Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse No. 109. Wien, Sonntag den 18. December 1864 Hanslick, Eduard Wilfing, Alexander FWF Der Wissenschaftsfond.
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Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse Herausgegeben von Wilfing, Alexander Projektmitarbeiterinnen Bamer, Katharina Pfiel, Anna-Maria Elsner, Daniel Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage Wien 2023

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Maschinenlesbares Transkript der Kritiken von Eduard Hanslick.

No. 109. Wien, Sonntag den 18. December 1864 Hanslick, Eduard Neue Freie Presse Morgenblatt Herausgegeben von Etienne, Michael Friedländer, Max Wien 18.12.1864
font-style:italic; font-weight:bold; Deutsch Transkribus OCR und Lektorat. Transformierung der Daten des Transkribus TEI-Export mit "editions.xsl". Orte, Daten, Personen, Werke ediert, ebenso wie die Fußnoten Letztkorrektur für Zwischenrelease.
Alois Ander Wien, 17. December

Ed. H. Der Trauerglockenton, der in diesem Augenblick die Beerdigung Ander’s verkündigt, widerhallt tief und schmerz lich in jeder Brust. Man darf kühn behaupten, daß das Leid wesen um den vortrefflichen Künstler und liebenswerthen Men schen in Wien ein allgemeines sei. Nicht einmal Staudigl’s, des Vielverehrten, Heimgang traf in solchem Grad schmerzlich und bestürzend, der Tod hatte ihn mit stumpfer Sense lang sam zu Ende gebracht, nachdem er der Kunst und dem Leben längst verloren war. Ander hingegen, den viel jüngern Mann, hörten wir noch vor wenig Wochen in seiner Lieblingsrolle und sahen ihn guten Vertrauens die Reise nach dem heilkräf tigen Wartenberg antreten. Die Nachricht von seinem Tod konnte nicht unerwarteter sein. Die persönliche, fast familien haft-herzliche Zuneigung, die das Wiener Publicum von jeher für seine Theater-Lieblinge hegt — ein traditioneller Charakterzug — war Ander in einem ganz besonderen Grade zuge wendet, in einer Allgemeinheit und Wärme, wie sich deren nur die größten, mit Wien am längsten verwachsenen Künstler des Burgtheaters rühmen können. Ander hatte in Wien seine Car rière begonnen, seinen Ruhm begründet, die Wiener hatten ihn gleichsam entdeckt und erfunden, sie haben ihn ununterbrochen und ausschließlich besessen, als einen der Ihrigen großgezogen, geliebt, verhätschelt — sie sind Ander’s zweite Witwe.

Den Freunden des Kärntnerthor-Theaters ist der Abend des 22. October 1845 noch wohl erinnerlich, an welchem Ander zum erstenmal die Bühne betrat. Ander’s schöner Tenor war in kleineren Gesellschaftskreisen und im „Männergesang- Verein“, bekannt geworden; Stimme, Intelligenz und eine sehr einnehmende Erscheinung wiesen ihm den Weg zur Bühne. Es war zu Anfang des Jahres 1844, als Ander mit einem eigenhändigen Schreiben des Polizeiministers und obersten Directors der k. k. Hoftheater, Graf Sedlnitzky , sich dem damaligen Ober- Regisseur der Oper, Herrn Leo Herz , vorstellte. Letzterer war in dem Briefe ersucht, „den Ueberbringer hinsichtlich seiner Stimmmittel zu prüfen und darüber Bericht zu erstatten.“ Die Probe wurde an einem der folgenden Tage von Herrn Herz und dem Capellmeister Proch vorgenommen. Die Stimme des schmächtigen jungen Mannes erwies sich als ungeschult, aber frisch und bildungsfähig, und der an Grafen Sedlnitzky erstattete Bericht lautet für Ander günstig. Graf Sedlnitzky, der Intendant und allmächtige Polizei-Präsident, wünschte nun, Balocchino , der Pächter des Hofoperntheaters, möchte Ander, der damals seine Existenz als Magistratsdiurnist mit 40 Kreuzern täglich fristete, mit einer, sei es noch so geringen Gage, engagiren. Balocchino erwiderte, er bedürfe keines Tenoristen. Vergebens ließ ihn der Graf wiederholt ersuchen und bitten, er möchte dem jungen Mann nur die Gage eines Choristen zukommen lassen, um ihm seine Ausbildung zu erleichtern. Alles umsonst. — Balocchino, auf sein contracliches Recht gestützt, blieb unbeugsam und wollte endlich auch dem letzten Ersuchen sich nicht fügen, daß Ander eine zeitlang unentgeltlich im Chor mitwirke, um sich einige Bühnenroutine zu verschaffen! Dem energischen und gewichtigen Einfluß des

Ober-Regisseurs Franz Wild gelang es, Ander zum Debut zu verhelfen. Die leisen Befürchtungen einiger Freunde, wie das Wagstück des noch ungeschulten, incorrect aussprechenden, gänzlich theaterfremden Ander ausfallen werde, schlug Wild mit dem Ausruf nieder: „Ich sage euch, daß seit Wild auf gehört hat zu singen (sich selber setzte er bekanntlich immer an die Spitze) Wien zum erstenmal in Ander wieder einen großen dramatischen Tenor bekommt.“

Ander’s Debüt als „Stradella“ war ein Ereigniß, wie es selten in den Annalen eines Hoftheaters vorkommt. Ein dürftiger, junger Mann, der sich noch auf keiner Bühne ver sucht hatte, der weder von weit her kam, noch daheim auf der Leiter kleiner Nebenrollen emporgeklettert war — er erschien auf dem k. k. Hofoperntheater gleich in einer Hauptrolle als Träger einer neuen Oper. Der günstige Erfolg des Abends war ein entscheidender und Ander seither — durch 20 Jahre — der Liebling des Wiener Publicums. Seine nächsten Aufgaben bildeten gleichfalls lyrische Partien der deutschen Oper, ein Gebiet, auf welchem unser Sänger stets seine liebenswür digsten Vorzüge entfaltet hat: Konrad in „Hans Heiling,“ Hugo in Spohr’s „Faust,“ Nadori in „Jessonda," Ivan hoe in „Templer und Jüdin“ u. s. w. Schon diese ersten Bühnenschöpfungen Ander’s machten den wohlthuendsten Ein druck. Seine Stimme blendete nicht durch Energie oder Größe, gewann aber um so sicherer durch Schmelz und jugendliche Weichheit. Dies blühend schöne Organ, dem allerdings noch die methodische Schulung mangelte und das einen leisen Nasal beiklang nie ganz verlor, behandelte der junge Sänger damals schon mit erstaunlicher Leichtigkeit und Freiheit. Dabei leuch tete sein dramatisches Talent, das sich in den folgenden Jah ren noch zu ungleich größerer Bedeutung entwickelte, bereits in jenen ersten Rollen unverkennbar durch.

Mit der Höhe seiner Erfolge stieg auch Ander’s Fleiß und Kunststreben. Als seine eigentlichen, jedenfalls bedeutend

sten Lehrer dürfen wir wol die Hasselt und Wild ansehen, welche ihm beim Einstudiren der Partien unmittelbar an die Hand gingen. Außerdem hatte ein unberühmter Sänger von geringen Stimmmitteln, aber ungewöhnlicher Bildung, den größ ten Einfluß auf Ander’s Studien: der beim Kärntnerthor- Theater angestellte Tenorist Schiele , welcher täglich mit An der übte und ihm förmliche Vorlesungen über dramatischen Gesang hielt. Mit gleichem Eifer arbeitete Ander an seiner ziemlich dürftigen allgemeinen Bildung. Er erzählte selbst in spätern Jahren lächelnd, wie er damals anstatt aller andern Hilfsbücher ein Conversations-Lexikon kaufte und es von An fang an durchzulesen begann.

In seine vollste, reichste Blüthe trat Ander mit Meyer beer’s „Propheten“. Er hatte die anstrengende, aus den wi derstrebendsten Elementen zusammengesetzte Rolle mit poetischem Geist gestaltet, in Spiel und Gesang meisterhaft durchgeführt. Sie war es, die ihm auch auf auswärtigen Bühnen große Er folge und das unbestrittene Ansehen eines der ersten deutschen Sänger erwarb. Die Jahre 1850 bis 1853 bilden den Höhe punkt in Ander’s Laufbahn. Jugend und Talent, Ruhm, Gold, Frauengunst — Alles sein Eigen! Sein Leben glich einer Blume, die sich auseinanderfaltet.

Ander’s Stimme hatte noch nichts von ihrem jugendlichen Schmelz und Wohllaut eingebüßt und war an Kraft und Aus dauer gewachsen. Der Zug edler ritterlicher Männlichkeit bildete sich immer schöner und bestimmter aus; selbst in den zartesten lyrischen Partien, wie Nadori, Tamino, Gennaro, Arthur, verfiel er nicht in spielende Weichlichkeit. Seine poe tischen Schöpfungen breiteten sich nun in reichem Kranz um den „Propheten“ aus: Raoul in den „Hugenotten,“ Arnold im „Tell,“ Edgar in der „Lucia von Lammermoor,“ Ado lar in „Euryanthe“. Sie zählen zu unsern schönsten Erinne rungen. Der ganze Zauber von Ander’s Persönlichkeit war darüber gebreitet und nahm jeden Hörer willenlos gefangen. Zum erstenmal erlebten wir in den gedachten Rollen mehr als die blos musikalische Ausfüllung der Partie, Gestalten von hin reißender Lebenswahrheit standen vor uns, wir liebten und haßten, verzweifelten und jubelten mit ihnen. Man denke an Raoul’s Eintreten bei Valentine und das erschütternde Liebes duett, an die geheimnißtrunkene süße Beklommenheit Nadori’s an Edgar’s Fluch und vor Allem an das große Terzett in Wilhelm Tell “. Noch nie haben wir so unmittelbar das tiefste Gefühl der Seele aussingen hören. Der Ton war hier unendlich mehr, als das kunstreiche, wohlgeschulte Instrument

des Musikers, er war der durchsichtige Leib der edelsten Empfin dung. Wir haben in diesen Rollen siegreichere Organe und geschultere Gesangskünstler gehört, aber einer so freien, harmo nischen, aus sich selbst hervorblühenden Leistung begegnen wir kaum wieder.

Es lag etwas Räthselhaftes in Ander’s Gewalt über das Publicum. Weder seine Stimme, noch weniger deren technische Ausbildung waren von ungewöhnlichem Glanz, es sangen neben ihm deutsche und italienische Sänger, die ihn in beiden Stücken entschieden überragten. Und dennoch wußte Ander in einer Weise zu rühren und zu fesseln, wie es keinem seiner Rivalen in Wien gelang. Das Seelenhafte im Klang seiner Stimme, stets ausströmend in edlem, schönem Ausdruck und überall getragen von echt dramatischem, lebens wahrem Spiel, erklärt diese Gewalt.

Ander’s schauspielerische Begabung verlieh ihm ein außerordentliches Uebergewicht über die meisten seiner Rivalen und Collegen. Er war als Darsteller so wenig wie als Sän ger der Mann der überraschenden, schlaghaften Effecte, der ausgeklügelten Pointen, der raffinirten Contraste; sein Spiel lebte, ohne zu falscher Selbstständigkeit sich vorzudrängen, in charaktervoller, harmonischer Einheit mit und in dem Gesang. Stets war es ein wirklicher Charakter, den er mit sicherem Blick erfaßte und in fein gezeichnetem Fortschritt entwickelte.

Ander nahm es sehr ernst mit dem dramatischen Theil seiner Aufgaben, über die Geschichte Johann’s von Leyden und anderer Bühnenhelden war er informirt wie der beste Historiker. Das Entscheidende in Ander’s Leistungen blieb aber stets das Harmonische, Edle des Gesammteindrucks, die quellende Empfin dung und Liebenswürdigkeit, die ihn nie und nirgends verließ, die jede Vorstellung, in der er mitgewirkt, sofort adelte und ihn ganz eigentlich als den Poeten unter unsern Sängern hin gestellt hat.

Im Jahre 1853 traf Ander’s Gesundheit der erste Stoß: ein durch allzugroße Anstrengung und Aufregung hervorgerufe ner Blutsturz. Eine berühmte medicinische Autorität in Wien, deren Todesurtheile zum Glück nicht immer tödtlich sind, machte für alle Zukunft das Kreuz über Ander’s Stimme. Demun geachtet trat Ander nach mehrmonatlicher Krankheit unter un endlichem Jubel als Lyonel in der „Martha" wieder auf. Der „Markt zu Richmond“ war vom Publicum in einen förm lichen Blumenmarkt verwandelt, und das Tischchen, an dem Ander mit Staudigl saß, bog sich unter der Last von Kränzen und Blumensträußen. Ander’s Stimme hatte in der

mittleren und tiefen Lage kaum gelitten, nur die Höhe zeigte nicht mehr ganz die frühere Kraft und Leichtigkeit, eine Ein buße, die im Laufe der folgenden Jahre noch merklicher her vortrat. Die zweite Hälfte der Fünfziger-Jahre zierten noch eine Reihe der schönsten Leitungen Ander’s. Ja eine seiner berühmtesten und bedeutendsten Gestalten fällt in diese Zeit: Wagner’s „Lohengrin,“ eine Leistung, die für die glänzende Aufnahme der Oper entscheidend war und in gewissem Sinn Ander’s „Propheten“-Ruhm in einer schönen Nachblüthe wieder holte. Von da an wurden leider die Unterbrechungen von An der’s Thätigkeit häufiger und länger. Er sang in der Saison 1859—60 nur 37mal, in der Saison 1861—62 nur 40mal, in der folgenden 1863—64 nur 41mal, während sonst die Zahl seiner Spielabende jährlich 75 bis 80 und darüber betrug. Die Theater-Direction gewährte dem Leiden den alle nur mögliche Rücksicht. Wenn dann Ander nach län gerer Schonung wieder zum erstenmal auftrat (als Pylades, als Florestan, zuletzt als Arnold), so war des Jubels kein Ende, und niemals wird er an dem Benehmen des Wiener Publicums wahrgenommen haben, daß die Zeit seiner Blüthe hinter ihm lag. „Der Ander ohne Stimme ist uns noch immer lieber als die Anderen mit Stimme,“ lautete ein Wort, das man bis in die allerletzte Zeit hundertfältig im Publicum hören und in den Tagesblättern lesen konnte. In den letzten Jahren brachte Ander noch an neuen Rollen: „Tannhäuser,“ den Herzog in „Rigoletto“ (1860), Janko, in den „Kindern der Haide“ (1861), „Faust“ von Gounod (1862), endlich den Franz Baldung in den „Rhein-Nixen“ (1864), die letzte und wohl undankbarste seiner Rollen. Zu Anfang des laufen den Jahres schien Ander leidlich gekräftigt, nach Ablauf der Sommerferien fühlte er sich aber unfähig, zu singen, und mußte seinen Urlaub immer von neuem verlängern lassen. Seine Stimme war ihm nicht mehr zu Willen und sein Nervenleben so aufgeregt, daß ihn vor jedem Auftreten ein heftiges Fieber schüttelte. Mehrmals geschah es, daß Ander, völlig angekleidet, im entscheidenden Moment nicht vor die Lampen treten wollte und der Regisseur ihn förmlich auf die Scene hinausführen mußte. Sein Zustand beschäftigte ihn auf das peinlichste, jede Viertelstunde trat er ans Clavier und probirte seine Stimme. Oft suchte er sich selbsttäuschend Muth zu machen, und wir hörten ihn in der letzten Zeit gar häufig versichern, er fühle sich besser bei Stimme, als je zuvor.

Die böse, nicht ruhende Ueberzeugung vom Gegentheil kam dann nur umso heftiger in ihm zu Worte. Gegen seinen Freund

und Schwager E. Ranzoni (dem wir manche dieser Mit theilungen verdanken) äußerte er wörtlich: „Ich verstehe mich selbst nicht mehr. Sonst trat ich stets mit Begeisterung auf die Bühne, jetzt bin ich empfindungslos, und die Kunst ist mir nur mehr Geschäft. Meine Nerven sind krank und des halb werde ich nicht lange mehr singen.“ Daß er aber nicht leben könne, ohne zu singen, fühlte Ander klar und äußerte es mehr als einmal. Ranzoni sah den traurigen Ausgang un abwendbar und prophezeite ihn mit dem treffenden Worte: Wenn dies Gefäß zu klingen aufhört, zerspringt es. Die tiefe Verstimmung, die Ander’s näheren Freunde seit zwei Jahren an ihm bemerkten, war nicht blos durch physische Störungen veranlaßt, sondern ebensosehr durch anhaltende Gemüthaufre gungen, welche mit der Kunst nichts zu schaffen hatten. In diesen letzten zwei Jahren seines Lebens hat Ander kein Buch mehr gelesen und kein Bild mehr gemalt — Beschäftigungen, welche früher einen großen Theil seiner Zeit in Anspruch genommen. Die Wände seiner Zimmer hingen voll von seinen Oelgemäl den, meist Landschaften, welche bei ziemlich incorrecter Zeich nung doch ein sehr glückliches Auge für Farben-Effecte ver riethen.

Ander’s trauriger Ausgang ist unsern Lesern in nur zu lebhafter Erinnerung. Nach seinem unglücklichen letzten Aufre ten, auf welchem er mit Gewalt bestand, wurde Ander nach der Wasserheilanstalt Wartenberg in Böhmen gebracht. Sein Zustand erwies sich bald als hoffnungslos, grauenhaft. Nacht senkte sich auf sein Bewußtsein und der rasche Tod hat ihn wenigstens vor dem traurigeren Los bewahrt, das Schicksal seines Freundes Staudigl zu theilen. Ander hatte sich im Jahre 1857 zu Braunschweig mit der ehemaligen Solotänzerin Barbara Heißler vermält; er hinterläßt neben dieser treuen, sorgsamen Lebensgefährtin einen Knaben, den die sprechendste Aehnlichkeit mit seinem Vater und ein unge wöhnlich früh entwickeltes musikalisches Talent den Eintritt ins Leben wol freundlich ebnen werden. Ander’s bescheidenen wohlwollenden Charakter und seine gebildete Sitte brauchen wir kaum ausdrücklich zu rühmen — seine Liebenswürdigkeit war sprichwörtlich. Die Menschen alle, die heute die schnee bedeckten Straßen entlang zu Ander’s Leichenbegängniß eilen, ihm im Herzen zahllose Stunden der Freude, Rührung und Erhebung dankend, werden aus Einem Munde ihm jene Nach rede weihen, die am Ende der letzte ehrendste Erfolg unserer größten Rolle ist.