Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse Nr. 4100. Wien, Dienstag, den 25. Januar 1876 Hanslick, Eduard Wilfing, Alexander FWF Der Wissenschaftsfond.
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Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse Herausgegeben von Wilfing, Alexander Projektmitarbeiterinnen Bamer, Katharina Pfiel, Anna-Maria Elsner, Daniel Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage Wien 2025

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Nr. 4100. Wien, Dienstag, den 25. Januar 1876 Hanslick, Eduard Neue Freie Presse Morgenblatt Herausgegeben von Etienne, Michael Friedländer, Max Wien 25.01.1876
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Musik. (Die „Hugenotten“. Concerte.)

Ed. H. Am 29. Februar werden es — durch die Gunst dieses Schaltjahres — gerade vierzig Jahre, daß Meyerbeer’s Hugenotten“ in Paris zum erstenmale aufgeführt wurden. Dies ist das richtige Datum, wie es das authentische Ver zeichniß bei G. Chouquet bringt, während Castil-Blaze in seiner „Académie impériale“ (II. 248) irrigerweise den 26. Januar und Fétis in seiner „Biographie universelle“ ebenso irrthümlich den 21. Februar angibt. Also schon über Meyerbeer unverläß liche Daten bei den bekanntesten Fachschriftstellern, denen Alles nachschreibt! Als eine Art Vorfeier dieses vierzigsten Geburtstages brachte das Hofoperntheater vorgestern die „Hugenotten“ in durch aus neuer Scenirung. Die Ausstattung der Oper war im Laufe der Zeit etwas mißfärbig geworden, die Aufführung selbst zunehmend bequem und schleuderisch. Eine Auffrischung that in jeder Hinsicht noth, und Director Jauner hatte dazu in der Pariser neuen Oper die kräftigsten Anregungen empfangen. Die außerordentliche Mühe und Sorgfalt, die er persönlich auf diese Scenirung verwendete, ist durch gün stigsten Erfolg belohnt. Die glänzenden, historisch getreuen Costüme gewähren einen ebenso prächtigen Anblick wie die malerischen, dabei völlig ungezwungenen Gruppirungen der Ritter im ersten, der Damen im zweiten Acte. Das Er scheinen der Königin zu Pferde, die Berathung und die Schwerterweihe u. A. sind genau der Pariser Auffüh rung nachgebildet; auch selbstständige sinnreiche Züge — wie zum Beispiel daß Raoul, die Binde von den Augen lösend, nicht gleich vor der Königin steht, die erst halbver steckt sich an seiner Ueberraschung weidet — finden sich reich lich eingestreut. Um die Dauer der Vorstellung abzukürzen, hat die Direction den fünften Act mit wahrhaft grausamer Hand auf ein Minimum gekürzt und ihn mit dem vierten zusammengezogen. Da zwischen beiden trotzdem der Vorhang fällt (sei es auch ein „Zwischenvorhang“) und das Orchester eine gute Weile pausirt, so wird dieses Zusammenziehen in Einen Act doch im Grunde illusorisch und eigentlich nur ein abgekürzter

Zwischenact. Es war die Meinung verbreitet und wol auch ur sprünglich die Absicht vorhanden, in der neuen Scenirung der Hugenotten“ zugleich auch die Wiederaufnahme mancher bisher gestrichenen Musiknummern zu bringen. Diese Erwartung er füllte sich nicht; nur einige ganz kurze Stellen, die früher ohne rechten Grund und Sinn getilgt waren, sind restituirt, und selbst diese haben wir vor Jahren im alten Hause wiederholt gehört. (Das Ensemble in D-dur, Drei-Achtel-Tact, im ersten Finale, das Recitativ des Nevers im dritten Acte vor dem Eintritt Marcell’s, die paar Worte des Pagen im zweiten Act: „Ja, gnädig für alle Welt, nur nicht für mich!“) Ganze Musikstücke, welche nach wie vor wegbleiben, sind: der Damenchor (scène du bandeau) im zweiten Act — unbedeutend und entbehrlich — das sehr hübsche zwei stimmige Zigeunerlied in E-dur, die Es-dur-Romanze Valen tinens im vierten Act (um die nicht schade ist), endlich der Entreact, die Balletmusik und Raoul’s Arie zu Anfang des fünften Actes. Diese Scene ist sehr dramatisch gedacht: Raoul, von Valentine kommend, stürzt atemlos in das Hôtel de Nesle, wo die angesehensten Protestanten bei einem Ballfeste versammelt sind, und ruft die Ahnungslosen zur Rettung und Gegenwehr auf. Daß diese Scene überall (auch in Paris) wegbleibt, ist bei der enormen Länge der Hugenotten“ begreiflich. Man kann diese Oper unmöglich in der ganzen Ausdehnung der Original-Partitur geben und vielleicht auch noch das für die Alboni nachcomponirte fade Rondo des Pagen im zweiten Act zugeben. Gekürzt muß wer den, und ein Vorwurf ist diesfalls nur gerechtfertigt, wo Gutes weggestrichen wird, um für etwas neues Schlechtes Platz zu gewinnen. Und das hat man hier leider im dritten Act gethan, wo man den charakteristischen A-moll- Satz des Zigeunerballets herauswarf, um eine lange, langweilige und unpassende Ballet-Einlage einzuschieben, in welcher Fräulein Jaksch ein ganzes Museum von Luftsprün gen ausführt und zahlreiche uniformirte Mädchen als Solda ten erscheinen. Damit ist die ganze Stimmung dieser frischen Volksscenen gefälscht, und wir fühlen uns mit Einem Ruck aus der ernsten, historischen Oper in das Ausstattungs-Ballet und die Operette geworfen. Mit dem Einmarsch dieser lächelnden Amazonen hören die „Hugenotten“ auf und „Fa

tinitza“ beginnt. Wenn Meyerbeer’s allzu gefällige Nach giebigkeit solche Concessionen nachträglich machte, so brauchen wir hierin dem schlechten Pariser Vorgang nicht zu folgen. Gibt doch das Hofoperntheater — das Pariser nicht — wöchentlich zwei selbstständige große Ballette und damit den Liebhabern uniformirter Weiblichkeit Gelegenheit genug, sich abseits von den „Hugenotten“ zu erquicken. Wir würden die vollständige Rückkehr zu dem früheren einfachen Zigeunertanz für einen entschiedenen Gewinn der „Hugenotten“-Vorstellung halten. Arrangirt war das Alles freilich aufs glänzendste. Wir müssen dies überhaupt der ganzen Aufführung nach rühmen, mit der einzigen Einschränkung, daß man in der realistischen Lebendigkeit der Volksscenen zu weit ging. Das furchtbare Getümmel während des Zankchors im dritten Acte, eine Balgerei mit gezückten Schwertern, brachte einen Augenblick die gefährdeten Choristinnen außer Tact und Fassung. Noch derber, bis ans widerwärtig Häßliche, gestaltet sich das Gemetzel am Schlusse des letzten Actes mit dem unmäßigen Schießen, Stechen, Niederhauen und wirklichem Aufschreien und Aechzen der Getroffenen. Hier wird offenbar die Linie des ästhetisch Zulässigen gewaltsam überschritten. Hoffentlich gelingt es in den nächsten Reprisen, das Ueber maß von Heftigkeit und nervöser Unruhe, das den neuen Hugenotten“ noch anhaftet, zu dämpfen. Um die Zeitdauer der Oper noch etwas abzukürzen, wüßten wir ein gutes, oben drein musikalisch sehr heilsames Mittel: man verhalte die Sänger dazu, nicht so viele willkürliche Fermaten zu machen, sich nicht in jeden ihnen „gut liegenden“ Ton minutenlang hineinzulegen. Was namentlich Frau Wilt in diesem Be tracht leistete, auch Herr Müller und Fräulein Sieg städt, dürfte selbst dem liberalsten Capellmeister zu weit gehen. Wenn es in der Macht unseres tüchtigen Gericke läge, wir wissen, er würde gern abhelfen. Neubesetzt war außer den (vortrefflich gesungenen) kleineren Rollen nur der St. Bris, welchen Herr Scaria, bis auf einige zu sal bungsvolle Dehnungen, sehr effectvoll singt und spielt. Die übrigen Leistungen sind bekannt: die stimm- und bravour gewaltige Valentine der Frau Wilt, Rokitansky’s mächtiger Marcel, Müller’s jugendfrischer Raoul, die liebenswürdige Königin der Tagliana, der ritterlich feine

NeversBignio’s. Das große Duett im vierten Acte sangen Frau Wilt und Herr Müller mit großem Effect, fast mit zu großem, möchten wir sagen, um damit das Ueberwiegen des Aeußerlichen, Gewaltsamen, dramatisch und musikalisch Uebertriebenen zu kennzeichnen, wozu beide Künstler, in guter Absicht, ihr ruhigeres Naturell aufstachelten. Der Eindruck dieses Liebesduetts, das in seiner Vereinigung von melodiösem Reiz und dramatischer Leidenschaftlichkeit von keinem späteren Componisten erreicht ist, pflegt immer und überall der mächtigste in der ganzen Oper zu sein. Und doch lag dieses Duett, der Höhepunkt des Werkes, ursprünglich gar nicht in dem Plan des Componisten, sondern kam erst nachträglich, fast zufällig hinein. Daß es auf die Anregung und Bitte Nourrit’s geschah, des genialen Sängers, der sich in Neapel aus dem Fenster stürzte, weil er dem Publicum nicht gefiel, ist bekannt. Aber neu dürfte es vielen Lesern sein, daß die Idee dieses Liebesduetts schon mit Rossini’s Tell“ zusammenhängt. Diese Oper enthält eine Situation, ähnlich jener in den „Hugenotten“. Mathilde liebt Arnold, von der Partei der Feinde ihres Vaters, wie Valentine Raoul den Protestanten. Nourrit beklagte sich oft bei Ros sini darüber, daß auf den Rütli-Schwur im „Tell“ nicht eine Scene folge, welche das volle dramatische Interesse der Liebe Arnold’s und Mechtildens entwickle. Er schrieb selbst die Worte für das von ihm hinzugedachte Duett und be schwor Rossini, sie zu componiren und nachträglich in die Partitur aufzunehmen. Allein der „Tell“ war nun einmal fertig und hatte, so wie er war, gefallen; auf Nourrit’s wiederholte Bitten antwortete Rossini immer nur mit der scherzhaften Aufforderung: „Komm zu mir, wir wollen Maccaroni essen, die ich kochen werde.“ Bald kamen nun die Hugenotten“ mit ihrer dem „Tell“ vielfach verwandten Handlung. Bei einer Probe — man war eben bei der Schwerterweihe angelangt — brachte Nourrit seine Dichtung dem Componisten und empfahl ihm die Idee so warm und lebhaft, daß Meyerbeer, überzeugt, das Papier ihm aus der Hand nahm. Drei Tage nachher hatte der Maestro das be rühmte Duett Raoul’s und Valentinens componirt, diese schönste Nummer der Oper, weil Meyerbeer — wie unser Gewährsmann, der Tenorist Mario, sagt — darüber nicht fünf Jahre lang nachgedacht hat.

Unter den Concerten der letzten Woche glänzte vorzüg lich das des Pianisten Raphael Joseffy, welches ein ganz ungewöhnlich zahlreiches Publicum anzulocken vermochte. Ueber eine zweite Production der „schwedischen Quartett- Sängerinnen“ wäre nur oft ausgesprochenes Lob zu wieder holen; sie theilten diesmal den Beifall mit der Pianistin Fräulein Leopoldine Pfuhl. Endlich gab es eine Soirée im Musikvereinssaale, ausschließlich besorgt von Schülern des Herrn Anton Door. Augenscheinlicher konnte die pädagogische Kunst Door’s, welcher für jedes Talent den richtigen Wir kungskreis zu finden und selbst den mäßig Begabten wenig stens zur Correctheit und Fertigkeit zu bringen weiß, kaum demonstrirt werden, als durch diese Production. Einen zweiten, oft von uns gewürdigten Vorzug Door’s, seine inter essanten Programme, reservirt er nicht eifersüchtig für die eigenen Concerte, sondern überträgt ihn auch auf die Schüler- Productionen. Wir hörten eine ältere, aber wenig bekannte, vortreffliche Composition von Nottebohm, „Variationen über eine Sarabande von Bach, zu vier Händen“, ferner von einheimischen Componisten eine effectvolle „Taran tella“ für zwei Claviere von I. Brüll, endlich zwei Novi täten von Robert Fuchs. Die erste, „Improvisation“, fesselt durch sinnige, anmuthige Züge, die zweite, „Capriccietti“, ein Cyklus von Charakterstücken nach Schumann’schem Vor bilde, spinnt sich viel zu lang aus für den meist geringen, zerbröckelnden Ideengehalt. Geistreich und graziös erweist sich Saint-Saëns in seinen „Variationen über ein Beet hoven’sches Thema“ für zwei Claviere, etwas gesucht in seinem Rouet d’Omphale“, einem tonmalenden Genrestück, für welches der Titel „Symphonische Dichtung“ jedenfalls zu hoch gegriffen ist. Ausgeführt wurden diese und andere Clavierstücke von den Fräulein: Brauner, Groeber, Margulies, Neusser, Kmunke, Ott, Gold berger, Groag, Stark und Minna Walter. Es freute uns, in der blühendsten unter diesen Mädchengestalten die Tochter unseres ersten Tenoristen Walter zu erkennen, deren musikalische Empfindung und Sicherheit dem Namen ihres Vaters Ehre macht.

Das sechste Philharmonische Concert enthielt eine neue Symphonie, ein Beethoven’sches Concert und zwei Ouvertüren: zu Weber’sBeherrscher der Geister“ und

zur „Iphigenia in Aulis“ von Gluck, letztere wohlweislich mit dem edlen, stimmungsvoll ausklingenden Schlusse von Richard Wagner. Bekanntlich leitet diese Ouvertüre (wie jene zu „Don Juan“) unmittelbar in die erste Scene, weß halb sich bald das Bedürfniß nach einem formellen Abschlusse derselben für Concert-Aufführungen kundgab. Der vor Wag ner’s Bearbeitung gebräuchliche Abschluß gilt allgemein für eine Arbeit Mozart’s, obwol diese Vermuthung weit mehr Gründe gegen als für sich hat. Weder Jahn noch der Gluck-Biograph Anton Schmid vermochten einen Anhalts punkt zu finden, ob und wann Mozart einen Schluß zur „Iphigenia“-Ouvertüre componirt habe; desgleichen fehlt in Köchl’sMozart-Katalog“, der doch gewissenhaft Mozart’s Händel-Bearbeitungen u. dgl. aufzählt, die leiseste Erwäh nung. Noch lauter sprechen innere Gründe gegen Mozart’s Autorschaft, denn die angeblich Mozart’sche Bearbeitung (wenigstens das Exemplar der Philharmoniker) enthält nebst beigefügten Posaunen auch noch ein Bombardon (!), läßt das Contrafagott stets mit den Bässen gehen und die Posaunen mit roher Zudringlichkeit dreinschmet tern — lauter sehr unmozartische Züge. Auch stimmt die Erfindung zwar zu dem Geschmack jener Zeit, welche pomp hafte Ouvertürenschlüsse liebte, ja fast ausschließlich zuließ; aber für den feinen, vornehmen Sinn Mozart’s klingt sie doch gar zu banal. Jedenfalls verdient R. Wagner’s Schluß den entschiedensten Vorzug vor jenem angeblich Mozart’schen und dürfte ihn bald überall verdrängt haben. Wie Wagner’s ganze Bearbeitung der „Aulischen Iphigenie“, so ist auch sein Schluß der Ouvertüre pietätvoll und geist reich zugleich, poetisch und musikalisch schön; er beugt sich sinnig dem Geiste unserer Zeit entgegen, ohne den Boden Gluck’s zu verlassen. — Beethoven’sG-dur-Concert wurde von Frau Annette Essipoff mit all dem feinen Geschmack, der Sicherheit und Bravour gespielt, die wir schon früher an dieser eleganten Künstlerin zu bewundern Gelegen heit hatten. Nur wären etwas weniger lange Cadenzen dem Ganzen sehr zu statten gekommen; jene zum ersten Satze war ein förmlicher Staat im Staate und ein sehr moderner obendrein. Frau Essipoff wurde vom Publicum schmeichelhaft begrüßt und wiederholt gerufen. Als Novität erschien eine viersätzige Symphonie von Heinrich Hofmann, „Frithjof

überschrieben, welche in Berlin und anderen deutschen Haupt städten großen Beifall geerntet hat. Auch in Wien erlebte sie eine sehr günstige Aufnahme. Jeder Satz wurde applau dirt und der anwesende Componist, ein junger Mann von sehr einnehmender Persönlichkeit und bescheidenem Auftreten, wiederholt gerufen. Herr Hofmann kann mit der Aufnahme wie mit der Aufführung seines „Frithof“ in Wien zufrieden sein. Mit diesem selbst kann es auch Jedermann, dem ein klar gedachtes, faßliches, sehr elegant gemachtes, insbesondere farben reich instrumentirtes Werk als Symphonie genügt. Zu diesen Vorzügen kann man auch noch eine gewisse Frische der Em pfindung hinzurechnen. Was wir daran vermissen, ist die Originalität der Ideen und der wahrhaft symphonische Styl. Die Composition ist mehr Theatermusik und würde eine ganz passende Einleitung und Entreacts zu einer Oper „Frithjof“ abgeben. Ja Manches klingt geradezu wie eine Opernscene ohne Worte. Nur sehr vorübergehend hören wir jene echte, gesunde, objective Orchestersprache, zu der sich bei Mozart und Beethoven alle Instrumente vereinigen; jeden Augenblick drängt sich ein Solo-Instrument, Clarinette, Cello oder Waldhorn, mit einer gefühlvollen Phrase oder einer dramatischen Cadenz hervor. Leitmotive aus den ersten Sätzen kehren „bedeutungs voll“ im letzten zurück. Und nicht blos an den Opernstyl im Allgemeinen werden wir gemahnt, in der Clarinett-Melodie des ersten Satzes tritt uns Gounod’sJulia“ leibhaftig entgegen, und mehr als Eine Stelle, die uns bekannt vor kommen will, antwortet mit Wagner’s Worten: „Bin Lohen grin genannt.“ Man braucht kein Reminiscenzenjäger zu sein, um an dem Oboë-Motiv, das im sechsundzwanzigsten Tact des Adagios über tremolirenden Bässen auftaucht, eine starke Erinnerung an Schumann’s C-Symphonie zu finden, der zahlreichen Anklänge an Mendelssohn und Gade nicht zu er wähnen. Das Opernhafte steigert sich in dem Scherzo fast zum Balletmäßigen, spielen doch Glockenspiel und kleine Trommel eine Hauptrolle darin. Effect macht das allerdings und in gewissem Sinne die ganze „Frithof“-Symphonie. Als ein Erstlingswerk läßt dieselbe weitere, vielleicht zu voller Selbstständigkeit führende Fortschritte des talentvollen Com ponisten hoffen. Die Symphonie wurde gleich den übrigen Orchesternummern unter der Leitung Hanns Richter’s un vergleichlich schön ausgeführt.