Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse No. 155. Wien, Freitag den 3. Februar 1865 Hanslick, Eduard Wilfing, Alexander FWF Der Wissenschaftsfond.
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Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse Herausgegeben von Wilfing, Alexander Projektmitarbeiterinnen Bamer, Katharina Pfiel, Anna-Maria Elsner, Daniel Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage Wien 2023

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Maschinenlesbares Transkript der Kritiken von Eduard Hanslick.

No. 155. Wien, Freitag den 3. Februar 1865 Hanslick, Eduard Neue Freie Presse Morgenblatt Herausgegeben von Etienne, Michael Friedländer, Max Wien 03.02.1865
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Concini. Romantische Oper in vier Acten von Thomas Löwe. (Im Hofoperntheater zum erstenmal aufgeführt am 1. Februar.)

Ed. H. Am 26. April 1617 wurde in Paris ein Staats mann, als er sich zum Conseil in den Louvre begab, von Vitry , Capitän der Leibwache, auf Befehl des Königs Lud wig XIII. verhaftet, und kaum daß man ihm den Degen ab gefordert, erschossen. Von mehreren Kugeln durchbohrt, starb er auf der Stelle. Der junge König stand an einem Fenster eines Palastes, gleichsam um seine Billigung des Mordes auszudrücken. Die Höflinge eilten massenweise herbei, den König zu beglückwünschen, und das Volk, welches in dem Er mordeten einen hochmüthigen fremden Emporkömmling gehaßt hatte, dem man die Schuld an jeder Bedrückung beimaß, ließ jetzt seine Wuth in der rohesten Weise aus. Der Leichnam des Verhaßten wurde zerrissen, die blutigen Stücke davon verkauft und vom Pöbel verschlungen. Seine Witwe, ein Liebling Mariaʼs von Medici, wurde vor das Parlament gestellt, in Ermanglung jedes andern Verbrechens der „Zauberei“ ange klagt und zum Tode verurtheilt. Sie wurde enthauptet, ihr Leichnam verbrannt. Das Palais des Ermordeten ward zer stört, sein Habe confiscirt, sein Sohn des Adels verlustig er klärt. Dieser Staatsmann, der auf so gräßliche Weise das Opfer seiner eigenen Politik wurde, war Concino Concini , der Günstling der Königin Maria von Medici, nachmaliger Marschall von Frankreich. Er ist der Titelheld der neuen Oper, d. h. er gibt ihr, ohne in die Handlung irgendwie einzugreifen, den Namen. Dieser Name und der Flintenschuß, der in der letzten Scene Concini niederstreckt, sind die zwei einzigen histo

rischen Dinge in der ganzen Oper. Der Verfasser des Text buches Ritter v. ( Levitschnigg ) hat seinen Stoff nach einem fünfbändigen Roman von August Maquet : „La maison du baigneur,“ bearbeitet, — ein bedenkliches Unternehmen, das auch nur mit zweifelhaftem Erfolg gelang. Sehen wir, wie die Handlung der Oper sich in ihren Hauptzügen vor dem Zuschauer abspielt.

Der im Charakter eines Vorspiels gehaltene erste Act führt uns mitten in ein ländliches Fest vor dem Schloß des alten Grafen Harley (Herr Lay), der seinen Sohn Robert (Herr Wachtel) nach längerer Trennung freudig erwartet. Letzterer erscheint und erzählt ein mysteriöses Abenteuer, das er soeben bestanden. Vermummte Reiter hätten ihn gezwungen, einen Brief augenblicklich der Königin zu überbringen, diese sei über den Inhalt des Schreibens in die größte Aufregung gerathen, und Robertʼs Freiheit und Leben hing an einem Haar, als eine unbekannte junge Dame ihm plötzlich zu rascher Flucht verhalf. Kaum ist die Erzählung zu Ende, als Marga rethe v. Miroix (Frl. Destinn ) — sie ist jene unbekannte Schöne — erscheint, um in heimlichem Auftrag der Königin den alten Harley zur Rückkehr an den Hof zu bewegen. Sie trifft Robert, der ihr seine Liebe gesteht. Da hört man Lärm und Säbelgeklirr, Bewaffnete, von Dorego angeführt, dringen ein und ermorden den alten Harley, welcher als alleiniger Mitwisser des durch Concini verübten Verrathes an Frankreich Letzterem im Wege steht. Im 2. Act feiert Concini (Herr Beck ) seine Ernennung zum Marschall durch einen festlichen Einzug in die Notredame-Kirche. Robert, der inzwischen nach Paris gekommen war, um seinen Vater zu rächen, erkennt bei dem Festzug den Mörder in der Person Doregoʼs (Herr Hra banek ). Er will sich auf ihn stürzen, wird aber von seinen Freunden zurückgehalten und auf die bessere Gelegenheit, die

sich bei dem bevorstehenden Maskenball bieten soll, vertröstet. Auf diesem Ball soll auch Concini ermordet werden, der An schlag wird aber entdeckt, die Verschworenen fliehen, nur Robert bleibt zurück — denn er hat seine holde Unbekannte wiedergefunden. Dorego, Margarethens Verlobter, überrascht die Beiden und beschuldigt seine Braut des Einverständnisses mit Robert schon von jenem Tage der Ermordung Harleyʼs her. Um die politische Intrigue der Königin nicht zu verrathen, welche damals Margarethen abgesandt hatte, erklärt diese, Robert nie gesehen zu haben. Sie verleugnet den Geliebten, „denn es gilt Fürstenglück!“ Robert wird in der Bastille ein gekerkert, Margarethe weiß sich aber von Concini (den sie als den intellectuellen Urheber von Harleyʼs Ermordung zu verrathen droht) die Freilassung Robertʼs zu erwirken. Sie selbst eilt mit der Nachricht der Begnadigung in den Kerker zu Robert, der die vermeintliche Verrätherin nun mit verdop pelter Inbrunst ans Herz drückt. Beide eilen aus der Bastille auf die von Tumult und Waffengeklirr widerhallenden Straßen. Concini erscheint an der Schwelle seines Palastes, Vitry (Herr Mayerhofer ) erschießt ihn „im Namen des Königs.“ Robert und Margarethe aber sinken einander jubelnd in die Arme.

So weit läßt sich aus dem Textbuch der Zusammenhang des Ganzen construiren. Als unvorbereiteter Zuschauer versteht man aber so gut wie gar nichts von diesem Zusammenhang. Wir hören fortwährend von bedeutungsvollen Briefen sprechen (dem von Robert der Königin überreichten Schreiben, dann von dem Brief, den Harley seinem Sohn vermacht) und erfahren doch nicht, was darin steht. Wir sehen Harley fallen, Marga rethe kommen und verschwinden, Concini zu höchster Macht er hoben und gleich wieder gestürzt, errathen aber weder die Ur sache, noch den Zusammenhang von alledem. Daß die Moti

virung dieser Vorgänge in irgend einem Winkel des Textbuches versteckt ist, allenfalls in 3—4 Zeilen, welche die undeutliche Aussprache des Sängers oder der Schwall des Orchesters ver schlingt, das hilft dem Zuschauer nichts, der an ein Büh nenstück die berechtigte Anforderung stellt, sich selbst zu erklären. Die Angelpunkte der dramatischen Bewegung im „Concini“ sind überdies nicht blos versteckt und verschoben, sondern obendrein ungeeignet für ein musikalisches Drama: es sind politische In triguen. Welch ungerechtfertigtes Schlaglicht der Titel auf die Person Conciniʼs wirft, empfindet der enttäuschte Zuseher von Act zu Act immer deutlicher. Nicht nur ist Concini nicht der Held, er ist kaum mehr als Vorwand und Staffage der Hand lung. Man kann ihn einfach herausstreichen, ohne den Zusam menhang des Dramas zu stören. Nicht Concini, sondern Do rego ist das handelnde feindliche Princip gegenüber Harley und dem Liebespaar. In Dorego haßt Robert den aufgezwungenen Bräutigam seiner Geliebten, in Dorego verfolgt er den Mör der seines Vaters. Von Concini wird zwar im Verlauf mehr mals versichert, er sei ein Tyrann und Verräther, er selbst begeht aber in der Oper nichts Böses und steht Niemandem im Wege. Für seine Verderbtheit spricht nur, daß er in einer großen Arie sich äußerst empfindsam nach den Tagen seiner Kindheit zurücksehnt, was bekanntlich in der Oper stets die Räuber, Intriganten und herzlosen Fürsten thun. Um als dramatischer Charakter zu wirken, hätte Concini mit Dorego in eine Person verschmolzen werden, er hätte diesen wie ein Schwamm aufsaugen müssen. Allerdings hätten wir dann statt der zwei Terzette nur Duette, zugleich aber statt zweier ver fehlter Figuren eine brauchbare. Wir verzichten auf eine wei tere Kritik des Textbuches; daß es für den Zuschauer unver ständlich und in seinen Hauptmotiven unmusikalisch ist, erscheint uns als entschieden. Man könnte nach dem bekannten linguistischen

Axiom: „was nicht klar ist, ist nicht französisch“, für die Oper den ebenso wahren Satz formen: was nicht verständlich ist, ist nicht musikalisch.

Vorzüge technischer Art kann man dem Libretto Levit schniggʼs nicht absprechen; es vertheilt die Handlung und die Musikstücke mit geschickter Oekonomie und bietet dem Compo nisten eine Reihe effectvoller Scenen und dankbarer Formen.

Die Musik zum „Concini“ ist das Werk eines jungen Wiener Componisten, Thomas Löwe , und die erste größere Arbeit, die überhaupt von ihm zur Oeffentlichkeit gelangt. Keine musikalische Gattung erfordert eine solche Reife des Ta lents und Sicherheit der Technik, so vielerlei Kenntniß und Erfahrung, wie die Oper. Es wäre sehr unbillig, diese Rück sicht einem Anfänger gegenüber außer Auge zu lassen. Das Urtheil über dieselbe Oper wird verschieden lauten müssen, wenn sie die Summe einer künstlerischen Begabung und Aus bildung, die Spitze einer Reihe von ähnlichen Leistungen dar stellt, oder aber, wenn sie ein erster Versuch auf diesem schwie rigsten Gebiet und der Anfang einer musikalischen Carrière ist. Indem „Concini“ als das Werk eines Anfängers vor uns hintritt, ist uns unser Standpunkt auch vorgezeichnet.

Was an Herrn Löweʼs Arbeit zunächst sehr vortheilhaft auffällt, ist der Ernst, mit welchem er seine Aufgabe anfaßt. Jede Nummer, ja jeder Tact zeigt das gewissenhafteste Be streben, dem Inhalt des Gedichtes gerecht zu werden, den dra matischen Ausdruck in jeder Situation zu erreichen und fest zuhalten. Ebenso fleißig und genau ist das musikalische De tail ausgeführt, das nirgends Schleuderhaftigkeit oder Leichtsinn, sondern überall gewissenhafte, mitunter nur zu mühsame Ar beit aufweist. Was zuerst den dramatischen Charakter betrifft, so ist er der Musik Löweʼs nirgends abzusprechen, ja die ge lungensten Partien der Oper stellen seine Begabung gerade für

das specifisch Dramatische und theatralisch Wirksame außer Zweifel. Die absolut musikalische Erfindungskraft des Componisten scheint uns geringer als das Talent für drama tische Auffassung. Die Musik zum „Concini“ enthält zwar einzelne sehr hübsche melodische Momente, im Ganzen kann man ihr besondere Originalität und schöpferische Kraft nicht zugestehen. Reminiscenzen an Meyerbeer und Halevy sind nicht selten, auch Anwandlungen von „Tannhäuser“-Me lodien regen sich ein- oder zweimal. „Concini“ hält sich in seinem Zuschnitt und der ganzen Ausdrucksweise sichtlich an das Vorbild der französischen Großen Oper, wie sie in Meyerbeer, und Halevy gipfelt. Die Eigenheiten dieser Muster vereinigen sich hier mit der Unruhe und Maßlosigkeit, die in jedem an gehenden Operncomponisten steckt.

Von der französischen Oper hat Löwe das Leidenschaft liche, aber Uebertriebene, Grelle des dramatischen Ausdrucks. Die größte Furcht junger Componisten, mißverstanden zu wer den, läßt ihn überall zu viel des Guten thun. So kommt zu der aufs Aeußerste gespannten Exaltation der Gesangs partien ein fortwährend mit allen Mitteln arbeitendes, mit unruhigem Detail überladenes Orchester. Das Bestreben, stets mit charakteristischen und glänzenden Farben zu malen, ver leitet den Componisten zu übermäßigem Künsteln mit den In strumenten. Bald ergeht sich die Harfe in schwelgenden Arpeggien, bald mahnen die geheimnißvoll tiefen Töne der Holzbläser, dann flimmern die Geiger tremolirend in höchster Lage, um wieder schnell düstern Posaunenklängen mit Paukenwirbel Platz zu machen u. s. f. Eine bedeutende Effectkenntniß in Behand lung des Orchesters ist Löwe jedenfalls nachzurühmen, wie denn überhaupt sein Geschick für das Technische un zweifelhaft, ja für einen jungen Componisten erstaunlich ist. Er bringt überraschende Orchester-Effecte, aber einer

reibt den andern auf. Die Klangmischungen wechseln zu oft, die Bläser herrschen zu sehr, man sehnt sich nach dem Streichquartett, das doch Grundlage und Hauptinhalt des Or chesters bleiben soll. Dieselbe Unruhe wie in Löweʼs Instru mentirung herrscht in seiner Harmonik: offenbar fließt dies unersättliche Moduliren aus der gleichen Quelle: dem Drang immer und überall charakteristisch zu sein. Dieser Drang schadet mancher gut angelegten und hübsch anfangenden Num mer. Kaum hat der Componist den Bogen angelegt, so spannt er ihn auch schon bis zum Zerreißen. Für die Singstimmen schreibt Löwe dankbar, wenn auch mitunter anstrengend und mit zu großer Bevorzugung des äußerlich Effectvollen. Mit Vorliebe läßt er die Stimme in Phrasen von einem oder zwei Tacten ihren ganzen Umfang von Oben bis Unten (am lieb sten in den Intervallen des verminderten Septaccords) durch messen, eine Manier, die wie manches Melodische bei Löwe zu sehr an das Raffinement der französischen Oper erinnert.

Um einige Einzelheiten zu nennen, heben wir aus dem 1. Act Robertʼs Erzählung „Durch ferne Lande“ hervor, deren lebhafte und anmuthig beginnende Melodie leider von dem er zählenden Theil zu schnell und anhaltend unterbrochen wird. Auch Margarethens Romanze in A-moll: „Trüb ist die Mit ternacht“ beginnt recht stimmungsvoll und einfach. In dem folgenden Liebesduett geht manche melodische Knospe („Nimm für das zärtliche Versprechen“), anstatt voll aufzublühen, unter dem Tumult musikalischer und dramatischer Exaltation vor zeitig zu Grunde. Der 2. Act beginnt mit einer Arie Con ciniʼs, deren gequälte und doch banale Melodie à la Bertram wir ganz verwerfen müssen. Den beiden Duetten (Concini und Margarethe, Robert und Vitry) ist Feuer und Leidenschaft nicht abzusprechen. Das Quartett in E („Des Sieges Stunde

gut geschlagen“) ist gut geformt, einheitlicher und übersichtli cher als die meisten übrigen Ensembles — wäre nur die Be gleitung etwas maßvoller! Der Einzugsmarsch hat ein hüb sches, populäres Thema, das durch die wirklich effectvolle Ab wechslung und Combination der beiden Orchester zu bester Wirkung gelangt. In der gleichzeitigen Führung von drei verschiedenen Themen im Finale konnte der Componist zwar eine schätzenswerthe contrapunctische Gewandtheit beweisen, doch klingt das Ganze zu betäubend und hätte in einfacherer Ge staltung den Act wirksamer geschlossen. Im 3. Act bringt das Duett Doregoʼs mit Margarethe einige gelungene Momente, so auch die Balletmusik beim Maskenball. Der 4. Act beginnt mit einer dankbaren Arie Conciniʼs, die, von Beck trefflich vorgetragen, viel Anklang fand. Auf die lärmend heftige Scene zwischen Concini und Margarethe hebt sich das Thema des folgenden Es-dur-Terzetts, etwas italienisch anklingend, wohl thuend ab. Das Liebesduett im Kerker, mit seinem gleichför migen Viertelnoten-Rhythmus und Harfen-Accorden (nicht ohne Einwirkung der „Propheten-Hymne“ erdacht), scheint vornehm lich auf populäre Wirkung berechnet, die wir dem Stück, so wenig wir davon erbaut sind, nicht absprechen wollen.

Alles in Allem ist „Concini“ weder das Werk eines fer tigen Meisters noch einer genialen Schöpferkraft, aber er ist ein sehr achtbarer Anfang eines für dieses Fach begabten, mit Geschick und Kenntniß ausgerüsteten, redlich strebenden jungen Componisten, von dem Fortschritte mit Zuversicht zu hoffen sind. Durch die Vorbereitung und Aufführung dieser Erstlings oper wird er mehr gelernt haben, als in fünf Jahren theoreti schen Studiums. Wir hoffen überdies, daß nicht blos seine prak tische Gewandtheit und Erfahrung, sondern auch die schöpferische Kraft seines musikalischen Talentes sich in seinen nächsten

Werken noch bedeutender entfalten werde. In der Musik hängt Technisches und Geistiges, Kern und Fülle sehr innig zusam men. Indem Herr Löwe künftig ohne Zweifel maßvoller in strumentiren und ruhiger moduliren dürfte, wird seine Auf merksamkeit auf den rein melodischen Theil seiner Aufgabe von selbst mächtig hingelenkt werden. Er wird sich ferner von Meyerbeer und Halevy emancipiren und den Muth haben, auf eigenen Füßen zu stehen. Eine schönere Aufmunterung konnte dem jungen Künstler kaum werden, als die beifällige Auf nahme seines „Concini“ in Wien. Löweʼs „Concini“ wurde auch bereits in Prag mit vielem Beifall gegeben und von der dortigen Kritik mit großer Achtung be handelt. Viele Musikstücke wurden durch anhaltenden Beifall ausgezeichnet und der Componist selbst durch wiederholten Hervorruf nach jedem Acte.

Um die Aufführung machte sich in erster Linie Herr Beck verdient, der die Titelrolle mit siegreicher Frische und Energie durchführte. Herr Wachtel hatte keinen glücklichen Abend, er übernahm sich und distonirte häufig. (Ueberhaupt war das Distoniren an diesem Abend epidemisch.) Margarethe ist die beste Leistung, die wir, namentlich in dramatischer Hin sicht, von Fräulein Destinn gesehen. Ihr Gesang ließ zwar hier wie überall an künstlerischer Schulung sehr viel zu wün schen übrig, aber kaum etwas an Feuer und Nachdruck; schade, daß die tiefe Lage der Partie ihrem Organ mitunter sehr un bequem wird. Frl. Destinn spielte, wie wir mit besonderer Genugthuung hervorheben, bei aller Leidenschaftlichkeit weit maßvoller und edler als gewöhnlich; ihr nicht historisches, aber geschmackvolles Costüm trug sie mit vielem Vortheil. Die Herren Mayerhofer , Hrabanek und Lay wirkten verdienstlich zum guten Erfolge des Ganzen mit. Das Haus war überfüllt.