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Ed. H. Es ist von eigenthümlichem Reiz, zu beobachten
welchen Einfluß der äußere Apparat des Theaters auf die
dramatische Kunst selbst, auf Dichter und Schauspieler zu
verschiedenen Zeiten ausgeübt hat.
Theatergebräuchen das reichste und in ihrer Aufrechthaltung
das conservativste Land, bietet ein lohnendes Feld für solche
Studien. Bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts gewährte
die Bühne der Comédie Française und der Großen Oper
in
Anblick. Auf der Bühne befanden sich nämlich zu beiden
Seiten der Schauspieler Bänke für ein elegantes Publicum,
welches beinahe ein Drittheil des ganzen Bühnenraumes in
Beschlag nahm. Noch
Sitte in
„
Bühne bei den
furt
Plänen illustrirte Monographie von A.
spectateurs sur le théâtre
veröffentlichtes Material die
geliefert haben. Auch für
daraus von Interesse sein.
Das Erscheinen von Zuschauern auf der Bühne datirt
von den ersten bescheidenen Localitäten des
Schauspiels. Wiederholt hatte die Comédie Française in so
genannten Ballhäusern ein Asyl suchen müssen, wo die Zu
schauer ganz nach Belieben Platz nahmen. Als der Besuch
sich nachhaltig steigerte, postirte man Stühle auf die Bühne
aus Nothbehelf für die im Saale nicht mehr unterzubringen
den Zuschauer. Bald aber bestanden die Cavaliere, die Finan
ciers, die Stutzer auf dem Vorrecht, regelmäßig diese Plätze
einzunehmen, welche ihre Eitelkeit und den galanten Verkehr
mit Schauspielerinnen begünstigten. So blieb denn diese Un
sitte zum schweren Nachtheile der Kunst, aber zum Vortheile
der Kasse auch dann aufrecht, als die Comédie Française in
das neue Theater, Rue des Fossés Saint-Germain, über
siedelte. Es wurde am 18. April
dem „
hatte drei Logenreihen, Parquet und Amphitheater; die Mu
siker spielten auf einem Balcon, da der jetzige Orchester
raum als „Stehparterre“ für Herren diente. Die auf der
Bühne rechts und links angebrachten Zuschauerbänke redu
cirten die Breite der Scene auf fünfzehn, die Tiefe auf elf
Fuß; außerdem stand, ohne bestimmte Plätze, eine Menge von
Zuschauern im Hintergrunde und bildete eine Art Cercle um die
Schauspieler. Hier machten sich die Prunksucht, das Gecken
thum, oft sogar die Trunkenheit der Lebemänner breit und
zerstörten jede dramatische Illusion. Konnte es etwas Un
wahrscheinlicheres geben, als daß ein König in geheimer
Unterredung mit seinem Vertrauten oder ein einsam glück
liches Liebespaar von zweihundert Personen umringt war?
Während der ganzen Vorstellung, die tragischesten Scenen
nicht ausgenommen, dauerte das Gewäsch und Geschwätz
auf der Bühne. Diese Flügelmänner des Reichthums und
der Mode gingen, von Lakaien begleitet, beliebig aus und
ein, plauderten, gähnten und lachten, während die Schau
spieler ihre ganze Stimmkraft anstrengten, um den Lärm
zu übertönen. Oft wußte man nicht, ob der junge Herr,
der eben eintrat, der Liebhaber der Comödie sei, der seine
Rolle spiele. Der Schauspieler verfehlte fast immer seinen
Eintritt, kam zu früh oder zu spät, wie ein Gespenst trat
er aus der Zuschauermenge hervor, und wie ein Gespenst
verschwand er in derselben, ohne daß man sein Abgehen be
merkte. Bei einer Vorstellung von
die Bühne so dicht angefüllt mit Zuschauern, daß nur ein
einziger Schauspieler zum Auftreten kam, und
„
nicht weitergespielt werden. Diese stabile Einengung der
Scene erklärt theilweise die unerbittlich strenge Beobachtung
der „Einheit des Ortes“ in den älteren
men. Denn wie wäre es unter solchen Verhältnissen leicht
möglich gewesen, von Scene zu Scene den Palast in einen
Marktplatz, das Zimmer in einen Garten zu verwandeln?
Alle erleuchteten Köpfe sprachen gegen diesen unleid
lichen Mißbrauch; vergebens war ihr Rathen und Rügen.
Auch die Schauspieler litten nicht wenig unter der unwill
kommenen Nachbarschaft und hätten sie gerne verbannt,
wäre nur das pecuniäre Interesse nicht so mächtig gewesen.
Wie viel Unziemliches und Lächerliches ereignete sich nicht
fortwährend auf der von Stutzern belagerten Bühne der
Comédie Française. Bei einer Aufführung von
„
halbbetrunken auf seinen Bühnensitz zu, als gerade
die Verse zu singen hatte: „Nos prés, nos champs seront
sablés.“ Herr v.
seinen Namen und ohrfeigte sofort den Schauspieler, welcher
die Beleidigung stillschweigend hinnehmen mußte. Eines
Abends erging sich die Schauspielerin Dumesnil als ver
Zum Ueberflusse standen auch noch das Publicum auf
der Bühne und jenes im Parterre in offener Feindseligkeit
zu einander. Was oben Applaus erhielt, wurde in der Regel
unten ausgezischt. In der ersten Aufführung von
„
erregte, rief der Philosoph
jeden Augenblick höhnend herab: „So lache doch, dummes
Parterre, lache doch!“ Molière selbst kämpfte natür
Stühle unbewegliche Bänke angebracht wurden. Ein reicher
Gegner aus dem Parterre machte sich eines Tages den
Spaß, alle Krüppel und Buckligen, die er auf dem
Neuf
Platz zu versehen. Der Vorhang ging auf, und das Parterre
brach in ein tobendes Gelächter aus beim Anblick so vieler
Buckliger auf den vordersten Bänken der Bühne. Häufig
ging aber der Unfug weit über die Grenzen des Spasses.
Grobe Unordnungen, Prügeleien gaben Anlaß zu gericht
licher Untersuchung und zu wiederholten königlichen Ordon
nanzen, welche jede Ruhestörung im Theater verpönen und
namentlich den Officieren, Garden, Chevauxlegers und
Musketieren bei strenger Strafe verbieten, in das Theater
einzudringen, ohne zu bezahlen. Diese Verbote blieben jedoch
sämmtlich so gut wie erfolglos.
In der Oper, welche Maschinerie und Decorations
wechsel nicht entbehren kann, bereiteten die Zuschauerbänke
auf der Bühne begreiflicherweise noch weit ärgere Verlegenheit.
Sie wurden deßhalb auch in der Académie de musique viel
früher abgestellt, als im Schauspiel.
eine Anzahl reservirter Stühle, welche halb auf der Bühne,
halb zwischen den Coulissen standen. Auch dieses bescheidenere
Arrangement verursachte manche Störung. Die schöne, ge
feierte Mistress Bellamy erzählt selbst in ihren
In Voltaire mit all
eine vollkommene Action der Schauspieler und eine passende
Auswahl von Decorationen dadurch unmöglich gemacht. Nie
vergaß er die Unbill, welche seinem Trauerspiel „
ramis
der seiner Gruft entsteigende Schatten des
allgemeiner Heiterkeit durch einen Schwarm von Gecken
durchdrängen mußte. Das Stück fiel unter der Wucht dieser
Lächerlichkeit. Zwei Jahre später mußte
schen Schluß seines „
ähnliches Schicksal wie der „
Fragt man, wie es möglich gewesen, daß alle vernünf
tigen Einwendungen gegen einen unsinnigen Mißbrauch über
ein halbes Jahrhundert ohnmächtig verhallten? Weil die
artistische Frage zugleich eine Geldfrage war. So oft Dichter
und Kritiker für die erste eintraten, wies die große Mehr
zahl der Schauspieler (sie waren Mitinteressenten [Socié
taires] der Comédie Française) auf die zweite und protestirte
im Namen der Kasse.
diesen Unfug geeifert, wäre ihm nicht ein kunst
sinniger, reicher Privatmann in der Person des Gra
fen Lauraguais zu Hilfe gekommen. Dieser brachte
Die Wiedereröffnung des also umgestalteten Theaters
erfolgte am 23. April
es mit demselben Drama einzuweihen, welches die Schluß
vorstellung vor dem Umbau gewesen: den „
von
sonders großes Personal, sodann erleicherte es dem Pu
blicum das Urtheil über die Wirkung der neuen Einrich
tung. Anfangs war die Besorgniß verbreitet, es werde die
Bühne zu leer aussehen, wenn die Schauspieler sich oben
allein befinden; es bedurfte eines kleinen, von zwei Haupt
personen erfolgreich gespielten Conversationsstückes („
legs
dieses Vorspiel folgte die genannte Tragödie, die nun bei
vollkommener Freiheit der Schauspieler und glänzender
Scenirung einen überraschenden Effect erzielte. Die Jour
nale rühmten einstimmig die vortheilhafte Neuerung, alle
Welt war damit zufrieden, nur die von der Bühne ver
bannten Modeherren wütheten vor Zorn und zerschlugen am
ersten Abend alle Spiegel und Luster des Café Procope.
Voltaire jubelte, als er seinen Lieblingswunsch end