Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse No. 455. Wien, Sonntag den 3. December 1865 Hanslick, Eduard Wilfing, Alexander FWF Der Wissenschaftsfond.
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Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse Herausgegeben von Wilfing, Alexander Projektmitarbeiterinnen Bamer, Katharina Pfiel, Anna-Maria Stoxreiter, Daniel Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage Wien 2023

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Maschinenlesbares Transkript der Kritiken von Eduard Hanslick.

No. 455. Wien, Sonntag den 3. December 1865 Hanslick, Eduard Neue Freie Presse Morgenblatt Herausgegeben von Etienne, Michael Friedländer, Max 03.12.1865
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Des Sängers Fluch.“ Oper in 3 Acten von August Langert. (Erste Aufführung im k. k. Hofoperntheater am 1. December d. J.)

Ed. H. Der Inhalt der neuen Oper ist identisch mit dem Stoff der gleichnamigen Ballade von Uhland. Jeder mann kennt und liebt sie. Aber nur einem allerdeutschesten jungen Componisten kann es einfallen, sie für ein treffliches Textbuch zu einer dreiactigen Oper anzusehen. In anderen Formen ist die Ballade, deren musikalisches Element so frei und lockend vor Augen liegt, wiederholt componirt worden. Esser hat einen effectvollen, luxuriös begleiteten Einzelgesang daraus gemacht, der schon mitunter einer ganz kleinen großen Oper ähnlich sieht. Noch weiter ging Schumann, der Des Sängers Fluch“ als große Concert-Cantate für Soli, Chor und Orchester bearbeitete. Die einzelnen Personen sind darin dramatisch behandelt, zwischen ihren Gesängen spinnt eine „erzählende Stimme“ nach Evangelisten-Art den epischen Faden. Diese Schumannʼsche Bearbeitung (welche zum Be huf einer stattlicheren Ausdehnung eine Menge anderer Uhlandscher Balladen und Lieder verschlucken mußte) erwies sich nicht als glücklich. Das poetische Dämmerlicht, das die wie ein Traum aus fernsten Zeiten herausklingende Sage um webt, entfloh vor dieser nur halbtheatralischen und dennoch schon „gemeinen Wirklichkeit der Dinge“. Nun denke man sich vollends die arme Ballade auf einen ganzen Theaterabend ausgestreckt und ausgezogen!

Der erste Art der Langertʼschen Oper beginnt mit einem altnordischen Tempeldienst im Walde; Volk und Priester singen einen Chor, in welchem natürlich von Thor, Odin, Braga, Freia, Iduna und anderen dem Publicum sehr geläu figen Gottheiten die Rede ist. Die beiden fremden Sänger treten hinzu, bald nach ihnen die Königin Ella, welche den jungen Sänger augenblicklich in Ekstase versetzt und ihn ein ladet, Abends in ihrem Garten zu singen, „was das Herz begehrt“. Sie gehen ab, um einer Triumph- und Rache-Arie der sie belauschenden „Gisella“ Platz zu machen. Diese in den Uhlandʼschen Soff hineincomponirte Person ist ein schwacher Abklatsch der Weberʼschen „Eglantine“ und der Ortrud R. Wagnerʼs. Vom Könige früher geliebt, nun ob seiner Gemalin vernachlässigt, lechzt Gisella nach Rache und Wiedereinsetzung in den früheren Stand. Auf das Er scheinen des jungen Sängers baut sie ihren Plan, die „mond

scheinbleiche Königin“ zu verderben. Sie vertraut dem Elfried — so heißt der junge Sänger, der alte heißt nur schlechtweg alter Sänger“ — daß die Königin ihren tyrannischen Gemal nicht liebe und ihr Herz vielleicht für Elfried nicht immer unempfindlich bleiben würde. Der tugendhafte Jüngling geräth über diese Andeutung in egyptisch-josephinische Ent rüstung und stürzt ab.

Den zweiten Act eröffnet der König, indem er sich mit den Uhlandʼschen Worten: „Was ich blick’, ist Schrecken, und was ich sinnʼ, ist Blut“, selbst einführt. Gisella bringt ihre Verdächtigungen glücklich an Mann und bestimmt den eifer süchtigen König, sich Abends im Garten zu verstecken. Dort, wo Ella sich von ihren Damen den „Elfenreigen“ vorsingen und vortanzen läßt, erscheint nun pünktlich Elfried mit seinem Saitenspiel und zärtlichen Gesang, erscheint aber auch das all zeit wüthende Staatsoberhaupt. Trotz der vollständigen Unverfänglichkeit der ganzen Scene — selbst die harmlose Rose wird erst im dritten Act geworfen — läßt der König den jungen Barden unverzüglich zum Tode abführen. „Alter Sänger“ tritt dazwischen und bestürmt den König mit Bitten und Drohungen. Er erreicht damit nur so viel, daß der Tyrann, à la Geßler, den Beiden eine Art musika lischen Apfelschuß bewilligt: wenn sie ihn durch Gesang zu rühren vermöchten, so wolle er sie frei ziehen lassen, „ja, lindert ihr mir nur die Wuth, soll mir verhaßt sein alles Blut!“ Zur feierlichen Ausführung dieses Monarchen- Zähmungsversuches ist der dritte Act bestimmt. Abwechselnd singen der alte und der junge Sänger. Letzterer wird zuvor von Gisella gewarnt, sie drängt ihn zu schleuniger Flucht, denn von seinem Gesange bezaubert, liebe sie ihn, nur ihn allein! Dies Geständniß bereitet zwar dem Publicum die größte Ueberraschung, macht aber auf den für die Köni gin schwärmenden Jüngling keinen Eindruck. Er singt von Liebe (natürlich nur von entsagender, die ihre Erwiderung „jenseits“ erwartet), der alte Sänger ruft: „Halt ein, o weh!“ die Königin wirft die Rose, der König durchbohrt den Jüngling. Alles stiebt auseinander, der alte Sänger spricht seinen Fluch, und unter Donner und Blitz stürzt das ganze Schloß in Trümmer.

Der monotone Eindruck dieses Textes, der es weder zu einer Entwicklung der Charaktere, noch zu einer Verwick lung der Handlung bringt, ist ohneweiters klar. Dazu treten noch mancherlei Fehler in der dramatischen Oekonomie, wie z. B. daß den ganzen ersten Act hindurch jede der vorkom menden Personen immer allein singt, bis endlich am Schluß

die beiden Frauen sich zu einem Stückchen Duett vereinigen. Mit dem Höhenpunkt des zweiten Actes, wo der König wüthend gegen den jungen Sänger stürzt, ist die Handlung zur Katastrophe vollständig reif, fast gewaltsam wird sie vom Dichter abgelenkt, um einen ganzen dritten Act zu füllen. Der Fluch des alten Sängers, in der Ballade so ergreifend, wird auf der Bühne durch den damit verbundenen scenischen Spectakel zum derben Theater-Effect.

Die Personen sind lauter körperlose, ideale Schatten, die mit ihrer unmäßigen Empfindungsschwelgerei, ihrem fort währenden Harfnen und Singen uns nicht die mindeste Theil nahme einflößen. Die ganze Handlung bekommt dadurch etwas unleidlich Vages, Leeres, Unpersönliches. Dem Stoffe war möglicherweise nur aufzuhelfen, indem man ihn aus der mythischen Zeit heraus in eine uns nähere historische mit be stimmtem nationalen Costüm rückte und durch einige ge schichtlich realistische Züge belebte. Der überwiegend lyrische, weichlich ideale Charakter des Textbuches scheint den Compo nisten sympathisch angezogen zu haben. Langertʼs Talent scheint uns edel geartet, sanft und weiblich, doch von gerin ger Gestaltungskraft und Energie. Seine Absichten sind offen bar die lobenswerthesten, auf edlen, poetischen Ausdruck ge richtet; auch in Verwendung der technischen Mittel, insbeson dere der Instrumentirung, zeigt sich der Componist gewandt und erfahren. Aber nicht Ein Zug von genialer Kraft und schöpferischer Originalität ist in ihm. Seine Musik, um sie mit Einem Worte zu charakterisiren, repräsentirt sich als ver wässerte Copie Richard Wagnerʼs. „Des Sängers Fluch“ ist die directeste Nachbildung des Wagnerʼschen Styls, welche unseres Wissens die deutsche Oper bisher aufzuweisen hat. Da haben wir zunächst den declamatorischen Syl, welcher zwischen Recitativ und Arioso unbestimmt zerfließend, über einer fortwährend malenden und mitsingenden Orchester-Be gleitung die ganze Oper beherrscht. In kleinen Gaben, wie sie Meyerbeer mit wählerischer und sparsamer Hand zu bringen wußte, ist diese Vermischung oder Verbindung mit unter von großem Reize, als Methode auf eine ganze Oper angewendet, wird sie zur gleichzeitig aufreizenden und ein schläfernden Ohrenpein.

Die Geschichte der Musik rühmt doch einhellig Alessandro Scarlatti ob des großen Verdienstes, das Recitativ von der Arienform definitiv geschieden zu haben. Sie erblickt doch in dieser naturgemäßen Trennung den entscheidenden Fort schritt über die Opern eines Cesti oder gar eines Cac cini und Monteverde. Und nun kommt die neudeutsche

oder Wagnerʼsche Schule daher und preist es als eine neue, segensreiche Erfindung, als den höchsten Fortschritt, wieder zu jener formlosen Vermischung zurückzukehren, und proclamirt das Kindheitslallen der dramatischen Musik als deren höchste Sprachentwicklung! Wenn sich bei Langert eine Melodie, oder sagen wir lieber ein Thema, vier oder acht Tacte lang in übersichtlicher Architektonik aufgebaut hat, kann man sicher sein, es werde, statt gleichmäßig fortzusetzen und abzuschließen, alsbald in ein recitativisches Faseln übergehen und formlos zerbröckeln. Umgekehrt verfällt wieder nach wenig Tacten in eine schmelzende Cantilene, was kaum als Recitativ sich klar und scharf zu exponiren begann. So haben wir weder das Eine noch das Andere, sondern schaukeln haltlos und seekrank in den lauen Fluthen der „unendlichen Melodie“. Dieser Schwindel imponirt aber kaum mehr einem einsichtsvollen Musiker, denn dieser weiß zu gut, daß, wo drei volle Stun den lang Alles Melodie sein will, nichts mehr Melodie ist.

Wie leicht es sich überdies, ohne eigene originelle Erfin dung, in dieser Methode componirt, das konnte man wieder einmal klar bei Langert beobachten. Wir kämen in Ver legenheit, auch nur drei ausgeprägte Melodien anzugeben, welche Langertʼs unbestrittenes Eigenthum wären. Es fällt ihm fast gar nichts Bedeutendes und Originelles ein, wir begegnen auf Schritt und Tritt Reminiscenzen aus „Tann häuser“ und „Lohengrin“. Ja wem diese Opern eingeprägt sind — und wer hätte sie nicht oft gehört — der kann nach den ersten Noten einer Langertʼschen Phrase die nächsten Accordenfolgen voraussagen. Der große Unterschied bleibt im mer, daß Wagner das ursprüngliche Licht ist, Langert das reflectirte, geborgte. Es sind aber, wenngleich vorherr schend, doch nicht ausschließlich Wagnerʼsche Reminiscenzen die uns in der neuen Oper so bekannt grüßen: aus Flo towʼsIndra“ stammt die seltsame Zigeunermusik, die Gi sellaʼs Rache-Arie schmückt; von Meyerbeer erscheint Einiges (leider wenig) in der Balletmusik; Elfriedʼs oft wiederholtes Liebesthema („Doch es tagt in meinem Herzen“) hat mehr als die nöthige Aehnlichkeit mit einer Melodie aus Verdiʼs Ballo in maschera“, sowie Ellaʼs „O wie schön in keu schem Leben“, mit einer Donizettiʼschen. Ueberhaupt ist es merkwürdig, wie Wagner und seine Genossen bei all ihrer unsäglichen Verachtung für Donizetti und Verdi in ihren eigenen „reindeutschen“ Opern gar so liberal denken und ausgeprägt italienische Melodien ohneweiters anbringen, auch mit dem ganzen Verdiʼschen Begleitungs-Apparat von Posau nen, Becken und großer Trommel. Es wäre ungerecht, zu

leugnen, daß Langert einzelne hübsche Momente hat, melo diöse und ausdrucksvolle Phrasen, die leider nur zu schnell, im Interesse seines Stylprincipes, verschlungen werden.

Am besten gefielen uns das Schlußduett der beiden Frauen im ersten und Elfriedʼs Lied in As-dur (Nr. 19) im zweiten Act. Es sind die beiden übersichtlichsten, bestge formtesten Nummern der Oper, anmuthig und von warmer Empfindung. Wir wollen deshalb nicht einmal darüber rech ten, daß das Lied Elfriedʼs in Wort und Ton aus dem Styl des Ganzen fällt. Ein Refrain wie: „Mein süßes Kind, ade, ade!“ ist doch etwas stark modern, und auch die Melodie mit ihrer schmachtenden Cellobegleitung paßt eher in einen Con certsaal als in die „mythische Zeit“ dieser nordischen Sage.

In der Instrumentirung bewährt Langert, wie bereits erwähnt, eine sehr geschickte Hand. Wir haben auch hier nur das sklavische Copiren und Ueberbieten Wagnerʼs zu bedauern. Wagner, der der modernen Oper vorwirft, sie mache die Mittel zum Zweck und umgekehrt, verfällt selbst gerade diesem Irrthum in seiner sonst so glänzenden Weise, zu instrumentiren. Einmal deckt die Wucht des rastlos arbei tenden Orchesters unbarmherzig den Gesang, sodann wird dem Reiz der einzelnen Klangeffecte im Orchester eine falsche Selbstständigkeit und Herrschaft eingeräumt, welche die Auf merksamkeit fortwährend vom Zweck auf das Mittel, von der Hauptsache auf Nebendinge ablenkt. Bei Lan gert hören wir alle 8 bis 10 Tacte eine andere In strumentirung, eine künstliche Farbenmischung, ein frap panter Klangeffect jagt den andern, keine Stimmung kann sich in dem zerstreuten und geblendeten Hörer ruhig festsetzen.

Daß unter den Orchester-Effecten Langertʼs das Tremo liren der getheilten Violinen in höchster Lage, die Zusammen stellung von Harfe und Posaune, die tiefen Klänge der Holz bläser, endlich das ganze Aufgebot der Lärm-Instrumente obenanstehen, versteht sich von selbst. Der Lärm des Or chesters ist namentlich in den Ensemblesätzen mitunter bar barisch und legt den Singstimmen, die, echt italienisch, ihre höchsten Töne herausschreien müssen, keine geringe Anstren gung auf. Von den geschmähten Italienern abgelernt ist auch die Wagnerʼsche Gepflogenheit, die Melodie der Sing stimmen im Orchester, meist von den Violinen unisono, mitspielen zu lassen; ein Effect, mit welchem Langert den größten Exceß treibt. Das fortwährende Gefiedel wird geradezu unausstehlich. Einmal läßt Langert auch die Piston-Trompete unisono mit dem Gesang gehen (zweiter Act, erste Scene). Bei Verdi brandmarken dies die deut

schen Componisten als die verächtlichste Trivialität; aber wenn sie es selbst thun, das ist was ganz Anderes.

Der Erfolg der neuen Oper konnte nach den beiden ersten Acten noch ein Succès dʼestime heißen, im dritten schien das Publicum von Langweile fast niedergedrückt, und sah dem Ende mit Ungeduld entgegen. Man muß dem Publicum beistimmen, das die Novität fallen ließ. Und den noch, wie viel guter Wille und anerkennenswerthe Bildung, wie viel Fleiß und Arbeit stecken in dieser Partitur! Für das Talent des Componisten haben wir freilich keinen ande ren Maßstab, als gerade dieses Werk; trotzdem macht Manches daraus uns glauben, daß er, jung wie er ist, viel Besseres leisten kann und hoffentlich leisten wird. Wenn Langert sein nicht großartiges, aber anmuthiges, empfindungsreiches, von Haus aus edles Talent aus dem verderblichen Venusberg des Wagnerʼschen Systems noch erretten kann, dann wer den wir vielleicht noch grünen und blühen sehen, was uns jetzt in seiner Musik als dürrer Stab erscheint. Möge der Componist uns künftig lieber im eigenen, bescheidenen Hause bewirthen, als in fremdem Palast; wir glauben, er werde sich als ganzer Langert noch immer vortheilhafter ausnehmen, denn als halber Wagner.

An die Aufführung der Novität war alle Sorgfalt ver wendet. Die Künstler, die mit so viel Eifer ihre durchgehends schwierigen, anstrengenden und trotzdem undankbaren Rollen ausführten, verdienen alles Lob und — alles Mitgefühl. Frau Dustmann, welche die schwärmerische Königin mit Geist und Empfindung ausstattete, machte aus dieser Gestalt, was nur möglich war. Es war die erste neue Rolle, welche man dieser an dramatischer Gestaltungskraft alle ihre Colle ginnen überragenden Künstlerin seit vier Jahren zugetheilt hat! Im Großen konnte sie damit nicht effectuiren, aber mehr als Ein feiner Zug gab Zeugniß von ihrem seltenen Talent. Gisella, der alte Sänger und der König fanden in Fräulein Krauß, Herrn Schmid und Herrn v. Bignio durchaus tüchtige Repräsentanten. Den jungen Sängereine Partie, für welche Herr Walter angezeigt war — nahm Herrn Ferenczy zu heroisch und gewaltsam; hätte er weniger geschrien, so wäre die Leistung immerhin annehm bar gewesen. Bezüglich der Ausstattung ist die ungemein schöne Waldpartie von Brioschi (II. Act) zu rühmen, die — ominös genug — für „Tristan und Isolde“ bestimmt war. Herr Capellmeister Dessoff verdient das wärmste Lob für die Energie, mit der er „Des Sängers Fluch“ dirigirt und — gekürzt hat.