Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse No. 1268. Wien, Mittwoch den 11. März 1868 Hanslick, Eduard Wilfing, Alexander FWF Der Wissenschaftsfond.
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Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse Herausgegeben von Wilfing, Alexander Projektmitarbeiterinnen Bamer, Katharina Pfiel, Anna-Maria Elsner, Daniel Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage Wien 2024

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Maschinenlesbares Transkript der Kritiken von Eduard Hanslick.

No. 1268. Wien, Mittwoch den 11. März 1868 Hanslick, Eduard Neue Freie Presse Morgenblatt Herausgegeben von Etienne, Michael Friedländer, Max Wien 11.03.1868
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Oper und Concert.

Ed. H. Donizetti’sFavoritin“ hat zu keiner Zeit in starker oder anhaltender Gunst beim Wiener Publicum ge standen. Dennoch sehen wir nach je sechs oder sieben Jahren stets wieder einen Versuch damit gewagt, ein Zeichen, daß man gewisse Vorzüge dieser Oper als zweifellos betrachtet. Das Textbuch (von Scribe und Royer) ist sehr geschickt und wirksam verfaßt; die Musik enthält zwar in den beiden ersten Acten viel des Unbedeutenden und Monotonen, hebt sich aber in den beiden letzten hoch über die gewöhnliche Opern-Fabrica tion der Italiener. Wer kurz vorher den „Ernani“ genossen, diese brutale Kirchweihmusik, die trotz allen Talents größten theils komisch wirkt (Elvira’s: „Ja, ich liebe ihn!“ nach Art eines derben Soldatenfluchs herausgeschleudert, mit ange hängten Affensprüngen), der hört die „Favorite“ darauf mit einer Art von Andacht. Der vierte Act, dessen Musik sich so weich und ausdrucksvoll der ergreifenden Situation anschließt, ist geradezu das Beste, was Donizetti auf dem Gebiete der ernsten Oper je geleistet hat. Seltsamerweise ist dieser vierte Act eine nachträgliche Ergänzung, gleich manchem anderen be wunderten Musikstück, das man mit innerer Nothwendigkeit aus der Grundidee entsprossen glaubt. Wie Rossini das Schlußgebet des „Moses“ erst für die zweite Vorstellung nach componirte, wie Meyerbeer erst während der Proben zu den „Hugenotten“ auf die Idee eines großen Liebesduetts nach der Waffenweihe verfiel, so hat auch Donizetti diesen vier ten Act zu einer dem Renaissance-Theater zugedachten Oper: L’ange de Nisida“, rasch hinzucomponirt, um letztere in passender Umgestaltung für die Pariser Große Oper tauglich zu machen. Den Darstellern der Leonore und des Fer nando bietet „Die Favorite“ bedeutende dramatische Aufgaben; ein Grund mehr, weßhalb man diese in Frankreich ununter brochen gepflegte Oper auch in Deutschland zeitweilig wieder hervorsucht. Fräulein Ehnn hat die Erwartungen nicht ge täuscht, die wir ihrer neuesten Leistung entgegenbrachten. Ihre Leonore“, von intensivem Studium und wahrhaft geistiger Durchdringung zeugend, leuchtete in der vollen Frische und Ursprünglichkeit der Jugend. Wort, Ton und Geberde waren hier untrennbar Eines und schufen ein Bild von überzeugender Leidenschaftlichkeit und Wahrheit. Manche von uns wiederholt erwähnte Mängel der Gesangstechnik, insbesondere das Tre moliren, fehlten auch diesmal nicht. Mitunter, wie in dem Allegro der berühmten Arie im dritten Acte, hatte der Vortrag

nicht genug Glanz und Leichtigkeit, die Stimme nicht hin reichende Fülle für einige tieferliegende Stellen. Edel und ausdrucksvoll klang hingegen das vorhergehende Andante, ein schmerzlich prophetisches Präludiren des tragischen Ausgangs. Ihr Bestes gab Fräulein Ehnn im vierten Acte, wo sie Töne rührendsten Schmerzes anschlug. Hier erinnerte sie mitunter an die Musterdarstellung Johanna Wag ner’s und übertraf weit, was ihre Vorgängerin Csil lag durch grellste Frescomalerei zu erreichen versuchte. In diesem vierten Acte der „Favorite“ hat uns Fräulein Ehnn einen noch reineren und tieferen Eindruck gemacht, als mit ihren früheren Rollen, und noch rückhaltloser können wir dem Operntheater gratuliren. In Fräulein Ehnn hat es ein großes Talent gewonnen und eine ernsthafte Künstlerin. Von Herrn Adams stand zu erwarten, daß er den Fernando verständig und angemessen spielen, jedoch durch die Dürftigkeit seiner Stimmmittel von der vollen Wirkung dieser Rolle ab gesperrt sein werde. Glücklicherweise fand diesmal der letzte Act Herrn Adams nicht ermattet und bot ihm in der dankba ren, mit warmer Empfindung gesungenen Romanze Gelegen heit zu besonderer Auszeichnung. Herr v. Bignio, dessen künstlerischer Eifer und Erfolg mit jeder Rolle zu wachsen scheint, war als Fürst von Castilien männlich und vornehm; mit der mezza-voce vorgetragenen Arie im dritten Acte er zielte er große Wirkung. Für den Comthur wäre vielleicht eine jüngere Kraft als Herr Draxler angezeigt gewesen — indessen hat dieser treffliche Veteran so erstaunlich viel von seinen Mitteln conservirt, daß man über das Eingebüßte zu klagen fast den Muth verliert. Die Aufführung der Oper, für welche wir nur etwas lebhaftere Tänze wünschen, ging un ter Herrn Esser’s Leitung sehr präcis von statten.

Wir erwähnen flüchtig das Wiederauftreten der Tänzerin Fräulein Rotter, welches in der Blumensprache zahlloser Bou quets und Kränze das Sprichwort: „Blinder Eifer schadet nur“ zu predigen schien, und gehen auf die Concerte über. Auf die wichtigsten nur, denn die Concertmusik schießt jetzt dergestalt ins Kraut, daß ihre vollständige kritische Besorgung zur Unmöglichkeit wird. Man berichtet uns, daß die Sängerin Frau Passy-Cornet sich und ihre Schülerinnen in einem sehr besuchten Concerte auf das erfolgreichste producirte; daß ferner der Lehrer-Sängerchor „Schubertbund“ unter der Leitung des Herrn Franz Mair sich wacker hervorgethan; daß endlich unsere liebenswürdige Altistin Fräulein Gindele als Liedersängerin in einem Wohlthätigkeits-Concerte ungemein gefallen habe. Die Herren Hellmesberger, Dobyhal, Kranzevic und Röver gaben Sonntags ihre letzte Quar

tett-Production (unter Mitwirkung des vielversprechenden klei nen Hellmesberger) zu allseitiger Zufriedenheit. Wir sprechen nur einen allgemeinen und immer lauter werdenden Wunsch aus, wenn wir die Herren Quartett-Unternehmer ersuchen, künfti ges Jahr in der Wahl der Clavierspieler, vor Allem der Clavierspielerinnen, etwas strenger vorzugehen. Das Pu blicum eines so accreditirten Concert-Institutes darf wol verlangen, daß ihm nur vorzügliche Pianisten, und von diesen die besten vorgeführt werden. Die imposanteste Musik- Aufführung der letzten Tage war das „dritte Gesellschafts- Concert“ im großen Redoutensaale unter Herbeck’s Leitung. Das zweite Finale aus Cherubini’sMedea“, eine stolz aufgebaute, charaktervolle Composition, eröffnete das Con cert. Das Scenische, das dieses Finale auf der Bühne mit großem und bedeutsamem Prunke umgibt, schien dem Auditorium doch mehr, als man vermuthete, abzugehen, so daß die Nummer nicht ganz die gehoffte Wirkung machte. Indem Herr Herbeck überdies die charakteristischen Solostellen weg ließ, mit welchen Medea, Jason etc. diesen Chorsatz durchflech ten, hatte er zwar getilgt, was im Concertsaale unverständlich werden konnte, aber auch was die Composition bewegter und farbenreicher macht. Trotzdem sind wir ihm für das „Medea“- Fragment und die Erinnerung an ein echt dramatisches Kunst werk dankbar, dem wir trotz des verfehlten und veralteten Text buches gerne wieder im Operntheater begegnen möchten. Als zweite Nummer hörten wir ein Violoncell-Concert, componirt und ge spielt von Herrn Davidoff aus Petersburg. Herr Davidoff genießt mit Recht den Ruf eines der bedeutendsten Cello-Virtuosen der Gegenwart. Sein Ton ist groß und edel, sein Vortrag, im Andante von schöner Weichheit und Breite, glänzt im Allegro durch virtuose Bewältigung schwieriger Passagen, namentlich in Octaven-, Terzen- und Sextengängen. Das Publicum wür digte Herrn Davidoff’s Kunst durch wiederholten Hervor ruf, nur bedauernd, daß sie nicht eine gehaltvollere, originellere Composition zum Gegenstand hatte. Ueberdies beschäftigt dieses herzlich uninteressante Concert die Bravour des Spielers zu oft und anhaltend in den höchsten Lagen, wo das Violoncell bekanntlich für den Virtuosen wie für den Hörer leicht gefähr lich wird.

Den Beschluß machte Schumann’s Märchen-Cantate: Der Rose Pilgerfahrt“. Es ist Herrn Herbeck’s Ver dienst, dieses in Wien bisher nur mit Clavierbegleitung auf geführte Werk zum erstenmale mit ganzem Orchester gebracht zu haben. Ein wahres Verdienst um die Composition selbst, welche in dieser reicheren Gestalt weit lebhafter ansprach als je zuvor. Es verschlägt nichts, daß Schumann ursprünglich

selbst nur eine Clavierbegleitung beabsichtigte, hat er doch bald das Ungenügende derselben gefühlt und die Instrumentirung veröffentlicht. Ganz abgesehen von dem kräftigeren Total-Ein druck, gewannen manche auf bestimmte Orchesterfarben wie von selbst hinweisende Nummern jetzt erst ihren eigentlichen Cha rakter und vollen, durch Instrumental-Gegensätze bedingten Effect. Wie ganz anders wirken jetzt die Elfenchöre inmitten des feinen, glitzernden Gespinnstes der Geigen, und die Fried hofsscene, getragen von dem schwermüthigen Klange der tiefen Bläser! Wer hat sie nicht bisher schmerzlich vermißt, die vier Waldhörner in dem Chore: „Bist du im Wald gewandelt“, und lustige Trompeten und Pauken bei dem ländlichen Hoch zeitsfeste? Der bestechende Eindruck der Instrumentirung hat uns trotzdem nicht von unserer ursprünglichen Meinung über ein Werk abzubringen vermocht, das als Ganzes uns von schwächlicher Erfindung und geradezu bedenklicher Richtung er scheint. Wir gestehen unsere Antipathie gegen das Gedicht, die ses „Märchen“ im Geschmacke der sentimentalen Putlitz- Redwitz’schen Goldschnitt-Poesie, welche, unfähig, die echte, eigene Sprache der Natur zu entfesseln, hinter jeden Baum und jede Blume einen redenden Automaten steckt. Die Heldin des Gedichtes ist eine Rose, welche „Jungfrau werden will“, dabei aber schon als Rose, vor der Verwandlung alle menschlichen Begriffe und Empfindungen hat. Diese verjungferte Rose, nicht Mensch, nicht Pflanze, eine ins Botanische übersetzte „Peri“, bildet nun den Mittelpunkt des Ganzen und soll unsere tiefste menschliche Theilnahme erwecken. Das Schlimmste ist, daß diese unnatür liche, gezierte Poesie mit ihrer bis zur Blumensprache subli mirten Sentimentalität Schumann’s bereits etwas krankhaf tes Gemüth vollständig gefangen nahm und nothwendig auch den Charakter seiner Musik bestimmte. Wenn wir einige an muthig-frische Nummern herausnehmen, so befinden wir uns in einer trüben Dämmerung, in einer Atmosphäre von ent nervender Weichlichkeit und Schwüle. Lange Strecken hindurch sammeln sich die Töne zu keiner festen Zeichnung, zu keiner plastischen Gestalt; die Umrisse fließen unbestimmt ineinander. Wie in der „Peri“, so ist auch in der „Rose“ (ihrem blassen Abbild) leider das Recitativ verbannt, dies treffliche Mit tel, blos erzählende Stellen von den geschlossenen lyrischen und dramatischen Formen zu sondern und dadurch Beides zu heben. Wo (wie in der „Rose“) das Recitativ als Arioso behandelt wird und die Arie recitativisch, da verschwimmt leicht Beides in eine graue Monotonie. Die Nummern von geschlossener, strophischer Form, die liedmäßigen Stücke (Jägerchor, Hoch zeitschor, Duett „von der Mühle“ u. s. w.) bilden deshalb auch die Lichtseite des Werkes, während alles Erzählende und

Dramatische der plastischen Festigkeit ermangelt, heimatlos zwischen Epos und Drama schwankend. In der ersten Abthei lung ragt die stimmungsvolle, tiefsinnig concipirte Friedhofs scene gewaltig aus allem Uebrigen hervor; die Perlen des gan zen Werkes finden sich aber im zweiten Theile, wo der Elfen- und Blumen-Mysticismus einem blühenderen, realen Leben Platz macht. Der einzelnen Schönheiten gibt es in diesem zweiten Theile so viele, daß sie das ganze Werk vor der Vergänglichkeit wol zu retten im Stande sind oder wenig stens sich als selbstständige Musikstücke daraus erretten werden. Die Aufführung verdient alles Lob. Fräulein Helene Mag nus ist für zarte, poetische Aufgaben, wie Schumann’s „Rose“, wie geschaffen und wußte durch warme Empfindung, fein nuancirten Vortrag und vortreffliche Declamation zu ersetzen, was ihrer Stimme an Kraft und Metall abgeht. Fräulein Magnus, eine Künstlerin von Kopf und Herz, nebenbei von ausgebreiteter Bildung, hat sich hier rasch eine ehrenvolle Stel lung errungen; als „poetische Liedersängerin“ ist sie eine Spe cialität und in dieser Eigenschaft eine werthvolle Bereicherung unseres Musiklebens. Ihre pilgernde „Rose“ — sie wirkte wie der sanfte, vornehme Duft einer Rosa thea — fand die ein helligste Würdigung. Gerne nehmen wir von dieser schönen Leistung den Anlaß, auf das für den 17. März angekündigte Concert der Magnus besonders aufmerksam zu machen. Die Herren Walter und Bignio sangen die Tenor- und Bari ton-Partien mit echt künstlerischer Hingebung und Wärme; die kleineren Partien wurden durch Herrn Dr. v. Raindl und die Damen Schmidtler, Leeder und Kupka auf das sorgfältigste ausgeführt. Da auch die Chöre des „Singvereins“ wie das Orchester unter Herbeck’s bewährter Anführung mit Lust und Eifer mitwirkten, so war der Genuß ein großer, un getrübter. Wie schon bei den früheren „Gesellschafts-Concerten“ dieser Saison, so waren auch diesmal mehrere Tage vor der Aufführung alle Plätze vergriffen, obwol die gesammte Direc tion auf ihre Freiplätze verzichtet und die Zahl der improvi sirten Nothsessel eine ansehnliche Vermehrung erfahren hatte. Ein erfreulicher Beweis für den außerordentlichen Aufschwung der Gesellschafts-Concerte.

Eine Production von geringeren Dimensionen, aber recht interessantem Programm war das am 2. März für den „Pensionsfonds der Professoren am Conservatorium“ gegebene Concert im Musikvereinssaale. Wir hörten ein von Herrn Walter wunderschön gesungenes Lied von Esser, ein von Fräulein Ehnn viel zu theatralisch vorgetragenes von Schu bert und schließlich zur angenehmsten Ueberraschung des Publicums zwei von beiden Künstlern zusammen ausgeführte

Duette. In Schubert’sNur wer die Sehnsucht kenntbefremdet uns die Vertheilung dieses so ganz individuellen Mono loges auf zwei Stimmen, von denen z. B. die erste singt: „Es schwindelt mir“, die zweite antwortet: „Es brennt mein Einge weide“ u. s. f. Schumann’s Zwiegespräch „Unter dem Fenster“, reizend componirt und ebenso reizend gesungen, mußte wiederholt werden. Gesprochene Duette (in pfälzischer Mundart) produ cirten Frau Haizinger und Fräulein Schneeberger mit liebenswürdiger Laune. Mit vielem Beifall spielte Herr Zellner einen Passacaglio von Froberger auf dem Harmo nium und Herr Hellmesberger ein neues Violin-Adagio von Gounod. Letzteres klingt recht hübsch, ist übrigens nicht viel mehr als eine erweiterte und verdünnte Nachahmung der bekannten „Méditation“. Tieferen Eindruck machte Schu mann’s kleines Genrebild „Träumerei“ (aus den „Kinder scenen“), von Herbeck mit feiner Empfindung für Streich-Instrumente mit Sordinen und ein Horn instru mentirt. Anfang und Schluß des Concertes bildeten zwei Sätze aus Spohr’sNonett und C. M. Weber’s Trio für Flöte, Cello und Clavier. Ein melancholischer Duft wie von verwelkenden Blumen strömte uns aus diesen einst vielbeliebten und vielgespielten Tondichtungen entgegen.

Der „Florentiner Quartettverein“ gab seine fünfte Production im Musikvereinssaale (Schumann’serstes Quartett die Krone derselben) und seine sechste im kleinen Redoutensaale. Letzterer erwies sich als äußerst akustisch für die Klangwirkungen des Quartetts; bei Stücken wie das Andante von Rubinstein fühlte man sich an den poetischen Traum von der „Sphärenharmonie“ erinnert. Die Klangschönheit im kleinen Redoutensaale konnte für die zahlreichen Unbequemlich keiten entschädigen, welche das wie in einem Sklavenschiffe zu sammengepreßte Publicum zu überstehen hatte. Der Erfolg die ser Production, welche mit Mozart begann, mit Beetho ven endete und drei kleinere Stücke von Haydn, Cherubini und Rubinstein in die Mitte nahm, war ein außerordent licher. Mit Beethoven’sEs-dur-Quartett hat der Floren tiner Verein den wunderbar mystischen Ring der letzten Quar tette dieses Meisters vollständig durchlaufen (op. 127, 130, 131, 132, 135), eine That, welche den Künstlern ebensosehr zur Ehre gereicht, als sie dem Verständnisse dieser Compositio nen förderlich war. Wir haben keinen Raum mehr, um aus führlicher von der letzten Production des Becker’schen Quar tetts zu erzählen. Eigentlich brauchen wir ihn auch nicht, denn das undankbarste Thema für neue kritische Variationen ist und bleibt: das Vollendete.