Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse No. 824. Wien, Samstag den 15. December 1866 Hanslick, Eduard Wilfing, Alexander FWF Der Wissenschaftsfond.
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Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse Herausgegeben von Wilfing, Alexander Projektmitarbeiterinnen Bamer, Katharina Pfiel, Anna-Maria Elsner, Daniel Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage Wien 2023

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Maschinenlesbares Transkript der Kritiken von Eduard Hanslick.

No. 824. Wien, Samstag den 15. December 1866 Hanslick, Eduard Neue Freie Presse Morgenblatt Herausgegeben von Etienne, Michael Friedländer, Max Wien 15. Dezember 1866
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Musik. (Concerte von Herrn Herbeck und Fräulein Krebs. — Philharmonisches Concert. — Noch einmal „Rothkäppchen“.)

Ed. H. Herr Hof-Capellmeister Herbeck gab im großen Redoutensaale ein Concert, das ausschließlich Werke seiner eigenen Composition zu Gehör brachte. Die Ausführenden waren: der Wiener Männergesang-Verein, der Sing verein und das Orchester der Gesellschafts-Concerte, also drei Corporationen, welche dem Concertgeber zwar nicht das Leben schlechtweg, aber doch ein neues Leben verdanken und in ihrer jetzigen Tüchtigkeit als seine Schöpfung angese hen werden. Zärtlichere Pathen konnten für die Taufe der jüngsten Herbeckʼschen Geisteskinder unmöglich gefunden wer den, und daß der Vater selbst dabei seinem Ruhm als Diri gent Schande gemacht hätte, kann man gewiß auch nicht be haupten. So gerieth denn die ganze Aufführung auf das trefflichste. Ueber Herbeckʼs schöpferische Begabung können wir nicht in jenem Tone unbedingter Anerkennung sprechen, in welchem wir seit Jahren so oft das eminente Dirigenten- und Organisations-Talent dieses Künstlers hervorgehoben haben. Ein absprechendes Verhalten steht uns derzeit ebenso fern, denn Herbeck, der als Componist verhältnißmäßig spät und sparsam hervorgetreten ist, hat seine vollständige Entfal tung kaum schon vollzogen und gedenkt wol noch mehr als eine Schlangenhaut abzustreifen. Aus dem Charakter seiner Compositionen selbst möchten wir schließen, daß Herbeck schwer und langsam producirt. Die Symphonie in C-Dur (1862 geschrieben) scheint uns das Werk eines durch Bildung und Routine ansehnlich gesteigerten Talentes, nicht aber einer ge nialen Begabung. Wahrhaft schöpferische Kraft und Origi nalität erkennen wir nicht darin, wol aber Combinations- Talent und eine geistreiche Beherrschung des technischen Appa rates. Die harmonische und contrapunktische Kunst überwu chert die melodische und die berechnende Klugheit überragt die natürliche Kraft der Phantasie und der Empfindung. Es tauchen einzelne schöne Melodien auf, wozu wir vor Allen das edle Thema des Adagio und das zweite gesangvolle Motiv des Finale zählen, aber meistens versiegen sie schnell oder werden als „unendliche“ formlos fortgesponnen. Sprü hende Blitze fliegen ab und zu über jede der vier Abtheilun gen, aber keine hinterläßt in uns ein bestimmtes, klares Bild in einheitlicher Beleuchtung. Wir empfangen von dem Ganzen

nicht den Eindruck eines organischen Werdens und Blühens, sondern den einer zwar sehr geschickten, aber dennoch mosaik artigen Zusammenfügung. Das Werk hat übrigens nichts Kleinliches, bedeutungslos Spielendes, wie so manche neuere Symphonie oder Suite, es geht vielmehr ein entschiedener Zug von Energie und Größe durch das Ganze, das gleichsam Ströme von Kraft und allen Dimensionenn entfesseln möchte. Es ist dies eine Energie und Größe des Wollens, aber nicht des musikalischen Vollbringens. Daher auch die krampfhafte Anspannung aller Fibern, um sich fortwährend im Vollbesitz des Pathos und auf der Höhe des Ungewöhnlichen zu erhal ten. Herbeck behandelt das Orchester mit Meisterschaft, er kennt die stärksten Effecte des Klanges, wie dessen heimlichste Launen. Aber diese glänzende Hülle verdeckt häufig den musikalischen Kern; das Ohr wird durch effectvolle Contraste bis zur Ermüdung geblendet. Bezeichnend ist z. B. die Ver wendung der Harfe die ganze Symphonie hindurch, die wir uns nicht erklären können, außer durch die Absicht, zu den vielen Klangeffecten und Instrumental-Contrasten noch einen neuen, ungewöhnlichen hinzuzufügen.

Wir entsinnen uns sehr weniger Orchesterwerke, in wel chen ein so anhaltendes Arbeiten auf allen Instrumenten, ein so gewaltiges Stürmen der Pauken und Blech-Instru mente herrschte, wie in dieser Herbeckʼschen Symphonie. Die Instrumentation und die manchmal mehr dramatische als symphonische Phrasirung erinnert nicht selten an Meyer beer, was übrigens für Herbeckʼs theatralische Carrière kein schlechtes Omen wäre. Den reinsten, befriedigendsten Ein druck macht unter allen vier Sätzen das Adagio, und diesem zunächst das Scherzo, dem wir nur etwas mehr Tempera ment wünschten. Im ersten und letzten Satz müssen wir uns an einzelne effectvolle, geistreiche Momente halten. Werke, die uns tactweise zur Bewunderung zwingen wollen, büßen dies gewöhnlich an ihrer Totalität; über lauter Wirkungen verspielen sie schließlich die wahre, die entscheidende Wirkung auf unser Gemüth. Ein detaillirtes Eingehen in das jeden falls interessante und achtungswerthe Werk müssen wir uns versagen, da dies nur Aufgabe einer Musikzeitung sein kann und die Herbeckʼsche Symphonie überdies bereits vor vier Jahren in Wien aufgeführt und vielfach besprochen worden ist. Außer der Symphonie wurden in dem Concerte sechs Herbeckʼsche Chöre aufgeführt. Der Componist behandelt die Klangwirkung der Singstimmen mit derselben Meister schaft wie die Instrumental-Effecte im Orchester. Wir hat

ten oft Gelegenheit, diese frappante Klangschönheit Herbeckʼscher Chorsätze zu rühmen; am reinsten genossen wir sie in den von Herbeck so meisterhaft arrangirten alten deutschen Liedern und den Volksmelodien aus Kärnten. Auch in diesem Fache scheint uns — um in alter Terminologie zu sprechen — die Kunst des Setzers in Herbeck die des Sängers zu übertreffen. Herbeckʼs eigene Chor-Compositionen haben, so durchdacht und effectvoll sie auch sind, für unsere Empfin dung oft etwas Gekünsteltes, Uebertreibendes. Jedenfalls ist es für die Art von Herbeckʼs Talent bezeichnend, daß er nicht blos in den größten Instrumentalformen, sondern auch im einfachen Chor- oder Strophenliede ein reflectirtes Zuspitzen des Ausdrucks und die effectvollste Entwicklung der Klang mittel liebt. Wir erinnern an das „Morgenlied“ von Eichendorff, das, für Wechselchor und Orchester gesetzt, einen so unpassenden opernmäßigen Prunk entfaltet, daß man darunter die süße Träumerei des Gedichtes kaum wieder erkennt. Auch das Eichendorffʼsche „Ständchen“ schien uns (namentlich in den Schlußzeilen) nicht warm und natür lich genug für die Stimmung des kleinen Gedichtes. Ungleich schöner und wahrer klingt der Chor: „Wohin mit der Freudʼ!— eine Composition, die von Herbeckʼs fruchtbarer Beschäfti gung mit älteren Volksliedern Zeugniß gibt, und das in sei ner anmuthigen Einfachheit wohlthuende „Waldvöglein“. Das vollkommenste und wirksamste Stück des Programms war je doch der Männerchor: „Landsknecht“. Das grelle Colorit paßt trefflich zum Gegenstand, Trommelwirbel und Piccolo erscheinen hier nicht als bloße Klangeffecte, sondern als noth wendige und geistvoll verwendete Mittel der Charakteristik. HerbeckʼsLandsknecht“ ist ein kleines Genrebild voll Farbe und Leben, dessen Erfolg überall gewiß ist. Wir hal ten es für Herbeckʼs glücklichste Inspiration, wenigstens auf weltlichem Gebiete. Unter den geistlichen, überhaupt unter den großen Compositionen Herbeckʼs erscheint uns seine Messe weitaus als das Vollkommenste, und da gerade sie zugleich das neueste seiner Werke ist, so dürfte — bei aller Verschiedenheit der Bedingungen weltlicher und kirchlicher Composition — die weitere Entwicklung von Herbeckʼs Ta lent unter einem günstigen Stern vor sich gehen. Herbeck wurde von dem zahlreich versammelten Publicum mit Beifall begrüßt und nach jeder Nummer, wie am Schlusse des Con certs, wiederholt gerufen — ein Erfolg, zu welchem wir dem allgemein geschätzten und um unser Kunstleben hochverdienten Künstler von Herzen Glück wünschen.

Die königlich sächsische Kammervirtuosin Fräulein Mary Krebs hat nun auch ein eigenes Concert gegeben. Wir wüß ten dem Wenigen, was wir über die anmuthige Künstlerin jüngst gesagt, nur Weniges beizufügen. Daß ihrer erstaunlich ausgebildeten Technik keine ebenbürtige Entwicklung des gei stigen Ausdrucks zur Seite steht, blieb auch diesmal der Ein druck, den wir nach Hause nahmen und den wir höchstens neu paraphrasiren könnten. Allerdings gab das überwiegend moderne und virtuose Programm Fräulein Krebs Gelegen heit, jene positiven, glänzenden Vorzüge ihres Spiels noch heller leuchten zu lassen. Man kann keine elastischeren, klang volleren Trillerketten hören, als Fräulein Krebs sie in Lisztʼs Lucia-Transcription“ vorbrachte, keine gleichmäßigeren Passa gen und Tonleitern, keinen saftigeren Anschlag, als in ihrem Vortrag des Weberʼschen „Perpetuum mobile“ und der Lisztʼschen Phantasie über die „Stumme von Portici“. Auch ChopinʼsG-dur-Nocturno klang weich und gesangvoll, wenn gleich hier schon der eigenthümlich Chopinʼsche Zug einer träumerischen und reizbaren Subjectivität fehlte. Beetho venʼsC-moll-Sonate (mit Violine), technisch tadellos ausge führt, ließ kühl und gleichgiltig. Bei einem so ausgespro chenen Talent wie Fräulein Krebs darf man auch in dieser Hinsicht Vieles von der Zukunft hoffen. Noch ist sie Undine im ersten Capitel. Wenn in dem poetischen Reproductions- Vermögen junger Mädchen sich gleichsam leere Stellen zeigen, so ist uns das ungleich lieber, als die künstliche Ausfüllung solcher Lücken mit unwahrem, affectirtem Gefühl. Für die letzte Ausbildung der talentvollen Künstlerin würde sich viel leicht ein abschließender Cursus bei einem geistvollen Virtuo sen moderner Schule (Clara Schumann, Bülow, Brahms, Tausig) als wohlthätig empfehlen. Fräulein Krebs hatte und hat an ihrem verdienstvollen Vater einen vorzüglichen Lehrer, aber gewisse Fesseln des Vortrags lösen sich nicht leicht, solange ein junger Künstler nur einen Meister nachgeahmt, nur eine Stimme gehört hat. Der Erfolg des sehr besuchten Concertes war glänzend. Fräulein Krebs wurde mit Beifall überschüt tet, desgleichen Fräulein Bettelheim und Herr Walter, welche einige Lieder reizend vortrugen.

Das dritte „Philharmonische Concert“ brachte Beethovenʼs zweite Leonoren-Ouverture, Schumannʼs C-dur-Symphonie und ein vor mehreren Jahren bereits ge hörtes „Concert für Streich-Instrumente“ von Seb. Bach, das mit unvergleichlicher Virtuosität gespielt wurde. Neu war in dem Programm nur eine italienische Arie, welche Mozart

als Einlagstück zu der komischen Oper: „Il curioso in discreto“ componirt hat. Die Oper selbst ist von Anfossi, also keineswegs, wie in mehreren Kritiken zu lesen, ein „un vollendetes“ oder ein „Jugendwerk“ Mozartʼs. Letzterer hat lediglich für die Wiener Aufführung (1783) drei Einlagstücke hinzucomponirt, zwei Arien für die Cavalieri, die dritte („Per pietà non ricercate“ in Es-dur) für den Tenoristen Adamberger. Diese Tenor-Arie (Nr. 420 bei Köchel Wir citiren gerne KöchelʼsMozart-Katalog, weil er der einzige Anhaltspunkt ist, mittelst dessen man über die Identität einer weniger bekannten Mozartʼschen Composition sich mit den Lesern, aus wärtigen zumal, verständigen kann. Wenn man erwägt, daß Mo zartʼs Werke — 625 an der Zahl! — keine Opuszahlen tra gen, wird man die Wohlthat begreifen, welche Köchel mit seinem Katalog der musikalischen Weit erwiesen hat. ist es, welche, nach C-dur transponirt, von Fräulein Bettelheim mit prägnanter Auffassung gesungen wurde und wol den größten Theil des Beifalls an diese Sängerin abzugeben hat. Die Arie ist veraltet und steif, von conventionellem, frostigem Pathos. Wir glaubten das Stück, das wir doch zum ersten male hörten, längst zu kennen, so ganz besteht es aus jenen vielbeliebten und vielverbrauchten Opernphrasen neapolitanischen Styls, welche die mit Mozartʼs Vorgängern wenig bekannte Jetztzeit kurzweg „Mozartisch“ zu nennen pflegt.

Und nun zum Schluß noch einmal „Rothkäppchen“! Es hätte uns sehr verwundert, wenn nicht gelegentlich der Aufführung von Boieldieuʼs Oper irgend Jemand den Schnitzer begangen hätte, von der „köstlichen Composition desselben Stoffes“ durch Dittersdorf zu sprechen. Richtig eröffnet der Musikreferent eines hiesigen großen (eigentlich größten) Blattes sein Boieldieu-Feuilleton mit einer Garni tur classischer Krokodilsthränen darüber, daß Dittersdorfʼs Rothkäppchen“ vergessen und namentlich durch die „aus demselben Märchenstoff gewobene“ Oper Boieldieuʼs gänz lich verdrängt sei. „Wer weiß heutzutage etwas von diesem Werke?“ ruft der Verfasser schmerzlich aus. Wer? Nun, unser schätzbarer College gewiß nicht! Denn wer bei Gelegenheit des Boieldieuʼschen „Rothkäppchen“ von der Operette Dittersdorfʼs auch nur spricht, der beweist da durch, daß er von letzterer nicht eine Note kennt. „Das rothe Käppchen“ von Dittersdorf hat weder mit dem Libretto Boieldieuʼs noch mit dem alten Kindermärchen den mindesten Zusammenhang. Es handelt weder von einem jun gen, „Rothkäppchen“ genannten Mädchen, noch von einem Wolf,

sondern blos von einem alten Esel, Namens Scholze, welcher zwei Acte lang sein junges Weib mit barbarischer Eifersucht quält, beschimpft, einsperrt und prügelt, bis er sich schließlich von einem hausirenden Juden ein rothledernes Hauskäpp chen aufschwätzen läßt, das ihn angeblich vor jeder ehelichen Gefahr und Unbill schützen soll. Damit schließt diese komische Oper, oder vielmehr diese triviale Posse mit Gesang, welche im Jahre 1787 dem Publicum des Leopoldstädter Theaters vorzüglich zusagte, heutzutage aber selbst auf einer Vorstadt bühne kaum zu Ende gespielt würde. Das Stück, das sich nicht auf poetischem oder märchenhaftem, sondern auf dem Boden der spießbürgerlichsten Krähwinkelei bewegt, bringt außer Scholze und seiner Frau noch dessen Schwager und Schwägerin, dann einen lebenslustigen Officier Felsenberg (schließlich als Jude verkleidet), endlich einen alten pensionir ten Lieutenant Emerich, welcher ein schauerliches Ungarisch- Deutsch spricht und singt — Alles so „spaßig“ und „volks thümlich“ als möglich. Zur Charakteristik der in Dittersdorfʼs Operette herrschen den Sprache diene nur folgende Probe: Zu Anfang des ersten Actes singen die zwei Damen: „Verdammter Grobian! Das wirst du doch nicht leiden? Ich laßʼ mich von dir scheiden, ich schlag dir ins Ge sicht!“ Und am Schlusse der Oper die Freunde Scholzeʼs: „Nun bist du ganz ein andʼrer Mann, und ich will dir auch gratulir: du freßʼ mit mir, ich saufʼ mit dir!“ DittersdorfʼsRothes Käppchen(dessen Musik übrigens voll derben Humors ist) hat uns hier nicht weiter zu beschäftigen. Wir wollten nur für unser Theil verhindern, daß noch heute und immerfort Boiel dieuʼsRothkäppchen“ mit der Dittersdorfʼschen Posse in einen Zusammenhang gebracht werde, der gänzlich aus der Luft gegriffen ist, indem zwischen beiden nicht mehr Ideen- Association herrscht, als etwa zwischen der „Zaubergeigeund der „Zauberflöte“. Wenn aber Einer dem Anderen ruhig so weiter nachschreibt, so wird es in 10 oder 20 Jahren all gemeine Ueberzeugung geworden sein, daß wir in Ditters dorfʼs Operette eine schmählich vergessene, köstliche Compo sition des Märchens vom Rothkäppchen besitzen. Mit unse rer Aufklärung hoffen wir die uns so schmerzlich berührenden classischen Thränen eines Collegen getrocknet zu haben. Es ist gar keine Schande, Dittersdorfʼs „Rothes Käpp chen“ nicht zu kennen; wer aber einmal in diesem un schuldsvollen Verhältnisse zu einem Gegenstande steht, der thut doch immer besser, nicht gar zu viel darüber zu sprechen.