Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse Nr. 3853. Wien, Mittwoch, den 19. Mai 1875 Hanslick, Eduard Wilfing, Alexander FWF Der Wissenschaftsfond.
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Nr. 3853. Wien, Mittwoch, den 19. Mai 1875 Hanslick, Eduard Neue Freie Presse Morgenblatt Herausgegeben von Etienne, Michael Friedländer, Max Wien 19.05.1875
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Musikalische Briefe aus Paris. IV. (Pariser Componisten. — Léon Délibes. — Ambroise Thomas. — Gounod. — Lecocq. — Offenbach.) Paris, im Mai 1875.

Ed. H. Unter den gegenwärtigen jüngeren Componisten der Opéra Comique vermöchte selbst der rosigste Optimist kaum einen würdigen Nachfolger Auber’s zu erblicken. Bizet, Sernet, Massenet, Massé, und wie sie Alle heißen, sind anmuthige kleine Talente, bühnenkundige Musiker, häufig viel sorgfältiger und gewissenhafter als ihre berühm teren Vorgänger, aber an Originalität, an schöpferischem Vermögen diesen weit nachstehend. Dieser Zustand von Stag nation wird bedenklich und provocirt hier allgemein das Urtheil: die Opéra Comique ist langweilig. Für den Talent vollsten der jüngeren Generation halte ich Léon Délibes, dessen „Le roi l’a dit“ mit Erl und Minnie Hauck einen Glanzpunkt unserer leider nun zum drittenmal verblichenen Komischen Oper am Schottenring bildete. In Délibes strömt eine reichere melodiöse Ader; er besitzt mehr musika lische Gesundheit und weniger von jenem schlechten Esprit, der hier so oft die fehlende Musik ersetzen soll oder die vor handene vergiftet. Wie kommt es nun, daß der Componist von „Le roi l’a dit“ seither keine zweite Oper geliefert hat? Lediglich weil er trotz aller Bemühung kein gutes Textbuch erlangen konnte — ein fast unerwartet neuer Punkt, an welchem die französische Oper gegenwärtig zu verarmen beginnt. Wirksame Libretti fand ein talentvoller Com ponist bisher doch immer in Paris, wenn irgendwo. Jetzt stockt es auch damit, umsomehr, als viele Textdichter ihr Talent für die musikalische Posse verwerthen, welche auf den kleineren Theatern florirt. Dieser Librettomangel, hoffentlich ein vorübergehender Nothstand, zwingt Délibes, Ballete zu componiren. Von ihm ist die Composition des Ballets „Coppelia“, das von den besten französischen Autori täten „un petit chef-d’oeuvre“ genannt und der Musik

zuliebe selbst von Balletgegnern besucht wird. Das Sujet stammt aus einem Hofmann’schen Märchen, dessen Held, Dr. Coppelius, einen weiblichen Automaten (Coppelia) ver fertigt hat und denselben plötzlich lebendig werden sieht. Es kam dem Componisten zu statten, daß der Autor des Ballets, St. Léon, nicht blos ein geistreicher Choreograph, sondern selbst tüchtiger Musiker war. Die Musik schmiegt sich hier den scenischen Vorgängen mit einer Zwanglosigkeit und Treue an, welche in diesem Fach ebenso selten vorkommt, wie die distinguirte Melodie, die wohlgerundete Form, die sorgfältige, feine Instrumentirung in Délibes’ Partitur. „Coppelia“ er blickte das Lampenlicht der Großen Oper in schlimmer Zeit, während der deutschen Belagerung; der Componist, ein eifri ger Officier der Nationalgarde, hat die Proben in voller Uniform geleitet. Man gibt hier dieses Ballet (mit Weg lassung des dritten Actes, welcher, eine getanzte Illustration der Schiller’schen „Glocke“, in lockerem Zusammenhang mit dem Vorhergegangenen steht) als Nachspiel zu einer Oper häufig und mit andauerndem Erfolg. „Coppelia“ darf un serem Hofoperntheater unbedenklich empfohlen werden. Von einem anderen Ballet „Sylvia“ (nach Tasso’s Schäferspiel Aminta“) hat Délibes anderthalb Acte vollendet, welche er mir mit unterhaltender Lebhaftigkeit vorspielte und voragirte. Ich hörte die leichtfließende, anmuthige und doch immer dramatisch bezeichnende Musik dieses zweiten Ballets mit demselben Vergnügen wie jene des ersten, mit so viel Ver gnügen, daß ich den Componisten beschwor, kein drittes zu schreiben. Es ist doch schade, daß so viel Talent und Fleiß nicht lieber für eine komische Oper aufgewendet wird. Hoffen wir, daß auch für diese die Zeit kommt.

Mignon“, von Ambroise Thomas, war im Grunde der letzte große anhaltende Erfolg an der Opéra Comique — es sind volle neun Jahre her. Seitdem hat sich Thomas von der Komischen Oper abgewendet; nicht zu sei nem Vortheil, wie ich trotz der Erfolge seines „Hamletglaube. Nur wenig vermochte er übrigens in den letzten Jahren zu schaffen. Die Leitung des Conservatoriums, die er ernster und gewissenhafter führt, als sein Vorgänger Auber, dazu eine Unzahl officieller Commissionen, Concurse, Preis

gerichte u. s. w. nehmen die Zeit und Arbeitskraft des vor trefflichen Mannes vollauf in Anspruch. Die Ausbeute seiner letzten vier Jahre beschränkt sich auf eine Umarbeitung seiner halbverschollenen „Psyché“ für die Große Oper und die Voll endung von zwei Acten der „Francesca da Rimini“. Das Textbuch dieser großen Oper (von Barbier und M. Carré) gehörte ursprünglich Gounod, der uns noch vor einigen Jah ren in Wien mit Begeisterung davon sprach und im Geiste Frau Ehnn schon als Francesca vor sich sah. Seltsam genug spielt der erste Act in der Hölle; Dante erscheint hier mit Virgil, dieser heißt ihn zur Erde zurückkehren. Auf dieses Vorspiel folgt das eigentliche Drama. Es biegt am Schlusse wieder in das Vorspiel (die Hölle) ein, welches die Folgen der Handlung vorausgezeigt hat.

Zwei- bis dreimal in der Woche flüchtet Thomas mit seiner Partitur aufs Land, um zu arbeiten; nach Paris zurückgekehrt, findet er dann regelmäßig eine Menge musika lischer und administrativer Geschäfte zu erledigen. Er be wohnt drei kleine niedrige Zimmer im Conservatorium, einem alten Gebäude in der Rue Bergère, wo Auber nur seine Amtsstunden zubrachte. Diese bescheidenen Räume hat Ambroise Thomas mit allerlei alten geschnitzten Renaissance- Möbeln, Florentiner Schränken und elfenbeinausgelegten Schubladkästchen angefüllt; eine Liebhaberei, welche ihn über die Leere seines vereinsamten Herzens hinwegtäuschen hilft. Auf die Liebe folgen im Leben solcher Anachoreten gewöhn lich die Liebhabereien, auf die große Passion die kleinen Passio nen. In seinem Temperamente und Charakter ist Thomas das gerade Gegentheil von Auber; darum thut es mir weh, wenn er sich und Anderen einreden will, er liebe seine ge schnitzten Schränke. Von seinen Bildern ist ihm das werth vollste ein von Ingres mit wunderbarer Feinheit aus geführtes Bleistiftporträt Cherubini’s. Ein Brustbild von Ambroise Thomas aus seiner römischen Stipendistenzeit, das ihn als vierundzwanzigjährigen Jüngling darstellt, steht so finster und schwarz drein, wie der melancholischeste Karthäuser. Niemand würde darin den Componisten so vieler anmuthiger komischer Opern vermuthen. Sein Gesichtsausdruck ist mit den Jahren milder und freundlicher geworden. Ambroise Thomas gehört

zu den bescheidensten, neidlosesten Künstlern, zu den treuesten, herzlichsten Menschen, die ich kennen gelernt. Kein Musiker ist in Frankreich aufrichtiger geachtet als Thomas, der keinem Menschen schmeichelt und allen Gutes erweist, keiner, der mehr Ehrfurcht vor den alten Meistern hat und mehr Wohlwollen für die jungen.

Gounod habe ich mit all seinem Feuer und seiner jugendlichen Beredsamkeit wiedergefunden; sein schönes brau nes Auge blitzt hell wie ehedem, jedoch unter stark gelichte tem Haupthaar. Die Erinnerung an London, wo er volle zwei Jahre weilte, scheint wie ein herübergenommener dicker Nebel auf seinem Gemüthe zu lasten. Das englische Klima bekam ihm nicht gut, und was er dort erlebte, noch viel weniger. Eine falsche Freundin, die es trotz Gounod’s Be mühungen zu keinem Erfolg als Sängerin bringen konnte, hat sich bekanntlich in den Besitz seiner neuesten Partituren zu setzen gewußt und behält dieselben — Gott weiß unter welchem Rechtstitel — noch zur Stunde zurück. Darunter mehrere umfangreiche Werke (Gounod hatte in London „ge arbeitet wie ein Riese“) meist Kirchenmusiken und eine große Oper: „Polyeuct“. Welche peinvolle Arbeit, diese ganze Oper aus dem Gedächtniß von vorn wieder auf zuschreiben oder besser: neu zu componiren! Gounod hat diese Arbeit vollbracht. Der Stoff (im Wesentlichen identisch mit Donizetti’s „Les Martyrs“) ist von Barbier und M. Carré, den Librettisten des „Faust“ und „Romeo“, nach Corneille’s Tragödie bearbeitet. Die Verherrlichung christlichen Märtyrerthums bildet die Grundidee, der Kampf der zusammenbrechenden heidnischen Welt mit dem Chri stenthume den dramatischen Conflict. Die religiöse Weihe des Stoffes scheint den Componisten mächtig angelockt und der „Francesca da Rimini“ abwendig gemacht zu haben. Ein starker religiöser Zug, der sich in Gounod’s Jugend fast schwärmerisch angekündigt und ihn dem geistlichen Stand zugewendet hatte, scheint jetzt wieder nachdrücklicher hervor zutreten. Bei zwei Besuchen fand ich ihn vertieft in ein unheimlich dickes und schwerfaßliches Buch von Hoené Wronski, einem wenig bekannten slavischen Philosophen: Prolégomènes du Messianisme“; daneben lag eine „Phy

siologie der Heiligen“. Gounod verschmäht jedes Buch, dessen Gedankengang nicht zum Absoluten, zum Göttlichen hinführt; dann ist ihm aber auch keine Lectüre zu schwer. Zwei Elemente, sagt er, walten im geistigen Leben: einer seits das Göttliche als unwandelbar fester Punkt und an dererseits der bewegliche Fortschritt der Wissenschaft. Dieser muß sich jederzeit zu ersterem aufwärtsbewegen, wie zu einem Magnet. Nur wenn der menschliche Geist vom heiligen Geist befruchtet ist, kann er keimen, sprießen, Früchte tragen. Diesen mit begeisterter Wärme vorgetragenen Ideen assi milirt sich auch immer mehr Gounod’s künstlerische Tendenz. Er schreibt viel Kirchenmusik, seine Cantate „Gallia“ ist geistlichen Charakters, selbst seine Oper „Polyeuct“ neigt zum Oratorien-Styl. Zwei Nummern daraus, die mir Gounod vorsang, wirken durch einfachen, schwärmerisch an dächtigen Ausdruck, in breitem getragenen Gesang: das Gebet der Pauline (etwa an die Es-dur-Arie der Julie in Spontini’s „Vestalin“ erinnernd), dann die Arie Polyeuct’s im Kerker auf die Verse von CorneilleSource déli cieuse“. Gounod vergleicht den Styl dieser Compositio nen mit dem Faltenwurf antiker Statuen. „Aber wo findet man heute die Sänger für großen getragenen Ge sang!“ rief er schmerzlich fragend aus. „Wie ein von himmlischer Glorie angestrahlter Märtyrer muß der Sänger des Polyeuct vor uns stehen, alles Irdische tief, tief unter seinen Füßen!“ Bekannt ist Gounod’s großer Respect vor Richard Wagner und der Einfluß des Letzteren auf „Romeo und Julie“. Aber die neueste Phase Wagner’s verstimmte Gounod aufs tiefste und erscheint ihm als eine Verirrung, welche die Fundamental-Gesetze des Musikalischen zertrüm mert. „Wir Zwei gehen jetzt den entgegengesetzten Weg,“ erklärte er; „in dem Maße, als Wagner immer künstlicher, schwerer, complicirter schreibt, werde ich immer einfacher und trachte mit den schlichtesten Mitteln durch Wahrheit der Empfindung zu wirken. Nous nous tournons le dos.“ Gounod’s Cantate „Gallia“ (lateinischer Text aus den Klagen des Propheten Jeremias) für Sopransolo, Chor, Orchester und Orgel ist eigentlich ein Requiem auf die Nie derlage Frankreichs. Ob die Vorliebe des Componisten ge

rade für dieses Werk nicht von patriotischen Empfindungen beeinflußt sei, bleibe vorläufig dahingestellt; die Thatsache ihres großen Erfolges in wiederholten Aufführungen (unter der Direction von Pasdeloup und von Lamou reux in Paris) steht über jedem Zweifel. Mäßig in seiner Ausdehnung wie in seinen Anforderungen, dürfte dieses durch mächtige Klangwirkung sich empfehlende Werk eine geeignete Novität für die Wiener Gesellschafts- Concerte abgeben. Gounod denkt mit Zärtlichkeit an Wien zurück und an die schöne Aufführung seines „Romeo“ unter Dingelstedt. Er freut sich bei dem Gedanken, seine neue Oper dort selbst zu dirigiren — ein Vorrecht, das leider in Frankreich den Componisten grundsätzlich entzogen ist. In das gegenwärtige Personal der Pariser Großen Oper setzt er ebensowenig Vertrauen, wie sein italienischer College Verdi. Aus Gounod’s bürgerlich einfacher Wohnung dürfte es Manchen interessiren, daß sehr gut gemalte Porträts von der Hand seines Vaters die Wände zieren, und daß sein neunzehnjähriger Sohn die Laufbahn des Großvaters betre ten und bereits vielversprechende Anfänge als Maler ge liefert hat.

Unter den Componisten des „genre bouffe“ steht hier in der allgemeinen Beliebtheit Offenbach noch immer hoch obenan. Ihm zunächst Lecocq durch seine „Madame Angot“. Ich hatte keine Gelegenheit, letztere Operette in Paris zu hören; sie ist momentan in den Folies Drama tiques durch eine Novität von Hervé, „Alice de Nevers“, verdrängt, welche jedoch bald verschwinden dürfte. Ein Scheusal an Unsinn und Unanständigkeit, welches die frivolen Albernheiten seiner Vorgänger „Timbale d’argent“ und Abélard et Héloïse“ noch steigert, glücklicherweise so auf fällig steigert, daß der allgemeine Widerwille sich laut da gegen erhoben hat. Der Componist Hervé wirkt persönlich als Sänger und Schauspieler mit und wird nunmehr in dreifacher Eigenschaft als reif für das Irrenhaus erklärt. Eine neue Operette von Charles Lecocq, in Italien spie lend und noch ungetauft, dürfte nach einigen Proben, die der Componist mir vorspielte, sehr hübsch ausfallen, melo diös, lustig, anmuthig. Auf melancholische Themen dürfte

Lecocq bei dem allzeit fröhlich erschallenden Lachen seiner Frau schwer verfallen, selbst wenn er wollte.

Von Offenbach wird in den Variétés das noch immer unverwüstliche „Pariser Leben“ gespielt, im Théâtre Gaîté die „Géneviève de Brabant“, ein albernes Stück mit spärlich nebenherlaufender und bis auf wenige glückliche Einzelheiten unbedeutender Musik. Aber die prachtvolle Aus stattung! Aufzüge, Ballete, Costüme, wie sie in gleichem Luxus nur die Große Oper bieten kann. So ein kostspieliges Schaustück wird dann fort und fort wiederholt, muß auch wol zweihundertmal gegeben werden, wenn dem Director ein Gewinn verbleiben soll. Offenbach selbst ist dieser Director, wird es aber nicht lange bleiben. Nach den Sta tuten der französischen Société des auteurs darf kein Theater- Director selbstverfaßte Stücke oder Compositionen auf seiner Bühne aufführen lassen. Die „Genovefa von Brabantdürfte nicht unter Offenbach auf dem Gaîté-Theater erschei nen, wäre sie nicht schon unter dem früheren Director an genommen und vorbereitet gewesen. Nun fühlt sich aber doch der Componist Offenbach stark genirt durch den Theater- Director Offenbach und wirft Letzteren über den Haufen. Sein Theater geht in andere Hände über und wird die nächste Wintersaison mit einer Offenbach’schen Novität ein weihen. Die Leichtigkeit, mit welcher der Mann componirt, grenzt ans Fabelhafte. Nicht weniger als drei Operetten, zusammen elf Acte, hat er jetzt zugleich unter der Feder: Don Quixote“ (Text von Sardou) für die Gaîté, La Créole“ (Text von A. Millaud und Halévy) für die Bouffes Parisiens und „La boulangère a des écus“ (Refrain eines alten Volksliedes) für das Théâtre des Variétés. Alle drei Novitäten sollen im October dieses Jahres in Scene gehen. Jeder andere Componist würde ver zweifeln, nur Offenbach bleibt ruhig — ruhig und fleißig. Auf sein Krankenlager ausgestreckt, schreibt und schreibt er, während seine wackere Frau ihn unverwandt anblickt, um jeden Wunsch zu erfüllen, ehe er ihn noch ausspricht, und fortwährend Freunde und Bekannte kommen und gehen, plaudern und lachen.