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Ed. H. Gestern hatten wir die „
als Schluß des ganzen Cyklus. Mit der nunmehr vollstän
digen Ausführung des
der Zukunft eine Macht der Gegenwart geworden. Aeußerlich
wenigstens und für den Augenblick. Auf kunstgeschichtliche
Weissagungen läßt der Kritiker sich ebenso ungern ein, als
ernsthafte Astronomen auf das Wetterprophezeien; so viel
jedoch hat uns jetzt die größte Wahrscheinlichkeit: daß der
Styl von die Musik der Zu
kunft sein wird, sondern höchstens eine von vielen. Viel
leicht auch nur ein Gährungsferment für neue, zum Alten
wieder rückgreifende Entwicklungen. Denn Wagner’s jüngste
als zwei Dinge innerhalb derselben Kunst nur sein können.
Man kann den „
und trotzdem die „
halten, ja eigentlich muß man es dann. Denn was das
Glück von
noch fortfährt, ist die stete Verbindung des schildernden,
specifisch dramatischen Elements mit dem Reiz der faßlichen
Melodie, die Abwechslung des Dialogs mit musikalisch ge
dachten und geformten Ensembles, Chören, Finalen. Alles was
an diese Vorzüge mahnt, hat
bis auf die Spur getilgt. Selbst die „
welchen die abgeschlossene Gesangsmelodie seltener, aber dafür
in einigen Pracht-Exemplaren auftritt (Preislied, Quartett,
Chöre im letzten Act), erscheinen daneben als ein musikalisch
reizvolles und gemeinfaßliches Werk.
Neues, von allem Früheren Grundverschiedenes, ein für sich
allein dastehendes Unicum. Als solches, als ein geistreiches, für
den Musiker unerschöpflich lehrreiches Experiment wird das
Werk seine bleibende Bedeutung haben. Daß es jemals ins
Volk dringen werde, wie die Opern
scheint mir aus der Natur desselben ganz unwahrscheinlich.
Drei Hauptpunkte sind es, welche diese Musik von allen bis
herigen Opern, auch von
scheiden. Erstens: das Fehlen der selbstständigen, abgeschlosse
nen Gesangsmelodien, an deren Stelle eine Art er
höhter Recitation tritt, mit der „unendlichen Melodie“ im
Orchester als Basis. Zweitens: die Auflösung jeglicher
Form, nicht blos der herkömmlichen Formen (Arie, Duett etc.),
sondern der Symmetrie, der nach Gesetzen sich entwickelnden
musikalischen Logik überhaupt. Endlich drittens: die Aus
schließung der mehrstimmigen Gesangsstücke, der
Duette, Terzette, Chöre, Finale, bis auf einige verschwindend
kleine Ansätze.
Hören wir des Meisters eigene Worte über seine neue
musikalische Methode in den „den dramatischen Dialog
selbst zum Hauptstoff auch der musikalischen Ausfüh
rung erhoben, während in der eigentlichen „Oper“ die der
Handlung um dieses Zweckes willen eingefügten Momente
lyrischen Verweilens zu der bisher einzig für möglich erachte
ten musikalischen Ausführung tauglich gehalten wurden. Die
Musik ist es, was uns, indem sie unabhängig die Motive
der Handlung in ihrem verzweigtesten Zusammenhange uns
zur Mitempfindung bringt, zugleich ermächtigt, eben diese
Handlung in drastischer Bestimmtheit vorzuführen; da die
Handelnden über ihre Beweggründe im Sinne des reflectiren
den Bewußtseins sich uns nicht auszusprechen haben, gewinnt
hier der Dialog jene naive Präcision, welche das Leben des
Dramas ausmacht.“ Das liest sich sehr schön, aber in der
Ausführung ist totale Verschmelzung von Oper und Drama
nach wie vor ein Wahn.
gebliche Gleichberechtigung von Wort und Ton gleichmäßig
die Wirkung des einen wie des andern. Der Ton will sich
ausbreiten, das Wort weiterdrängen, darum gehört natur
gemäß der fortlaufende Dialog dem Drama, die gesungene
Melodie der Oper. Diese Scheidung ist nicht das Widerna
türliche, im Gegentheile ist
gattungen in Eine aufzuheben, widernatürlich. Das unna
türliche Singsprechen oder Sprechsingen der
„
Dramas, noch das gesungene der Oper. Ersteres schon darum
nicht, weil man bei den meisten Sängern den Text gar nicht
versteht, und selbst bei den besten nur stellenweise. Da aber
der scenischen Wirkung wegen der Zuschauerraum des „Fest
spielhauses“ gänzlich verfinstert wird, so entfällt jede Mög
lichkeit, im Textbuche während der Vorstellung nachzusehen.
Wir sitzen daher rathlos und gelangweilt diesen unendlich
langen Dialogen der Sänger gegenüber, gleichzeitig dürstend nach
der deutlichen Rede, wie nach der allzeit verständlichen Melodie.
Und was für ein Dialog! Niemals haben Menschen so mit
einander gesprochen (wahrscheinlich auch Götter nicht). Hin-
und herspringend in entlegenen Intervallen, immer langsam,
pathetisch, übertrieben, und im Grunde Einer genau wie der
Andere. Nachdem im „Musikdrama“ die handelnden Perso
nen nicht durch den Charakter ihrer Gesangsmelodien unter
schieden werden, wie in der alten „Oper“ (
und
Sprechtons einander sämmtlich gleichen, so trachtet
diese Charakteristik durch sogenannte Erinnerungs- oder Leit
motive im Orchester zu ersetzen. Bekanntlich gab
dieser musikalisch-psychologischen Hilfe eine größere Ausdeh
nung schon im „
sie zum Uebermaß in den „
in den „
behält man die paar melodisch und rhythmisch prägnanten Leit
motive des „
bahrt
wortet uns eine hier überall zum Verkauf ausgebotene Bro
schüre von H. v. Thematischer Leit
“, ein musikalischer
an. Mit wenigen Ausnahmen (Walkürenritt, Walhalla,
Ambosmotiv,
„
Prägung, aus wenigen Noten bestehend und einander häufig
ähnelnd. Nur ein ungewöhnlich begnadetes Ohr und Ge
dächtniß wird sie alle zu behalten vermögen. Und gelingt
uns dies, haben wir wirklich erkannt, daß das Orchester
hier eine Anspielung auf die Götter, dort auf die Riesen,
dann auf die Götter und Riesen zugleich macht —
was ist damit Großes gewonnen? Ein reiner Ver
standesproceß, ein reflectirtes Vergleichen und Beziehen —
die
über sich hinaus. Ein volles Genießen und Empfinden wird
unmöglich, wenn Verstand und Gedächtniß ununterbrochen
auf der Lauer stehen sollen, um Anspielungen zu fangen.
Diese mystisch-allegorische Tendenz in
ring
„
kung einbüßt, weil der Dichter so viel „hineingeheimnißt“
hat, was nun als Räthsel den Leser quält. Manches gol
dene Wort, das Vischer in seinem neuesten
durch sich selbst verständlicher, abgeschlossener Organismen.
Die Meister gaben uns in der „Oper“ Musik, die durch die
Einheit verständlich, durch ihre Schönheit erfreuend und
dabei durch ihre innigste Uebereinstimmung mit der Hand
lung dramatisch war. Sie haben hundertfach gezeigt, daß
die von
gleich eminent dramatisch sein und in mehrstimmi
gen Sätzen, namentlich in den Finales, die fortschreitende
Handlung energisch zusammenfassen und abschließen kann.
Den mehrstimmigen Gesang, Duette, Terzette, Chöre, als
angeblich „undramatisch“ aus der Oper entfernen, heißt die
werthvollste Errungenschaft der Tonkunst ignoriren und um
zwei Jahrhunderte zurück wieder in die Kinderschuhe treten.
Es ist der schönste Besitz, der eigenthümlichste Zauber der
Musik, ihr größter Vortheil vor dem Drama, daß sie zwei
und mehrere Personen, ganze Volksmengen kann zugleich
sich aussprechen lassen. Diesen Schatz, um den der Dichter
den Musiker beneiden muß, wie dies Schiller bei der
unruhigen Scenenwechsel und der Ueberfülle an Handlung in
unserer „großen Oper“ unterscheidet sich der „
am vortheilhaftesten gerade durch diese Einfachheit. Allein
eine geradezu epische Breite darf das Drama nicht dergestalt
auseinanderzerren. Es ist schwer, zu begreifen, wie ein so
theaterkundiger, dramatischer Componist plötzlich allen Sinn
für Maßverhältnisse verlieren kann und nicht empfindet, daß
Gespräche, wie die des
mit
tern, ihn durch ihre unersättliche Redseligkeit nachgerade
gänzlich abstumpfen müssen. Für die unerhörte Länge der
Walhalla-Scenen im „
ten Acte der „
ried
oder musikalischen Grunde. Ein beredter Anwalt
der geistvolle Louis Ehlert, räth in seiner Kritik von
das Lenzlied
an das Waldweben und den Anfang des Liebesduetts im
dritten Stück. In der
beobachten, wie jede solche Knospe einer aufblühenden Me
lodie von den Zuschauern mit sichtlichem Entzücken wahr
genommen und förmlich ans Herz gedrückt wird. Erscheint
gar nach zweistündiger monodischer Steppe ein Stückchen
mehrstimmigen Gesangs — die Schlußaccorde der drei
töchter
am Schlusse des Liebesduetts im „
es wie ein freudiger Erlösungsschauer nach langer
Gefangenschaft über die Mienen der Hörer. Das sind
sehr beachtenswerthe Symptome. Sie geben lautes
Zeugniß, daß die musikalische Natur im Menschen sich
auf die Länge nicht verleugnen, nicht knebeln läßt,
daß die neue Methode
lebter Traditionen, sondern ein Angriff auf die uns ein
geborene und durch jahrhundertelange Erziehung ausgebildete
musikalische Empfindung ist. Und mag dieser Angriff auch
mit den glänzendsten Waffen des Geistes unternommen sein
— die Natur widersteht ihm und wirft den Belagerer ge
legentlich mit einigen Rosen und Veilchen zurück.
Die bildnerische Kraft von
staunliche Meisterschaft seiner Orchester-Technik und zahlreiche
musikalische Schönheiten walten in den „
einer magischen Gewalt, der wir uns willig und dankbar ge
fangen geben. Diese Einzelschönheiten, welche sich gleichsam
hinter dem Rücken des Systems einschleichen, hindern nicht,
daß dieses System, die Tyrannei des Wortes, des me
lodielosen Dialogs und der tristen Einstimmigkeit den Todes
keim in das Ganze legt. Mit dämonischem Zauber umfängt
uns die fremdartige Farbenpracht, der berückende Duft des
Orchesters im „
Venusberge nach den liebgewohnten Glockenklängen der Erde,
so sehnen wir uns bald aus tiefstem Herzen nach dem me
lodischen Segen unserer alten Musik. „Hör’ ich sie nie, hör’
ich sie niemals wieder?“