Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse No. 626. Wien, Dienstag den 29. Mai 1866 Hanslick, Eduard Wilfing, Alexander FWF Der Wissenschaftsfond.
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Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse Herausgegeben von Wilfing, Alexander Projektmitarbeiterinnen Bamer, Katharina Pfiel, Anna-Maria Stoxreiter, Daniel Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage Wien 2023

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Maschinenlesbares Transkript der Kritiken von Eduard Hanslick.

No. 626. Wien, Dienstag den 29. Mai 1866 Hanslick, Eduard Neue Freie Presse Morgenblatt Herausgegeben von Etienne, Michael Friedländer, Max Wien 29.05.1866
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Theater und Musik. („Preciosa“. — Herbeck’sMesse und die Hofcapelle.)

Ed.H. Zu einer Effectvorstellung „extra statum“ ist das romantische Schauspiel „Preciosa“ ohne Zweifel wohl geeignet. Dieses Stück bedarf, um Wirkung zu machen, einer außergewöhnlichen Assentirung agirender, singender, tanzender und musicirender Kräfte, wie sie eben nur mittelst einer in den seltensten Fällen gestatteten theatralischen Fusion zu Stande kommt. Ueberdies ist „Preciosa“ hier seit Decennien nicht ge geben worden, und konnte der gegenwärtigen Theater-Genera tion höchstens als poetische Jugenderinnerung im Ohre nach klingen. Daß man Wolff’s einst gerngesehenes Drama also in Vergessenheit kommen ließ, war nicht gerade ein Act sträf lichen Undankes; hat es doch nichts Erhebliches für sich, als Eine dankbare Rolle und die Weber’sche Musik. Im Uebrigen liefert „Preciosa“ einen Beweis, wie mißlich es sei, ausgezeichnete Erzählungen dramatisch zu bearbeiten. Die „Gitana“ des Cer vantes ist eine der köstlichsten Novellen, und die daraus dra matisirte „Preciosa“ ist ein lahmes Schauspiel, in welchem nichts anerkennenswerth, als die Praxis im Bühneneffect und die mitunter an das spanische Lustspiel erinnernde Führung des Dialogs. Mit seiner ungewissen Haltung und seinem spe cifisch spanischen Schlusse schwebt das Ganze ziemlich unerquick lich zwischen deutschem und ausländischem Wesen. Karl Maria Weber’s Musik ist der Schwimmgürtel, der das Wolff’sche Drama noch über dem Zeitenstrom flott erhält. Welch zauber hafte Klänge! Der frische Waldesduft in den Zigeunerchören, der fremdartig scharfe Reiz des Marsches und der Tanzweisen, die echt deutsche, etwas empfindsame Träumerei in Preciosa’s Lied, endlich die rührende Beredsamkeit der unvergleichlich schönen melodramatischen Sätze — sie machen diese kleinste Partitur Weber’s zu einem theuren Kleinod unserer Nation. Es ist begreiflich, daß gerade Weber’s Individualität sich mit besonderer Liebe in diesen Stoff versenkt und daß seine „Pre ciosa“ die historische Mission erfüllt hat, auf das Neue und Eigenartige des „Freischütz“ vorzubereiten und diesem in Deutschland den Weg zu bahnen. Nur deutsche Tondichter haben recitirte Dramen mit Musik eingeleitet und eintreten denfalls alle musikalischen Momente durchcomponirt. Es gehört Selbstverleugnung dazu, denn bei einiger Gewalt des Dramas tritt die Musik, die ohnehin nur erklärende Begleiterin ist, in

den Hintergrund. Und trotz dieser drückenden Beschränkung haben drei unserer größten Tondichter sich einmal mit der ganzen Wärme ihres Herzens und ihres Genies solchem Schaf fen hingegeben. Wir verdanken ihnen die drei unvergänglichen Musterbilder dieser Gattung: Beethoven’sEgmont“- Musik, Weber’sPreciosa“ und den „Sommernachtstraumvon Mendelssohn.

Die Aufführung der „Preciosa“ blinkte in all dem Glanze, der solche Ausnahmsvorstellungen zu charakterisiren pflegt. Die ersten Kräfte des Burgtheaters, der Oper, des Ballets, endlich das treffliche Orchester des Kärntnerthor-Theaters unter Herrn Dessoff’s Leitung hatten sich vereinigt, ihr Bestes zu thun. Aus diesem imposanten Kreis von Mitwir kenden trat natürlich die Darstellerin der Preciosa weit in den Vordergrund. Die Rolle ist eine sehr lohnende, aber auch bedenkliche: das braune Wundermädchen soll, abgesehen von den dramatischen Forderungen, reizend sein, reizend singen und reizend tanzen. Ehemals gab es keine Dispens von dieser Dreiheit, und Frau Haizinger (Wiens erste Preciosa) hat damit vor 40 Jahren den Leuten dreifach den Kopf verrückt. Fräulein Wolter erließ sich Tanz und Gesang; hingegen sah sie wahrhaft malerisch aus, declamirte und spielte effect voll. Daß ihre Preciosa mehr ein Mosaik von schönen Ein zelheiten als eine Schöpfung aus dem Vollen und Ganzen war, hängt wol mit der erstaunlich schnellen Vorbereitung des Stückes zusammen. In Preciosa’s sehr stiefmütterlich bedach ter Umgebung machten sich zumeist Frau Haizinger, die Herren Beckmann und Meixner durch ergötzlichste Komik bemerkbar, Herr Gabillon, als Räuberhauptmann, durch Energie der Darstellung und eine ganz unvergleichliche Maske. Es fehlt uns hier an Raum für all die nennenswerthen Na men — genug, daß unsere ersten Sänger und Sängerinnen im Chor mitwirkten und die hervorragendsten Schauspieler des Burgtheaters kleine und kleinste Nebenrollen, ja Nicht rollen gaben. Die Herren Sonnenthal und Baumeister hatten kaum ein Dutzend Worte zu sprechen, aber in Costüm und Maske entfalteten sie eine meisterhafte Charakteristik. Herr Lewinsky meldete als Bedienter irgend einen Besuch an. Die Damen Baudius und Röckel, die gar nichts zu sprechen hatten, glänzten durch ihre Schönheit, andere durch ihre Toilette, noch andere durch ihren Namen. Frau Dust mann verzichtete sogar auf das Gesehenwerden und sang (unter lebhaftem Beifall) Preciosa’s Lied hinter den Coulis sen. Das Zusammenspiel war exact und lebendig, die Sceni

rung vortrefflich. Die Gartengesellschaft im ersten Act mit den tanzenden Zigeunern als Mittelpunkt bot einen glänzen den Anblick heiterer Lebensfülle, von dem sich das wildroman tische Zigeunerlager und der Zug durch den Wald im zweiten Act trefflich contrastirend abhob, ein Bild von eigenthümlich ergreifender, fast leidenschaftlicher Feierlichkeit. Die Meister hand Laube’s waltete unverkennbar in dem Ganzen. Er wähnen wir noch, daß die „Preciosa“ sehr gut besucht war und eine namhafte Summe für die damit bedachte patriotische Stiftung abwarf, so ist über diese (ohnehin mehr zur Erzäh lung als zur Kritik einladende) Festvorstellung das Nöthigste berichtet.

Aus Preciosa’s Zigeunerlager und den Gärten von Va lencia gilt es nun einen muthigen Sprung auf entlege nes Gebiet. Wir haben nämlich eines musikalischen Ereig nisses zu gedenken, das, weder dem Theater noch dem Con certsaal angehörig, die Aufmerksamkeit unserer Musikfreunde in hohem Grade erregt hat: die neue Messe von Herbeck. Die Messe ist durchwegs einheitlich und in großem Styl gehalten, ernst und würdevoll. Mit keinem Tact streift sie das Gebiet der Oper oder des Liedes und macht dem weltlichen Sinn so wenig Concessionen, daß nicht einmal ein Gesangsolo darin vorkommt. Der Chorsatz herrscht ausschließlich, meistens sechs- und achtstimmig; im Benedictus singt erst der Männerchor, dann der Knabenchor (jeder vierstimmig) allein, um schließ lich zur vollen Kraft achtstimmigen Chors zusammenzuströmen, eine Anordnung von ebenso eigenthümlicher als schöner Wir kung. Gleich das überaus einfache, fromme Kyrie nimmt un widerstehlich für das ganze Werk ein, dessen Verlauf noch mehr hält, als der Anfang versprach.

Im Benedictus steht dem Componisten der Ausdruck sanf ter Frömmigkeit ebenso überzeugend zu Gebote, als im Credo der brausende Tonsturm des Erhabenen. Die Krone des Gan zen ist das Agnus Dei, ein streng achtstimmiger Satz voll Kraft und Weihe, ein Musikstück, dessen kunstvolles Gefüge den Kenner fesselt, ohne den unbefangenen, andächtigen Zu hörer zu drücken. Echte contrapunktische Kunst, welche Schwie rigstes löst, ohne es zum ästhetischen Zweck zu machen, be währt der Componist im Credo und Gloria, namentlich in der Fuge „Cum sancto spiritu“. Die breiten ruhigen Massen zeugen in gleicher Weise von Herbeck’s Verständniß der alten Italie ner, wie die charakteristische Beweglichkeit der Contrapunktik von dem fruchtbaren Studium Bach’s. Daneben leuchtet aus den vocalen Klangwirkungen die feinste Kenntniß des

modernen Männergesanges, aus dem Orchester die vollständige Herrschaft über den Besitz der gegenwärtigen Instrumental kunst. Keines dieser Elemente drängt sich jedoch unangemessen in den Vordergrund, alle sind zu stylvoller Einheit verschmol zen und mit dem individuellen Gepräge einer echten, aus innerem Drange entstandenen Schöpfung geschmückt. Daß Beethoven offenbar Vorbild und Ideal derselben gewesen, schmälert nicht ihren selbstständigen Werth.

An Beethoven wird die gesammte moderne Musik noch lange anknüpfen müssen, und Herbeck’sMesse ist im besten Sinne des Wortes modern. Wenn wir sie als Herbeck’s gelungenstes und reinstes Werk bezeichnen, so erschöpft das keineswegs ihre Bedeutung. In der Literatur der Kirchen musik ist Herbeck’s Messe nicht zu ignoriren, in der Praxis nicht zu entbehren. Man darf sie wol als das Vorragendste bezeichnen, was seit Schubert für den katholischen Gottes dienst geleistet wurde. Selbst Schumann’sMesse nehmen wir nicht aus, welche, interessant und liebenswürdig, doch als Kirchenmusik nicht die Größe und Haltung der Herbeck’schen aufzuweisen hat.

Für Wien hatte die Aufführung der Herbeck’schen Messe (13. Mai) neben der rein künstlerischen auch noch eine persönliche Bedeutung: sie bildete gleichsam die musikalische Installation des Componisten in sein neues ehrenvolles Amt als Hofcapellmeister. Neben seinem ohnehin von Niemandem angezweifelten eminenten Directions-Talent hat Herbeck nun mehr auch dargethan, daß er als Kirchencomponist keinen Rivalen in Oesterreich hat. Diese beiden Argumente geben hoffentlich einen „ganzen Beweis“ für die Behauptung, daß die oberste Leitung der kaiserlichen Hofcapelle keinem Befähig teren anvertraut werden konnte.

Die rasche Carrière Herbeck’s, der, ein noch junger Mann, erst vor zehn Jahren als Chormeister des Männer gesang-Vereins in die Oeffentlichkeit getreten ist, hat bekannt lich große Sensation erregt. Auch wir theilten die allgemeine Ueberraschung, aber mit dem ungemischt freudigen Gefühl, daß einmal ein ungewöhnliches Talent auch eine ungewöhn liche Anerkennung gefunden. Man mag es aus menschlichem Antheil bedauern, wenn zwei ehrenwerthe Persönlichkeiten sich dadurch gekränkt fühlten; keine von diesen zwei Persön lichkeiten reicht aber in irgend einer künstlerischen Bezie hung Herbeck das Wasser. Lessing sagt irgendwo von einer neuen Wahrheit, man könne eine Fackel unmög

lich durch’s Gedränge tragen, ohne Einem oder dem Andern den Bart zu versengen. Dies treffende Wort paßt auch hier vollkommen. Man weiß, daß die einst hochbe rühmten Aufführungen in der Hofcapelle im Laufe der letzten 20 Jahre arg herabgekommen waren. Am stärksten vertreten traf man daselbst die eigenen Compositionen des vorigen Hofcapell meisters, die durch ihre Flügelhorn-Soli und lieblichen Ländler klänge bereits einen bösen Ruf erlangt hatten. Ueber dieser strömenden Productivität hatte besagter Hofcapellmeister (be kanntlich ein intimer Freund und Dutzbruder Schubert’s) unter Anderem vergessen, während seiner vieljährigen Dienst zeit auch nur ein einzigesmal eine Messe von Franz Schubert aufzuführen. Erst unter Herbeck fand Schubert’s Kirchen musik Eingang in die Räume der Hofburgcapelle. Daß diese Zustände einer Reform bedurften, sagen wir nicht erst seit heute. In dem Feuilleton der „Neuen Freien Presse“ vom 31. Januar 1865 sprachen wir unsere Meinung über die Leitung des musikalischen Gottesdienstes in der Hofburg capelle sehr unumwunden aus und schlossen mit dem Wunsche, es möchte Herbeck (damals unbesoldeter Vice-Hof capellmeister) bald vergönnt sein, selbstständig und mit voller Freiheit für die Hebung der Kirchenmusik in der Hofburg wirken zu können. Selten hatten wir die Befriedi gung, einen öffentlich ausgesprochenen Wunsch so schnell sich erfüllen zu sehen. Die Ernennung Herbeck’s zum ersten Hofcapellmeister und die Pensionirung seines Vorgängers wurden mit einer genial zu nennenden Schnelligkeit und Ge räuschlosigkeit ausgeführt; das fait accompli soll selbst die höchsten Kreise der hofmusikalischen Bureaukratie überrascht haben. Der Fall erinnert fast an die plötzliche Ernennung Florian Gaßmann’s, der große Stücke darauf hielt, „zu Pferde Hofcapellmeister geworden zu sein“. „Wenige Stun den nach dem Tode des Hofcapellmeisters Reutter,“ so er zählte Gaßmann dem ihn beglückwünschenden Dittersdorf, „begegnete mir Kaiser Joseph auf seinem gewöhnlichen Spa zierritt nach dem Augarten. Der Kaiser hält sein Pferd an, indem er mich mit den Worten anruft: „„Ich will Ihnen eine Neuigkeit erzählen; Reutter ist todt.““ Als ich ihm erwidere, daß ich dies schon seit einer Stunde wisse, fiel er etwas unwillig ein: „„Aber die Neuigkeit wissen Sie doch nicht, daß Sie statt seiner Hofcapellmeister geworden sind!““ und so ritt er fort.“ Gaßmann’s Ernennung, die der Kaiser „nach seinem eigenen Kopfe“ verfügt hatte, kam da mals ebenso überraschend, als 94 Jahre später Herbeck’s

Avancement; sie war auch eine von jenen Fackeln, welche etliche Bärte versengen, aber geleuchtet hat sie in ihrem Be reiche besser als ein Dutzend Unschlittkerzen von feinster An ciennetät.

Es ist wenig bekannt, daß der Hofcapelle die größte Ge fahr gerade von demselben Kaiser Joseph gedroht hat, dessen Vorliebe und hohe Begabung für die Musik so rühmlich be kannt ist. Er hielt nämlich das Princip äußerster Sparsam keit im Staats- und Hofhaushalte immer und überall im Auge, selbst wo es mit seinen persönlichsten Neigungen in Conflict kam. Wie uns die Acten der „Tonkünstler-Societät“ aus führlich mittheilen, hatte Georg Reutter die gesammte Hof musik durch einige Jahre als Pächter mit einem Pachtquan tum von 20,000 Gulden innegehabt. Mit seinem Tode (1772) erlosch diese Pachtung, und es sollte auf a. h. Befehl das ganze in Pachtung gewesene Musik-Personale mit dem Be deuten entlassen werden, „daß der Kaiser in Hinkunft die Musici täglich aufzunehmen und dienstweise zu bezahlen gesinnt wären“. Dagegen überreichte Graf Sporck (Protec tor und Präses der Tonkünstler-Societät), „durch Menschen liebe und aufkäumenden Anfang der Societät angeeyfert“, ein Promemoria, worin er den Beweis führt, daß nach der vom Kaiser beliebten Methode die Hofmusik schlechter und nicht billiger sein werde als bisher, daß die neue Maßregel gegen die Würde des Hofes verstoße und nur geeignet sei, viele Menschen unglücklich zu machen. Der Kaiser nahm die Ver fügung zurück. Seine a. h. Resolution lautete: „Das Music-Personale ist eingerathenerweise in beständigen Salarien unterhalten. Ich will hiezu, da die Dienste jetzt seltener als sonsten sind, vom ersten April hujus anni jährlich 12,000 Gulden gewidmet haben, worunter jedoch der Gehalt des Capellmeisters per 1200 fl. nicht miteinbe griffen ist.“ (18. März 1772.) Kaiser Joseph bestätigte 32 wirkliche Hofmusiker, die aber (nach 10 Jahren) „quo ad pensionem“ von der Tonkünstler-Societät übernommen werden mußten.

So hat denn die kaiserliche Hofcapelle schon manch widri ges Schicksal erfahren und siegreich überstanden. Sie war hart auf dem Punkte, ihren Gehalt zu verlieren — den ma teriellen unter Kaiser Joseph, den künstlerischen später. Freuen wir uns, daß das eine wie das andere Geschick rechtzeitig ab gewendet worden und die altberühmte, mit den herrlichsten Kräften ausgestattete Hofcapelle nunmehr unter echt künst lerischer Leitung einer Periode geistiger Wiedergeburt ent gegensieht.