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Ed. H. Während die Erinnerung an
Schwanengesang wol den Meisten erloschen ist, umgaukeln
uns Alle noch die Geistesfunken aus
Auf Ambros paßt wie auf Wenige
Dutzend andere herbeisprangen. Wer da meinte,
jage nach Bildern und Citaten, der irrte; im Gegentheil,
seine Einfälle jagten ihn, er war mitunter wie ein ver
folgtes Wild auf der Flucht vor seinem unbarmherzig all
gegenwärtigen Gedächtniß. War er vollends gerade vertieft
im Studium einer älteren Periode der Kunstgeschichte, so
drängten sich ihm in der Beurtheilung moderner Musiken
Analogien mit diesem oder jenem alten Meister so unwider
stehlich auf, daß er ganz übersah, bei wie wenigen Lesern
die Erudition und das Interesse für diese antiquarischen
Seitenblicke vorauszusetzen sei. Es fiel ihm schwer, über
Richard
Jahrhunderts, in die
dramatischen Experimente des alten Veronesers
zu gerathen. Einen gutgemeinten Spott über diese Passion
nahm er nicht übel, ja er lachte mit uns von Herzen, als
eines Tages der Redacteur der
mit der lakonischen Warnung: „Kein Monteverde!“
Wer Ambros lediglich aus seinen Schriften, nicht
hoffe ich den Lesern in einiger Zeit berichten und dabei einen
Rückblick auf seine literarische Thätigkeit werfen zu können.
In seinen intimen Briefen sprach sich
musikalische Dinge noch frischer und drastischer aus, als in
seinen Zeitungsartikeln, wo er, ebenso vorsichtig als nach
sichtig, die Stacheln seines Urtheils gern abzuschleifen liebte.
Schade nur, daß ich einen der eigenthümlichsten Reize von
ausgeführten Federzeichnungen, welche er fast in jedem seiner
kalligraphisch geschriebenen Briefe anbrachte.
Als ich Dr.
Beamter des Fiscal-Amtes und wohlbestallter Musikreferent
der
mich, den fast zehn Jahre jüngeren Studiosus, gar stolz und
glücklich. Durch mehrere Jahre genoß ich alle bedeutenderen
Musikaufführungen in
sie mit
versammelte sich häufig um
durch Vierhändigspielen, Debattiren und Kaffeetrinken aus
gefüllten Abende mit dem Namen „Davidsbündeleien“ beehrte,
in Nachahmung des von Robert Schumann (mehr in
welche ich mich gegen Niemanden lieber ausspreche, als gegen
dich.“ Das waren die musikalischen. Da berichtet er zum
Beispiel gleich über die Aufführung der großen
Ouvertüre
eigentlich die Mutter unserer ganzen heutigen Musik. Lachen
mußt’ ich, daß hinter mir Einer sagte: „I nun, ’s ist recht
viel Kunst darin, aber sonst —“ „Das ist nur lächerlich,
aber wirklich geärgert habe ich mich über einen Philister, der
zwei alten Schachteln eine pausbackige Lobrede der Oper im
selbstgefälligsten Ton, dem man anhörte, wie sehr sich der
Mann zum gnädigen Richter berufen fühle und wie er den
ganzen „
Einem Blick übersehe, vordeclamirte. Der verdammte Kerl
sollte
daß er wenigstens vom naturgeschichtlichen Standpunkte aus
mit Gade in E-moll hat mir nicht sehr gefallen. Man kriegt
„ Mendelssohn’s Tod,“ klagt
Pfeffer mit Löffeln gefressen,“ schreibt er nach der Auffüh
rung von Gluck’s „
candidaten herfällt, sich in die Geheimnisse des
Bürgerlichen Gesetzbuch
fiscalamtlicher Referent. Aber jener Mensch, der jetzt vor
Sebastian
Ideen zu großen Musiken trägt und Notenpapier beklext, das
ist
eine bloße Idee kann, und darum halte es für keinen
Scherz, für keine Kinderei, wenn ich auf meine Eigenschaft
als „
lachender Maske versteckt.“ Niemand wird
Zeugniß versagen, daß er seine Doppelrolle zeitlebens nicht
blos treulich, sondern auch glänzend durchgeführt hat. Oft
freilich schien das amtliche Joch ihn niederzudrücken, und die
Hofdecrete wollten nicht immer schmecken. Da flüchtete er zu
seiner geliebten Kunst und fühlte sich alsbald wie neugebo
ren. „Au fond bin ich noch immer der Alte; wäscht man
mir den Actenstaub mit etwas Hyppokrene ab, so guckt das
alte
wie ein Grobschmied nur am Sonntag waschen — und es
ist fatal, wenn Jemand, der sonst 365 Dichtertage des Jah
res hatte, nun auf 52 reducirt ist. Eben habe ich eine
vierhändige Pianoforte-Sonate zusammengeklext, die ich gern
mit dir spielen möchte. An einem Oratorium, einem höchst
curiosen Ding, skizzire ich. Am wohlsten ist mir jedoch in
Sebastian
ganz verloren habe. Da ist Alles groß und gewaltig, wie in
der ersten Schöpfung; die Ichthyosauri und Plesiosauri
schwimmen darin herum, wie anderwärts die Haberfische,
und selbst das Farnkraut hat Baumhöhe. Sieht man, wie
der alte Perrückenmann aus nichts ganze Welten erschafft,
so kommt er Einem vor wie eine Gottheit, auf deren bloßes
„Werde“ endlose Schöpfungskräfte zu walten beginnen, wo
gegen man sich mit der eigenen Production erscheint, als
habe man mit vieler Mühe auf gewöhnliche Weise ein klei
nes rotziges Mädel erzielt. Und man läßt es Babi taufen
und freut sich sehr darüber.“
Die ungeheuchelte Ehrfurcht, mit welcher
vor allem Großen in der Kunst beugte, bildete einen seiner
schönsten Charakterzüge. Was er als groß verehrte, wie
schrankenlosem Enthusiasmus. Da ließ er keine Einwendung
gelten. Eine tüchtige Strafpredigt trug mir’s ein, als ich
einmal gegen den letzten Satz von
Symphonie
tion das Riesenwerk nur streifte und eigentlich der Affec
tation unmusikalischer Dilettanten galt, die gerade über Ton
sätze, für die sie kaum die Auffassung, unmöglich aber wahr
hafte Begeisterung aufbringen, sich völlig verzückt geberden
—
Stellen (den von mir citirten des Freudenhymnus) stellt
sich die Idee so hoch, daß ihr das materielle Tonkleid nicht
mehr genügt, daß ihr die vorhandenen disponiblen Mittel
nicht mehr zureichen, sie greift nach dem Unmöglichen,
was freilich Niemand leisten kann. Jene Mißgriffe sind eine
Beglaubigung des Genius, und Alles, was wir kleinen
Geister in unseren weihevollsten Stunden denken und schaffen
— auch unser Bestes — steht daneben klein und elend
da. Wie hättest du vor der heiligen Menschenliebe, die alle
die Millionen mit Einer Umarmung umfassen möchte, und
in dem 3/2 Adagio nicht den Schauer von der Nähe der
Gottheit gefühlt? Jenes Adagio in dem Chor-Finale ist die
einzige Musik, die mich Thränen gekostet hat, und nie
hat sich der menschliche Geist
diesem kleinen Adagiosatz und in dem Briefe Jean Paul.“
Ueber die großen Meister vergaß
wegs der Zeitgenossen und berichtete mir fleißig über die in
Lindpaintner’s Oratorium
Arien bis ins hohe B, und diese Fugen, in die sich der
Componist unentwirrbar verwickelt, sind wie der berühmte
Schöps, den
nern im Dornendickicht hängen geblieben!“
Die März-Revolution machte diesem beschaulich ruhigen,
blos von Musik und Literatur sich nährenden Leben bald ein
Ende. Zuerst hing auch in
„O
ruhig herumgehen, oder ist dein Gang ein unaufhörlicher
Longitudinar-Walzer? Preßfreiheit, Constitution, keine Naderer
mehr, und „der Urquell alles Uebels“ mit Gestank abge
zogen! Da reichen Worte allein nicht mehr aus,
sondern etwas wie: (folgt in Noten der Eintritt
des C-dur-Schlusses im Finale der
wäre noch ein würdiger Ausdruck unserer Empfindungen!“
Aber nur zu bald endet der Jubel unseres Freundes. „Auch
ich,“ klagt er im August
der Freiheit mitgemacht, und auch ich laborire an dem Katzen
jammer, den du in deinem Briefe schildert. Als reine Ta
fel gemacht worden, da hofften wir Alle, es werde das Größte
und Herrlichste darauf geschrieben werden und die heiligen
Worte, die uns begeisterten, in unverwischbaren Charakteren
dastehen. Leider aber waren gleich Kerle zur Hand, „zu malen
auf das Weiß, ihr Gesicht oder ihren —.“ Was für un
glaubliche Eselei, Rohheit, Verkehrtheit jetzt in hellem Son
nenlicht herumprunkt, muß man nur selbst sehen! Die
Gleichstellung beider Nationalitäten besteht
bei uns in Folgendem: (Zwei köstliche Federzeichnungen, Ge
genstücke, zeigen hier drei Czechen, die einen Deutschen, und
drei Deutsche, die einen Czechen durchprügeln.) Von dem,
was ich in diesen Tagen erlebt habe, könnte man vier Evan
gelien nebst Apostelgeschichte zusammenschreiben.“
nichts weniger als eine politische Natur, sein Interesse an
öffentlichen Angelegenheiten schwand rasch nach dem ersten
Freiheitsrausch; Verfassungskämpfe, Parteihader, das Alles
störte seine Cirkel. Seine fein besaitete Künstlernatur schreckte
zusammen vor dem Trommelwirbel der Politik.
mied es, wo er nur konnte, Partei zu nehmen, und da er
beider Landessprachen gleich mächtig war, so fiel es ihm
nicht schwer, mit den Czechen auf gutem Fuße zu bleiben.
„Da man in
Begegnenden „Guten Morgen!“ oder „dobre jitro“ sagen,
so habe ich mir einen eigenen Nationalitäten-Gleichstellungs-
Grunzlaut erdacht, der, langsam ausgesprochen und in seine
Elemente aufgelöst, die Sylben Emme-lem-blem! gibt und
noch wunderbarerer Nuancirungen fähig ist, als unseres
Freundes
lemblem ist es mir bisher gelungen, mit allen Parteien gut
Freund zu bleiben.“ (Federzeichnung:
jeder Hand, grüßt gleichzeitig nach rechts einen Deutschen,
nach links einen Czechen; aus seinem Munde flattert ein
„Emmelemblem!“ nach rechts, ein detto nach links.) In
den späteren Jahren seines
mit einer zahlreichen Familie und noch zahlreicheren Arbeiten
gesegnet war, kamen seine Briefe immer seltener, am häufig
sten noch als Empfehlungsschreiben irgend eines Musikers
oder einer Sängerin. „In Jean
von Leuten, die nach Flötenuhren tanzen — wir Beide cor
respondiren in Empfehlungsbriefen, denn außerdem kommen
wir selten dazu!“ Bald hörte unsere Correspondenz gänzlich
auf — glücklicherweise! Denn
füllt. Ein tröstender Gedanke mag es uns bleiben, daß
bros
glücklich im Kreise seiner trefflichen Familie, seiner ihm treu
anhänglichen Freunde, zufrieden mit seiner amtlichen wie mit
seiner journalistischen Thätigkeit, anerkannt, geehrt, geliebt
von Allen. Für die Kunstkritik, für das Lehramt, für das
Musikleben
Freunde noch weniger. Es gibt einfache Naturlaute des
Schmerzes, die mehr sagen, als lange Grabreden und Nach
rufe. „Was gäb’ ich darum, wenn ich den herauskratzen
könnte,“ sagte jüngst einer von
sich hin. Dieses Wort mit seiner herben, wahren Empfindung
schwirrt mir unaufhörlich im Ohre. Es fällt mir schwer, mit
einem andern zu schließen.