Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse No. 105. Wien, Mittwoch den 14. December 1864 Hanslick, Eduard Wilfing, Alexander FWF Der Wissenschaftsfond.
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Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse Herausgegeben von Wilfing, Alexander Projektmitarbeiterinnen Bamer, Katharina Pfiel, Anna-Maria Elsner, Daniel Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage Wien 2023

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Maschinenlesbares Transkript der Kritiken von Eduard Hanslick.

No. 105. Wien, Mittwoch den 14. December 1864 Hanslick, Eduard Neue Freie Presse Morgenblatt Herausgegeben von Etienne, Michael Friedländer, Max Wien 14.12.1864
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Concerte.

Ed. H. Als eines der gewichtigsten Verdienste Herrn Herbeck’s betrachten wir seinen Einfluß auf das Repertoire des mehrstimmigen Männergesangs. Diese Gattung, siegreich durch die üppige, wenngleich monotone Schönheit des sinnli chen Klanges, ist ihrer Natur nach auf ein kleines Gebiet be schränkt, ein Gebiet überdies, das nicht auf der Hochebene der Kunst, sondern am Abhang derselben sich ausdehnt, wo die lustigen Brüder wohnen. So lange der Männergesang irgendwo im Glanz der Neuheit auftritt, übt er — ganz abgesehen von seiner geselligen Anziehungskraft — auch auf das eigentliche Concert-Publicum einen eigenthümlichen Zauber. Man glaubt, sich an dem reinen, scharfen Zusammenklang frischer Männer stimmen nie satthören zu können, und gibt sich mit der Du tzendwaare von Liebes-, Trink-, Vaterlands- und Scherzliedern gern zufrieden. So war es in Wien in den Vierziger-Jah ren und darüber hinaus. Später machte sich allmälig das Enge und Dürftige dieses Genres doch fühlbarer, als man anfangs glauben mochte, und selbst die virtuoseste Ausführung will nicht mehr recht über die Spärlichkeit des geistigen Ge halts hinweghelfen. Nach einer Periode allgemeiner Schwär merei tritt diese Ernüchterung allenthalben zu Tage, und der Rückschlag trifft mitunter so weit, daß strengere Kunstrichter es an der Zeit halten, den vierstimmigen Männergesang aus den Concertsälen allmälig wieder in den Burgfrieden der Ge selligkeit und des Vereinswesens zurückzuweisen. In solcher Zeit vermag nur Eines die günstige Position des Männer gesangs im öffentlichen Concertleben zu retten: die Bereiche rung und Veredlung seines Programms. Wer die bescheidene Literatur dieses Kunstzweiges kennt, wird einräumen, daß ein solches Begehren leichter gestellt als erfüllt ist. In dieser Be ziehung nun hat Herbeck , als Chormeister des Wiener Män nergesang-Vereins, mehr geleistet, als irgendwo zu irgend einer Zeit geleistet worden ist. Vor seinem Eintritt waren Pro ductionen des Vereins mit vollem Orchester eine seltene Aus nahme und Mendelssohn’s Oedip- und Antigone-Musik so ziemlich das Einzige, womit der Verein eine höhere Kunst region betrat. Herbeck hat die großen Orchester-Concerte zur Regel gemacht, und im Auffinden interessanter Novitäten und Antiquitäten ist ihm der Faden noch nicht ausgegangen.

In diesen großen Productionen begnügt sich Herbeck nicht den Wohlklang seines Männerchors als souveränen Zweck zu betrachten, der die trivialsten Bänkelweisen heiligt — er ver wendet ihn als künstlerisches Mittel zur Darstellung von Werken, die ihre Bedeutung in sich selbst tragen und durch andere Kräfte nicht auszuführen wären.

Eines dieser Concertprogramme, welche den Wiener Männer gesang-Verein über jeden Vergleich mit ähnlichen Instituten hin ausheben, lockte auch am vorigen Sonntag eine beträchtliche Menschenmenge in den Redoutensaal. Mit Ausnahme von Schubert’sNachtigall“ waren alle vorgeführten Stücke Novitäten, und drei davon umfangreiche Compositionen mit ganzem Orchester, von Schumann , Berlioz und Wagner . Daß keine davon ein Meisterwerk und im Stande war, die Hörer wahrhaft zu begeistern, müssen wir hinterher einräumen, immerhin bleiben es Werke, welche durch ihre Eigen art, wie durch den Ruhm ihrer Verfasser, der Vorführung würdig erschienen und jeden Musikfreund lebhaft interessiren mußten. Man begann mit R. Schumann’sGlück von Edenhall“ (op. 143, componirt in Düsseldorf 1853). Die Uhland’sche Ballade ist für die Zwecke des Componisten von Dr. Hasenclever mit großer Discretion dramatisirt, so daß das Originalgedicht beinahe nur „mit vertheilten Rollen“ gelesen wird. Mit dem Chor der Gäste wechseln Soli des übermüthigen Laros (Herr Olschbauer ) und seines greisen Schenken (Herr Pantzer ); nach der Katastrophe betritt der Anführer der stürmenden Feinde (Herr Fürchtgott ) und der Chor der letzteren die Scene. Die Composition vermochte uns nicht zu erwärmen; in ihrem eigenthümlich unlebendigen, theils gequälten, theils nüchtern declamatorischen Charakter trägt sie vollständig die Kennzeichen des Schumann’schen Nachsommers. Hätte der Meister die von ihm eingeführte Specialität der „Chorballaden“ mit der vollen poetischen Wärme und Erfin dungskraft seiner früheren Jahre erfüllen können, das neue Genre hätte sich — weniger aus ästhetischen als aus prakti schen Gründen — wahrscheinlich bewährt und erhalten. Wirk samer und fließender behandelt als der gleichzeitig erschienene Königssohn,“ steht das „Glück von Edenhall“ doch schon be deutend unter der Musik zu „Page und Königstochter,“ welche wenigstens in den märchenhaften Partien noch wunderbare Töne anschlägt. Was dem „Glück von Edenhall“ nicht abzu sprechen ist, sind die Vorzüge der Form, der Declamation, des stets würdigen und gebildeten Ausdrucks — sie sind mehr

als ausreichend, um die Aufführung des Werkes zu rechtferti gen, weniger als ausreichend, um demselben zu durchgreifender Wirkung zu verhelfen.

Effectvoller und lebendiger, bei allerdings weit größerem Raffinement, ist der Studenten- und Soldatenchor aus Ber lioz ’ dramatischer Legende: „La damnation de Faust.“ Der Componist hat hier Goethe’s „Faust“ in ähnlicher Weise wie Shakespeare’s „Romeo und Julie“ für sein eigenthümliches, halbdramatisches, musikalisch-malendes Talent ausgebeutet. Berlioz Legende in vier Abtheilungen, „Faust’s Verdam niß“, wurde zuerst im Jahre 1846 in Paris mit großem Erfolge ge geben. Das Gedicht ist theilweise aus Goethe’s „Faust“ von Gérard de Nerval übersetzt, mehrere Scenen sind von Gandonière , an dere von Berlioz selbst gedichtet. Die singenden Personen sind: Faust ( Roger sang ihn), Mephistopheles , Brander (ein be moostes Studentenhaupt) und Margarethe . Die erste Abtheilung stellt Faust in Ungarns (!) Ebenen dar; ein idyllischer Chor der Land leute und ein kriegerischer Aufzug (der Rakoczymarsch in pracht voller Instrumentirung) weckt ihn aus seinem schwermüthigen Grü beln. Die zweite Abtheilung führt uns nach Deutschland. Faust in seiner Studirstube will sich vergiften, das „Osterlied“ gibt ihn der Erde wieder. Mephisto erscheint und führt ihn in Auerbach’s Keller: Humoristische Lieder Mephisto’s (Flohlied), Brander’s und der Stu denten. Eine reizende Scene folgt: Sylphen und Gnomen, den schla fenden Faust umgaukelnd. Ein Chor der Studenten und Soldaten macht den Beschluß. Die dritte Abtheilung bringt die Liebesscenen zwischen Faust und Gretchen, die Romanze vom „König in Thule“ und einen blendend effectvollen Elfentanz, den Mephisto aufführen läßt, um Gretchen’s Sinne zu betäuben. Die vierte Abtheilung er öffnet eine Romanze; ihr folgt ein Duett zwischen Faust und Me phisto (beide auf schwarzen Rossen durch die Lüfte jagend) von ergrei fender Wirkung. Beide versinken und der Chor der bösen Geister (eine alberne Sprache sprechend, welche Swedenborg die infernalische nannte) empfängt den Verdammten. Das Werk wäre, wenn nicht in seiner ganzen Ausdehnung, so doch in seinen besten Partien zur Auf führung zu empfehlen. Die Scene, die uns der Männergesang-Verein vorführte, bil det das Finale der zweiten Abtheilung. Faust und Mephisto umschleichen nächtlicherweile Gretchen’s Haus. Sie hören lusti gen Chorgesang von weitem. „Des étudiants voici la joyeuse cohorte, Qui va passer devant sa porte,“ also der Gounod’sche „Siebel“ en masse. Zuvor erscheinen Sol daten und singen in populärer, hübsch rhythmisirter Melodie den Goethe’schen Chor: „Burgen mit hohen Mauern und Zin nen“; der Gesang geht aus B-dur, 6/8-Tact, ein lustiger Ter zenlauf der Clarinetten steigt jauchzend zwischen je zwei Versen

auf. Nun rücken von der andern Seite die Studenten heran, ein lateinisches Burschenlied (D-moll, 2/4-Tact) in ungeschlachtem Unisono singend, wozu die Violinen mit pizzikirten Terzen accom pagniren. Die beiden Chöre ertönen schließlich zusammen, ein Witz, der mehr Schweiß gekostet hat, als sich lohnte. Ob wol beide Parteien durch das Orchester möglichst auseinander gehalten sind (die Holzbläser gehen mit den Soldaten, das Blech mit den Studenten, die Violinen pizzikiren neutral zwi schen beiden), so ist der Totaleindruck doch wirr und überladen. Der Studentenchor verliert mit dem D-moll Charakter voll ständig seine Physiognomie, kurz, jedes der beiden Chorlieder war für sich allein weit hübscher. Das kleine, äußerst stimmungsvolle Orchester-Ritornell, das die Scene eingeleitet, schließt sie wieder und läßt das Ganze leise wie im Abendduft verschwimmen.

Die dritte große Nummer war Richard Wagner’s Liebesmahl der Apostel.“ Diese „biblische Scene für Männer chor und Orchester“ — lange vor dem „Tannhäuser“ com ponirt und vor mehr als zwanzig Jahren im Druck erschienen — ist wenig bekannt und vom Componisten selbst nicht als vollwichtig anerkannt. Die ganze umfangreiche Composition ward offenbar einem einzigen Orchester-Effecte zuliebe entworfen und ausgeführt, der allerdings exquisitester Art ist. Gute zwei Drittheile des Werkes füllt nämlich bloßer Männerchor, ohne alle Begleitung: die Jünger und Apostel sind nach Christi Tod in andächtiger Heimlichkeit versammelt, Furcht und Zagen erfüllt ihr Herz. Plötzlich horchen sie auf: „Welch Brausen erfüllt die Luft? Du heiliger Geist, dich fühlen wir das Haupt umwehen!“ Hier erst fällt das Orchester ein, ein überraschen der Effect, der mit größter technischer Meisterschaft in Scene gesetzt ist. Geigen, Bratschen und Celli, vierfach getheilt, be ginnen leise ein zauberhaftes Schwirren, über welchem gehal tene Accorde der Flöten und Clarinetten und Fagotte wie schwacher Lichtschimmer glänzen; das Schwirren wächst immer brausender an, das Licht wird immer intensiver, zwei Pauken wir beln leise, beide auf C, zwei andere schlagen in Viertelnoten, dann heftiger in Achteln dazu; nun fallen im Fortissimo auch vier Trompeten, vier Hörner, drei Posaunen, eine Tuba und ein Serpent schmetternd ein, Chor und Orchester entladen sich in mächtigen Donnerschlägen. Es versteht sich, daß ein solcher Effect, nachdem das Ohr eine Stunde in trockenem Vocalsatz geschmachtet, so sicher ist, wie bares Geld. Er ist an dieser Stelle auch ästhetisch berechtigt. Und dennoch gewannen wir von dem Ganzen keinen tieferen Eindruck, keine Erregung,

die über die rein sinnliche dieses effectvollen Contrastes hinaus reichte. Der lange rein vocale Theil bereitet dem Componisten allerdings den Boden für jene Wirkung, aber er verräth auch dessen ganze Blöße im polyphonen Satz, seine ganze Unfähig keit, den Ausdruck religiöser Würde und Einfachheit festzuhalten. Der Gesang der Apostel (zwölf Bassisten) ist declamatorisch, trockener, meist unisoner Sprechgesang, musikalische St. Nicolo- Mummerei; was die Jünger (erst allein, dann mit den Aposteln) vortragen, klingt so unbiblisch modern, so sentimental weltlich, daß wir nicht das erste Pfingstfest, sondern einen Apostelgesang-Verein „Biedersinn“ vor uns zu haben glauben. Diese schmachtenden Septimen- und Nonen-Accorde, diese Vor hälte und Modulationen führen uns weit weg von den ehr würdigen Ambosstätten des Christenthums, sie führen uns direct nach Wagner’s romantischer Wartburg, vor welcher der Baritonist Wolfram von Eschenbach seine liebeswunde Seele aussingt. Die Ausführung des überaus schwierigen Werkes war eine Feuerprobe für den Chor, und er bestand sie redlich. Nur wären die Sänger, welche die „Stimmen von Oben“ repräsentiren, besser auf die Estrade postirt gewesen, unten konnten sie eine „himmlische“ Wirkung unmöglich erzielen.

Zwei neue Vocalchöre von Herbeck und Esser fanden reichlichen Beifall; sie sind nicht von hervorstechender Origina lität, schmiegen sich aber correct und wohlklingend an die Dich tung. Schubert’sNachtigall“ (Chor mit Clavierbegleitung) wurde stürmisch zur Wiederholung begehrt, eine Ehrenbezeigung, die wir für unsern Theil mehr der Ausführung als der Com position zollen. So lange diese im 4/4-Tact geht, schmeichelt sie, ohne tieferen Eindruck, wenigstens durch melodiöse Anmuth; mit dem trivialen 3/4-Tact der Schlußstrophe und deren unbe greiflichem Walzer-Accompagnement sind wir aber geradezu ins Wirthshaus versetzt. Bei keinem Tonmeister der Neuzeit muß man so vorsichtig in der Unterscheidung des Einzelnen sein wie bei Schubert , denn kein Zweiter hat wie er im Voll gefühl seiner Kraft und seines Reichthums so flüchtig und un gleich producirt. Diese strotzende Gesundheit und fröhliche Naivetät locken ihn oft bedenklich an die Grenze des Trivialen, wie wir das namentlich in seinen Finalsätzen wahrnehmen können. Jene Götzendiener, welche auf den glorreichen Name hin alles Schubert’sche gleichmäßig preisen und bewundern, verfallen nur zu leicht in die schon von Shakespeare getadelte Thorheit „to make the service greater than the God.“

Ein größeres und bedeutenderes Werk von Schubert ,

das Octett in B-dur (op. 166), fesselte wenige Tage vorher in Hellmesberger’s dritter Soirée die Aufmerksamkeit der Hörer. Auch diese Composition zeigt den echt Schubert’schen Zwiespalt zwischen köstlicher Melodienfülle und allzu bequemer, lockerer Durcharbeitung. Das Octett, sechssätzig, nach Art der älteren Serenaden, ist bereits im Jahre 1862 bei Hellmes berger gespielt worden, doch mit Hinweglassung des vierten und fünften Satzes. Der vierte Satz bildet ein Andante mit sieben Variationen, etwas zopfig und umständlich; den fünften ein graziös tändelnder Menuet mit einem allerliebsten kleinen Clarinettmotiv, das in der Coda gar reizend verklingt. Es war sehr löblich von Herrn Hellmesberger , uns mit dem ganzen Werk bekannt zu machen, wenn wir auch nicht leugnen können, daß es in dieser Vollständigkeit etwas ermüdend wirkt. — Ein Clavierconcert von Seb. Bach (vom Streichquartett und zwei Flöten begleitet) wurde von Herrn Jos. Weidner vortrefflich gespielt. Erwähnen wir aus den Productionen der letzten Woche noch der beifällig aufgenommenen Concerte des ungarischen Pianisten A. Sipos und der jugendlichen Schwe stern Tietz , so bleibt uns nur noch ein Wort über das letzte Philharmonische Concert zu sagen. Es wurde mit einer neuen Orchestersuite vom Capellmeister Heinrich Esser er öffnet. Das Werk zählt nicht zu jenen Offenbarungen, die durch Kühnheit und Originalität der Ideen überraschen und der Geschichte der Musik einen Ruck nach vorwärts geben. Aber formschön und klar, durchleuchtet von freundlicher An muth und männlich erfahrenem Geist, ausgeführt mit allen Mitteln einer vollendeten Orchestertechnik, tritt dies Werk vor den Hörer und erobert dessen Beifall. Die Lebhaftigkeit des letzteren wird Herrn Esser bewiesen haben, nicht blos wie sehr seine „Suite“ ansprach, sondern auch welch’ aufrichtiger Hoch schätzung er selbst sich in jeder Hinsicht in der Wiener Musik welt zu erfreuen hat.

Herr Laub spielte das Beethoven ’sche Violinconcert mit großem Ton und glänzender Bravour. Den eingelegten Cadenzen konnten wir keinen Geschmack abgewinnen; Herr Laub stellte darin dem mehrstimmigen Spiel Aufgaben, die nicht ohne empfindliche Beeinträchtigung der Schönheit und Reinheit des Tons gelöst werden konnten. Den Schluß machte, dem römischen Spruche „a Jovi principium“ entgegen — Mo zart’s „ Jupiter-Symphonie ,“ welche, unter Dessoff’s Leitung trefflich ausgeführt, die Zuhörer in befriedigendster Stimmung entließ.