anfängt in fig einen Mittelpunkt zu finz den, bei weldem Stand zu halten ift.Jaßobi.

Das Eine erkannte ih, daß fo lange meine Seele dh mit höhern Gedanken befhäftigte, fie fo lange wenigften3 jene niedern Neigungen gar nicht auf:fommen ließ, jondern ernftlih uur an dem neuen Bebensplane hing, und gerade bie gereichte mir zu großem Trofte, Denn id erjah daraus, daß jene Uebel doch nicht fo befhaffen feien,. daß. fein Mittel dagegen wäre. Und obgleid anfangs diefe Hellen 3wifjdgenräume felten waren und nur Kurze Zeit dauerten, fo Famen fie doch, fo wie iQ das wahre Sut mehr und mehr Fennen lernte, Häufiger und hielten länger an, befonders feit ih einfah, daß der Erwerb des Geldes, daz Streben nad finnlidher nit und die Chrbegierde fo Tange fhädlih feien, als man bie Objekte nicht als Mittel, -fondern als Zwed behandle.Sy'no20.Auf die Frage, mwelde Staataverfaflung er für die Hefte Halte, ermiderte Sarillus: Diejenige, in weldjer die meiften mit einander als Bürger in der Tugend wetteifern, ohne Barteifucht, -

Wir Haben im Parzival und Triftan unfere da:malige Kunft auf ihrer Höchften Höhe gefehen. Die Nation und ihre Digtung ft aus dem Zuftande des GSemeingefühl8 und der Unbewußtheit hHerausgetreten,dies febte an die Stelle des Charakter des alten Volksepos einen geradezu entgegenftehenden. Statt daß früher die Menfchen ihre moralifhen Sefinnun:gen wie ihre poetifhen Productionen ohne Befragung des Berftandes nach dem bloßen. Triebe der Natur heaten und pflegten, fo lernen fie fih jebt erfennen und vergleihen und fhaffen fi SGrundläße und Regeln. Allein bei dem erften Verlafjen der Natur und dem Uebergange zur Bildung, bei der Kluft der frühern Stärke des Inftinkts und dem Auffuchen von Brincipien geräth der Men immer auf Wbmwege,traut auf die Eingebungen des einfeitig, erft tHätig werdenden Verftandes und verläßt die Einfachheit der natürligen Empfindung, bis erft almälig und fpät fi@ die neu aufgehende Erfenntniß fo ausbildet und x erweitert, daß fie fi mit der urfprüngliden Natur und Einfalt wieder ausgleicht oder zu ihr zurückfehrt.OGerviuus.

Uebermaaß des Senuffes umpft ab, und was fanın ber Weltling, der nie Begriffe von wahrer Sreundfhaft und Häuslidem Glück, vom Vergnügen der Zurücgezogenheit in die Stile der Natur und den Sefhäften des Aıntes für fein Vaterland, oder unter Büchern, und am allerwenigften Begriffe von der Hohen Wohlluft, feine Begriffe zu berichtigen haben fann, mwa8 Kann er anders empfinden als Rangeweile.Weder Democrit.

Che der DidHter c& unternimmt, die Vortrefflihen ju rühren, foll er e8 zu feinem erften und wichfigften SefHäft machen, feine Individualität felbft zur rein:ten und vortrefflihften Menfchheit Hinaufzuläutern.

Schiller.

Die Wahrheit offenbart fiH nidgt im Sturm 100 Teuer, nod) Erdbeben, fondern ein fanftes Säufeln ift ihre Stimme,

Hamann.x Wüßte ih docH ein Mittel, Shnen ein recht wah-ve Bild von mir zu geben! Weil ich fajt immer mit Affert Handle und rede, fo Handle und rede ich darum nit immer aus Affekt. Die Menge tiefer Leiden hat mein Inneres zu einer eigenen Art von Unterthänigkeit zeıfniriht. . Nicht daß iQ mir Ge:fühle geben und nehmen, fie nach eigener Willführ [Hmwächen oder verftärfen Konnte, fondern mir it mur eine Fähigkeit und Fertigkeit geworden, gewifjermaßen feine Notiz von ihnen zu nehmen, und ihnen zuzu:fehen, al8 wenn fie nit zu mir gehörten. Was für fonderbare Contrafte diefes ermorbene Phlegma (wovon au fon der Keim in einem angegebenen Tieffinne lag) mit meinem Feuer, wovon ich nodh nicht das mindefte verloren Habe, machen muß, und ihr gegenfeitiges. Spiel mit einander, fönnen fie un:gefähr fi vorftellen. Mit lauten, braufenden, un:ruhigen Menfhen mit auffahrenden (eS jet in Begierde oder Ab{hHeu, Liebe oder Haß) fann iM ohne Neberwindung nit umgehen. Verfhlofjene Menidhen fanın ih nicht Lieben, weil ih felbft im Hödhften Srade offenherzig bin. Unter allen Affekten bin id zur Rachfucht am mwenigjten und zum Unwilen am mehrften geneigt. Aber geneigt ift nidht das rechte Wort, fondern Unwille und Eeel Ht das3, was id A7 am ftärfiten, und Nacdhlucht, was ih am IHwächften empfinde. Uebrigen3 bin ih durdhHanus fo befchaffen,daß id von dem Schönen und Guten weit mehr als von dem Häßlidhen und Böjen gerührt werde, folg-li aud jenes mehr fuche al8 diefem aus dem Wege gehe. Doch fange‘ ih an, von diefer Seite einige Veränderung zu fpüren, die id dem Herannahenden Alter zufhreibe. Indeß ift mir alles Calcul in et:wa3 wichtigen Dingen, noch ‚immer ebenfo zuwider und wird e8 mahrfheinlidh bis an das Ende meines Lebdenz hleiben. So viel für diefes mal, von mei:nem natürlidgen Menfdhen.SZacobi an Hamanı.

Zumweilen, wenn er von feinen Freunden und von Hreundfhaft, Liebe oder irgend einer andern edlern Empfindung des HerzenZ fprach, Fonnten feine Aus:drücke Zweifel über feine Grundfäge und den Edel:finn feines Gemüths erregen. Das Gefühl des Augenblids gab ihm die Worte ein, und dazıı kam noch, daß er gern. die Molle des Sonderling3 zu:weilen aud) wohl noch eine fHlimmere vorzüglich gegen diejenigen jpielte, die er in Verdacht Hatte,daß fie e8 darauf anlegten, Entdefungen über feinen wahren Charakter zu maden; aber nur untergeord-9)iQ nete Seelen und oberflächlide Beobachter Fonnten fich in feiner Beurtheilung täufhen. Man mußte noth:wendig feine Handlungen beobachten, um den Wider:iprudy zwifgen ihnen und feinen Worten zu bemerken;man mußte Zeuge gemwiffer Augenblide bei ihm fein,in melden ihn eine unvorhergefehene und unwillfür:lie Aufwallung nöthigte, fi ganz feinen Gefühlen hinzugeben; und wer ihr da ins Auge faßte, über:zeugte fiG von dem Schabe reicher Empfindung nnd inniger Herzensgüte, die in feiner großen Seele lag,Bemerkungen einer Fran über Yuron,

Ein edler Sinn für Gerechtigkeit, ein freier und offener Charakter verpflichtet, dreift diejenigen zurüd-zumeifen, melche übertriebene Forderungen machen.

Ein heilig Feuer, das in div, ruht,Schlag aus in lidhte hohe Sluth,Doch daß das Leben, das dich treibt,Immer bei Holden Kräften bleibt;Hab ih deinem innern Wefen Nahrung und Balfam auserlefen,Daß deine Seel fei wonnereich

Einer. Knofpe im Thaue aleich.Da zeigt fie ihm Hinter feinem Haus Heimlich zur Hinterthür hinaus,In dem engumzäunten Sarten Ein hHoldes Mägdlein fikend warten Am Bächlein beim Holunderftraudh;Mit abgefenkten Haupt und Aug,Sigt unter einem Apfelbaum.Und fpürt die Welt ringsum fiH kaum,Hat Rofen in ihren Schooß gepflückt Und bindet ein Kränzlein fehr gefdhickt,Mit Hellen Knofpen und Blättern drein:Für wen mag wohl das Kränzel fein?So fibt fie in fi@ felbft geneigt,In Hoffnungsfülle ihr Bufen fteigt,Ihr Wefen ift fo aHnevoll,Weiß nicht was fie fi® wünfghen fol,Und unter vieler Grillen Lauf Steigt wohl einmal ein Seufzer auf.Warum ift deine Stirn fo trüb!Das was dich dränget, füße Lieb,Iit volle Wonn und Seligkeit ,Die dir in Einem ift bereit,Der mandes Schicfal wirrevoll In deinem Auge fih lindern fol,x8 Der durg mand wonnigliden Kuß

Wiedergeboren werden muß,

Wie er den IHlanken Leib umfaßt,

Bon aller Mühe findet Raft,

Wie er in8 Hiebe Ärmlein finkt,

Neue LebenStag und Kräfte trinkt,

Und dir Kehrt neues Lebenzglück,

Deine Schalkheit Fehret dir zurüg.

Mit Keen und mandhen Schelmereien

Wirft ihn bald nagen, bald erfreuen,

So wird die Liebe nimmer alt

Und wird der Diyter nimmer Kalt,Auf Hans Sadis aus ©öfhe.

Denn jeder Menfch hat angeborne Schwäden,Die Gnade nur, nicht Kraft kann überwinden.Shakespeare.

Nie fann der Menfch, wie viel er auch vollende,Wie Kühn er fei, fih zeigen al8 ein Ganzes Und was er ausführt, gleicht e& nicht am Ende Berftreuten Blumen eines großen Kranzes,Xfaten.Der Menidh vermag Manches durch zwedmößigen Sebrauch einzelner Kräfte, Außerordentliches durch Verbindung mehrerer Fähigkeiten, das Einzige und Unermartete dur Vereinigung fämmtlicher Cigen-Ichaften.Soefhe.

Diefer fHöne Begriff von Macht und Schranken,von Willkühr und Sefeb, von Treiheit und Maß,von beweglidjer Ordnung, Vorzug und Mangel, er-Freue dich hoch: die Heilige Mufe bringt Harmonifch ihıt dir, mit fanftem Zwange belehrend.

Keinen Höhern Begriff erringt der fittlige Den-ver, feinen ber thätige Mann, der dichtende Künftlerz der Herricher, der verdient e8 zu fein; erfreut nur durch ihn fih der Krone. Freu? dich, hHöcdhftes Se:Iöpf der Natur, du fühleft dich fühig, ihr den höchiten Gedanken, zu dem’ fie fhaffend fi aufs idwang, nachzudenken.Soefhe.

Diefe Begierde, die Pyramide meines Dafeins,deren Bafis mir angegeben und gegründet ift, fo hoch als möglich in die Luft zu fpiken, überwiegt alles andere und läßt Kaum augenbliclihes BVergeffen zu.

Goethe.DD Die Natur treibt im Menfhen die verfhiedenen Zweige. feiner Entwicklung in pertobifcher Folge; fie (äßt Religion, Kunft, die praktifchen Thätigkeiten aller Art und die Philofophie nad einander wachfen.Sie will aber nicht, daß ein Zweig um den andern abdürre. Wenn fie den einen jemweilen begünftigt, fo grünt der andere weiter und e8 wird dem ganzen Baume des Lebens daz SGedeihlichfte fein, wenn neben dem von der Vahreszeit geförderten Schoffe die zu-rücßgedrängten weder unzeitig wetteifernd nachtreiben,noch auch der Saft ihnen ganz entzogen wird.

OGervinus.Mühfam und wirklich oft wider allen Dank muß ich eine Laune, eine dichterifche Stimmung hervor:arbeiten, die mich in zehn Minuten bei einem gut denkenden Freunde felbjt anwmandelt, oft auch bei zinem vortreffligen Buche, oder cinem offnen Him-mel. € Igheint, Gedanken laffen fi nur durch Se:danken Locfen und unfere Seiftesfraft miüfje. wie die Saiten eines Inftrument8 durch Seifter- gefpielt wer:den. Wie groß muß aljo das Original-Genie fein,das weder in feinem HimmelsftriH und Erdreich,noch in feinem gefellfehaftlidhen Kreis Aufmunterung findet und auZ der Barbarei felbft hHervorfpringt.

Schiller in Mannheim.Fi.Dem Slükligen kann e& an nichts gebrechen,

Der dies SGefhenk mit ftiller Seele nimmt;

Aus Morgenduft gewebt und Sonnenklarheit

Der Didgtung Schleier auS der Hand der Wahrheit.Goethe.

Wir wifjen alle, daß unfern Zeiten. mit Recht der Borwmurf gemacht wird, daß nicht wie in den alten und ältejten Zeiten unfere Weisheit im Leben ausgedrückt wird und von Sitten ausgehend auf die Sitten zurüdfehrt. Sie wohnt bei unz mehr im Kopf als im Herzen und Hat meijtenz mehr unfer Sedächtniß bereichert al unfere Denkart und Sin:neSart gebildet. - Die unermeßlihe‘ Lururie in den Wiflenfhaften, ihre faft unabfehbare Vermehrung hat un8 zu Sclaven des Wiffens gemacht, oft ohne alle Selbitbildbung; mie mande Iugendfeele ging im rl:gerifchen Ocean der Vielwijjenheit, der ANgelehrfam:leit, an einer Sceylla, bei einer Carybde oder auf glatter Woge unter. Herder.

Nicht das Was allein, fondern audH das Wie entidheidet über den Werth der Handlungen; der Han:delnde Menfch Hängt wie der Arzt und der Neuerer von Umftänden und nicht blos von fi fTelbit ab;DA wie die Bolitik fo ift au die Moral eine Materie,die fo fehr in Verhältnifle, Lebensbedingungen und Beweggründe verwickelt ift, daß €S unmöglich wird,fie in allentfheidende Srundfäße zu bringen und daß in den manigfaltigen Collifionen der Pflihten das Abmwägen zwifhen Menfh und Menfch, zwijghen Sf:fentlidjer und Privatpfliht, zwifgen FJall und Fall unumgänglich wird.Gerpinus.

Aufmand des Seift8 in [HmählidHer Berfhwendung ift Quft in Thatz und eh fie That geworden ijt Luft meineidig , treulo3, voll Verblendung mild, blutig, wüft und roh, bereit zum Morden.Senofjen kaum, wird fie verfmäht fogleich finnlo8 erftrebt, und wieder, kaum gehafht,finnlos gehaßt; dem tückifjhen Köder gleich,Der den toll madhen fol, der ihn benafcht,Toll in Begehren, im Befigß zumal;ihr Seftern wüft, ihr Morgen und ihr Heute,im Koften Wonne, und gefoftet Qual,im Ausgang Trug, nur in der Ausfiht Freude.

AM dieß weiß alle Welt; dohH Keiner meidet

Den Himmel, der zu diefer Hölle leitet.Shakespeare.)R Ich thät e8 gern, doch ift fein eigner Feind Der edle Mann, dem Ieder edel {heint.Shakespeare Timon.

Und weiter fommt bei SGroßmuth nichts heraus,Wer Geld nicht hüten kann, der Hüte 8'Haus.Derfelbe.

Rohe Schulen,Nachjingt der Staar, was nur er Hört,Doch wie zufammen e8 gehört,

Hat er noch nicht begriffen.

Und durcheinander freuz und quer

Wird alles nadhgepfiffen.

Aus vielen Weifen bringt er her

Die lieblihiten der Stellen,

Und mitten drin beginnet er

Zu grunzen und zu hellen.3 rößlich.

Das Studiren, was man nidHt liebt, Heißt mit dem Erfel, der Langeweile und dem Ueberdruß käm:pfen, um ein Gut zu erhalten, das man nicht be:ehrt; das Heißt, die Kräfte, die fiH zu etwas anz If derm gefhaffen fühlen, umfonft an eine Sache ver:jhwenden, wo man nicht weit kommt und fie den Sachen ‚entziehen, in denen man Fortgang machen würde. AWber eben dadurch verdienft du dir Brod. Dies ift der elende Einwurf, der dagegen gemacht werden kann. IH wüßte Feine Sache in der Welt,durch die man fiG nicht Brod erwerben Könnte. Auch weiß ich nicht, ob id in dem mein Brod erwerben werde, wozu id Feine Kräfte fühle, Feine Luft em pfinde und in weldem ich alfo unmöglich Fortgänge machen fann, oder in dem, in mweldem mein Ver:gnügen mid anfpornt, meine Kräfte mir forthelfen.Dean Yanl.

Ohne Anfang fein’ Bollbringen;Ohne Mühe kein Semwinnuft,Ohne Sorgfalt fein Selingen;Ohne Segen Fein Verdienft.So wie Mofes, kaum geboren,

Semiffem Tode beftimmt,

Wunderbar ward gerettet |

So mander, IHon Halb verloren,

Da der Feind eindrang, ergrimmt,

Ward wieder froh und glücklich gebettet.Siröhlid.a

Sie wundern fihH, daß eine Licbe zur DBelHäfti-zung mit Empfindungen, eine Milde und Zartheit in denfelben, ein Eingehen in fremde Gemüthsftim:mungen, mir unter vielen und abziehenden Sejhäften geblieben ift. Das kommt doch nur daher, daß jenes eigentlig die natürlidhe Befdhaffenheit meines Se:müth8 ift, und daß eS mir immer eigen gewefen ift,gegen das. innere eigentlide Sein, die Se{häfte nur mie eine Art Nebenfadhe zu behandeln, immer ihrer mächtig zu bleiben, ftatt mich von ihnen beherrfhen zu lafjen. Man macht fie darum und auf diefe Weile nur defto beffer. Und das was den MenfhH als Menfgh berührt, die Gefühle, die ihn erfüllen, die fi in ihm drängen und ftoßen, Haben inımer einen Hauptfädhlihen Reiz für mid gehabt. IH Habe zuerft damit angefangen, mid felbft zu Ffennen und mid jelbft zu beherrfhen und Fein Menfdh Fann fih Harer durchichauen , ‚Feiner fig mehr in feiner Semwalt haz ben als ih. Ich Habe dabei immer nach zwei Dingen geftrebt; mid empfänglid zu Halten für jede Freude des Leben3, und dennohH durchaus in allem, was ich mir nicht felbft geben Kann, unabhängig zu bleiben,niemandes zu bedürfen, au nicht der Begünftigungen des Schiefjal, fondern auf mir allein zu ftehen und mein Glücg in mir und durgH mid zu bauen. Beides IQ gabe ih in hohem Grade erreicht. Über Feine Freude und feinen Genuß. deg Lebens bir ih hinweg, wie e8 die Leute nennen, die einfachfte Sache, wenn fie nur, etwas Anmüthiges oder Höheres an fidh trägt,oder wenn fie mir durch irgend etwas befonder3 zu:jagt, gewährt mir reine Freude, Daher Niemand fo dankbar ift al ih, weil wirklihH au wenig MenfHen fo viel Grund zur Dankbarkeit Haben,Theil8 begegnet ihHnen vielleicht weniger Erfreuliches,theil8 aber finden fie auch in dem, was ihnen bes geguet, Das Erfreulidhe nicht fo Heraus und genießen e8 nicht wie fie fönnten. Über fein Menfch ift auch jo wenig bedürftig als ih und darauf beruht ein großer Theil. meines Glücks, denn jedes Bedürfnik ift, wie e8 befriedigt wird, nur eigentlig Stilung eines Schmerzes und alles, mas darauf. verwendet wird, geht dem reinen, ruhigen, ftillen Genuß ab.38, D. Sumboldt an eine Freundin.

Das Slük vergeht und läßt in der Seele kaum eine flade Spur zurück, und ijt oft gar Fein Olüd zu nennen, da man dauernd dadurch nicht. gewinnt.Das Unglück vergeht au (und das ift ein aroßer I Troft), läßt aber tiefe Spuren Zzurüg, und wenn man e8 wohl zu benußen weiß, Heiljame und ift oft zin fehr Hohes Glück, da e8 Vänutert und frärkt.Dann {ft e8 eine eigene Sadhe im Leben, daß, wenn man gar nicht an Glück oder Unglück denkt, fondern nur an firenge, fi nicht fHonende Pflichterfüllung.das Stüc fig von felbit, au bei entbehrender,mühevoller Lebensweife einftellt.Derfelbe.

3e mehr id die Umgebungen Ffennen lerne, in denen Sie aufwuchfen, je mehr io Sie mir darin denfe, Defto manigfaltiger bewegt {Hweben mir die Züge vor, an die meine Einbildungskraft immer gern und FieblidH geheftet ift. Solden Genuß der Phantafie rechne iQ zu den Hödhften, die den Menfjhen gegeben find, und in vieler Hinfiht ziehe 9) ihn der Wirklichkeit vor. In diefe fann im:mer leicht etwas jtörend eintreten, aber jene nähert id den Ideen, und das Größte und Schönfte,das Menjchen zu erfennen im Stande find, bleiben Joch die reinen, nur mit dem innern Bli erfenn:baren Ideen. In ihnen zu leben ift eigentlidH der IC mahre "Senuß, daz Glück, was man ohne DBeimi:{dung irgend einer Trübheit in fig aufnimmt. Nur haben wenig Menidhen eigentlig Sinn dafır. Denn e8 gehört dazu eine Neigung der Befhauung, die in Menfhen unmöglich ift, bei denen Sinnlidfeit und innere moralifche Empfindung in Verlangen zur MWirk-lichkeit und zum Genuß übergehen. I bin von diefem Verlangen mein ganzes Leben hindurch fehr frei gewefen und Habe‘ daher mehr dur den Anblie am Innern und Neußern genofjen, und in beiden RNücfidhten mehr die Wahrheit der Dinge erkannt,ohne mid Täufhungen Hinzugeben.Derfelbe.

8 giebt unleugbar Perfonen, welchen mehr Wi:derwärtiges alz Slüclihes begegnet, und auch die jehr Stüclidhen Haben Küirzere oder längere Perioden,wo ber Verlauf der Umftände ihnen nicht zufagt,und fie gegen den Strom zu fHwimmen genöthigt find. Das Kegt aber, auch ob e8 gar nicht eigene Schuld, oder Folge unridhtig beredneter Berfahrungs:mweife ift, in der natürlidhen VBerkettung der Umftände,mo das allgemein Nothwendige oder unvermeidliche den: Interejfe des Einzelnen widerfpridht. Sehr oft,und dies ijt mir bei weitem wahrfheinliher, kann :8 aud Fügung der mit mweifer und immer wohl:tätiger Strenge heilfam züchtigenden und prüfenden Vorfehung fein; denn die ZüdHtigung überirdifher und übermenfchlidher Weisheit fekt nicht gerade immer Zhuld voraus, E€8 kann in den Wegen und Pfaden der über ale menfhlide Bernunft hinaus reidenden Finfiht liegen, au ohne Berfhulden, zur bloßen heiljamen Zurücführung au den ganz Schuldlofen zu züchtigen. Auch {ft der Beite, wenn er. nur die Selbitorüfung mit gehöriger Strenge anftellt, nidt vom Flecden rein, und eS Fönnen in feine bewußtlojen Empfindungen foldje liegen, die ihn zur Schuld füh-ren mürden, wo aber der Schuld durch die Heilfam augebradhte Züchtigung vorgebeugt wird. Der Menich je(bit ift zu Kurzfichtig und fein Bli zu trübe, dies inzufehen; allein die in der Höhe waltende Macht durch haut e8 und weiß e3S zu lenken und zum Beften nt Fehren. Alles dies pflege ih mir zu fagen, oft ahne äußere Veranlafiung, allein aud) befonders da,mo, wie’3 aud) mir gefhieht, das Schiefal den BWünfhen entgegenwirkt- und eine Periode der Wider:wärtigfeit oder des wahren Unglücks- eintritt, IH merde dann vorfihtiger als fonft im Handeln und hie mich im gerinaften beugen oder betrüben zu 4)laffen, fuhe ih durchzufteuern, fo gut es gehen will,Wenn ih fage ohne mid zu betrüben, fo meine ich damit nicht, daß mich die einzelnen Fälle nicht be:trüben follten (ma8 unvermeidlich ift), fondern nur,daß ih ihr Eintreten überhaupt, die Wendung von Stüg zum Segentheil nicht als etwas TFeindjeliges,fondern als etwas Natlürlidhes mit dem Weltgang und der men/dhliden Natur eng Verbundenes oft fo:gar Heilbringendes nehme.Derfelbe.

Der Propyläen drittes und lebtes Stück wird bei zrichwerter Fortfekung aufgegeben. Wie fich bis:artige Menfhen diefem Unternehmen entgegengeftellt,Fol wohl zum Trofte unferer Enkel, denen e8 nidjt befier gehen wird, gelegentlid näher bezeichnet werden.

Goethe.

Die ganze VBeredlung des Wefens, die möglidhfte Erhebung der Sefinnung, die größte Erweiterung der innern DBeftrebungen ift ebenfowohl die Aufgabe,die her Menfch zu köfen Hat, als die Reinheit feiner Handlungen. Es gibt au im Sittliden Dinge,die fih nit blos unter den Maakftab des Pflidt-mäßigen und Pflichtwidrigen bringen lafjen, Tondern :inen Höhern. fordern. E83 gibt eine fittlide Sdhön:heit, die, fowie die Körperliche der Sefichtszüge, eine Berfmelzung aller Sefinnungen und Gefühle, einen freiwilligen Zufammenhang derfelben zu geiftiger Ein:heit erheifht, die fihtbar zeigt, daß alles Einzelne darin aus Sinem au8 der innerften Natur ftam:menden Streben nach himmlifdHer Bolendung quillt und daß der Seele ein Bild unendliHer Größe,Süte und Schönheit vorfdhwebt, daz fie zwar nie:mals erreiden fanır, aber von da immer zur Nach ziferung begeiftert zum Nebergang in höheres Dafein würdig wird. Auch die Entwicfelung der intellek=tnellen Fähigkeiten bis zu einem gewiffen Grade ge:hört zu der allgemeinen Veredlung. Aber ih bin ganz Ihrer Meinung, daß dazu nicht gerade vieles Wifien und Bücherbildung gehört. Das aber ift wirklich Pflicht und it au dem natürlichen Streben jedes nicht blos an der irdijchen Welt, ihrem Gewirre und Land hängenden Menfchen, eigen, in den Kreis von Begriffen, den er befibt, Klarheit, Beftimmtheit und Deutlichkeit zu bringen und nichts darin zu ulden, mas nit auf diefe Weife begründet {ft Das kann man wohl das Denken im Menidhen nenz nen. Dazu ift da3 Wiffen nur das Material. Es pat Feinen abfoluten Werth in fih, fondern nur einen 3 A relativen in Beziehung auf das Denken. Der Menid jollte nit ander8 lernen als um fein Denken zu zrweitern und zu üben und Denken und Wiffen foll-ten immer gleiden Schritt Halten. Das Wiffen Bleibt fonft todt und unfrudhtbar.Sumboldt.

Wenn behauptet wird, e& gehe jebt von mandhen Seiten Strafungs = oder Berdammungswürdiges vor,fo ift dabei doch die Frage, ob darum die Sefinnung der Menfchen jet fOlimmer und unmoralifdher {ft Ih möchte es bezweifeln. €8 fheint mir weit mehr eine Verkehrtheit der Meinungen, eine Verdrehung der Begriffe zu fein. Chemals war mehr und weiter verbreitete Frivolität, Die fdheint jebt doch weniger und feltener. Gerade die Frivolität aber untergräbt alle Moralität und Käßt Keinen tiefen Gedanken und fein reines und tiefes Gefühl auffonmen. E83 Fönnen fig damit natürliH gutmüthige und fanfte Empfin:dungen verbinden, aber es& kann in foldher Seelen:Himmung nit aus Grundfägen hervorgehen, und an Selojtüberwindung und Aufopferung ift nicht zu denken. IFebt Herrfht doch der Ernit, der zum Nach:}

%denfen führt, und der auf das Semüth zurücmirkend,ziner Anerkennung des Willens fähig ift, und auch wirffanı Bleibt, wo der Entfchluß Neberwindung foitet.Aumboldt.

Das Wachfein des Seiftes, feine Fruchtbarkeit an Borftellungen, die er bald au der äußern Beobadh-hing der Dinge und MenfjhHen, bald aus Jeinem Innern [Höpft, oder das fejte Fortrücen in längft begonnenen, vielleiHt durd einen Theil des Lebens gindurcdhgefchlungenen Ideenreihyen, ft das wahre dem menfhlidhen Dafjein erft Werth verleihende Glück 5e8 Lebens, und zwar nicht blo8 für intellektueller organifirte, Höher gebildete, mehr dem Denken erge:dene MenjhHen, fondern für AWe. Denn jeder Hat zinen innern Kreis von Ideen und Sefühlen, Wahr:heiten und Borurtheilen, Phantafien und Träumen,in dem er wach und regfam bleiben und den er al8 innere BefHäftigung weiter ausfpinnen will,

Derlelbe.

Sache der Seele ift e8, die innere Heiterkeit 10 fange und immer in dem Srade zu erhalten, al8 es möglich ift. Wer fih heiter zu erhalten fucht, der forgt nicht bloß für fein Glück, fondern er Übt wirk:li eine Tugend. Denn die Heiterkeit, felbjt die mwehmüthige macht zu allem Guten aufgelegter und gibt dem SGemüthe Kraft, fh felbft mehr aufzu-erlegen und mehr für Andere zu Teiften., Die Er:Haltung der Heiterkeit, felbjt unter weniger günftigen Umftänden, zeugt au von einem genügfamen an:fpruchlofen SGemüth, das nicht felbftfüchtig immer fid vor Augen hat und was ihm begegnet, für größer und merfwürbdiger Hält, al3 mas Andern zufiößt.3 ift überhaupt ein fHöner, erfreuklicher Sinn, der die Einigkeit mit feinem Sefdhide fo weit als es möglich ift, erhält, die Freuden Heraushebt, die Jedem 6leiben, und fie zu fammeln und zu genießen ver:fteht. € bewährt fihH auch hier, daß das moralijd Schönfte und Cdelfte auch das am meijften SGlüc bringende ift und am fiherften das GemüthH in ruhi:ger und befonnener Thätigkeit erhält. .Derlelbe.

Wer mit den Augen winket fhmiedet Böfes; und wer ihn Fennt Hält fi fern von ihm. Vor Deinen Augen verfüßt er feine Rede und bewundert deine I Worte; Hinterher aber verkehrt er deine Mede und legt dir durch deine Worte Fallen. BViele8 hHafle ich,ıber nichts vergleide id ihn, au der Herr hHaffet ‚On.Sirad) XXVIL 25.

€ wäre mir leid, 5i8 heut gelebt zu Haben,ohne daß die Erfahrung mich gelehrt Hätte, daß der Zwet des Lebens nicht auf die Gewöhnung an diefe oder jene LebenZweife Hinausläuft; fondern daß das Betentlidhe immer Lleibt, durch fo viele neue Ber:Jältnifje, in melde mir geworfen werden, immer mieder von einer andern Seite auf un8 zurückgehen zu müffen, uns felbft immer näher und inniger fennen zu lernen uns8 in diefer Kenntnik felbft im:mer humaner und volllommener zu werden. Freilich meiß id nicht, wo e8 mit dem MeuifhHen Hinaus mil allein, wenn au) mit Diefenn Leben alle8 ge:det fein folltez fo ift doch nur Eins in der Welt,508 glüclidh, das Heißt zufrieden maden ann; daß id nämlidh immer mid felbit adten fönne.Sorffer.Ye Fin MenfH nimmt aus der Welt mehr oder minder Licht,Die Form au8 feinem Stand und aus fi fein Sewicht.Nüdert.

Das Eifen, wenn fiH ihn des Feuer? Kraft vereint,

Roth glüht c8, daß e8 wie cin Cheljtein erfdheint.

Der roth von Jelber ift, der feurige Rubin

Erfcheint dagegen blaß, glüht man im Feuer ihn.

So hat des Menjhen Sinn, von LeidenfHaft beraufcht

Sein Eigne8, auf den Schein, um Fremdes ausge:taufcht,Doch, wenn erkaltet, wird das Eifen wieder dunkel Und mieder hell, wie er gewefen, der Karfunkel.Yüßerf.

Hüte dih, daß du nicht betrogen und nicht un:alüclich mwerdeft durch deinen Frohjfinn.

Dränge dihH nicht zu, damit du nicht zurücge:ftoßen und fiche nicht zu fern, damit du Nicht ver;gefjen werdeft.Gef. Sirad.a4 Dem ift ein fHöner Tag genug Den Morgen Bein und Sram begleiten.Miliam QWordsworfh 1770.

Die Sffentlide Meinung hat dies mit der Chemie gemein, Daß fie, mwofern ihre Gährung nicht Künft-fi gehemmt wird, das Wefjen der Dinge von ihren Zufälligfeiten, das gebiegene Metall von feinen Schladen, den Gebrauch von dem Mißbrauch fHeidet,und wenn Ddiefe Scheidung genauer beachtet würde,jo fönnte man gewaltjamen Veränderungen begegnen.Denn fo ift einmal der Dinge Fluß. Mag ihr Ur-prung noch fo qut fein, bald mifhen fig mit dem urjprünglidhen Clement die Einffüfje der Ufer. Doch reinigt c8 fich mieder im OYccan, in weldhen e8 zus (lebt itrömt.Mefenberg.

Diele Schönheit, die Schönheit des reifen Alters ift die Höchfte der men!hlidhen Erfheinung; die For men find fatt, daß Gefäß ijft ganz ausgefüllt; fie haben jebt erft den Ausdrud des SGemwollten, des Figenthums8 und Ddienftwilligen Draanz, worin (4 fi der Seift eingewohnt; diefer ijft ebenfalls erfüllt in8 Leben Hineingewachfen; die erwartete Unendlich:feit hat fih befgränkfen müffen;z allein nur in der Befhränkung wird das Höchfte erreicht. Die Ibee als Berfönlichfeit ift nun erft wirklich reif, ganz Gegenwart. Auf der Hochebene diejer dauerhaften Rebenftufe folgt allmälig das Sreijenalter.Dildier, YWefthetik.

€ wird fünftig noch bemwiefen werden, daß die menjhlidhe Seele auch in diefem Leben in einer un:auflö8lidh gefnüpften Gemeinfhaft mit allen imma:teriellen Naturen der SGeifte8welt ftehen, daß fie wechtelmeije in diefe mwirke und von ihnen Eindrücke zmpfange. Abgefchiedene Seifter können zwar nie:mals unfern äußern Sinnen gegenwärtig fein, aber wohl auf den SGeift des Menfchen wirken, mit dem fe zu einer großen Mepublif gehören, fo daß die Vorftellungen, melde fie erwecen, id nad dem Ge:jeße feiner Fantafie in vermandte Bilder Heiden und die Apparenz der ihnen gemäßen Segenjtände als außer ihnen erregen.Kant.Will der weife Mann Zur Buße Härten diefen zarten Körper, .So fömmt mir’8 vor, als wollt’ er mit der Schneide Des Lotosblattes Holz zum Opfer fällen.Nicht Toll man unbedachtjam Nıben fordern Bon dem, was fchön zu fein allein beftimmt.Sakßuntala.

Das fHlechtejte Rad am Wagen macht den mei:iten Lärm.

Dem du gibjt, der [Hreibt’S auf Sand; dem du nimmit, auf Stahl.

Man empfängt Jeden nah feiner Kleidung und zntläßt ihn nad feinem VBeritande.

Das erjte ift immer, daß wir unZ rechtfertigen dor un8 felbit. DanadH fer un Liebe und Achtung der ÜUndern milliommen. Gern opfern wir ihren Schwächen, ihren Vorurtheilen den zwanglofen Ges nuß unjerer natürlichen Freiheitz nur müffen fie nicht fordern, daß wir um der conventionellen For:met willen, womit fie jidhH belaftet haben, auf das wahre Slücg des Lebens verzichten, welches fo felten angetroffen wird, daß wir € mit BDorbeigehung der Falten GemoHnheitsverhHältniffe nicht zu fheuer erkau-fen; e8 ift fein erfreuliches Bild der Menfehheit,weldhe8 fie in diefer Abhängigkeit von felbftgemadhten und den frohen, reinen Lebenzgenuß tödtenden Po:panzen fchildert; wer kann ihr Helfen, wenn fie fid felbft beftiehlt, um reider zu fein! Kinder, fucht glücklich zu fein, fo daß ihr e8 immer bleibt, das ift, behaltet eure ganze Empfänglichtfeit unter Auf:fiht der Vernunft, die nur immer die Naturgemäß:heit eurer Gefühle prüfe. Iatur des MenjdHen {ft zug) ja uur euer SGanzeS, euer fo reich organijirtes,mit fo vielen göttliden Kräften zum SIüg ausge:rüftetes Ganze. Laßt e8 immer in fih felbft har:monijdh bleiben und bleibt euch felbft immer übrig;dann fönnt ihr wohl Andere, die fich felbjt verloren haben, bedauern, daß ihre Zahl fo groß ift, aber fiher Tein, den Zweck eures Dafeins volllommen zu erreichen.Siorfer.

Feder MenthH muß in das Sroße und Ganze wirfen; nur was dies Große und Sanze genannt wird, darin liegt meinem Sefühle nach noch fo viel Täufhung. Mir Heißt in das Sroße und Ganze mwirfen, auf den Charakter der Menfchheit wirken,und darauf wirkt Jeder, fobald er auf fi und blos auf fih wirkt.3S, Humboldt.

Für mic ift der Kreis, in dem ih jebt Lebe, der angenehmfte; e8 ift der, den id am Dbeften auszu-füllen vermag, und Jollte e8 nicht wichtiger fein feinen Kreis wie groß oder Hein auszufüllen al8 gerade diefen oder jenen zu Haben? Zühle ich ja mehr Kräfte, als diejer Kreis fordert, nun fo Ändet fihH vielleicht auch ein größerer. Allein {Hıyer-li wird daz je der Fall feinz je mehr man hut,defto mehr ficht man zu thıum noch vor fig. Die intenfive Größe ift gerade diejenige, melde man nie erfhöpft und dennoch, wie jonderbar, fuchen die Menfchen immer die extenfive, als wären fie mit jener {on fertig. Statt zu fragen, mie viel an dem Zweck, an dem fie find, noch zu thun ift, eilen fie ihon nad einem andern Hin. Wenn dies, wie es mir fcheint, den Geift nothwendig zerftreut, fo muß er bei jenem Verweilen an Tiefe und Stärke ae:iA winnen und ih geftehe Ihnen gern, daß ih für diefen Seminn allein Sinn habe.WB, Sumboldt.

8 feben Edle Höher ftet8 ihr Biel.

So ftößt der MenfhH mit Füßen oft fein SGlüc,

Weil Finfternif die Seele ihm umfhwebt.

Der Blinde fhüttelt ab vom Haupt den Kranz

Des Glücks, den ihm ein Wahn als Schlange malte.Sakßunfala.

Bei Scherern, den ich geftern fprach, ft mir eine Bemerkung wieder eingefallen, die Sie mir voriges Sahı über ihn machten. E83 ift eine. ganz gemüth:lofe Natur, und fo glatt, daß man fie nirgends fajfien fann. Bei folden Natürellen it e8 recht Hihlbar, daß das Gemüth eigentlich die MenfgHheit in dem Menidhen macht, denn man fann fi folchen Seuten gegenüber nur an Sachen erinnern, und das Menfchlide in einem felbft ganz und gar nirgends Hinthun.Schiller an Goethe Bd. 4. S. 266.In des Herzen8 heilig ftile Räume .Mußt du fliehen auZ des Lebens Drang,Hreiheit {ft nur in dem Reich der Träume Und das Schöne blüht nur im Gefang.Schiller.

Wenn Zimmermann in feinem Buch über die Sinlamfeit von einer Dame fpricht, die er mit Plus tarchs Lebensbefhreibungen von HyjterijhHen Zuftänden furirt und dem Hauswejfen und der Küche wieder gewonnen Habe, fo läßt fig in gleidher Weife auch von den Schriften von Bigius jagen, daß fie un8 nicht nur mie reine Bergluft und Herrlide Natur mit erhöhter Lebens: und Strebeluft erfüllen; fondern daß fie un8 wichtige Impulie fürs Leben geben, daß mir von ihrer Lectüre weg nicht blos mit Luft an jebe Arbeit gehen Können, mas immer ein Kennzeichen gefunder Bücher iftz fondern daß wir auch, von ihnen angeregt gleichfam neue Fittide fühlen, unfer Leben mit frijdem Sinn neu zu ordnen und zu geftalten,mit dem Pfunde zu wuchern, das Vedem, dem Klein-ten wie dem SGrößten anvertraut ift, und die manig=jaden Kräfte in un8 zu entwideln, deren Nebung (6 und Entfaltung zu möglichjter Bollfommenheit wir al8 unfere Höchfte Beftimmung erkennen müflen,Dr. Manuel.

Die Poefie {Heint in ihren Verbindungen eben fo eigenfinnig mie die Sffentlidge Meinung. Sie vermält fih eben fo oft mit der Heiterkeit wie mit dem Trübfinn. Wenn wir an das Schiekfal und den Charakter ihrer Angehörigen denken, fo fcheint es unmöglidh , daß ein fo eigenthümlidHes Wefjen mit fo entgegengefebten Nidtungen des SGeiftes und Zügen des Semüths verträglich fein Könne. Oleich den geheimnißvollen Verbindungen des Lichts, weldes der Cypreffe einen grünliden Schatten und der Wolke einen rofigen Hau verleiht, indem e8 durch eine teudtende Ausftrömung unzählige Tinten hervor:Sringt, fo affimilirt fi der SGeift der Poefie mit jeder Spielart des menfHlihen Semüths, von den tief ften Schatten des MenfhHenhHaffe3 bis zu den frifdeften Blüthen des Entzückens.Bhomas Ioore.

Die deutfhe Sprache ift auf einen fo Hohen Srad der Ausbildung gelangt, daß einem Keden gegeben ift, fowohl in‘ Profa als in NRhytmen und Reimen, fiO dem Segenftand, wie der Empfindung gemäß, nach feinem Vermögen glücliH auszudrücken.Hieraus folgt nun, daß Feder, welcher durH Hören und Lefen fi auf einen gewiffen Srad gebildet hat, wo er fih felbft einigermaßen Deutlich wird,Äc alsbald gedrängt fühlt, jeine Gedanken und Urtheile, fein Erfennen und Fühlen mit einer ge:mwifjen Leichtigkeit mitzutheilen. Schwer, vielleicht unmöglih, wird e8 aber dem Jüngern einzufehen,daß Hierdurg im Höhern Sinne nodh wenig gethan it. Viele, die auf demfelben Wege gehen, werden Rh zufammen gefeXen und eine freudige Wanderung zujammen antreten, ohne fi zu prüfen, ob nicht ihr Biel allzufern im Blauen liege. Denn leider Hat ein mwohlmollender Beobachter gar bald zu bemerken, Ddaß ein inneres jugendlihes Be:Gagen auf einmal abnimmt, daß Trauer Über ver:idwundene Freuden, Shmachten nah dem VBerlornen,Sehnfucht nad dem Unbekannten, Unerreihbaren,MißmnuthH, Neid und Verfolgung die Mare Quelle irübt, und fo fehen wir die Heitere SGefellfhaft {ich vereinzeln und fich zerftreuen in mifantropifhe Cre:An miten. Wie fhwer {ft c8 daher, dem Talent jeder Art und jedes Grades begreiflih zu machen: daß bie Mufe daz Leben zwar gern begleitet, aber eS Feines:weg8 zu leiten verfteht. Wenn wir beim Eintritt in das thätige und Fräftige, mitunter unerfreuliche Leben, wo wir un8 alle, wie wir find, al8 ab:hHängig von einem großen Sanzen empfinden müflen,alle frühern Wünfhe, Träume, Hoffnungen und die Behaglichkeiten früherer Märchen zurücfordern, da entfernt fig die Mufe und fucht die SGefellichaft des heiter Entjagenden, fih leicht Wicderherftellenden auf,der jeder VahreSzeit etwas abzugewinnen weiß, der Eisbahu wie dem Rofengarten. Der junge Dichter fprecdhe nur aus, wa8 Lebt und fortwirkt, unter wel:Dherlei Seftalt es au fein möge; ev befeitige ftreng allen Widergeift, alles Migwollen, Mißreden und was nur vereinen fannz denn dabei kommt nichts Heraus.Poeti]jdher Schalt ift Gehalt des eigenen Lebens, den fann uns Niemand geben, vielleicht verdüftern aber nicht verfümmern. Alles mas Eitelfeit d. h. Selbft:gefälliges, ohne Fundament .ift, wird [Olimmer als jemals behandelt werden. Man Halte fih ans fort:jreitende Leben und prüfe fih bei Gelegenheiten; denn da beweist fihs im Augenblif, ob wir lebendig find,und bei fpäterer Betrachtung ob wir Lebendig waren,Soethe.Die ew’ge Welt, an die der Glänb’ge glaubt,Ift jenes Haus auf fteilem Felfenhaupt;

Und diefe wechjelreidhe, flücht’ge Welt

Boll Luft wie Leiden, ift das Dornenfeld.

Sie zählt die Athemzüge, die du thuft,

Ob früh, ob fpäter du im Grabe ruhft.

Um Ende wird ein Erdftoß fich erheben,Dann Laffen feufzend wir all unfer Streben Und Müh'n auf diefem Dornenfeld zurück

Und ridhten auf das fejte Haus den Blic,

Sin Andrer Foftet unfrer Mühen Frucht,

Doch er auch zieht vorbei in rafher Flucht;So wars von je, fo wirds für immerdar

8 fein, und diefer Spruch bleibt ewig wahr:Vollbrachten wir der guten Thaten viel,

So wird un8 Ruhm an unferm Reifeziel;Doch waren wir verderbt, fo kommt die Kunde Davon zu Tag in unfrer lebten Stunde,

Ob unfer Schloß au hoch den Scheitel trug Bis zum Saturn nicht8 als das Leidhentuch Wird unz zulebt; der Kühnfte wird erfhreckt Wenn Bruft und Haupt ihm fHmarzer Staub bedeckt,Zirdufi.()Preis fei dem Herrn, der. alle Dinge {Huf Xhm, der das Große wie Seringe IOHuf.

Das Sein fo wie daz Nichts verneigt fih ihm,Er ift der Einz’ge, Nichts verneigt ih ihm.Zum Zweiten werde der Prophet gepriefen,Und alle melde fiH ihHm treu bewiefen.

Da jene Edlen von der Welt gefHwunden,

So rechne nicht auf Dauer deiner Stunden.Wo kam der Thron des größten Königs hin?Wo find die Großen al von Heldenfinn ?

Wo find die Weifen all und die Gelehrten?Die raftlos ihren Seift mit Wiffen nährten ?Wo find mit ihrer Stimme Janftem Ton

Und ihrem Reiz die Schönen Hingefloh’n?

Wo die Bedrängten, die in Bergesfihlucdhten Stend und ruhHmlos eine Zuflucht fuchten ?

Und jene, die den wilden Lömen jagten?

Sie wurden allgefammt des Todes RKeute.

Heil dem, der nur die Saat des Suten freute!Bon Erde find, zu Erde werden wir,

Voll Angft und Kummer find auf Erden wir.Du gehft von Hinnen, doch c& währt die Welt,Und Feiner Hat ihr RNäthfel aufgehellt.

Voll weifer Lehren ift für unz ihr Lauf,Warum denn addten wir fo wenig drauf?Sirduli.VBerläumdung,

Sie {Oneidet [Härfer als das Schwert; ihr Mund Bergiftet mehr als alles Nilgewürm,Ir Wort fährt auf dem Sturmwind und belügt Jedweden Erdfirih: Kaifer, Königinnen,Sürften, Matronen, Iungfraun, ja in Grabes Seheimniß wühlt das Natterngift VBerläumdung:

Cymbelin Bd. 12. S. 296.

Was find wir für SGejdHöpfe, wenn wir unfern zignen Wea gehen.SHARESPLALE.

Kür alle muß in Freuden

Mein treues Herze glüh'n.

Hür alle muß id leiden,

Zür alle muß iO blüh'n,

Und wenn die Blüthen Früchte Haben,Da Haben fie mich längft begraben.„Hichendorf.Ein Künftler der nicht mehr [Heinen will als er wirklich ift, der in feinem Schaffen fi nicht ab-ängftigt, mehr zu werden, als er nah Sottes Sabe zu werden vermag; der nicht über fih hinaus will,der feine Werke, nidHt feine Perfon in den VBorber-grund ftellt, ein Mann, der überall zu brauden if und darum gerade nirgends recht ankommt, ein nicht 6lo8 perfönlih, fondern auch äfthetifch befchetdenes Talent. Diefe Heut zu Tage fo feltene Erfchei:nung war Lortfing.Riehl „Mufikal. Charakterköpfe.”

Die Wahrheit ift freilid wie der Verfaffer im 83. KYahre, nad fehSzigjährigem Studium, immer deutlicher einficht, nicht immer erreichbar, wenn von objectiver Wahrheit die Rede ift;z allein die jubjective Wahrheit, d. H. die Vermeidung alles defjen, was nicht den Schriftfteller durch und durch befeelt, fon:dern nur für das Publikum, deffen Bedürfniß oder Vorurtheil man berücfichtigt, gelten fann, ift aller dingS erreichbar. In diefer Nückficht gerade ift das Studium der Alten, weldhes. jeßt fo fehr vernadh-fäffigt wird, fo ungemein wichtig, weil Ddiefe weder Recenfenten, noch Studenten, noch Weiber, noch die Sefer von Iournalen Gerücfichtigten. Das ift e8,wa8 der VBerfaffer nicht für das große Publikum,Tondern für die Wenigen, denen Wahrheit zınd Recht,und Tugend aufrichtig. am Herzen Regen, hier vor:auSzufchicden nöthig findet.3. SG. Schloffer.

Die medhanifden Künfte Haben fih länger ge:halten, weil die Urt des Fleißes, welche Kein Nach:denken erfordert, fondern das Werk der Nebung und Sewöhnung ift, pflegmatifden Völkern zur andern Natur werden kann. Ihre Eyiftenz ift in diefer, wie in jeder RückfihHt mafhinenmäßiger als die Eryiftenz ber lebhaften, geiftreichern Menjdhen, deren unftätes Welen mehr von eigenen Antrieben abhängt und daher Sfters die Erfheinung des Mürjfigangs bewirkt,

©. Siorfler.Mus d. Anfichten vo. Niederrbein.

Die Nüglichkeit ift nicht das einzige Bedürfniß unferer Natur, fie ft nicht der einzige SGefichtspunkt,uf welden alle Thätigkfeit unferer Intelligenz fie zurückführen läßt. Zum RKRuhme unferer Natur murzeln noch andere Bedürfniffe in ihr, die einer hHöhern Ordnung angehören, die, fo zu Tagen, im Segenfabe zu dem bloß Nüglidhen fih geltend machen € gibt eine ideale Hierarchie der Eryiftenzen, welche,murzelnd in der Erdentiefe, in der SeifteSswelt aus:gipfelt. Die Idee des Wahren und Schönen ift dem Menfdhengeifte nicht weniger angeboren, al8 die des Niüglidjen; welde von beiden ihn aber am meiften adelt, und feinem Ur]prunge, wie feiner endlichen Beftimmung am meiften entfpricht, welde von beiden dienen, welche Herrchen foll, diefe Frage Kann, fo follte man glauben, im Ernite faum aufgeworfen werden,Auguffl Reichen perger.

Die Kunft, diefe Hödhfte und allgemeinfte Sprache,ift, mie überhaupt alle Sprade ein in die Sichtbar-feit tretendes Geiftesleben, ein Ausftrahlen des Seiftes, weldhes je nach dem Standpunkte, welchen feine Träger einnehmen, belebend und veredelnd, oder aber vermirrend und umnebelnd auf Ddiefelbe zurüd:Jällt,Derfelbe.SR 8 ift doch in der Welt alles eitel und Täufdhung,Jowohl was man genießen, al8 was man thun fanın,nur das Häusliche Leben nidt, Was man auf diefem ftillen Wege gute8 wirkt, das bleibt: für die wenigen Seelen kann man wirklich etwas fein und etwas bedeutendes leiften.Schleiermadher.

Was aber den Schein betrift, fo habe ih darüber meine eigenen ©rundfäge; id glaube, daß e8 meinem Stande geradezu obliegt, ihn zu verachten; ich meine nit aus Leidigem UebermuthH Dinge zu thun, die man fonft nit thun mürde, nur um zu zeigen, daß man fi aus der gemeinen Meinung nichts macht,jondern das, daß, To oft e& HineinreiHende Gründe gibt etwas zu thun, man nad) dem Schein dabei nichts fragen müffe. Das ift wie mir fheint, fehr nöthig und ganz eigentligd Pfliht.... € Kiegt fehr tief im meiner Natur, daß ih mid immer genauer an Frauen anfehließen werde, al8 an Männer; denn 28 {ft vieles in meinem SGemüthH was diefe felten verftehn.... In der Gemeine (Herrnhut) wird der Menfch gebildet durgd Einfamkeit und ftilles Nach:SG denken; in der Welt fann e8 aber nur werden durch die manigfaltigfte und zufanımengefebtefte Thätigkeit.8 find zwei verjchiedene Wege, aber beide find gut und jeder Menfch Hat nur darauf zu Jehen, daß er den einfhlage, der feiner Natur am angemeffenften ift und daß er fi denn auch Hübfeh dahin ftelle, wo er diefen befolgen Fan.Schleiermacher.

Wahılih, man hat, mas daz innere Leben der Kinder betrifft, nichts zu thım als abzuhalten, daß fie nicht geftört werden; und dann wiederum fie zu:jehen zu Xlaffen dem Wirken der Kiebe und der Regierung des Verftandes im Leben um fie her,Was fo nidht gut wird, dem ift gewiß auf keinem andern Wege was Sute8 anzuerziehen und etwas Böfe8 auszutreiben. Das bejfjere Sefühl, was man auf diefem Wege gewinnt von dem Leben mit den jungen Geiftern ift wohl reichlich die Teeren Einbil-dungen mwerth, welde alles Gute in dem Menfchen für das Werk der Erziehung Halten. Einbildungen,die eigentlid dem Srundjage nad, der in iYnen liegt, jedes Höhere Bewußtfein zerftören.

Schleiermacher,"

IH meines Cheil8 Halte wenig auf das nübliche.Wenn man das Leben nur für das nimmt, was der Menfh in der großen Maße auf fie wirkt, fo ift e8 in Der That nicht der Mühe werth. IS nehme aber bie menfHlihe Natur al8 eine noth:mwendige Stufe des geiftigen Lebens, die eben da fein muß, und von diefer Seite betrachtet {ft Fein Menfh unbedeutend, der etwas eigenthümlidhes hat, der die menfdlidhe Natur von einer eigenen Seite darftellt,Indeß ft e8 mit dem Nuben auch eine mißliche Sache. . Du fiehft ja, wie die Menfdhen fiH gegen mid) vermahren oder Alles von fih ftoßen, was id thue. Das macht mid wie du weißt nicht irre und verbittert mir das Leben, nicht, aber e8 fann do) au nicht Helfen, daß ih auf meinen Nuben ein aroßes Scewicht leae.Derfelbe.

DO trunknes Schietfal! mweldhes Saufkelfpiel

Treibfit du mit uns! Du weißt der Künfte viel!

Mit Sturm und WolfenbruH Hinweg uns raffft du,

Mit DoldH und Schwert uns aus Ö Leben Ihaffft u,

Den Ehlen tödtejt du durd SchurkenhHände,

Nach Laune nur vertheilft du deine Spende,>Bald Krone, Thron. und Schäbe fhenkft du uns,

Xn Kerker bald und Sram verfenffit dır uns

Der Weife münfdht, ev wäre nie geboren,

Kon Hätte nie im Erbenfroft gefroren

Und niemal8 ihn die SGiuthH der Welt verfengt;

Unheil nur wird durch die Geburt verhängt,ur Wechfel Herricht und Trübfal hier auf Erden,

Drum ift e8 befjer, nit gezeugt zu werden.Firdulfi.

Sei dennoch unverzagt! Sib dennoch unverloren!

Weich feinem Slücke nicht! Steh Höher als der Neid!

Vergnlüge dihH an dir, und acht es für kein Leid,

Hat fich gleich wider diH Glück, Ort und Beit ver:{Hmworen ,

Was dich betrübt und Iabt, Halt alles für erkoren.

Nimm dein Verhängniß an. Laß alles unbereut;

Thu, mas gethan muß fein, und eh man dies gebeut,

Was dır noch hoffen fannjt, das wird noch ftet ge boren. .

Was FMagt, mas lebt man doch! Sein Unglück und fein Glüce

If fh ein Feder felbft, Shan alle Sachen an,

Dies AUile8 ft in dir! Laß deinen eitlen Wahn.Und eh’ du fürder gehft, fo geh in diH zurüce!Wer fein felbft Meifter ift und fihH beherrihen Kann Dem ift die-weite Welt und Alles unterthan.

Xaul Silemming.

Einzelne MenfhHen und felbjt ganze Bölfer denken menig daran, daß, indem fie, ein jedes nach feinem Sinne und einer oft wider den andern, ihre eigene Abficht verfolgen, fie unbemerkt an der Naturabjidht,die ihnen felbft unbekannt ift, al8 an einem Leitfaden fortgehen, und an derfelben Beförderung arbeiten, an welcher felbft wenn fie ihnen Gekanut mürde, ihnen doch wenig gelegen fein würde.Kauf.

Eine geiftige Athmofphäre, wie die Äußere, um:giebt die Welt und jeden ihrer heile, umgiebt das Jahrhundert und den Zag. In fie verbreiten fich alle Lebendigen Wirkungen des einzelnen, zu einem Ganzen; aus ihr wirken fie, ihm unbewußt, auf den Einzelnen zurüd; Gedanken, Empfindungen, Bor-jteNungSweifen fhmeben ungefehn in der Athmojphäre,wir athmen fie ein, aflimiliren fie und heilen fie mit, ohne ung diefer Vorgänge deutlich bewußt zu fein. Mann Könnte fie die äußere Seele der Welt nennen: der Geift der Zeit ift ihr Refler und das merfmürdige Phänomen der Mode eine Fata-Morgana diefes Luftfreifes. €E€3 umgiebt auch die einzelnen Heinern Kreife der SGefjfelljchaft, und wie eine zarte Contagion Töfen fi Sedanken in ihm auf, und influenziven auf diejenigen, die wir unfere eigenften mwähnen. SIft er glei das natur-nothmendige Er-gebniß der organifhen Wirkungen eines Ganzen, fo bemerkt der genaue Beobachter doch bald wie vor:zug3mweife Die LebenzZenergie eines Einzelnen ihn be:ftimmt, ihn zum Träger feiner Denkweije und diefe dadurch zu dem feiner Umgebung macht.v. Sieunctersfeben,

Pfalm 1,Das3Z Loos des Frommen und des Sottlofen.Heil dem, der nicht mit SGottvergeffenen einig geht,Der nit an Weg der Sünder fteht,NochH fiet im Kreis der Syötter:Sondern feine Luft hat an Jehovas Lehre Und über defjen SGefeb finnt Tag und Nacht!Wie ein Baum ft er, gepflanzt an Wafferbächen ,Der feine Frucht darbringt zu feiner Zeit

Und deffien Laub nicht welt; i

Und alles ma8 er [Hafft gelingt ihm wohl.Nicht fo die Sottvergefjenen.Sondern wie Spreu, die der Wind verweht.Darum beftehen die Sottlofen nicht im Seridht,Und die Sünder nicht in der Gemeinde der Gerechten Denn Jehova achtet wohl auf den Weg der SGerechten,Über den Frevker lenkt er inz Verderben.

Durch Reif und Froft.

Durch Reif und Froft im falben Hage Schreit id dahin bet rauhem Wehn,So fühl ih add durch meine Tage Mit leifer Klage

Des HerbiteS KKihle Schauer gehn.Wo bift du reiche Iugendwonne,

Du trunkner Glanz mir im Semüth,Ach, bleih und läffig hängt die Sonne Im Nebel, die fo IHön gealüht.Die Freuden brechen auf und“ wandern Buguögelfhmwärme , fern hinab Und eine Hoffnung nad) der andern Vällt welt vom Bann des Lebens ab.Nur du gedämpfte LiedeSweife,

Du meiner Sehnfucdht tröftlig Wort,Du bleihft mir treu und raufcheft Leife Auch unterm Eife

Wie eine Heiße Quelle fort.„Sm, Geibel.

Nicht durch SGelübde oder weibifche Gebete. erlangt man die Hülfe der Götter, Wachfamkeit, Chätigkeit,Klugheit fichern in allen Dingen den Erfolg; wenn dır di der Trägheit und Feigheit ergiebft, rufft du vergebens die Götter an; erzürnt und feindfelig wen:den fie ih ab.Seneca.

IH freue mid mit einer {trebenden und in den Mefultaten noch nit gefangenen Kugend von Neuem En zu fireben; aber auch al8 älterer Freund Hefonnen und ernft ihr die Heiligen Ziele der Menfhen und der Chriften zu zeigen, ohne melde au das Kultur:(eben volirte Barbarei und das Studium iInteller-tncller Schwindel wird. Unfer Ziel ift nicht das Willen, fondern edle Menfehlichkeit; unfer Ziel ift über ung allen, hoch über der arınen Sterblichkeit,Bott der Lebendige.Dr. Ybheod. Keim, „Akadem. Antrittsrede,“

Der größte SGegenftand in der Welt, fagt ein großer Pbhikofoph, it ein redhtihaffener Mann, der mit Widermärtiakeiten fämpft.Mlpenrofen 1566.

Wie die Pflanze die Kräfte ihrer NMeproduktion an Light und Luft nicht nur übt, fondern in diefem Prozeffe zugleich ihre Nahrung einfaugt: fo muß der Stoff, an dem fih der Berftand und das Vermögen der Seele überhaupt entwielt und übt, zugleich eine Nahrung fein.Hegel.

Uns gegeben

Bum Troft ift holder Wahn, und wo entrathen

Muß foldhen edlen Sporns ein trübes Leben,

Muß rühmliches Bemühen.

In träge Ruh’ fi wenden und verglühn.Oiacomo Leopardi.

Doch mil ih gleichwohl, weil ih noch Hier trage diefes Leibes Joch,Auch nicht gar ftille [mweigen.Mein Herze fol fidh fort und fort An diefem und. an allem Ort Bu deinem Lobe neigen.Hilf nur und fegne meinen Seift Mit Segen, der. vom Himmel feußt.Daß id dir ftetig blühe.Sib, daß der Sommer deiner Snad In meiner Secle früh und fpat Viel Slaubensfrucht erziehe.Mach in mir deinem SGeifte Raum,Daß ih dir werd ein guter Baum,Und laß mid wohl bekleiden;Verleihe, daß zu deinem Ruhm,IM deines SGartenz {Höne Blum Und Pflanze möge bleiben.us Yanl Gerfard’s ‚„„Sommergefang.“AR Wie ein Vater feinem Kinde Niemals ganz fein Herz entzeucht,Ob e8 glei bisweilen Sünde EThut und au3 der Bahne weicht,Alfo Hält au mein Verbrechen Mir mein frommer Gott zu gut,Wil mein Fehlen mit der Ruth’Und nidt mit dem Schwerte rächen;Seine Straffen, feine Schläge,Ob fie mir glei bitter feynd!Dennoch, wenn ich’8 recht erwege,Synd es Beiden, daß mein Freund,Der mich liebet, mein gedenke,Und mid von der fHnöden Welt,Die un8 Hart gefangen Hält,DurghH das Kreuse zu ihm lenke.Alles Ding währt feine Zeit,Sottes Lieb in Ewigkeit.

Aus dem Lobgefang von S, Gerhard.

Feigee Gedanken Bänglihes Schwanken,Weibilches Zagen,Nenaftlidhes Klagen fr Wendet Fein Elend,Macht diH nicht frei.Allen SGewalten

Zum Troß fih erhalten,Nimmer fih beugen,Kräftig fi zeigen,Rufet die Arme

Der Götter herbei.Soefhe.

Indem fo der Menfjch den göttlidHen Seift in {id wohnend Hat, wird er vom Seifte getrieben.“. „Die der Seift Gottes trübet, die find Kinder Gottes.“ Der Böfe geht gegen feine innerfte Natur, dagegen wird ihm das Sute zur (andern) Natur. Auf diefer hHöchften Stufe des fittlidHen Lebens vollzieht fi dann die fittlidhHe Forderung, wie eine Naturforderung, die Tugend -erfheint als das Kampflofe Herausfeken des in der MenfchHenfeele Kiegenden göttliHen Schalts,der Menfch fiegt über das Böfe durch fein Herz,nicht feinem Herzen zu Trog, und alles Handeln geht aus Dem unmittelbaren: Drang der ganzen,Sotterfüllten Menfhennatur Hervor, ohne daß man jeden Augenblit ängftlihH fragen müßte: wa8 ver:A jangt jeßt die Moral von mir. Welche von beiden Seiten des fittlidhen Lebenz, der Kampf um das Xdeal, oder die ruhige Harmonie des Natürlihen und Sittligen das vorherrfchende bei einem Menfchen fei;z das Hängt von feiner NMaturanlage und geiftigen Organifation ab, und e8 ift einer der folgenjHwerften Frrthümer der. altkircdhliden Anfhanung, von weldhem die ganze Geftalt der orthodoren Dogmatik bedingt ift, alle Menfchen in einen Tiegel der SündhHaftigkeit zu merfen, und daher von allen die gleide Form und den gleihen Weg der fittlidhen Wiedergeburt zu verlangen: S. Sang.

Wäre e8 möglich die Stimmung, aus weldher bie Fanft: Dihtung Hervorgegangen ift, mit einem einzigen Wort zu bezeichnen, Io wäre e8 jenes Wort,auf weldhes Göthe die Denkweije Hamans zurücführt.“Alles mas der MenfdhH zu Teiften unternimmt, es werde nun durch hat oder Wort oder Jonft hervor:gebradt, muß aus fämmtlidhen vereinigten Kräften zntfpringen ; alles vereinzelte ift verwerflich.

5. Setiner.6?Wer darf ihn nennen

Und mer bekennen

Sch glaub’ ihn.

Wer empfinden

Und fig unterwminden

Zu Jagen : ih glaub ihn nicht?

Der Allumfafjer ,

Der Allerhakter,

Faßt und erhält er nicht

DihH, mich, fih felbft?

Wölbt fih der Himmel nicht da droben?Liegt die Erde nicht hier unten feft?Und fteigen freundlich blidend

Ewige Sterne nicht herauf ?

Schau id nit Aug in Auge dir

Und drängt nicht alles

Nah Haupt und Herzen dir?

Srfüll’ davon dein Herz, fo groß eS fei Und wenn du ganz in dem Sefühle felig bift Nenn’ e8 dann wie du willft,

Nenn’s Glück, Herz! Liebe! Gott!Ich habe feinen Namen

Dafür. Gefühl ift alles,

Name {ft Schall und Rau,Umnebelnd Himmelsaluth. Goethe.AQ VBergänglichkeit,Wer jung ins Grab fih bettet, den beweine nicht,Und daß das Leben ein Gewinn, das meine nicht.Dir faugt der Geier Schmerz an deinem frifgen Blut,Doch quält er der Verftorbenen Gebeine nicht.Sie ruh’n: fein Schrei der Sehnfucht gellt fie aus dem Schlaf!Beneidenzwerthes Loos! E8 ift das deine nicht.Du fibeft fröhliH nimmer an des Lebenz Mal,Freujt dih an feinem golddurhaglühten Weine nidgt,Denn bitt’re Tropfen [Ywimmen drin: wen trifft e8 bald?Der Tod fhreckt auch vor fröhligHem Vereine nit,Und (Häumt des Lchenz Fülle durch die Säfte au Dein fhon geprüftes Herz, e8 traut dem Scheine nicht.Und folürfelt du des Augenblids Vergeffenheit,Sri fhrichft du auf: die Freude war die deine nicht,Drum wein’ um deines Lebens wechfelvolle Noth,Doch für die Todten unterm Leihenfteine niGt!

In unfer8 Bufens Reine wogt ein Streben,Sid einem Höhern, Reinern, Unbekannten Aus Dankbarkeit freimillig hinzugeben (Enträthfelnd fih dem ewig Ungenannten,

Wir heißen: fromm fein! Soldjer feligen Höhe

Hihl ih mid theilhaft, wenn id vor ihr ftehe. -OGoefhe.

Wenn der Gott der Willführ und der Wunder für mi auffört, glaubwürdig zu fein, Toll 1 aud an den night glauben, der fi mir offenbart in den Sefeben und Ordnungen der Welt, der vor meinen Augen täglig fein Weltgeridht übt in den Sefdhicfen der Völfer, der in meinem SGemwifjen mit mir redet al8 der Heilige und Serechte, verfolgend jede Ueber:tretung ‚Jeiner Gefebe mit feiner unerbittlichen Strafe,der, fobald ich wieder einlenke in die Geleife des Suten, fi mir zu fühlen gibt al8 der Gnäbige, der daz reuige Kind mit feurigen Armen an fein Herz zieht, ihm zuruftz Friede fei mit dir! Das Alte ift vergangen, e8 Joll Alles neu mwerden;“ und die Seele füllet mit Freud und Wonne. Diefen Gott der religiöfen Erfahrung folte ich nicht glauben fönnen? glauben müßen? Wer darf fagen: ich glaub Shn nicht in dem wir doch keben, weben und find.

Heinz. Sang.OD wir tragen Unfraut,Wenn [Harfer Wind un8 IHont, und wer un8 tadelt,Der n»flüct uns um.Shakespeare. (Antonins.)

Und erfenn e8 far Wie alles [Hmwankfend und gefahrvoll ift Im Menfdhenleben. Slück und Mißgefchiek.Wer frei von Schmerz ift, blide hin auf’3 Leid Und wer im O©lück lebt, der fei vor Allem Auf feiner Hut vor undbenerftem Sturz.Sophokles. (Philoktet.)

Timotheus wurde durch einen Beldhluß der Cpho-ren au3 Sparta verbannt, weil er der Lyra noch drei Saiten zugegeben.

DBefenntnifje des Heil. Auguftin: Und es gehen die Menfdhen hin und bewundern Hohe Berge und weite Meeresfluthen und mächtig dahin raufdhende Ströme und den Ocean und den Lauf der SGeftirne und verlaffen fi felbit barob.+4)Wenn man diefe Sonette und Canzonen und bazwifhen die wunderfamen Bruchftücke des Tage:6uchs feiner Iugend aufmerfjam lie8t, fo er] eint 28 al8 ob daz ganze Mittelalter hindurch alle Didter fi felbft gemieden. Er (Dante) zuerft fi felbit aufgefucht habe,DBaurkard.

Der Roman Pamela, der im Jahr 1740, Ger au3 fam, Hatte Nihardfons Ruf auf den Höchften Sipfel erhoben. Diefes Buch, meldhes Stellen enhält,bie un8 Heut fehr unfohiclidh erfheinen würden, wurde damals fogar von der Kanzel Herab anempfohlen.

Unter den edlen Männern, die mit Muth und Einfiot unferer Zeit den Spiegel beffen, was fie war und Deffen was fie werden foll vorzuhalten wagten, verdient Schloffer die erfte Erwähnung,Waz unz in feinen Schriften zunächft mwohlthätig berührt, ift die völlige Rückfichtslofigkeit, mit der er die Wahrheit und zwar die ganze volle Wahrheit nad) allen Seiten hin aus]pricht. Weder die Scheu vor einem Verftoß gegen irgend eine äußere Autorität,no der Eindruck der allgemeinern Stimmung hat je auf ihn gewirkt. In dem ftolzen Gefühle feines Werth3 und der Unfträflichkeit feines Gemwifjens ftand or allein. Er verwifdht Feine Thatfacdhen, er mildert Feine Schwäche,3. Schmidt.

€ ijft nicht3 leichter, al8 aus dem Bilde einer urfprünglidgen Natur alle Größe wegzumwifchen, man barf nur fein Leben in die einzelnen Tage zerlegen und den verbindenden Faden fallen Kaffen.Der Obige.

Du prahHiit fo laut mit deinem Glück «nd ladeft dadurch das Unalück in dein Haus.

Reich ift an eigner Tugend, wer die fremde ‚rt.Bu Sclaven macht uns unbejhränkfte Freiheit,

Ein Herz, das wohl mir. will, fhäß ich nod mehr al3 meines Bruders Blut.X, Syrus (griech. Dichter).

Toute casse Tout se casse Tout passe.Benny Lind,

Was die Didhter der neuern Schule vor unfern ältern Uyrifern unter[heidet, ift, daß fie niemals bei der Sache find. Die Kunft Hat die Aufgabe,den Segenftand in finnlicher Klarheit zu zeigen, nidt verwirrt durch anderweitige Borftellungen. E83 ij in der Malerei ebenfo. Der Künftler Kann die glän:zendften Farben und Linien anmenden, fie werden feinen Eindruck machen, wenn fie nicht der Sache angemefjen find und wenn fie die Einheit der Stim:mung {tören. Faft in feinem Zweige der Kunit wird 7m die Übweichung von diefen Sefeß fo inz Große ge:trieben, wie in der Lyrik. Man gebraucht den Gegen-ftand faft Lediglich dazı, eine Meihe glänzender Sil-der, Meflerionen, Gefühle daran zu nlpfen, ohne fi darum zu Ffümmern, ob fie in irgend einem Verhältniß zum SGegenftande ftehen. Daher die Styllofigkeit der Form, das breite cogette Verweilen bei NMebenfadhen und dıe leichtfertige Haft in der Darftellung der Hauptfadhe, endlihH Unklarheit und NRathlofigkeit in der fittlidhen Färbung. Der wirkliche Dichter ft immer objektiv, d. hH. er wählt immer die realen Charaktere und Ereignifje fo wie er fie für Tein Ideal braucht und wendet diejenigen Farben und Striche an, die dazu geeignet find, Ddiefem Ideal Leben zu verleihen. Wir Haben immer das Gefühl der innern NothHwendigkeit, weldhes der mwefentliche Prüfftein für den Werth eines Sedichtes ift. Heut zu Tage ift e8 unfern Didhtern unmöglihH, fih auf längere Zeit in einen Segenftand mit Andacht zu vertiefen; fie nüffen bei diefer Gelegenheit ihre An:fidten über Sott und Welt, ihre Kenntniffje über die Naturmifienihaft und den Contrapunkt, ihre metas phyfifgen SGrundläge und die NMeminiscenzen aus dem Salongefhwäß anbringen. .

3. Schmidf."Ce Nachdem das Volk die Sebichte Virgils gehört hatte, erhob es fih in Mafle und erwies dem zu:fällig anmefenden Dichter ebenfo wie dem Auguitus feine Chre.

Man Iaffe jeden nicht nur nach feiner Facon jelig werden, fondern au fhon auf Erden möglichft nach) feiner Facon glüclih fein.- Niel.

Ueber Grab und Srabkult haben die eilenden VahHrhHunderte und alle Neuerungen, die fie mit fih führen, nur geringe Macht. Ihre Symbolik in den älteiten Anfdauungen unferes Sefhlechts wurzelnd,reicht. unverändert, menn auch zulekt nicht mehr ver:jtanden, hinab in die Zeiten des finkenden Chriften:thums und über diefe hinauZ in das neue Weltjahr,das Chrifti Menfdhwerdung eröffnet hat. Späte und frühere SGefcdledhter treten in unmittelbare Berührung und mit der Bedenutungskofigkeit zeitliher Trennung verbindet ih diejenige volfliHer Berfhiedenheit und räumlicher Entfernung. Liefert für jene dasz Ei:ymbol ein Höchft merkmürdiges Beifpiel, fo Fritt die (ebtere in dem feilfledhtenden Denus, den Yegypten,Mfien, Griechenland und Italien in gleicher Weife fennt, nicht weniger überrafhend hervor. Die große Bedeutung, weldhe die alte Gräbermelt gerade durch diefen Charakter der Stetigkeit und Unwandelbarkeit gewinnt, wird durch den Einbli, den fie uns in die ihönfte Seite des antiken Geiftes eröffnet, noch er:pöht. Vermögen andere Theile der Alterthumswifjen-haft unfern Verftand zu fefjeln, fo gewinnt die Be:irachtung der Nekropolen unfer Herz und vermag nicht nur unfer Wiffen zu bereichern, fondern auch tiefern Bedürfnifjen - Nahrung zu gewähren. IH habe, wo fig Gelegenheit dazır bot, nicht unterlafjen auch diefer Seite meine Betrachtung zuzumwenden und jo viel an mir lag, jene Gedanken wieder zum Be:mußtfein zu bringen gefucht, deren Füke und Hoheit an der Stähte des Todes nur das Symbol, nicht die Sprache, darzulegen vermag. Dadurch bin ih vor allem einem Bedürfniß meiner eigenen Natur gerecht geworden, vielleicht aber au dem Höchften Biele aller Alterthumsforfhung, die Ibeen früherer Befdhlechter einer Zeit, die der Erfrifhung gar fehr bedarf, in ihrer Hohen Schönheit zu erfchließen, näher zefommen al8 e8 an einer der. Form und der Ober:ffäcde der Dinge Haftenden Betrachtung erringbar ift. Die ridhtige Verknüpfung des Befondern und des Agemeinen ift das Scheimnif, worin alles BVerftändnif ruht. Ift diefes für fih mwerthlos, fo bilden fie dagegen durch ihren Verein ein Sanzes, das beiden Seiten de3 menfHlidHen Seiftes, feinem Be:dürfnik nach Manigfaktigkeit und feinem Streben nad Einheit, gleidhermweife genügt.3. 3... Bachofen über SGräberfymbolik der Alten.

Magft dur den Feind mit Liebe aud behandeln,Du wirft ihn nie zum wahren Freund verwandeln.Sirduß.

Der Menfch fällt nur gar zu Leicht in den SFrrtyum,dasjenige für groß, für mächtig zu Halten, was mit itarfen Eindrücken auf feine Sinne wirkt und Teicht gibt er fi Der Täufgung hin, daß dasjenige aud unbedeutend fei, was unbemerkt und geräufhlos,aber ftetiqa im Stillen wirkt.Schleiden.”Q

Des Herren Auge dürtgt das Land.

Der griechifhe Künftler Dinokrates, oder wie ihn ındere nennen Nafikrates, der Erbauer Alerandriens,irat einft vor Alerander den Sroßen hin und tadelte die Künftler, welde den gewaltigen Welteroberer bis:ger in Farben, Erz und Marmor Herzuftellen verfucht,da doch foldhe Bildchen, die gekauft, geftohlen und ingefHmolzen werden Könnten, nicht® weniger als nürdige Denkmäler feiner Größe feien. Ih dagegen jJabe mir vorgenommen, {prad) er, in einem unver:gänglidhen und lebendigen, ewig fejtwurzelnden Stoffe in Abbild unbewegbar und unerfHüttert für die Swigkeit hHinzuftellen. Der thrakijde Berg Athos,da wo er am Hödhften und fihtbarften über dem Meere auffteigt, fol durch meine Kunft zu einem Standbilde umgewandelt merden, das Alexander mwürz dig, mit den Füßen daz Meer, mit dem Haupte die Wolfen berührt; in der rechten Hand eine volfreiche Stadt tiragend, mit der linken aber einen immer Tießenden Bergftrom auZ einer Opferfhaale in das Meer ausgießend.ACC Wo du deine Zeitgenofjen findeft, umgieb fie mit edeln, mit großen, mit geiftreiden Formen, fHlicke fie ving8 um mit den Symbolen des VBortrefflichen ein, bis der Schein die. Wirklichkeit und die Kunft die Natur überwindet.Schiller.

Der Schmerz ift eine Frucht, Gott "yäßt fie nidt gedeihen Am Zweige der zu IHwahH noch wäre für die Laft.DT, Hugo.

Die wahre Tugend ift, daß Ieder jede Frift Das thut, wozu er taugt und tüchtigq ift.

1523 ftarb ‚auf feiner unbefejtiaten Burg Land:ftubl Franz von Sidingen. Hutten prie8 feine Schlöffler al8: Herbergen der Gerechtigkeit. Da find die. Männer rechte Männer, da wird Gutes und Böles an- feinen gebührenden Drt geftellt, jedes gilt was e8 werth ift. Da Herrfchen Sottesfurht und Menfchenliebe, die Tugend fteht in Chren; Habfucht Ändet Feine Stätte, der Chrgeiz ift verbannt, Treu-(ofigfeit und Bosheit find weit entfernt; da find die Männer nicht nur frei, fondern au Hohherzig;man geht dem Rechte nach und flieht das Unrecht mit Abiheu; man Hält Verträge, bewahrt die Treue,verehrt das Heilige, fhirmt die UnfHuld.

‚..Die dritte Kategorie hefteht aus einer fpecififchen Ybart der „beiten Männer“, welde ihrem Egoismus die Maste der Selehrfamkeit auffebt. Zunfimäßige Nachbeter fHolaftijdher Weisheit, zeihnen fie fic dur ihren Dünkel aus, der nur von ihrer, dureh hohles Wiffen gepflegten Charakterfofigkeit, überboten wird. Ihnen gilt jener Sas, weißer den überflüffiz zen Ballaft und das obligate Rothwelih verjhmäht,um das NMefultat der Forfhung in bürgerlicher Rede:weile vorzutragen, für unwiffenfhHaftlich. Diefe Baalspfaffen der Wiffen[hHaft, die weder die Logifche Kraft befigen, ihre Ideen felbftftändig zu bilden,noch das fprachlide Vermögen, ihren Gedanken ein zigenes Gewand zu IHaffen, Halten fiHd für gewiegte A AMeifter, wenn fie die Formeln der Schule breit treten.

Mer daz, was er fagen will, nicht in gemein,verftändlidher Sprache fagen kannt, der verfteht fidh felbft nicht; der Hat eine fremde Formel im Kopfe,die vielleicht gefeßmäßig gebildet ift, Die er jedoch im Strome des wirkenden LebenZ nicht ffüßig zu machen müßte, und deren wahren Werth er nit darzuftellen vermag. Die Denkwijfenfchaft bedarf nidht diefes Formenkram8, der ihrem eigenften Wefen zuwider Hr und nur den Mangel an Inhalt verdefen Hilft,3. fan.

Treten Künftler in einem Lande auf, ift die Rraft derfelben fo umfaffend und tief, daß ihre Schöpfungen zu einem heile des allgemeinen geifli:gen RNeichthHums werden; dann Hietet die Stellung,welche folge Männer einnehmen, Feinen Maßfjtab für die Behandlung weniger begabter Naturen. Weder ir hoher Mang (wenn er ihnen eingeräumt wird)no ihre Verlafjenheit (menn ihnen diefe zu Theil wird) gibt für Andere ein Präjudiz ab. Solde Seifter Haben ihre eigenen unberechenbaren Schicklale.=Meijtentheils ft e8 großen Dichtern und Künftlern zlend genug ergangen. Daran ift weder die Bosheit der Menfchen, noch die fehlerhafte Einrichtung des Staatsorganismus fhuld gemwefen. Der Srund liegt darin: daß foldde Männer dem praktijhHen Leben des Tages nicht3 bieten können. Während fie an die Kahrhunderte denkend, den Tag vergeffen, rächt fich der Tag und verweigert ihnen das, was er denen fo reichlich gewährt, weldhe ohne Sebdanken an nach:her und vorher, der Gegenwart mit allen Kräften zu dienen beitrebt find.nermt. Orimm.

Die Hervorhebung der Eigenthümlichkeiten des Ipantfden Dramas, namentlig feiner VBermifdhung des Komifhen und Tragijdhen war e8, welche Leffing auf das wichtige Zhema von der NMadHahHmung der Natur durch die Kunft führte.

In der neuern NWefthetit ift jene Frage dahin zrledigt, daß die Kunft eben die Erfheinung, weldje die Natur gefhaffen,. aber im SGedränge des ftörenden Zufallzg Trübungen jeder Art ausgefeßt Hat, auf die Reinheit zurücführt und fo gereinigt in einem idealen Scheinbilde wiederholt, während fie in der Zurück:führung felbjt das Vorbild mit der Beftimmtheit feiner Formen und der Wärme feiner Lebendigkeit nacheifernd im Auge behält.

Lefage,. der des Morgen bald nad Sonnenaufs gang aufftund, murde Lebhafter, tHeilnehmenbder und Fräftiger, jemehr fi die Sonne dem Meridian näherte;aber fo wie fie fid zum Untergange neigte, verän:derten fiG Empfindungsfähigkeit, Klarheit des SGeiftes und Fähigkeit der Sinne ganz in demfelbden Maaße al8 er bald nad Sonnenuntergang in eine Art von Lethargie verfiel, aus der man ihn nicht einmal zu erwedden vermochte.

Eine Brantweinfäuferin litt an einer volllomme-nen Lähmung des rechten Aıms. Al ihr eines Tages ihr Enkel erzählte; Der Arzt Habe gefagt,daß ihr Saufen wohl die Urfache ihres Nebel8, jeden:fall8 aber die angeftellten Heilverfuche vereitle, gerieth fie in heftigen Zorn, daß fie dem Knaben eine Fräftige Mauljchelle mit dem gelähmten Arm gab,defien Lähmung von Grund au3 gehoben war.

Dr. $. Wald.Wie! das Bedenken, was man glauben Könne,Sollt Euch ein gutes Werk zu thun verhindern?Nein, Handeln wir nur ftet3 nad unfrer Pflicht Und fümmern uns um Feine andere Sorge.Yoliere.

Bernt Tugend unterf[Heiden von dem Schein,

Seid nie zu {nel zur Hand mit Eurer Addtung,

Und mo ihr zweifelt mählt den Mittelweg.

Man fol zu leicht nicht jedem Trug vertrau'n,

Und doch die feltnen Suten nicht verfennen.

Und müßt ih mid für ein Eytrem entfhließen ,

So fehlt ih Keber durch zu viel Vertrau'n.Doliere.

Dante wußte noch nicht, daß die Erde fih um die Sonne bewege, gleichwohl Hatte er bedeutende Renntnifje in der Ajtronomie, und feine NMaturbe:raddtung war nad allen Seiten geöffnet. Heute fennt Jedermann den Sang der Erde, aber allge:meine Sfeichgiltigkfeit macht den Werth erweiterter Renntniß leblos und fruchtlos.Anftatt dem Himmel zu danken, wenn man nicht zu erforjhen braucht, wie und mit welchen Kämpfen ein Dihter das Unvergänglide aus feiner Umgebung und au8 feinem armen Leben Heraus ins Sichere bradite, Hat man aus feinen Reliquien ( Betrarcas)eine Lebenzgefchihte zufammengeftellt, welche einer Anklage ähnlich fieht.Rurkardf.

Darwin fucht zu beweifen, daß die ganze orga-ni[He Welt in einer unaufhörliden Wandelung be:griffen ift, in Folge deren fi die heutigen, wenn auch noch fo Hoch organifirten Thiere und Pflanzen au8 einer oder einigen einfachen Urformen entwidelt haben. Da daz Pflanzen: und hierreih auf ihren unterften Stufen in einander übergehen, fo ift die Annahme eine8 einzigen primitiven nach obigen An:deutungen ohne Zuthat eines SchöpferS entjtandenen Organismus mahr[heinlicdher, aus welcher fih fpäter zahlreihe Formen in den zwei Hauptrihtungen der organijdHen Meiche Herausgebildet Haben.4 Goethe macht die Entdetkung, daß auch der Menfch zinen Zwifhenknochen der obern Kinnlade (os inter-mascillare) habe. Bis zu diefer Entdekung hatte man angenommen, daß der Knochenbau des MenfHen von dem des Thieres felbft auf feiner Höhften Entwicklungs:Rufe, dur den Mangel diefes Knochenz fih unter:Igeide. Goethe gelangte zu diefer Entdeckung durch Ber:gleiden von Thier= und MenfhenfhHäbeln und durch die Ahnung der durhaechenden Einheit der Natur.

Daz Denken, das den Willen in der Bildung des Charakter3 leitet, Halt in der Sefühlstiefe wieder,wird Sefinnung. Die Sefinnung bewegt mächtig die Welt der Triebe und Leidenfhaften und Hält fie zugleich zur Cinheit des geiftigen Gefekes zufammen.Mit diefer geiftigen Wärme die Welt in fiG und fig in der Welt vernehmend, heißt der Charakter SemüthH und dies gibt ihm zur Schneide die Innig-feit. Wenn wir die zufjammengehaltene, im eigenen Bentrum unendlich webende und diefes Centrum zum Welteinflange erweiternde Sefühlstiefe des Charakters Semüth nennen, fo wende man nicht ein, der große Mann. der eneraiflch Entichiedene fei nicht gemüthlidh.3Q Gemüthlichfeit, was wir fo nennen ift cS nidht, wo:von wir reden; diefe8 Element einer hHalbfinnlichen,wohligen Behaglichkeit bezeichnet FeineSwegS jene im Kampfe errungene Umbildung, jene geiftige Liebe,um die e8 fi Hier Handelt, vielmehr ftedt gewöhlich nur Das’ ungebildete Herz dahinter, das gutmüthig ift, fo lange e&8 nicht boshaft, aufgeräumt fo lange e8 nicht Taunifh ft. Das SGemüth ift tief, fejt und treu, denn e8 gründet im Willen. Die ächte Innig-Ffeit ift e&8, durch die wir im Anbhlig des Charakters den Eindruck Haben, zu Haufe zu fein, denn er’ ift_feine eigene Welt und Hat in diefe feine Welt die Welt aufgenommen und ans Herz gefchloffen, ift alfo eine Angel der Welt und der Zufhauer ruht an ihm aus, weil er die Unendlichkeit findet. Semüthlichkeit geräth bei der näcften Gelegenheit außer fih, Se:müth bleibt in fich.Sir. Difßher (Lefthetid).

Sut Brutus, du bift edel, doch ich fehe

Dein Löblidhes Semüth kann feiner Art

Entfremdet werden. Darum ziemt e8 fidh,

Daß Eble fi zu Edlen immer Halten,

Wer ift jo fejt, den nichts verführen kann.Shakespeare.:Q Bleib bei un gnädig, reft’ dein Chr,

Erhalt dein Wort und Heilfam Lehr.

Du Haft doch allen Swalt -und Macht,

Dbgleih die Welt dein nicht viel adht,

Was iit die Welt, was it ihr Kunft,

Was ift ihr Phantafei und Dunit!

Wer dein Wort Hat, derfelb befteht,

Sunft, Kunft, Stolz, Muth, Troß, OÖmwalt vergeht,N. Seluedker 1530,

Ö’we was find verfgmwunden allin minin Sahr!Xit mir mein Leben getraumet oder it e& wahr?

Alters-Freude und Abentfhin Mögen wohl gelih einander fin.Sie troeftnet wol und varent hin,Als ime regen ein muedin bin.MBMalter von der Bogekweide.

Saelsfield gab dem Kertbeny auf die Bemerkung,aß er ein urächtes Deutih {chreibe, troßdem er in frühefter Jugend dem deutfchen Boden, dem deutfchen Klange entrüct worden fei, zur Antwort: Sehı richtig da3 Niterarifhe Deutfdh feit wenigftens zwei Kahrhunderten ging aus Iateiniicher Bildung hervor,ahınte des Römifhen oder gar des Küchenlateins,dann des Franzöfijhen Beugungen nad. Ih dagegen ging aus dem Englijdhen zurücg ins Deutfche. Das Englifhe aber, troß feiner Vermifjhung mit gallifcdhen Worten, ift in feinen Grundbau angelfäch fifch, dänijd oder weiß Sott fonft mas, aber jedenfalls reiner germanifd erhalten. Ih madte daher nicht8, als ich fhrieb mit deutfhen Worten englifch, nach englifdhen Conftruktionsbedingungen , und fiehe da das war denn deutfcher, als das Iateinifhe Selehrten:Deut{h.

Wer die Sefhihte durdhforfcht, muß die Poefie al8 einen der mächtigften Hebel zur Erhöhung des Menfhengefhledht3, ja alz wefentligHes Erforderniß für deffen Auffdwung anerfennen; denn wenn jedes Bolke8 eigenthümlide Sprache der Stamm ift, an dem alle feine innerften Kennzeidhen fi darthun und entfalten, [o geht ihm erft in der Dichtung die feines WadhHzthum8 und Sedeihenz auf: Voefie ft das,wodurch uns unfere Sprache nit nur lieb und Heuer, fondern woran fie un8 auch fein und zart mird, ein fi auf fie niederfebßender geiftiger Duft.Fines VBoltes Sprache, weldem Keine Dichler auf:zrjtanden find, ftodt und beginnt almälig zu welfen,mie da3 Bolt felbft, dem foldhe Begeifterung nicht zu Theil ward, zurück gefebt und odnmächtig erfcheint,gegenüber den andern fih daran erfreuenden. Der zinzelne Dichter ift e8 alfo, in dem fihH die volle Natur des Volks, weldhem er angehört, ausdrückt,gleichfam einfleifht, al defjen Genius ihn die Nach=welt anfdhauen wird, auf den wir Mitlebenden aber ion mit den Fingern zeigen, weil er unfere. Herzen gerührt, unfern Gedanken Wärme und Kühlenden Schatten verliehen, einen des Lebeuz SGeheimnijfe aufdrehenden Schlüfjel gereicht hat.Zakß. Orimm.

Am lang verfchleierten Gemälde bleichen

Die Farben endlich ab, melf wird die Blüthe,

Die fi umfonft nad Lit und Sonne mühte,

Die Kraft verfiegt, Kanır fie nicht Muhm erreichen.3. £ingg.)°8 ift ein Wunder und fehr ärgerliH Ding, daß,nachdem die rechte und reine Lehre des Evangeliums wieder an den Tag gefommen ift, die Welt immer ärger geworden ift. Iebermann zieht die AHriftlihe Freiheit nur auf fleihlidgen Mutywillen. Darum ijt des Teufel8 und des Papftes. Reich, was das äußerlide Megiment anbelangt, am Deften für die Welt, denn hiemit will fie regiert fein, mit firengen Sefeben und Rechten und mit AWerglauben. Durdh die Lehre von Sottes Gnade wird fie ärger. Ad!Welt bleibt Welt! Hat ihr unjer Herr Iejus night Gelfen Können, fo mwerdenz wir au Dabei bleiben (afjen und fie immer hinfahren kajfen, wohin fie ge:Hört: zum Teufel!Sufher.

KXeder arbeite für das Volk, morunter ihn fein Schietfal geworfen und er die. Iugend verlebt Hat,juche deffen Herz zu erfhüttern und mit WohNAuft und Entzücen zu fHmwellen, fuche deffen Luft und Wohl zu verftärfen und zu veredeln und Helfe ihm weinen,menn e8 mweinet.Geinfe.Das Hauptvergnügen an einem Kunftwert für zinen weifen Beobachter madt immer am Ende das Herz und der SGeift des Künftlers8 felbft und nit die voraeftellten Sachen.Obiager.

Schulplan des tHalmudifch=rabbinifhen Unterrichts vom -Kahr 1650.

Nahe bei der berühmten pradtvollen Synagoge ift das Schulhaus mit fechs Klafflen. In jeder Klafie ift ein Lehrer; in der erften lernen die Kinder hebräifh lefen; in der zweiten die fünf Bücher Mofes mit dem dabei üblihen Recitativ;z in der Dritten überfeßen fie Die fünf Bücher Mofes mit dem Commentar des RMafdhdi, in der vierten lernen ie die Hiftorijhen und prophetilHen Hücher der Reihe nad mit dem Recitativ, ein Knabe liest einen hebräifhen Vers, überfebt ihn, die Andern Hören au u, ff, in der fünften Kaffe gewöhnt man die Knaben den gefeblidhen Theil des Thalmuds (Halacdha)von felbit zu Lefen und zu verftehen, hier fprehen fie num in Hebräifher Sprache, die Halaha auszgenom:men, die in die Landesvrache Überlebt wird, auch Q4 fernen fie hier gründlih Srammatit und fäglihH eine Aohandlung auz dem Thalmud (der Semera), beim Herannahen eines Fejtes werden die Meblichkeiten diefes Feftes in dem NRitualbuche ftudirt. Von hier Fommen dan die Schüler in die fedhste Kaffe, auf die Hohe Schule zum Präfidenten des Nabbinerfolle:gium8, hier lernen fie täglich einen Ab{Hnitt in der Srammatik und in den verfhiedenen Commentatoren,Halten Disputationen über Mainonides und andere Dogmatiker und Haben eine reich verfehene Bibliothek die ihnen zur freien Benugung im Haufe zu Gebothe fteht. Die Unterrichtszeit ift für alle Klaffen gleich,Morgenz von 711 und Mittags von 25 Uhr,im Winter zur Zeit des Abendgebetes.Spinoza, Bd. 1, S. 25,

Die SGefchidhte der MenfHheit ftellt unz die Be:wegung des menfdhlidhen Seiftes aus feiner Natür-likeit Heraus zum göttliden Seijte dar, fie zeigt un8, mie der Menfch anfänglihH in die tieffte Natür-(ichkeit verfunkfen, der Natur, außer ihm unterthan, in jeinem Handeln durH die wenn au von Anfang gottbegabte, alfo nit thierijde Natur in ihm,GR dur) bloße Naturantriebe Geftimmt, allmälig durch Religion, Sitten und Gefege die Sinnlichkeit bändigt,die Schranken des Bodens und Mimas bis auf einen gewifjen Grad durcdHbricht und aus dem Weben des natürlichen Triebes fiH zum Leben des GSeiftes em:por arbeitet. Auf Feinem Punkte diefer Entwicklungs:dahn ift der MenfdH nur der Menfh nur der endliche Ichlechte, gottentfrembdete, unvernünftige, das Göttliche it ihm immer gegenwärtig, weil die göttlige Chen:6ildlichkeit zu feinem Wefen gehört; daz der menfch-lien Natur von Haufe aus einwohnende Göttliche,das in’8 natürlide MenfchenhHerz gefhrieben, göttliche Sefeg (Nöm. 2. 14.) beginnt feine Entfaltung mit dem Anfang der menfHlihen Entwidlung und ver:Ihafft fi einen Ausdruck in den Religionen, Mytho-logien, Poefien, Sefegen, Sitten und übrigen Lebens-Tormen felbft der ungebildetften Voller. Diele Entwicelung. des menfhlidhen Geifte8 vom Niedern zum Höhern muß einerfeit8 betrachtet werden als die jelbiteigene That des MenfhHen, als feine almälige Entfaltung aus dem Traum des natlrlidhen, finnlidhen Lebens, in weldem er anfang8 befangen ift, zur vollen Freiheit und Unendlichkeit des SGeifteS; e8 ft die Sefdhichte der fi bildenden und entwidelnden Vernunft, deren ThHätigkeit wir au wieder finden,2]a wo ihre Produkte unferer jebigen Erfenntnif ganz fremd und unvernünftig erfheinen, wie in den Mytho:fogien der alten Bölfer, in den Dogmen und Kirdhen:gefhihtlihen Kämpfen des Mittelalters. Nur bei diefer Betrachtung erfcheint die Sejdhichte des menjdh-chen SGeiftes nicht bloß als eine Gejdhihte der trauig-ten unbegreiflichften Berirrungen, nicht als eine Rum:pelfammer de8 Unfinn8 und YNoermikes, nicht als ein finnlofes Wirken KHMeinlicher perfönliher Motive und äußerer Zufälle, wie der rationaliftijdhe Sefhichtsprag-matigmu8 fie betrachtet Hatte, fondern al? eine organijde Bewegung, al8 eine, wenn auch nicht ftetige, dog im Sanzen geordnete NMeihe von Entwicfelungen, die im Trieb des SGeiftes begründet find, das ganze geiftige und natürlide Univerfum mehr und mehr al8 feine Wirklichkeit, als Spiegel feiner felbft zu erkennen, als eine innere. Nothmwendigkeit, die fig in dem trüben Spiel äußerer Zufälligkeiten und menfhliher Willfür immer wieder zu behaupten weiß.$% Lang. Sang durdy die Hriftf. Welt.A“

Und Schönes {ft ja Götrliches, Teicht verhüllt Durch einen For, den un8 des Denkers Weljen erfor]hendes Auge Wftet.Daten.

Walter Scott macht die Sittlihkeit zur Bafız aller Xunft. Iede unfittliche Anregung Haßt er und mit Recht, Aus feinen Werken, die nie und nirgend ud) nur von Ferne das Unedle in Schuß nehmen,dürfte fih daS vorausfeben lafjen. Allein e8 Könnte im Stoffe, im Talente des Verfafjer8 liegen, daß er Rippen zufällig mied, die fo mandje unferer Schrift:iteller aufzufuchen Jheinen. Um fo mehr erfreut uns jet dieje Reinheit feiner Werke, da wir finden, daß fie aus begründeter Kunftanfiht hervorgeht. Wäre gier der Ort dazu, eS Kieße fih Manches über diefes Thema fagen und thäte noth, daß e8 gejagt würde.68 ift wahr, die Theorien Haben viele Winkelzüge aufgefunden, gewiffen Ausfhweifungen in das Gebiet der Unjittlichfeit, die fie durch das Vorbild der größe:ten Meifter zu rechtfertigen fuchen, al8 ein der Runft angehöriges Recht zu erweifen. Winkelzüge die nicht Keicht und nicht aus dem Steareif zu wider 3?(egen find. Man möchte in diefer Beziehung mandjen ScHriftftellern des Heutigen Tages ftatt aller Fritifdhen Sründe, Goethes Wort ‘zurufen:

Wollt ihr erfahren mas ih ziemt,

So fraget nur bei edlen Frauen an.

„.. Denn der Sinn für das Schöne hängt ftreng mit dem fittligen Sefihl zufammen; einem reinen Semüth verfhmikzt beides in Eins. Wer fi daher am Semeinen in der Kunft erfreut, der fet arg:möhnifdh gegen feine Sefinnung in Leben und That...

Daz große Sejebe, nach dem alle äußern Be:ftimmungen und Formen fih überleben und zerfallen müflen, weil der Seift, in emwiger Verjüngung und Fortfchreitung fie auswächst und zerfprengt, diefes Sefeb, nad dem fih fogar das Recht ändert, dem fi Könige und Völker, ja die Religion felbjt beugen muß, das waltet au in der Kunft, die fih noch feiner ewigen Form zu rühmen gehabt hat und nie rühmen wird...‚..£aßt die großen Früchte des vorigen IJahr-Yundert8 nicht verdorrend auf dem Speicher liegen.Lefet euch denn leider gefhieht e8& wenig! mit Eifer in die großen Kunftanfihten eines Leffing,Herder, Goethe, Schiller, Auguft Wilhelm Schlegel,JO Jean Bank und Tief Hinein, aber flieht mißtrauifch bie feichte Kritit unferer Tage und Tagesblätter, wo unter Haufen Spreu felten ein Waizenkorn anzu:treffen it,Sudw. Neflfkaß.

Hiebei befenne ih, daß mir von je her die große und fo bedeutend FMingende Aufgabe: erkenne did Telbft, immer verbächtig vorfam, al8 eine Lift ge:geim verbündeter Priefter, die den Menfhen durch unerreichbare Forderungen verwirren und von der Thätigfeit "gegen die Außenwelt zu einer innern alien Befchaulihkeit verleiten wollten. Der Men fennt nur fich felbjt, infofern er die Welt Kennt, die r nur in fig und fi nur in ihr gewahr wird.Zeder neue Gegenftand, wohl befhaut, fchließt ein neue8 Organ in un8 auf. Id habe in reifern Jahren große Aufmerkffamfeit gehegt, inwiefern andere mich wohl erfennen möchten, damit id in und an Onen, wie an fo viel Spiegeln, über mid felbft und über mein Inneres deutlidjer werden Könnte. Wider:lacher Fommen nicht in Betracht, denn mein Dafein ift Ynen verhaßt, fie vermerfen die Zwede, nad) weldhen mein Thun gerichtet ft und die Mittel dazu achten fie für ebenfoviel fallhes Beftreben. Ih weije fie daher ab und ignorivre fie, denn fie fönnen mid nicht fördern und das ift’8, worauf im Leben alles anfonmt; von Freunden aber lafle ih mid ebenfo gern bedingen al8 in’3 Unendlihe Hinweifen, {ftet8 merke id auf fie mit reinem Zutrauen zu mwahrhafter Erbauung.ÖSuoethe.

X habe mid in den Monologen felbft idealifirt und nun meinen die Guten, ih bin fo. Nämlich ich bin fo, c8 ift meine innerfte Gefinnung, mein wahres Wefen, ja freilidH aber das Wefen kommt ja nie rein hHerau8 in die Erfheinung; c8 ift immer getrübt in diefen armen Leben und dies SGetrühte fteht nicht in den Monologen.Schletermacher.

Das {(Hönfte Glück des denkenden Menfdhen ift:das Erforjhlidhe erforfcht zu haben und das Uner-forfHliche ruhig zu verehren.%oeffe.LO Wer alle überlegt hat, der wird fi nicht irre machen laffen durch das banale Gerede einficht8lofer Vhilifter: Wozu unfere Jugend mit Lehrgegenftänden quälen, die fie im fünftigen Leben bo nicht mehr brauchen? Zugegeben, daß die Mehrzahl im Lchen ihre Claffifer nicht mehr anfieht, fo behält doc der Austpruch fein volles Gewicht; Multa discimus in futuram oblivionem. Den Livius, Tacitus,Homer und Sophofles lelen das braucht der Jüngling, der fein Abfolutorium in der Talcdhe hat,der Theologe, Iurift, Mediziner allerdings nicht;aber diefe Claffifer einmal gelefen zu Haben das tut Yın noth und davon behält er die fegensreihen Yolgen fein Leben lang; denn diefe Lectüre Hat feinem Seift und SGemüthH und SGejHmak in der Zeit der höditen Bildungsfähigkeit eine Richtung und ein Sepräge gegeben, das nie wieder verloren geht; fie hat einen Menichen aus ihın gemacht, der er fonit nicht geworden wäre, einen gebildeten, Harmonifdh gebildeten Menfjhen, mit fittlih = äfthetijdhem Semwifen, mit Sinn für Edles und Großes, einen Menfdhen, der mit dem Heautontimorumenos des Terenz fpricht:

Homo sum, nihil humani a me alienum Duto.Brofichüre über das babr. Ghmnafialtvefen.Mit. (Hönen Worten prie8 Fichte das Schicffal bes großen Schriftftellers: „Unabhängig von der MWandelbarkeit IpridHt fein Buchftabe in allen Zeit:altern an alle Menfehen, welche diefen Buchftaben zu beleben vermögen und begeiftert, erhebt und veredelt Bi8 an das Ende der Tage.

Alles wa8 unflern Seift befreit, ohne un die Herrihaft über uns felbit zu geben, ift verderbliq.Nur das Gefeß kann uns die Freiheit geben.

Hefe.

8 fieht wahrhaftig auf dem deutfhen Parnafie ‚benfo toll au8, als in der europäilden Politik.Sott fei bei unz. IH mußte den gefpreißten Mangel perdauen, der damit auftrat, befheidentlihH Soethe Thlecht zu madhen und den geipreißten Srabbe,der befcheidentliH Shakespeare Ihleht macht und die Bhilofophen, die Schiller zu Ffrivol finden. If Ihnen denn dies neuere, hHochfahrende, unerfreuliche Wefen, diefer widermärtige Cynismu8 auch fo fatal wie mir? Und find fie mit mir einer Meinung,A daß eS die erfte Bedingung zu einem Künftler fei,daß er Mefpekt vor dem Großen habe und fich davor beuge, damit das Heine Talgliht ein wenig Heller leuchte. Wenn einer das Große nicht fühlt, fo möchte ic wiffen, wie er e8& mich fühlen laffen kann und wenn all’ die Leute mit ihrer vornehmen Ber:actung endlih felbft nur NadahHmungen diefer oder jener Menßerlichteit Hervorzubringen wiffen, ohne Ahnung von jenem freien, frifhen Schaffen, unbe fjorgt um die Leute, um die Nefthetit, um die Borz heile, um die ganze andere Welt, ;SS, Mendelsohn-Bartholdi.

Sewalt’ge Leidenfchaften Hat zuerft un Gott ins Herz gepflanzt.

Dann fagt er un8: „Ih ftrafe dihH, wenn du fie nicht bemeiftern Fannft.“

Wir Armen! Spricht ein Vater wohl: „Die Schale Ffehre um mein Kind.“

Und ftraft fodann das Söhndhen, wenn der Inhalt auf den Boden rinnt?“

Amer Ehyam. Verf. Dichter.A C++Die Bezeichnung des SGegenfaßes zwifhen den Drtodoren und Reformern dur „Sefühlsridtung“und „Berftandesrihtung“ {ft al8 einfeitig und irre:leitend, abzulehnen. Die Religion ift un auch Sefühl und Semüthsbemwegung, weil ein alfeitiger VebenSprozeß. Denn fie Yjt die freie That des Io,die im Denken alz Höchfte Wahrheit anerkannte, im Sefühl als tieffter LebenSgehalt empfundene, im Willen als reinftes Lebensinterefje aufgenommene Offenbarung des Unendlidhen in ununterbrochener DurhHdringung von Denken und Fühlen und Wollen als Lebenzmacht über fih zu feßen. Und die Gegner gebrauchen, um den Sehalt ihres reli:giöfen SGefihls zu Begriffen zu geftalten, den Verz ftand nicht weniger als wir, nur daß ihr Berftand in den VBorftellungen Überlieferter Sagungen be:Fangen ift, während wir den unfrigen von folcher Befangenheit frei zu Halten Juchen.

5. Sana.

OO meine Freunde, diefe Beharrlichkeit, diefer unerfchütterlide Glaube, diefe durdy, kein Mißlingen zu tilgende Bereitmwilligkeit immer wieder das unfriae u thunm zur Befferung der Menfchen, ift ja das inzige, wodurch wir un um fie ein Verdienft er:werben Können, das in etwas mehr Gefteht, al8 in guten Wünfchen; e8 ift ja das einzige, modurch wir tauglidhe Werkzeuge des Herrn werden Können, der,wie er felbft um zu lehren und zu Heiligen, menfdH:fie Natur an fig genommen hat, fo auch bei feinen verborgenen Heiligenden und Gefeligenden Wirkungen auf die Gemüther der MenfhHen fiH immer menfhli-her Kräfte bedient und au der unfrigen fi Scdienen will, wenn gleich wir das, was gefdhiecht,nicht aus dem, wa8 wir gethan haben, begreifen fönnen, fondern eS immer nur ihm und feiner wun:derbaren göttlidHen Kraft zufhreiben müflen. Ihm jet alfo zu diefemnm Behufe immer alles, was in un8 it, geheiligt und Fein lieberes Sejhäft gebe ec8 für un8, al8 feinen Winken zu folgen. Dann fönnen wir iger fein, daß Er fih unferer auch bedienen wird hier und da um andere zu einem befjern Leben zu aweden und“ fie größere Herrlichfeiten genießen zu laflen al8 die, welche fie bald erfhöpft haben mürden.Schleiermacer.L

65 Söethe und Schiller find nicht blos die dihterifchen Befreier der Deutfhen, fondern weit mehr noch die fittlichen. Die Nebermindung der Sturm: und Drang-periode war die Zügelung der entfeffelten dunklen Semüthsmädte zu freier Selbitbeherrfihung, der Nebergang von der Sophiftik zur Sophorfyne, von ber Freigeifterei der Leidenfhaft zur verföhnten in fi Bbefriedigten Befonnenheit. Indem die Dichter fi felbft erzogen, haben fie die MenfHhHeit erzogen.Und ift vielleicht, mie e8 MenfcdenHickjal ift, die eigene Perfönlichteit zuweilen Hinter diefem Höchften Biel zurücdgeblieben, der Begriff des reinen und freien Menfdhenthum3 war wieder erobert. Die Natur, weldhe Rouffean und die jungen Stürmer und Dränger fo nadhdrüclidh gewollt und erfirebt Hatten ift gerettet, aber nicht die rohe, ungeberdig, felbft:Jüchtige, fondern die geläuterte, die mit Freiheit. ficdh Jelbft beherridhenbe, die mit den SGeleben und For:berungen der fittliden Vernunft Übereinitimmende.Die Einfeitigkeit des BZeitalter8 der Aufflärung und die Einfeitigkeit- der Sturm: und Drangperiode find in einer Höhern gemeinfamen Eihheit verföhnt.

€ mar die, Erhebung des hHöhern deals vollen:deter Bildungsharmonie oder mie die Schulfprade lagt, des Ideals vollendeter und reiner Humanität.Rad Jahrhunderte langer Selbftentfremdung Hatte ich der Menfch endlich felbft wiedergefunden.5. SGettner.

Weil’s der Brauch verfügt!Doch wenn fih alles vor Gebräuchen {Hmiegt,Wird nie der Staub des Alters abgeftreift,Berghoher Irrthum wird fo aufgehäuft,Daß Wahrheit nie ihn überragt.Shakespeare (Coriolan).

Ruhm ift nur Rauch, gejagt von allen Winden,Dem Rauche aleich, der in die Augen beißt.

Waitwill. MichH däudht, Sie wollen fagen, der Bater müfle Ihnen gar zu viel vergeben und weil m das nicht anders als fauer werden könne, fo machten fie fi ein SGewiffen, feine Vergebung an unehmen. Wenn Sie daz meinen, fo fagen fie mir doch, ift denn nicht das Vergeben für ein gutes Herz ein Vergnügen? IH bin in meinem Leben fo glüd-lich nicht gewefen, daß ich diefes Vergnügen oft em:pfunden Hätte. Weber die wenigen Male, die ih e8 empfunden Habe, erinnere ih mid) noch immer gern.Ich fühlte fo etwas fanfte8, fo etwas beruhigendes, fo etmas himmlifdhes dabei, daß id midh nidht entbrechen Eonute, an die große überfhmwenglidhe Seligkeit Gottes zu benfen, defjen ganze Erhaltung der elenden Menfchen ein immermährendes Vergeben ift. Ih wünfhe mir alle Augenblie verzeihen zu fönnen und fjHCmte mich,daß ih nur foldhe Kleinigkeiten zu verzeihen Hatte.Recht [Hmerzlidhe Beleidigungen, recht töbtlidhe Kränk-ungen zu vergeben, fagt’ ih zu mir felbjt, muß eine Wolluft fein, in der die ganze Seele zerfließt. Und nun Miß, wollen fie eine fo große Woluft ihrem Vater nicht adnnen.Seffina (Miß Sara Sampfon)

Sind dann au Dinge, die mir nicht anftehen,fo fomme ih darüber gar leicht weg, weil e8 ein Mrtifel meines Glaubens ift, daß wir durh Stand:haftigfeit und Treue in dem gegenmärtigen Zuftande ganz allein der Höhern Stufe eines folgenden werth und fie zu betreten fähig merden, e8 fei nun zeitlich hier oder Dort ewig.oeihe.

Spinoza erflärt in feiner Ethif: daß jeder Menth je nad Anlage feine8 Sehirnz über die Außenwelt urtheilt oder daß ihHım vielmehr feine perfönlichen Eindrücke ftatt der Dinge gelten. E8 ift daher auch beiläuftg gejagt nicht zu vermwundern, daß fo viele Meinungsver]hHiedenheiten unter den Menfdhen hHerr-[den, woraus denn endlid der Scepticismus erwadhs jen ift. Denn obwohl die Körper der Menfchen in vielen Punkten einander gleichen, in den meiften find fie doch verfchieden und darum fcheint dem einen [hleht, was dem andern gut, diejem geordnet, was jenem vermworren, diefem angenehm, was dem andern unanaenhem.

Wenn in deines HerzenZ Tiefe nur die Saat der Liebe fprießt,

Sleich ift’S, ob du in Mojdheen oder Gößen:tempeln fnieft;

Haft du in das Buch der Liebe deinen Namen eingefHrieben,

Nicht mehr denkft du dann an Strafe oder an Belohnung drüben.

Omar Chnam.

Soethe fuchte den Segenjaß von Slaubeu und Wiffen fo auszugleihHen: Beim Stauden komme alles darauf an, daß man glaube; wa3 man glaube, fei völlig gleiGgültig. Der Glaube fet ein großes Ge:fühl von Sicherheit für die Gegenwart und Zukunft und dieje Sicherheit entfpringe aus dem Zutrauen auf ein übergroßeS, Übermächtiges, unerfor[H liches Wefen; wie man e8 denke, das Hänge von unfern übrigen Fähigkeiten, ja von den Umftänden ab und jei ganz gleichgültig. Der Glaube fei ein Heiliges Sefäß, in welches ein Ieder fein Gefühl, feinen VBerftand, feine Einbildungskraft fo gut als ‚er ver:möge zu opfern bereit ftehe. Mit dem Wijjen fei es „4 da8 gerade Segentheil; e8 komme nit darauf an,daß man wifje, fondern was man wifje, wie gut und mie viel man wife. Daher könne ınman Über as Wiffen ftreiten, weil e8 fi berichtigen, fi er weitern und verengern lafle, aber über den Glauben nicht, ;

© welche lange, lange Zeit nad un3 noch wird die Welt beftehn!

Im Wind wird jede Spur von un8, wird unfer Name felbit verwehen.

Bor unferer Seburt behalf die Welt ganz gut fich ohne uns,

Und Feine Lüce wird entfteh'n, wenn wieder wir von dannen gehn.

Omar Shnyamt.

Durch Fehler fagt man find die beften Menfdhen Sebildet, werden meift um fo viel beffer Als fie vorher ein wenig fHlimm.

Shakespeare (Maaß um Maaß).{1

‘)

HerrligH und in Freuden! Alfo nicht von jenem heiligen Leiden, durch welde nad) dem [Hönen Worte der Schrift Gott diejenigen züchtigt, weldhe er lich hat, die unfere Seele Iöfen und das Salz des Geiftes find, Nidt8 von jenem Leid, das durch jede edlere Seele zieht über die eigene Unvollfommenbeit, über die Mipklänge des LebenzZ, über die Leerheit und Nichtigkeit der DVDinge. Nichtz von jenen füßen Schmerzen, unter welden der nah Wahrheit rin-gende Seift fih LoSreißt von Irrthümern und Bor:urtheilen und das nach Gerechtigkeit dürftende Herz den Troß der Eigenwünfdhe bricht und dem Odem des göttliden Lebenz fih Öffnet! Ift das nicht ein in vollem Sinne des Wortes gottlofes Leben! die vollftändige Knechtumg des SGeiftes durch das Sicht:bare? Die ftumpffinnige Welttreundfhaft, die zur SotteSfeindihaft geworden if.%. Sana.

Se TeidenfhHaftlidher und ungeftümer das Iugend-leben Soethes von dem Kampf und Widerfprudh zwifdhen dem Überfhmwellenden Unendlichkeitsgefiihl des Heißblütigen Herzen und der undurhbrehbaren Enge 1...

<q der Wirklichkeit bewegt und durchglüht mar, um fo mehr wurde ihm die zunehmende Lebenserfahrung und der Eintritt in bedeutende Weltverhältniffe der Srund ernfter Selbjtprüfung und Selbftbeftimmung.Die erfien Jahre in Weimar beginnen diefe Ent:widlung, die italienifde Reife bringt fie zum Ab-idluß, der dunkle Drang, den vollen und ganzen Menfchen aus fih HYerauszubilden, begrenzte und ver Hefte fih zu einer umfajjenden Vielfeitigkeit und Tiefe der Bildung, wie Fein anderer Menich fie jez mal8 erreidt Hat und zugleich zu einer fittliden Maßbeldhränkung und innern Harmonie, zu einer Sophrofyne und Kalokagathie im fhbnen antiken Sinne des Wortes, die ihn, mwa8 die unverftändige Menge auch fagen mag, zu einem der größten und veijejten aller MenfdhHen, zu einem Urbild und Vor:yild fHönften reinften MenfhHenthum3 macht. „Bon der Gewalt, die alle Wefen bindet, befreit der Menfdh ich, der fihH überwindet,“ Die Fortfebung und Ber:Dhnung des Werther ift Taflo und Wilhelm Meifter.Der willensfräftige und Marbewußte Künftler feines Gebens wird auf der Heitern und Haren Höhe feines fittliden Ideals der Dichter der modernen Bildungs-fämpfe und wie er fi gerne felbjt nennt, der Dichter der Herzensirrungen. OSoethe kommt Shakespeare Q \ 14 nicht gleidh an fefter Sicherheit und elementarer Kraft bes bidterifhen SGeftaltens; aber an Tiefe und Weite bes geiftigen Gehalts, an Hoheit und Reinheit des Seelenleben3 überragt er ihn, wie die neue deutfhe PHilofophie die Philofophie Bacons überragt.

Herm. Setiner.

Die urtiefe Kraft der Organifation fefjelt, troß ziner gemwiffen Freiwilligkeit im Enfalten einzelner Theile, alle thierifjhe und vegetabilifhe Seftaltung an fefte, ewig wiederkehrende Typen; fie befitimmt in jeder Zone den ihr eingeprägten, eigenthümlihen Charakter, d. i. die Phyfiognomik der Natur.Deßhalb gehört e& unter die {Hönften Früchte euro:yäifher Bölkerbildung, daß es dem MenichHen möglich geworden, fi faft überall, wo ihn fOmerzlide Ent:behrung bedroht, dur Cultur und Oruppirung exotijdjer SGewächfe, durch den Zauber der LandjHaft-malerei und durch die Kraft des begeifterten Wortes einen Theil des Naturgenuffes zu verfhaffen, den auf fernen, oft gefahHrvoNlen Reifen durhH das Innere der Continente die wirklige Anfhauung gewährt.

X. Sumboldt (Kosmos).Über au in dem jebigen unvollfommenen Zu-Aande Bilblider Darfielungen der Landfhaft, die unfere Reifeberidhte als Kupfer begleiten, ja nur zu oft verunftalten, Haben fie doch nit wenig zur hylognomifden Kenntnif ferner Zonen, zu dem Dange nad) Reifen in der Tropenwelt und zu thätiz gerem Naturftudium beigetragen. Die Bervollfomm:nung der LandfHaftmalerei in großen Dimenfionen (als DecorationZmalerei, als Panorama, Diorama und Neorama) Hat in neueren Beiten zugleich die Allgemeinheit und die Stärke des Eindruckes ver:mehrt. Was BVBitruvins und der Megyptier Kulius Pollur als Ländlige Verzierungen der Bühne 19 dern, mas in ber Mitte des fechözehnten Kahrhun:dert8, durch Serlio’8 Coufkiffen = Einrichtungen, die Sinnestäufhung vermehrte, fann jebt, feit Prevoft’s und Daguerre’8 Meifterwerken, in Parker hen Rund zemälden, die Wanderung durch verfhiedene Klimate iaft erfeßen. Die Rundgemälde Keiften mehr als die Bühnentehnik, weil der Befhauer, wie in einen magifden Kreis gebannt, und aller ftörenden Nea-tät entzogen, fi® von der fremden Natur felbft umgeben mähnt. Sie lafjen Erinnerungen zurück,die nad Jahren fihH vor die Seele mit den wirkliH gefehenen NMaturfcenen munderfam vermenaen. Bisher A

üG find Banoramen, welche nur wirken, wenn fie einen großen Durdmefjfer Haben, mehr auf Anfidten von Städten und bewohnten Segenden als auf foldhe Scenen angewendet morden, in denen die Natur in wilder Neppigkeit und Lebenzfülle prangt. Voyfiogno:mifde Studien, an den fHroffen Berggehängen des Himalaya und der Cordilleren oder in dem Innern der indifjhHen und fübamerikanifjhen Flußwelt ‚ent:worfen, ja durch Lichtbilder berichtigt, in denen nicht das Laubdach, aber die Form der Miefenftämme und ber Harafteriftijghen VBerzweigung fih unübertrefflich barftellt, würden einen magijhden Effekt hervor:bringen.Alle diefe Mittel, deren Aufzählung recht wejent:lid in ein Buch vom Kosmos gehört, find vorzüglich geeignet, die Liebe zum Naturftudium zu erhöhen, ja die Kenntniß und das Gefühl von der erhabenen Größe der Schöpfung würden Kräftig. vermehrt wer:den, wenn man in großen Städten neben den Mufeen,und wie diefe dem Volke frei geöffnet, eine Zahl von Rundgebäuden aufführte, ‚melde wedhjelnd Land-[Haften aus verjhiedenen Höhezonen darftellten. Der Begriff eines Naturganzen, daz Gefühl der Einheit des Harmonijdhen Einkflanges im Kosmos werden um fo lebendiger unter den Menichen, als fihH die (14 Mittel vervielfältigen, die Gelammtheit der Natur:riheinungen zu anfdaulihen Bildern zu geftalten.X. Sumboldt.

In Wahrheit ift die Kunft zu fagen was ich leide nur wenigen und felbft den Meiftern nur in jeltenen Augenblifen gegeben. Der Grund ift leicht arfennbar. Nicht allein, daß die Forderung den Gehalt 'n fnappe und zutreffende Worte auszuprägen, Hier bes londers fharf hHeruortritt, da bei dem geringen Umfange ion ein faljcher oder pulslofer Ausdruck die Wirkung des Ganzen zerftören kanırz diefe Worte mülfen au durch die rHytmifdhe Bewegung und die Klangfarbe des Berfes gleihtam in Mufik gejeßt und folder Weife wie:der in die Empfindungen aufgelöst fein, aus der fie autiprungen find; in feiner Wirkung foll das Iyrifche Sedicht den Lejfer man geftatte den Ausdruck zugleid eine Offenbarung und eine Erlöfung oder mindejftenS eine SenugthHung gewähren, die ev fih jelbjt nicht Hätte geben Fönnen, fei e8 nun, daß es unfere Anfdauung und Empfindung in ungeahnter Weije erweitert und in die Tiefe führt, oder was 9alb bewußt in Duft und Dämmer in un8 lag, in Arc überrafhender Klarheit erfheinen läßt. Bei einem Liede gilt es eine Perle zu finden und nur wenige Mıufdheln Haben Perlen. Heine fagt fehr richtig:Sin Lied ift das Kriterium der Urfprünglichkeit.DVheodor Storm.

An die Barzen,Nur Einen Sommer gönnt, ihr SGemwaltigen!Und Einen Herbit zu reifem SGefange mir,Daß williger mein Herz, vom füßen

Spiele gefättigt, danır mir fterbe.Die Seele, der im Leben ihr göttlich Recht

Nicht ward, fie reift au drunten im Orkus nicht,Doch ift mir einft das Heil’ge, das am

Herzen mir liegt, das SGebidhHt gelungen.Willlommen denn, o Stille der Schattenwelt!

Zufrieden bin ih, wenn au mein Saittenfpiel

Mich nicht Hinabbegleitet; Einmal

Vebt ih, wie Götter, und mehr bedarf’8 nidHt.Siriedr. Hölderlin.4C Bei unferer jebigen BefHulungsweife ift es. Kaum möglih, aus dem jungen Menfchen etwas Tüchtiges a machen; Die geiftige Selbftftändigkeit und eine zediegene Ausprägung des Charakter8 wird faft un:möglih gemacht. Ih Habe fhon die Klage gehört,daß man unter unfern Beamten zwar viele tüchtige Arbeiter, aber fehr wenige dur Charaktertüchtigkeit imponirende Perfönlichkeiten finde, wie fie zur Leitung der einzelnen SejdhHäftkreife unumgänglich nöthig find.Sehr richtig ift e8, was ih einmal, ih weiß nicht mo, gelefen habe, daß unfere jebige Schulbildung zinem Profrufte8bette glei fei. Was zu Iang ift,wird abgefhnitten und das zu Kurz Scheinende fo lang gedehnt, bis e8 die beliebte Mittelmäßigkeit er-langt hat. Dabei verkommen die Leute TeiblihH und geijtig. Die alte Schulmethode mag auch ihre Fehler gehabt haben, aber fie mar naturhafter, fie madhte zine felbftftändige Entwicklung des SGeiftes möglich.X war achtzehn Jahre alt und Konnte fo gut wie Jar nichts, Meine Lehrer glaubten au nicht, daß 28 viel mit mir werden mürde, und hat ja doch noch jo gut gethan. Wäre ih der jebigen Schulbildung in die Hände gefallen, Jo wäre id leibliH und geiftig zu Grunde gegangen.

Bei unferer geiftigen Kochkunft gilt das Sprich:A

20 wort: SDViele Köche verderben den Brei. Ieder der Herren Lehrer Hat fein beftimmtes Jah; in diefem jeden feiner Schüler zu einem Virtuofen Heranzu-bilden, Hält er für feine Heiligfte Pflicht. Cr thul dabei, unbefümmert .um die andern ganz fo, ‘al8 ob der Schüler nur da fei, um in diejem Segenftand Meifter zu werden. Der fogenannte gute Kopf hält da3 nun wohl aus, cr pfropft feinen SGeift voll auf Koften feiner Herzens: und Charakterbildung. Er wird ftolz und aufgeblafen von feinem BWiffensdurft und meift ganz unpraftifigh zum Berufe des Lebens,Der Mittelmäßige wird von alledem fo dumm, als ging ihm ein Mühlrad im Kopf herum. Statt Al:ger wird er alle Tag dümmer. Man fönnte diefe Art der Bildung, wenn man ein etwas runderes Bild brauchen wollte, mit dem Nudeln (Stopfen) der Sänfe vergleichen. Es febt fid) blos Fett an, aber Fein gute8, gefundes Fleifd. An WachHsthum ift nicht zu denken. Eine mit fid abgefchloffene Selbftzufrie:denheit, ein nafemeifes Aburtheilen über Alles, das find in Folge davon Hauptzüge unferer Iugend. IH habe mehrfadh Selegenheit genommen, mit hoch:geftellten und einflußreihen Männern, die auf Ab-Hülfe hätten hinmirfen Können, zu fpredhen. Ale waren‘ mit mir .einverftanden; aber doch ift zur Wo-DA gülfe no nichts gefehen und -.e8 beftätigt fih hier wieder, was ich irgendwo gelefen Habe: In Deutfh-(and gehören netto zwei FahrHunderte, um eine Dummheit abzufhaffen, nämlich eines, um fie einzu:jehen, das andere aber, um fie zu Gefeitigen.

X. 9. Sumboldf.

Wenn man bedenkt, wie viele neuere Produkte des Auslandes und Inlandes mit Gier verfhlungen werden und hat man fie gelefen, ift man fo arın und leer mie zuvor dann muß man doch dem heutigen Sejhlechte zurufen: Lerne die Schwierig feiten und Abhfonderlichkeiten Jean Pauls überwinden,und du wirft Feine8 feiner Bücher weglegen, ohne zin befjerer Mienfdh geworden zu fein. Mandhes Wort wird dir ins Gemwiffen dringen und dihH zur zhrlidgen Selbfterkenntniß erwecden. .

Über vor allem muß unfer Heutiges Sefchlecht,und zumal die Frauenwelt, mieder Lernen, beim Moz mente zu verweilen, nicht immer von Effekt zu Effekt zu hafgen und zu drängen, wodurch alle Poefte, oder was man eben fo nennt, zum gröbften und roheften Mechanismus wird, fo daß man bei Beendigung der Lectüre eines Didhterwerk3 oder dem Anfchauen eines modernen Dramas nicht mehr Hat, al8 bei Auf:Töfung eines fünftliH gefhürzten RNäthfels. Iede Iyrifge Ausbreitung in einem Drama, jede tiefere Motivirung in einer Erzählung gilt Heute für lang:weilig. Unterhaltung! Zeitvertreib! ift die Parole,Und dafür läßt man fig in ernften DidHtungen alle Ungeheuerlihteiten pfychHologifher und thatjäch-lider Inconfequenz und in fogenannten Heiteren alle Frivolität und allen Unfinn gefallen. „Wir haben ung doch amiüfirt“, Heißt e8 dann. DVieles „doch“ ift eine Kundgebung, daß das äfthetifhe Ge:wijjen doch noch nicht ganz wegamufirt ift.Ynerbach. Deutfehe Abende,

Die Natur ift dem MenfhHen, der in ihr lebt,nicht blos nüßliH oder IHäblich, al3 nährende, hilf reihe Macht oder als feindliche zerftörende Gewalt,fie nimmt ‚nicht blos feine werkthätige Kraftanftren-gung oder wiffen[HaftlidhH feinen Scharffinn und Er-forfOungStrieb in Anfpruch, au mit feiner dichHteri-Ien Anlage, feinem Schönheitsfinne findet er fih auf ihre Schönheit, die milde und die erhabene hin:gewiefen. Er fudht in ihr nicht blos SGleichniß,Sinnbild, Farbenfhmuck, fondern, was all diefem

'J ft bie poetifde Weihe giebt, das tiefere Einver:tändnif, vermöge deffen fie für jede Megung feines Innern einen Spiegel, eine antwortende Stimme gat. E83 ift nidt Selbfttäufhung eines empfind-jamen SZeitalter8, daß LenzeshHauch und Maiengrün,Morgen= und Abendroth, Sonnenaufgang, Mond:jhein und Sternenglanz das SGemüth erfrifhen, rüh-ren, beruhigen, daß der Anblick des Meeres, daß Sturm und Gewitter den SGeift zum Ernite ftimmen.Chen die jugendkräftige Poefie der unverbildeten Bölfer ft von Ddiefen Einwirkungen durHdrungen.Sage man immerhin, der Menfch verlege nur feine Stimmung in die fühllofe Natur , er kann nichts in die Natur übertragen, wenn fie nicht von ihrer Seite auffordernd, felbftthHätig anregend, entgegenfommt.Die wiffenfHaftlide Forfhung hat überall den Schein jerftört, der alte Glaube an die götterbefeelte Natur it Yängft gebrochen, und deunoc bleibt jene Befreunz dung des GemüthHes mit der Natur eine Wahrheit;das Mitgefühl, das in ihr geahnt wurde, rückt nur weiter hinauf, in den Schöpfer, der über dem Ganz jen waltend die MenfHenjeele mit der f{Hönen Natur um Einflang verbunden hat und damit fih felbft dem empfänglidjen Sinne ftündlidh nahe bringt.Dlland. Abhandlung über Volkslieder.[

A Tas aber die Sprachen betrifft, fo ft die Art,wie fie betrieben werden, in den bei meitenı aller:meiften Fällen zu einer formalen Bildung des Seijtes au nicht im entfernteften geeignet, entweder wird nach den Leiftungen unferer Schulen überhaupt eine Bollfommenheit in der Sprache gar nicht erreicht und das Stundennehmen mird bis in die erften Jahre des ehelichen Leben ftoßweife fo oft von Neuem wieder:Holt, als eine anmefende Franzöfin oder ein franzöfi:[Ges Schaufpiel, oder eine Reife nad) Frankreich und England dringende Veranlafjung bieten, oder man hat bei ganz geläufigem Sprechen, doch anftatt des Seifte8 der franzöfijhen Sprache, nur den Seift der franzöfilgen Bonne fi angeeignet. Nicht zu ge:denken, daß durch dies mühlame und Ängftlihe Stre:den nad) dem Erwerb der fremden Sprache, vollends durch frühzeitige Bonnenwirthjhaft, wo das Kind zuglei die fremde mit der Mutterfprache erlernt,alle Slarheit und Energie, gefdweige Orginalität des ANusdruckes, alfo au des Denkens verloren geht,während eine fleißige und grüudlidhe Lectüre der Nationalliteratur fogar die leßtere Leicht begqünftigt,indem ein Claffifer vor andern zum Lieblingzautor und unwillfürlih zum Mufter des Ausdruckes wird.Yan findet zuweilen Damen, die weder franzöfildh f FR och englifd) fpredhen, in ihren Briefen aber ohne es zu mwifjen, treu und doch frei ganz im Leffingfhen Stil jmreiben, weil er in ihren beften Kahren der Ent:wicklung ihr Lieblingsdichter war.

„Sazarıts. (Das Leben der Seele.)

Wollt ihr viele Hülfe haben, fo müßt ihr nur feiner bedürfen.

Die Poefie fheint in ihren Verbindungen eben fo zigenfinnig mie die Sffentlige Meinung. Sie ver mählt fig ebenfalls fo oft mit der Heiterkeit wie mit dem Trübfinn. Wenn wir an das Schicfal und den Eharakter ihrer Angehörigen denken, fo fcOeint e8 un8 unmöglich, daß ein fo eigenthümlidhes Wefjen mit jo entgegengefeßten Nidhtungen des Seiftes und Zügen des SGemüthes verträgligH fein könne. Gleich den geheimnißvollen Verbindungen des Lichtes, weldhes der Cypreffe einen grünlidten Schatten und der Wolke zinen rofigen Hau verleiht, indem e8 durch eine leuchtende Ausitrömung unzählige Tinten hHervorbringt,19ß6 fo affimilirt fiH der SGeift der Poefie mit jeder Spielart des menfHliden Semüths von den tiefften Schatten des Menfdhenhaffes, bis zu den frifdheften Blüthen des Entzücens.Kenty Wheodor Vuckermann.

A m Anhang,

Aus dem Eigenen. YWir werden zu Zeiten ganz von unferer Er:yungenfhaft an Bbefferer Einficht zurücg ver[Olagen und verlieren, umdüftert von Trübfinn, Leiden[hHaft oder Zerftrenung, das Tängft ar Erfhaute wieder aus den Augen. So gebietet ung die Einfidht in die fittlige Weltordunng, fiH in fein Loos zu fügen,8 als Fingerzeig der Gottheit anzufehen und doch fommen wir zuweilen von diefer Betradhtungsweife ganz ab. Daher ift es nicht müffig, das in Maren Stunden Sedachte und Empfundene niederzu[hHreiben,fünftigen Tagen zum Merkzeicdhen.

Wo e8 au fehlen mag, man Hilft mit Salben dir und MManden,Doch ad) der Seele Schmerz bleibt meiftenS unver:ftanden.[. 4)

Ein Werk der Vahre ift die innerfte Kultur,In wenig Monden gibt die Welt dir Politur.

Die Klugheit nimm zum Schild, die Energie zu Wehr,Wohin du ftreben magft, es führt zu Sieg und Chr

Du mödhteft wiffen wohl wie einer von dir denkt,8 wird dir offenbar, fobald du ihn aekränkt.

Nah WohHltHun brauchjt du Ängitlih nicht zu jagen 8 findet fiH Seleaenheit in allen Lagen.

Streu aus die Saat des Guten und des Schönen,Set e8 in Wort, in That, mit Binfel oder Zönen.| 3A O banfe Gott für jeden Tag,Der dih verfHont mit StigH und Schlag.

Dein Glück, dein Schieffal leidet BrudG auf Bruc,So lang du Hegft den innern Widerfpruch.

Ber trägt nach dem was ihHın verfagt Verlangen,Kann nimmermehr zu Fried’ und Ruhy gelangen.

5 bietet Hand und Aım dir die Gelegenheit.Und feindlih ftellt ein Bein dir die Berleaenheit.

Wenn e8 dein Loos ift, daß dich die Ungunft der Welt drücken foll, fo gefhieht dies, damit du zum Nachdenken über den Werth der menfHlidhen Dinge and fomit zur Weisheit angetrieben werdeft.SA a

Man braucht in der Herrlichften Frühlingsland-[haft nur eine Herdenglode zu Hören und die Augen zuzuhalten, fo glaubt man fi® mitten im Herbite,Ein Beweis, daß auf dem Hervorheben des Charat:teriftilgHen die Hauptwirkung aller Darftellung XKiegt.

Reftanation ift die Philofophie des Befiegten.

It eine Thorheit abgethan So nimmt man eine andere an.

Warum follte nit aus der unbeftreitbaren Thatfache des Ankündens Sterbender eine neue Entdenng im Gebiete der menfhlidhen Seele {id machen Iafien, fo gut als man aus dem Leuchten be8 Kriftallfpates auf das Licht und den Kern ge:wifjer Sterne gefOloffen hat und zur Entdefung gefommen ift.A TWenn der Sturm Iosbricht, Hört man die nächften Slocken aus der entgegengefebten Ridtung nit mehr.

Wenn der Sturm nachläßt, werden die Aefte in hre gewohnte Richtung zurückkehren.

Meligion ijft eine Angelegenheit des Semüthes;der Menfh von tiefen GemüthH hat immer einen Zug nad) dem Söttlidhen, fein Leben ift ein ewiges Suchen darnad) in der Natur, in MenfhHen= und Bölferfhichfalen. Er fultivirt aus innerem Drange das religiöje Clement in feiner Natur und verabläumt darob die Beobachtung äußerlicher Meligionzübungen,das Kirchlidhe, während der Welt und Berufsmenfch nehr an das Lekbtere fih Hält und des NMadhdenkens über fo unpraftifjge Angelegenheiten gerne fi ent ‘lägt.

Im gewöhnlichen Leben ift man nur zu Diel jeneigt, wohl auch gezwungen, mit dem Seifte par ;erre zu wohnen.AS

‚A

Richt deiner Wünfche- ftolzen Fkug Nicht nah dem Wolkenberge,Denn aud das riefige Phantom Wird in der Näh’ zum Zwerge.

Der Dichter Hat nidht die Intelligenz zu ver:treten, fondern die Fülle, Wärme und ewige Iugend-(ihfeit der Gefühle, gegenüber dem vernüchternden,engherzigflugen Profaleben.

Die Seele guter, aber fOmwacher Menfdhen hat viel Nehnlichkeit mit dem Wefen des Rauches, der,wenn er feiner natürliHen Richtung folgen Kann,immer aufwärts fteigt, aber von jedem Windhauche auf die Seite aetrieben wird.

Das Sichtbare ift nur ein verförpertes Unfidcht:bares.Wie lange brauchte e& bi8 das Sefeb zur Herr:‘ajt gelangte, melde rohe und wilde Zeiten find Ihn vorausgegangen. In der Fülle des Senuffes der gefebliden Sicherheit aber wollen fie das An-ichen desjelben wieder unteraraben.

Entfagung ift dir auferlegt,Halt feflt und bleibe unentwegt.

Der erfte Eindruk eines Sefichts ift immer von ntfcheidender Bedeutung‘ und wenn man auch beim Beginne einer nähern BekanntfhHaft von diefen Ein:drude mandheS zu mobdificiven geneigt fein mag, fo vird man am Ende doch wieder finden, daß derfelbe ichtig gewefen fei. €E8 ift wunderbar, wie das tief:jerborgene innere Wefen eines Menfchen auf feiner Bhyftognomie fich abprägt. Der Harakterifirende und ndividualifirende Ausdruck gines Seficht8 Kiegt aber at nur in den feften heilen desfelben, wie Stirne,Rafe, Mund, Kinn, fondern eben fo fehr in den einen, unbefchreiblidhen Linien, welde über den veidhern, fleifdhigern Theilen fhweben. Dies ge:A wahrt man am Beften, wenn man ein Seficht von der Seite hefieht. Wie der Geift über den Wafjern,fo Tmwebt und fpielt das allereigentfte des Menfchen über diefen Linien und Zügen. Härte oder Weich:heit, Wohlwollen oder Scheelfucht, Seradheit oder Bosheit, Geiz oder Leichtfinn, Bornirtheit oder Seift,PHilifterhHaftigkeit oder Idealität alle diefe Se:müths = und Seifteseigenheiten lagern fi oft in den jeltfamften, [OHeindar nit vereinbaren, Mijdhungen in der Miene ab, mworunter man eben den Aus:druck, der über dem beweglidhen Spiel aller Züge idwebt, verfteht. Daher Hit e& unmöglich, die Phy-fognomie in fejte Theorie zu bringen, denn wer will die ffüchtige Geiftigkeit eines Sefihts Haffificiven,wer will die Luft mıt einem Faden zufammenbinden.Diefe nicht erhafhbaren und ungreifbaren SGeifter faffen fi dayer au von der Photographie nidt fangen; au8 Ddiefem Grunde können dieje Schatten:bilder, mweldhe nur die Maffe aufnehmen, niemals ganz genügen, um Seele und geiftiges Leben eines Menicdhenantlikes abzufpiegeln.

Wie fehr trügen die Worte und mie leicht werden fie ander3 auZgeleat, als e8 dabei gemeint mar. IH Lo preche nicht von’ jenen Fällen, wo ein abfidhtliher Mißbraud mit denfelben getrieben wird und fie dazır dienen follen, über die wahre Sefinnung Sand zu treuen. Nein, felbft wenn c8 dem MenihHen aufs richtig darum zu fhun ift, feinen innern Vorgängen und Gedanken den richtigen Ausdruck zu geben, ge fingt e8 idm nur fdwer, oft nur annähernd, unvoll-fommen. Ia au, wenn er in ruhiger Sammlung Teine Gedanken fOriftlich mittheilt, erfordert e8 forgz fie Wahl und Selbitüberwadhung, den Kern deffen,mag eigentlich ausgefprocen werden will, fejtzuhalten und ihu genau und faßlihH auszuprägen; man läßt cd von einem entgegenfommenden Bilde, von einer auftauchenden Nebenidee verleiten, geräth auf Ab-wege und in die Irre und fpridht ganz andere Dinge au8 al8 man urfpritnglich beabfichtigte. Wie um fo meniger find die Worte ganz zuverläffig, wenn {id die ruhigen Tiefen der Seele zu Fräufeln beginnen,wenn Bewegung, Schwankung und Yufruhr ent:iteht, wenn ÜebermuthH, Laune, Sereiztheit, Zorn,Haß mit den Worten zu fpielen beginnen. Der Uebermuth wirft die Worte wie Raketen aus, ohne a fragen, wo fie nicderfallen und zünden, die Laune mürfelt fie durcheinander und braucht fie nad Zufall,die Gereiztheit ihärft fie zu Nadeljpiken, Haß und Born tauchen fie in Sift ein und zielen damit auf das Herz des Segners. Aber ein großer Cheil deı alfo gebrauchten und mißbrauchten Worte haben kaum für den erften Augenblif eine volle SGiltigkeit, Kaum ausgefprodhen und der Luft ausgefebt, verlieren fie ihren fharfen Geruch. Biele folder Worte [Hwimmen wie Korfkzapfen Xfofe auf der Oberfläche herum, an:dere find nur fhwacdh angewachlen und weniger als man glauben follte, Hört man der Ausfprüche, die gleich der Seelilie aus der Tiefe des Seelengrundes heraufgewacdhfen find. . Daz alles will überleat fein,wenn man über die Worte des Menfchen zu Sericht fißt.

Der MenfgH ift nach Unten eine Reafumtion aller Erdenbildung, nad Oben ein Anfang der SGeifter:welt.

Sein Talent zum Wohle der MenfHheit anzu:wenden, ift die eigentliche Lebensaufgabe eine8 eben.Worin diefes Talent beftehe, in melden Wirkungsfreis e5 geftellt fei, das ift ganz gleihgültig. In dem großen Ganzen greifen die wirkenden Kräfte alle. in L.inander; aud) der Mang derfelben it nit nad der außern Erideinung abzumefjen. Die raufhenden zroßen Räder find oft nur die Jefundäre Folge einer im Dunkel arbeitenden Kraft. Die Schwingungen zineS in der Einfamfteit gefundenen Sedankens, einer in der Stille geübten That, Können in die weitefte gerne gehen. Die helltönendfte That erftirbt oft mit ihrem Klange in ewige VBerlorenheit,

FreundfhHaft, Kunft, Natur, WifienfhHaft find die reinften, erhabenften und beruhigendften SGenüffe, die un8 diefe Erde bietet. AWber wir dürfen ung dem Wahne nicht hHingeben, daz Leben ganz nur. mit diefen Sütern ausfüllen zu wollen. Nein, der eigentliche Srundton unferes Daijeins ft: Anftrengung, Hemm=niß, Verwiclung, Kampf, ANtäglichkeit, und jene Blüthen ranken fi nur al8 Bierwerk zwifdhen dur. D, daß mir ein für allemal an diefer Anfhanung jefthielten, mie mandje Unzufriedenheit würde unters drückt, mie mandjem Migverhältnik vorgebeugt werden.‘N Die meijten beurtheilen den Menfchen nur aus dem Erfolge feines Wirkens. Wenige Haben Tiefblick genug, die innere Triebkraft, deren Erzeugnifß der Erfolg ift, noch in ihrer Ifolirtheit zu erfennen. Und doch it der Erfolg oft nur Sache des Zufalls der VBerhältnifje. Schiefe Urtheile über eine mißverftanz dene Perfönlichtfeit, zumal in deren Iurgendzeit, verz Frünneln zuweilen ein ganzes Menfchenleben.

Was immer und immer bleibt, Jobald ih unfer Wefen von der DurchHeinanderrüttlung der Uußenwelt wieder feht, daz t’8, mas die Bafis unjeres Dafeins au8macht, der wir um allen Preis treu bleiben müffen.Denn außer Dderfelben fpielen wir nur eine fremde Rerfon, und unferm Chun fehlt der inere Antrieb.

Was am meiften an mahrer Seiftesbildung, an gründlidher Einfiht fördert, it das völlige Durdh-ftudiven eines einzelnen Werkes der Vortrefflichkeit und zwar von feiner geiftigen SGefammtanlage bis zu feinen Feinften einzelnen Theilen. Hinter dem Finzelnen liegt das Äbfolute verftedt, und 10 weit an8 in jenem das Verftändniß aufgegangen ift, führt un8 das Gefeß der Gleichheit, oder der Analogie die Sinficht in andere Erfheinungen entgegen. Sehen wir dagegen vom Allgemeinen zum Befondern, von Theorie zur Anwendung über, fo vermwifht fih ehr leicht unter lauter Eintheilungsfucht das Mare natürz liche YA6bild des Lebens. Können wir auf dem angegebenen Wege au nicht zu der umfangreichen Belefenheit gelangen , die man 10 oft bewundert, fo idadet dies gar nidht8. Dem ächten Menfchen ift e8 nicht darum zu hun, über vieles fhmaben zu fönnen, fondern feinen SGeift je mehr und mehr an wahrer Erfennntniß zu erweitern, und fih in feinem Rebensfache tücdhtig zu machen.

Eine Quelle manigfaltigen Nebel ijt bei Phan-tafie-Menfhen die Sucht, au der Imagination zu urtheilen, Auz einzelnen Losgeriffenen Erfheinungen,tragen fie fih {nel und willfürlig ein Gejammtbilb,zin Phantom zufammen. “Treten fie dann mit dem-jelden in nähere reale Beziehungen, fo- kann e$ nicht anders fein, als daß nah und nach dieje Ilufionen fo IHwinden; das geträumte Ideal fOrumpft dann nicht bloß zur ganz natürliden Wirklichkeit herab, fondern jener Dämon der Verfhönerungsfucht tritt nun in veränderter Seftalt auf, und miffennt an dem bis:herigen Traumbilde fogar die wirklich vorhandenen Eigenfhaften. So fommt diefe Art Menfchen felten in das ruhige Gleichgewicht dauernder Verhältniffe.Daher fahren ruhige befonnene RNaturen im Leben beffer; fie meffen zuerft au8 und niht Hinterher und ftellen überall auf einen Tolid erfundenen Grund ab, auf dem feine Täufchung erwächst.

Das erfte und Höchfte Biel alles menfhlihen Strebens fol Bildung fein, mworunter ih die Er:meiterung des geiftigen SGefichtsfreifes, verbunden mit der Nidhtung unferes Wefens zum Schönen und Wahren wverftehe. Um Ddiejem Ziele zu nähern,müffen mir Mittel und Wege Kfennen. Die ganze Welt, daz täglidHe Lchen, VBerhältnifje und Umgang und vor Allem Kunft und WiffenfhHaften find Bil:dungsquellen. Ih erwähne unter den Lebtern insbefondere: der Sefchichte, der Naturkunde und der Boefie. Die Sefchidhte zeigt. un8 das Walten der

N <Gottheit im Gange der menihlighen Schietfale. Die Naturkunde lehrt uns die Sebilde der Schöpfung al8 bie Offenbarung der (Haffenden Urkraft erkennen und die Boefie ft, al die Pythia unferer reinften und Jeligften Empfindungen, vor allem berufen, das Semüth zu veredeln, das Leben dur Weisheit und Shönheitsfinn zu heben. Zur Hörderung des Ein:zelnen fomımt e8 aber vorzüglich darauf an, daß Keder erfenne, was ihın gemäß fei, aus welden Zuftänden und Wiffenfhaften er den meiften Bildungsitoff für feine befondere Richtung fhHöpfe. Denn da wir mu innerhalb unferes individuellen Talents unz entwickeln fönnen, fo gemährt Hauptfächlih das wahren Fort:Iritt, was mit diefem Kreife im ZufammenhHang und VBerwandtihHaft fteht. ES {ft daher fehr wichtig, daß wir uus hier orientiren und immer an dem Mittel:punkt unferer Individualität fefthalten, um von diefem Stamm-Marfe au3 unfere Jahresringe zu erweitern.Dazu ijft aber erforderlich, daß unfer Lebensgang von ziner gewifjen Planmüäßigkeit regiert werde! daß wir nicht Läflig dem Zufalle anheimftellen, wohin er un8 treibe. Nur au8 der befonnenen Vereinigung aller Kräfte zu einem Geftimmten Ziele, kann ein nach-haltiges Ergebniß entftehen,Wedung und Verfeinerung des Schönheitsfinnes it eine8 der mefentlichften Bildungsmittel der Men:en. Bon ihm Gerührt, veredelt fih, mas Leben und Seftalt hat. Der Sinn für das Schöne fteht au mit dem Sittlidhguten in naher Beziehung.Denn eine Seele, die von ihm Lbeherrfht wird, ift der RoHhHeit und Gemeinheit von felbft enthoben; und boch dürfen mir ung diejem Sinne nicht ausfchließlich hingehen. So fehr er unfere Empfindung verfeinert,jo führt er doch nicht über die Gefahren der Selbft-fucht hinaus, ja eher Ddenfelben entgegen, wie man mit der Lebensgefchichte fo vieler ächter Künftler belegen Fönnte. Das Schöne macht Feine Anfprüche an unfere Kraft, e8 feßt fi in Feinen Widerfpruc mit unferm Wollen, e8 Käßt ung in einem Yether jeliger Harmonie weilen. YWber damit kommt der Men in den Wechfeln des LebenZ nicht aus. Ein anderer Anker muß in Bereitfhaft gefebt werden. 3 ift die Pflege, die ernfte Ausbildung des Ethijhen im Menfdhen. Die mweife Befhränkung unteres Be:gehrens unter die Gefebe der Vernunft, die Kräftigung der Seele zu den Tugenden der Aufopferung, die bem finnligen Behagen nicht entfpreden. Nur auf diefem Wege gelangt der Menfch zur eigentlichften Blüthe aller Bildung, zur Humanität; denn daß der 14h Menfh cdel und gut fei, ift do am Ende die Hauptfache, und Alles andere nur Beimert. Am Srabe eines Sefchicdenen wird Charakter und Wollen weit über das Wiffen hervorgehoben.

Wir ftoßen in unfern Bildungsbeftrebungen auf HörderungS: und HinderungsSmittel. Sie Wnnen in der Lebenslage, im Umgange mit Perfonen, in Büchern,furz in allem, was auf unfere fittlige und geiftige Entwidiung einen Einfluß auszuüben geeignet i{ft,ren Srund haben.

Biel {priht man über die Wahl des Umgangs mit Perfonen; und in der That ift diefe Wahl von großer Wichtigkeit. Iede Perfon, die zu uns in be:itimmte Berhältnijje tritt, bt, wenn fie nicht ganz One Bedeutung ft, gewiffle Einflüfie auf un8 aus.Wir nehmen von dem einen Freunde das, von einem Sreunde oder Genofjen etwas ander8, bewußt oder unbewußt, in un8 auf. € wäre fehr förderlich,dies in unjerm Lebensgange genau nachgewiefen zu haben, und e8 überfehen zu fönnen, wie alles, was wir gegenwärtig find, al das Ergebnif des Zufam:menftrömens folder Einwirkungen dafteht, In wel:

10 f her Weife daher Yemand auf unz Einfluß üben werde, bedarf aller Beachtung, aber Keider kommen wir Hierin, wenigftenz auf eigenem Wege, ziemlich Ipät zur höheren Einfidht,

Weit weniger wird ein anderer Umgang in Be:tracht gezogen, Deffen Einflüffle und Wirkungen viel:Leit noch umfangreider und nachhaltiger find, als die der Perfonen, e8 ift derjenige mit Büchern. In unbeadhteter Stille, wo das SemüthH alle Ein:drüce inniger aufnimmt, mit dem Anfehen einer gewifjen Autorität fommt das Buch in die Hand des Lefer8, nnd theilt im mit der eindringliden Sprache jHöner Darftelung, Ideen, Srundfäße, Anfidhten und Sefühle mit, die oft eine völlige Cpodhe im Leben eines Menfhen bilden. Wer die geheimen Fäden des Schicfalganges eines Menfdhen verfolgen fönnte, würde oft die Quelle verfehlter Richtung,verfehrter Sefinnung und fHlimmer Handlungsweife in irgend einem Buche finden, das zur unrechten Stunde in unzeitigem Alter gelefen wurde. Und wer allen Wirkungen eines Buches in der Breite der Welt nadhfehen Könnte, mürde wohl oft über ihren Umfang und ihre Folgen erftaunen. Und doch läßt man eben Hierin den blinden Zufall am unbeforg:teften walten. Bon fo vielen werden hen die Bücher AN gelefen, weldje ihnen gerade eine einfiHtslofe Ge:legenheit zuführt. So fan e8 dann nur zu Leicht gefehen, daß die unbebachte Wahllofigkeit den Ver:berber einführt. Auch ein feinem eigentliden Zwede nad) vortrefflides Buch kann, wenn der Lefer nicht die nöthige Bildung, Urtheilsreife, Charaktergebie:genheit hinzubringt, (HädlidH wirken, wie um {fo mehr die ganze Fluth fader und fHlechter Werke, wie fie in Leihbibliothefen ab- und zufirömt,

Sanz befonders die Lektüre follte von einer durch:dachten Wahl gelenkt werden, und diefe Wahl müßte wie jede andere, von einer richtigen Selbfterkenntniß zusgehen, Der Lejer follte fi vor allem fragen,welche Lektüre, feiner hefondern Seiftesanlage und Semüthsart gemäß, für ihn die gewinnreichfte fei,welche feine fittlide und geiftige Entwiclung am meiften fördere, und vor allem beachten, auf weldjer ihwaden Seite er etwa gegen verführerifde ECinz drüde auf der Hut fein müffe. Er follte, bevor er ein Buch zu lefen fi entfHließt, Prüfung Halten,ob e8 möglicdherweife feinen Zwedfen entfpredhe, ob es nicht etwa in feinen Bildungsgang ftörend eingreife;zr follte, naddem e3 gelefen it, überfhlagen, welches das Hauptergebnif des Inhalte fet, und welchen Zufluß für feine Bildung er darausS gefhöpft habe,So würde nicht nur das Ernfte, das Lehrhafte, fonz dern aud daz Erheiternde, das Eraöblihe feinen Ächern Ertrag abwerfen.

Die Weltliteratur hat des BVBortrefflihen, des Kaffiigen in Scherz und Ernft einen jo reihen Schaß aufzumeifen, und doch wird. der Modetand des Cphemeren fo gerne vorgezogen. Möchte der Sinn auf Ddiefes Kiaffijhe fi wenden, das eben dadurdh flalfild it, daß eS zu wahrer und ächter Menfchen:bildung einen Beitrag leiftet. Hier am Beften den Seift erweitern, das Herz veredeln, den Charakter tärken, einen fihern Halktpunkt der Klarheit und Rraft erfafien gegen die Trübungen des täglichen Zeben8, das märe der eigentlide Geminn, den uns Bücher bringen follten.

Und wie die Lektüre nicht mahllos fein darf,jo fol fie aud nit im eitles und. genußfüchtiges Viel= und Durcheinanderlefen ausarten. Ein ein:zige8 gutes Buch gründlih, mit Nachdenken über feinen Plan, Sang und Endzwek durchlefen, fördert weit mehr Einfiht und Bildung, al das flüchtige Aothun einer halben Bibliothek. Diefe Art hin:träumenden oder meggaloppirenden Lefenz verwirrt nur ben Kopf, mißleitet das Herz, entführt die Vhantafie, hinterläßt den Dünkel Hohler Ab{precherei,{ACC und die Vernachläffigung der erften und wicHhtigiten Pflichten.

Sutaeleitete, mwohlverftandene Lektüre dagegen ift zine8 der fHönften Sefchenke des Himmels. E83 hat den hHöchften Reiz, zu vernehmen, wie die glüclichften Köpfe, die edelften Gemüther gedacht und empfunden haben, Im Umgange mit den TreffliHen aller Zei:ten werden wir felbfit allmälig edler, wir nähern un8 unvermertt jener Höchften Bildung, die fichH weniger in wohltönenden Reden Kund gibt, als in Handel und Wandel, weldhe der unverfälfhte Abdruck un:jerer innerften Sefinnung find.

Unjer Leben ift ein fortgeleßter Gang zwilden BelhHränkungen. eberall findet unfer individuelles Sein, Wüniden und Wollen Widerftand- und Rei:sung. €8 liegt in diefer Befchränkung eine Höhere Borforge; denn ohne fie, wie ftände e8 mit der fo nöthigen Bezähmung der Leidenfchaften? Ieder Hat jeinen Theil davon, der hHerauSbrechen würde, fobald er in einem durchaus freien Elemente fih bewegen fönnte. Das einzufehen, das Hemmnif als Fiügung zu betrachten, die Befhränkung in freie Mefignation umzugeftalten und freiwillig feinem Individuum fo-weit Abbruch zu fun, al e8 mit der Behauptung unferer eigenen Erijtenz verträglich ift: da3 wäre zine glüdlidge ErrungenfHaft tieferer Bildung.

Die umgekehrte LebenZzweife MHarakterifirt den Sgoiften. Ueberall Heftet er fein Selbft zum Bole jeiner Umgebung und ift nur glüclih, wenn diefe ihn umfreist. Ans diejem Mittelpunkte der Selbft:Iucht fließen alle Strahlen, die den RadiuZ feines Wejens. bilden. Er richtet fi nach Niemanden, er it Feiner Aufopferung fähig; er kennt feine Duldung Fremder Anfdauungsweifez er adtet nicht fremdes VBerdienft und feßt an die Stelle der Anerkennung den Neid. Was Wunder, daß ein foldger Menfch feine Bufenfreunde hat.

Man follte in unfern Tagen nidt mehr von einem . WiderfpruchH zwifhen Ideal und Wirklichkeit iprehen. Was {ft denn die Wirklichkeit anderes als das Ergebniß vielfacher zufammenwirkender Urfadhen,a3 ein Iogifdhes Naturprodutt? Sie erzeugt und entwicfelt fiH nad) den ewigen Sefegen von Urfache al und Wirkung. Die Wirklichkeit ift ehrwürdig, denn fie fommt aus der Hand der weltverwaltenden Vor Tehung, Io gut wie der Sturmwind, das Wehen des Frühlings, das AÜbfterben des Herbftes, In diefer Wirklichkeit liegt aber au eine üppige Fülle idealen Stoffes; diefen Herauszulöjen, geiftig zu verarbeiten,ifn ins Lit der Idee zu ftellen, fjei die Aufgabe des Menichen von idealem Streben. Man wird un:ferer Zeit die Anerkennung nicht verfagen Können,daß fie diefe Arbeit mit nie dagewefenem Eifer an die Hand genommen Hat. Auf allen Lebenzgebieten :in den WiffenfHaften, in den großen und Heinen Werkftätten menfchlidher Thätigkeit, ift der SGeift des Fort{hritte8 eingedrungen, jenes Fortfchrittes, der au gemwecdtem Denkvermögen, aus der Befreiung von übertragenen Anfhauungen, die fih überlebt ha:ben, hervorgeht. So Hat in der MechtswiffenfHaft und in der Rechtspflege eine Heilfame Wendung be:gonnen. Die RNMechtslehrer des vorigen Jahrhunderts und au noch des jebigen, zogen. eine fharfe Grenze zwifgen Recht und Billigkeit, und auf die lebtere Jah man mit Herablafjung. It daz nicht anders geworden? Kommt die Billigkeit die Billigkeit,die in der Tiefe des SGemlüthz3 und des Mitgefühls mwurzelt nicht mehr und mehr zu Chren? Liegt 1:

1 diefem Zuge nicht- die Einführung der ShHwurgerichte,der Ruf nad der Civiljury, nad) Handelsgerichten,nach einer freiern Bemweistheorie, zu Grunde? Die Rechtspflege folk dem Leben, dem ungetrübten Necht3=finne, der Volksanfiht näher gebracht merden. Sie fol nicht Selbftzweck, fondern nur Mittel zum Zweck nämligh zu Nealifirung der hohen Idee der Ge:rechtigfeit fein, In den NMaturwiffenfHaften iftet fi dem ernften Forjdhertriebe ein Schleier um den andern, wenn auch der leßte, [Hmerfte Vorhang nie aufgerollt merden wird. Wie mehren fihH die großartigen Anftalten zu Erleichterung des Verkehrs und des Sedankenaustaufhes unter den Menfchen verfdhiedener Länder, ja Welttheile. Wie hat die immer fi vervollfommnende Photographie unz die Kunftidhäße der großen Städte zugänglidH gemacht!Neue Sildungsanftalten erftehen von Land zu Land:Frobel’IHe Kindergärten, HandwerkerfHulen, Sekunz darfhulen, ftaatlidhe Töchterinftitute, Polytedniken,Mufeen alüberall das Lebendigfte Beftreben, daz gewonnene Wiffen dem Volke näher zu bringen und ijın nußbar zu madhen, die Menfdhen au3 dem dumpfen Dahinleben aufzumecen und ihnen die Mit-tel zur Berufstüchtigkeit, zur Bildung und zu einem menfdenwürdigen Dafein an die Hand zu aeben.:Und auf dem Höchften, Gebiete menjGliher Intereffen,dem religiöfen, da gährt ja gewaltig, unter der Führung tapferer Kämpfer, das Werden einer neuen Beitperiode, das Ringen, veraltete Formen und Anz üchten abzufhlütteln, das Streben, ein neues Kleid anzuziehen, da3 den ‚durH Wedung des Geiftes gerbeigeführten Veränderungen der religiöfen Bedürfz niffe entfpricht. Wie unbegründet {ft im großen Sanzen genommen die fo oft vorgebrachte Klage über Abnahme des religibfen Sinnes. Ya, wer den reliz gtöfen Sinn nur im fleißigen Kirdgenbefudh, in äußern Andadhtsiübungen fucht, dem mag €8 fo fetz nen. BVBielfach werden diefe vernacdhläffigt, hHauptfäch=ih aus dem Grunde, weil der äußere, gotteSdienft=liche Kultus nidt die gefuchte religiöfe Nahrung darbietet, weil die vorgetragenen Lehren mit den jelbfterrungenen Neberzeugungen des Zuhörer8 nicht im Einflang ftehen, weil der Zuhörer fid in eine Zeit zurücdverfeben muß, der er nicht angehört, Die 3 hinter fi hat, Wer jedoch den religiöfen Sinn mehr. in die SGefinnung und die Handlungsweife :ine8 MenfhHen verlegt, der wird die erwähnte Klage wohl, menn nit zurücnehmen, doc zu befhränkfen geneigt fein. Dder weist denn etwa unfere Zeit (Olimmere moralifihe Zuftände auf als die früherer Kahrhunderte? Sehr das Segentheil! Man durdh-gehe doch die Sittenge[hichte jener Tage, wo die firgligen Uebungen am ftrengften beobachtet worden find, mo eigene Behörden den KirdhHenbefuchH auch der Ermwachfenen, der Väter und Mütter, überwachten,wo SGefeggebungen diefen Befuch vorfchrieben und bie Nebertretungen mit empfindligen Strafen be:drohten wie ftund e8 denn damals mit dem fitt-fien Leben des Volkes? Darauf Könnte eine Sta:tiftif der Kriminalverbredhen die fMlagenbfte Antwort geben. An fOmweren und fMOeußlidhen Verbrechen, an Mord durch Gift und Dolch, an Unzucht jeder Art,an Haarfiräubenden Semaltthätigkfeiten überbieten fie unfere Zeit bei weitem, trok der barbarifhen Strenge damaliger Strafgefege. Das hHäuslidhe Leben, die Kinderzucht diefer Vorfahren Könnten ebenfowenig als Borbild dienen. Wenn nun unfere Zeit, ohne Frage,an Humanität Höher jtebt, wem ift denn diefer Fort:jhritt zu verdanken; doch nad dem Sefagten nicht dem Kirchenbefuch, nidt den vorgefhriebenen An:vachtsiübungen, fondern den bevorzugten Seiftern. und Kämpfern, mweldhe erweiterte Erfenntnig und Höhere Sefinnung unter die Menfchen gebracht haben. Und eben diefe erweiterte Erfenntniß beanfprucht mit Necht im religiöfen Leben eine ihr entipredhende Reform.EA Alfo allüberall vollanf zu thun für Solche, die guten Willenz find: die nadj Maßgabe ihrer Kräfte am großen Werke der MenfhHenerziehung und Men:jdenbeglücung mitarbeiten mödhten. Die Wirklich:feit frif anzufaffen und fie dem Ideal entgegenzus führen, das ift die Aufgabe. Damit ift die Muft zwilchen Wirklihkeit und Ideal zugedeckt, an der ein Rouffeau und andere zu Grunde gegangen find.

Welch’ ein fhöne8 und ergiebiges Arbeitsfeld thut RO auf! Wahrlih,. das läßt Feine Zeit zu Klagen über die Verworrenheit diefer Welt, über das Dunkle und Zrübe des MenfhHenkoofe8, Keine Zeit zu eitler Selbftbefhauung und weltfhmerzlidhen Sedanken.Wie undankbar find aber auch folge Klagen! DO Menfh, fiehlt du denn nicht, wie eine allwaltende Süte dihH vor allen Erdengefhöpfen bevorzugt hat?Wie fie deinen Körper fhön geformet, dihH mit hHerr-lien Gaben des Seiftes und des Gemüthes aus:geftattet Hat, um Deiner SGenußfähigkeit nad allen Seiten ein weiteS Feld zu Sffnen, wie fie die Erde,bein Wohnhaus, mit allen Reizen gef mlct Hat.Die Farbenpradht der Blumen ziert Garten, BWiefe,Feld und Wald; KiebliHe Düfte durhwehen die Luft.Auf den Bäumen figen die Sänger und heben wett:zifernd ihre Lieder an; am Waldhang flötet die e Amel; von Hügel zu Hügel dehnt fih das wein:und freudenfpendende Rebgelände, der ernfte Wald offenbart dem Eintretenden feine dunklen Myfjterien;drüben lächelt der See, e8 gurgeln und fpringen die Quellen vom Berghang; rofige Wolfen ziehen wie Vhantafieträume am hohen. Gewölbe dahin; Berg:rücden und Firnen [Oüßen das liebliHe hal. Wo nur immer dein Bli fih. Hinwendet, überall Schön heit, Fülle, Segen, Vorforge für den MenfhHen und feine Nebengefhöpfe. Nicht genug an diefer fidht-baren, wundervollen SGotteswelt, au ein unficht-bares Neid wird dem Menfchen aufgethan, nidht weniger wundervoll. Dur eine andere Eingangs:pforte zu Deinem Seelenleben, durch das Ohr, geht der Zauber Himmlifcher Töne ein. Was das Wort des Redners und Dichters nicht auszufpredhen ver:mag, dem verleiht die Mufik ihre Mangvolle Stimme,Aus den tiefften Tiefen menfchliHen Empfindens Holt fie ihre Schöpfungen und im Labyrinth der Brujft mwiderhallen ihre Melodien. Bom anmuthenden VBolfksliede an bis Hinauf zur rei: und weitange-legten Hang: und fturmdurhmwogten Symphonie, meld’eine unerfOhöpflide Fülle über Welt und Leben erhe:benden Senufjes. Und für diefe8 Hehre SGefhentk Tollte der MenfidH nicht dankbar fein! Aber noch fo viel Anderes ift geboten: Liebe, Freundfhaft, Wiffen:Ichaft, Kunft, geboten Jedem, der fi um bdiefe edlen Güter bemüht. Leer geht Feiner aus, der den Kampf mit dem Dafein aufnimmt.

Kampf? Allerdings! Kampf muß fein, er unter:Hält deine Kräfte, deine Frijhe, Keiner gebe diefen Kampf auf, fei er fo Hochgeftellt als er wolle, Haft du über enge, zufOnürende Verhältniffe zu Hagen,will dein. beftes Streben nie vet zum Durchbruch fommen, [legt dir. Mißgunft einen Verhau in den Weg, wideln dih die Fehler deines Temperamentes in Befümmernifie, alle diefe Nebel finden ihre Ver-föhnung in einem edlen feftgehaltenen Beftreben,Wirf deine Cheilnahme auf die ganze Sefellfchaft,lebe mit ihren hHöhern Interejfen fort, wirke Hinein,wo du Gelegenheit findeft und Kraft fühlft. Und wenn du auch nicht groß unter den MenfchHen glän=zen Fannft, edles Streben und gute That jHÖmwingen fi® in ungeahnte Ferne fort. Das DBeifpiel, die Wirkung geht auf andere über, von diefen auf dritte und vierte und fo fort. Der Geilt einer Ort{dhHaft (äßt fih zuweilen auf einen längft dahingegangenen wadern, zu Lebzeiten einflußreidhen Bürger zurücz führen... Bon einem Zündhölzhen aus erleuchten fih alle Sasflammen des Drts. Unter den Menichen ©find die aufgewedten Köpfe, die empfänglidhen Ge:müther diefe Gasflammen. Wohlan entzünde foldhe,wo dur immer Kfannft.

So wird in nimmerraftender Thätigkeit die welt:[Hmerzlige Stimmung verdunften. Liebe und Dank-barkeit werden früher oder fpäter das Bemühen um Andere Kohnen und deine guten Werke folgen dir nach, wenn längft der Srabhiügel die Mefte deines Dafeins deckt,