Ein Jubiläum.
(Denkwürdigkeiten aus dem Leben von Frau
Marchesi.)
Ed. H. Es war gegen Ende des Jahres 1854, daß in
einer der so genußreichen Musiksoiréen des Hofrathes Vesque
v. Püttlingen (J. Hoven) zwei neue Erscheinungen auf
tauchten. Sie wurden uns als „Herr und Frau Mar
chesi“ genannt, ein Sängerpaar, das, von Liszt, Meyerbeer
und anderen Größen an Vesque empfohlen, in Wien zu
concertiren gedenke. Noch ehe sie sangen, hatten die Beiden
alle Sympathien erobert — man konnte in der That kein
stattlicheres, anmuthigeres junges Ehepaar sehen. Ans Cla
vier gebeten, sang Frau Marchesi mit geistvollem Vortrag
deutsche, französische, italienische Lieder, dem Musik- und
Sprachgeist jedweder Nation gleichmäßig gerecht. Ihr Gatte,
Salvatore Marchesi, bewährte sich in einigen Arien von
Mozart und Cimarosa gleichfalls als vorzüglicher Sänger,
als „buffo cantante“ von echt italienischem Talent und
Temperament. Mit den Vorträgen der beiden Gäste war
keineswegs auch das Interesse für sie zu Ende. Frau Mar
chesi erzählte am Theetisch von fremden Ländern und
Musikmenschen mit so scharfer Beobachtungsgabe und feinem
Verständniß, daß die ganze Gesellschaft ihr vergnügt zuhörte
und die Nachbarn sich schließlich zuflüsterten: „Das wäre
eine Acquisition für Wien!“ Und sie wurde es. Vesque
v. Püttlingen, selbst ein vorzüglicher Sänger und Vorstand der
Gesellschaft der Musikfreunde — also diesfalls die Einsicht
und die Macht in Einer Person — vermittelte das Engage
ment der Frau Marchesi als Gesanglehrerin am Wiener
Conservatorium. Mit zwei Unterbrechungen (Paris und
Köln) hat Frau Marchesi seither ihre ganze Thätigkeit in
Wien entfaltet, und überblickt man die Namen ihrer zahl
reichen Schülerinnen, welche auf allen ersten Opernbühnen,
zum Theil als Celebritäten, glänzen, so muß man, ohne
Vorliebe oder Abneigung, die Thatsache anerkennen, daß
Frau Marchesi gegenwärtig für die erfolgreichste Gesang
lehrerin in Europa gilt. Die beiden schönen Gedenktage,
welche sich ihr in dem heutigen Datum vereinigen — ihre
silberne Hochzeit und ihr 25jähriges Lehrer-Jubiläum —
lassen Frau Marchesi auf ein reichbewegtes, arbeitsvolles
Leben zurückblicken. An Ausdauer und zielbewußter Energie
kann sie jedem Kunstjünger zum Vorbild dienen. Wir glau
ben deßhalb nicht fehlzugreifen, wenn wir am heutigen Tage
einige Denkwürdigkeiten aus dem Leben der Jubilarin hier
mittheilen. Es geschieht dies auf Grund einer ausführlichen
Selbstbiographie, welche Frau Marchesi der Redaction
der „Neuen Freien Presse“ zur Verfügung gestellt hat und
die wir auszugsweise, mit möglichst getreuer Anlehnung an
ihre eigenen Worte, hier benützen.
Mathilde Marchesi ist am 26. März 1826 in
Frankfurt a. M. geboren. Im Hause ihres Vaters, des an
gesehenen Großhändlers Graumann, genoß sie eine glück
liche Kindheit und sorgfältige Erziehung. Lust und Talent
zum Gesange regten sich früh in dem aufgeweckten und uner
müdlich fleißigen Mädchen. Plötzlich durchschnitt eine schrille
Dissonanz die glückliche Jugendzeit: Vater Graumann verlor
sein ganzes Vermögen; Mathilde mußte daran denken, sich
eine Existenz zu gründen. Sie wollte sich der Kunst widmen;
ihre Familie war dagegen und bestimmte sie gegen ihre
Neigung zur Erzieherin. Mathilde fügte sich ohne Murren
und wurde im April 1843 von einem Freunde der Familie
zu ihren Tanten nach Wien gebracht. Diese Tanten (Schwestern
von Mathildens Vater) empfingen sie sehr freundlich; die
eine davon erscheint sogar als eine gute Vorbedeutung für
die musikalische Zukunft der Kleinen. Es war dies die als
ausgezeichnete Clavierspielerin und Freundin Beethoven’s be
kannte Dorothea v. Ertmann, Witwe des k. k. Feld
marschall-Lieutenants Ertmann. Sie hatte für ihre Nichte
bereits eine Stelle als Erzieherin bei der gräflichen
Familie N. gefunden, wo Mathilde die Obhut über ein
kränkliches sechsjähriges Kind übernehmen sollte. Mathilde
erklärte sich mit Allem zufrieden, wenn man ihr nur
Zeit lassen wolle zu ihren Gesangsstudien. So wurde denn
vereinbart, daß die junge Gouvernante einen Jahres
gehalt von hundert Gulden und zweimal wöchentlich
Gesangsunterricht bei dem besten Meister erhalten sollte.
Da erbot sich Mathildens verheiratete Schwester, ein kleines
Kapital zu opfern, um Mathilden aus den Banden eines
ihr nicht zusagenden Berufes zu befreien und das Musik
studium in Wien ihr zu ermöglichen. Mathilde jauchzte über
diese Wendung und verblieb vorläufig bei den Tanten. Do
rothea v. Ertmann erzählte ihr da einen charakteristischen
Zug von Beethoven. Es war ihr nämlich unbegreiflich
gewesen, daß dieser, ihr alter treuer Freund, sie nach dem
Tode ihres geliebten einzigen Kindes nicht besucht hatte. Da
tritt nach mehreren Wochen Beethoven bei Frau v. Ertmann
ein, setzt sich, ohne ein Wort zu sprechen, ans Clavier und
phantasirt lange Zeit in Klängen, die der betrübten Mutter
wie Engelschöre vom Himmel erschienen. Dann drückte er
ihr stumm die Hand und ging wieder. Dorothea v. Ert
mann (der bekanntlich die Sonate Op. 101 von Beethoven
gewidmet ist) nahm auch auf das Clavierspiel Mathildens
günstigen Einfluß. Es kam der Winter, und der ersehnte
Gesangsunterricht sollte beginnen; Otto Nicolai, der
Begründer der Philharmonischen Concerte in Wien und Ca
pellmeister am Hofoperntheater, wurde Mathildens Lehrer.
Sein Unterricht förderte unsere junge Sängerin nicht son
derlich; Nicolai gestand ihr selbst, er verstehe sich besser auf
das Einstudiren von Opernpartien, als auf die Stimmbildung.
Mehr profitirte sie mittelbar durch den Besuch der trefflichen
Concerte und der Oper, welche damals mit Staudigl,
Jenny Lutzer, Hasselt etc. in schönster Blüthe stand.
Joseph Dessauer studirte Mathilden viele seiner
Lieder ein und accompagnirte sie in Gesellschaften.
Als im Frühling mit der Italienischen Oper auch Madame
Viardot-Garcia in Wien einzog, wagte es Mathilde,
ihr etwas vorzusingen und um ihr Urtheil zu bitten. „Sie
sind auf falschem Wege,“ hieß es, „Sie sollten zu meinem
Bruder Garcia nach Paris gehen.“ Mathilde wünschte sich
nichts Besseres, umsomehr, als Otto Nicolai sich um ihre
Hand bewarb, dieser Verbindung aber die größten Schwierig
keiten im Wege standen. Ihre künstlerische Laufbahn wollte
Mathilde nicht aufgeben; sie eilte deßhalb vorläufig nach
Frankfurt zurück, ihren Eltern das Pariser Project mitzu
theilen. Niemand war damit einverstanden. Da faßte das
energische Mädchen den Entschluß, Gesangsunterricht zu geben,
um sich allmälig die Mittel zu ihrer eigenen Ausbildung
selbst zu erwerben. Das Glück begünstigte sie; zahlreiche
Schülerinnen wurden ihr anvertraut, insbesondere nachdem
sie selbst zum erstenmal öffentlich gesungen hatte. Das geschah im
August 1844 in einem Concert, das die jugendlichen Violin-
Virtuosen Joseph und Georg Hellmesberger in Frank
furt gaben. In demselben Jahre hatte sie das Glück, Men
delssohn-Bartholdy kennen zu lernen und auf das
freundschaftlichste in seinen Familienkreis aufgenommen zu
sein. Mendelssohn verweilte gern und häufig in Frankfurt,
der Vaterstadt seiner Frau, und da gab es dann Landpar
tien, wobei im Freien Mendelssohn’s Quartette gesungen
wurden und der Meister selbst auf der Orgel irgend einer
Dorfkirche phantasirte. Auf Mendelssohn’s Empfehlung sang
Mathilde auf dem Düsseldorfer Musikfeste die Altpartien in
Händel’s „Josua“ und in der „Walpurgisnacht“. Der ent
schiedene Erfolg dieses Auftretens, dazu ein bereits erspartes
hübsches Sümmchen rückten sie ihrem ersehnten Ziele, Paris,
bedeutend näher. Mendelssohn freilich war dagegen; er
behauptete, in Paris sei mehr Affectation als wahre Kunst
und echtes Gefühl vorherrschend. Aber die Ungeduld Ma
thildens war nicht länger zu bändigen, und so reiste sie denn
im Herbst 1845 mit dem Claviercomponisten Jaques Ro
senhain und dessen Frau nach Paris.
Ihr erster Weg war zu Manuel Garcia. Der be
rühmte Singlehrer lobte ihre Stimme, erklärte aber, daß sie
einer vollständigen Ausbildung, nicht blos einer „letzten“,
bedürfe und daß mehrere Jahre dazu erforderlich sein wür
den. Mathilde fühlte sich wie vom Blitz getroffen — ihre
Ersparnisse waren nur für sechs Monate berechnet. Doch
auch diesmal fand sich Hilfe in der Noth, Hilfe durch Frank
furter Freunde, welche Mathilden eine monatliche Rente zu
sagten bis zur Vollendung ihrer Studien. Auch ein Unfall
ihres Meisters kam ihr eigenthümlich zu statten. Garcia
hatte im Frühjahr 1847, vom Pferde stürzend, den Arm
gebrochen und übergab für längere Zeit seine Privatschüle
rinnen dem Unterricht Mathildens. So lernte diese, lehrend
und von den Rathschlägen des Meisters geleitet, ihr Bestes.
Nach zwei Jahren ununterbrochenen Studiums in Paris
wendete sich Mathilde auf den Rath ihrer Freunde nach
Mailand, um dort ein Engagement zu suchen. Sie traf dort
zur ungünstigsten Zeit ein, die meisten Theater waren ge
schlossen, die Revolution im Anzuge. Ihr früherer Gesang
lehrer Ronconi, damals in Mailand, wollte ihr eben einige
Abschiedsworte ins Stammbuch schreiben, als die Sturm
glocke ertönte. (Das Stammbuchblatt lautet: „Milano, 18
Marzo 1848 a ore 12 di mattino, momento dell’ insur
rezione. Addio! Felice Ronconi.“) Unter solchen Umständen
war an eine Abreise nicht zu denken. Mehrere qualvolle
Tage und Nächte verbrachte Mathilde mit einigen Damen
versteckt in einem Gartensalon des Raimondi’schen Palais.
Endlich wendete sich das Glück auf Seite der Italiener, und
die gefangenen Damen verließen betend und hungernd ihr
Versteck. Hören wir, wie Frau Marchesi selbst diese
interessante Episode schildert:
„Es war an einem sonnigen Märzmorgen, als wir den
großen Hof betraten. Die Pflastersteine waren aufgewühlt,
vor dem Palais standen zwei riesige Barricaden, welchen
man die feinsten Möbel, Claviere etc. geopfert hatte. Aus
weiter Ferne hörte man noch Kanonendonner. Mitten im
Hofe stand Signor Ronconi, seinen Degen schwingend und
mit den Worten: „So breche ich meinen Eid mit Oester
reich!“ mitten entzweibrechend. Selbigen Tags lud der
Marchese Raimondi uns ein, bei ihm zu speisen. Ich war
bei dieser Gelegenheit kein willkommener Gast. Man hielt
mich für eine Oesterreicherin, denn der Portier hatte aus
gesagt, daß ich viele Briefe aus Wien erhalte. Kaum hatten
wir uns zu Tisch gesetzt, als ein italienischer Officier sich
meldete, um Rapport zu erstatten. Er übergab dem Marchese
mehrere Gegenstände, welche gefallenen österreichischen Offi
cieren abgenommen waren. Unter denselben befand sich auch
ein Brief. „Der Brief ist deutsch,“ sagte der Marchese. „Den
wird uns das Fräulein am besten übersetzen können.“ Kaum
hatte ich zu lesen angefangen, als Thränen meinen Blick
verdunkelten und die Stimme mir versagte. Der Brief war
gar so rührend. Ein junger Officier schrieb in den zärt
lichsten Ausdrücken an seine Mutter, daß er zu avanciren
hoffe und dadurch in den Stand käme, ihre Lage zu ver
bessern. Dieses treue Herz hatte aufgehört zu schlagen! Ich
rang noch nach Fassung, als der Marchese wüthend mit der
Hand auf den Tisch schlug und mich mit den Worten: „Via,
vile Austriaca!“ (Weg, feige Oesterreicherin!) aus dem
Zimmer jagte. Niemand hatte gewagt, ein Wort zu meiner
Vertheidigung zu sprechen. Ich war im Innersten empört,
doch kalt und gefaßt, flog die Treppe hinauf, schloß mich in
mein Zimmer ein, packte von neuem meinen Koffer und
legte mich halbtodt vor Aufregung und — ich schäme mich
nicht, es zu sagen, auch vor Hunger ins Bett. Den andern
Morgen um 4 Uhr stand ich auf und verließ das Palais,
dessen Thore bereits weit geöffnet waren.“
Es gelang Mathilden, von Mailand wieder nach Paris
zurückzukommen, wo sie durch ein volles Jahr den Unter
richt bei Garcia fortsetzte. In den Jahren 1849 und 1850
finden wir Mathilde als eine der gesuchtesten Concertsängerinnen
in London. Nach Beendigung der Saison wendete sie sich
nach Deutschland, wo sie bei Liszt in Weimar, bei Mo
scheles und David in Leipzig die freundlichste Aufnahme
fand und in letzterer Stadt mehrere Concerte gab. Es folgte
abermals ein Aufenthalt in London, der sich um so genuß
reicher gestaltete, als Mathilde in dem Hause des preußischen
Gesandten v. Bunsen und anderen liebenswürdigen
Familien heimisch geworden war. Sie veranstaltete 1851
eine Privat-Soirée, in welcher Mendelssohn’s Lieder
spiel: „Die Heimkehr aus der Fremde“ mit englischem Text
zum erstenmal in England aufgeführt wurde. Manuel
Garcia hatte selbst eine Rolle übernommen, desgleichen
einer seiner Schüler, der junge Sicilianer Salvatore Mar
chesi de Castrone, der bald in dem Leben unserer Sängerin
eine noch wichtigere Rolle spielen sollte. Salvatore Marchesi
und Mathilde Graumann wurden am 19. April 1852 in
Frankfurt vermält. Das junge Paar folgte gleich nach der
Hochzeit einer Einladung Meyerbeer’s nach Berlin, verlebte
dann wieder eine Saison in London und langte im Sep
tember 1854 in Wien an, um daselbst Concerte zu geben.
Ohne im entferntesten an einen bleibenden Aufenthalt in
Wien zu denken, fanden sich die Marchesi doch bald hier ge
fesselt. Frau Marchesi nahm die ihr angetragene Gesangs
professur am Wiener Conservatorium an, das, damals noch
in dem winkeligen alten Musikverein, auf bescheidenstem Fuße
eingerichtet war. Ihre Thätigkeit erwies sich gleich in dieser
ersten Zeit erfolgreich, aus welcher die berühmt gewordenen
Schülerinnen der Marchesi: Antonia Fricci, Gabriele
Krauß, Ilma v. Murska stammen. Von ihrem Lehrer
beruf ganz in Anspruch genommen, trat Frau Marchesi
nach der Concert-Saison 1854/55 nicht mehr öffentlich auf.
Mit einer einzigen Ausnahme, die kaum bekannt geworden und
doch seltsam genug gewesen ist. Das große Mozart-Jubiläums-
Concert sollte am 27. Januar 1856 unter Liszt’s Leitung
im großen Redoutensaal vor sich gehen. Frau Marchesi lag
fieberkrank zu Bett und trostlos, dem Concert nicht bei
wohnen zu können, als anderthalb Stunden vor dessen Beginn
ein Abgesandter Liszt’s bei ihr eintrat, sie beschwörend, den
Part der Elvira in dem „Don Juan“-Finale statt der plötzlich
verhinderten Frau Csillag zu übernehmen. Die Haupt
nummer des Festconcertes war verloren ohne den heroischen
Entschluß der Marchesi, welche aufsprang, sich ankleidete und
ohne Probe die Partie neben Ander, Staudigl und der
Tietjens auf das lobenswertheste durchführte.
Allerlei Mißhelligkeiten mit der Direction des Conservato
riums brachten Frau Marchesi zu dem Entschluß, im September
1861 ihre Stellung in Wien aufzugeben und — gefolgt von einer
Anzahl getreuer Schülerinnen — nach Paris zu übersiedeln.
Auch dort strömten ihr die Schülerinnen von allen Seiten zu.
Rossini nahm die Dedication ihrer „Vocalisen“ an, deren
Trefflichkeit er in einem liebenswürdigen Schreiben anerkannte.
„Ich liebe die tiefen Stimmen,“ sagte er eines Tages zu
Frau Marchesi, „will auch noch den Soprano giusto an
hören, aber die Sängerinnen, die immer in den höchsten Regionen
schweben und nicht einmal Voce di testa (Kopfstimme), son
dern Voce di capelli (Haarstimme) anwenden, die beleidigen
mein Ohr.“ Inmitten aller Annehmlichkeiten und Anerkennun
gen fühlte doch Frau Marchesi, daß das aufreibende Leben in Paris
ihre Gesundheit bedrohe. Die Aerzte drangen auf Luftwechsel
und ruhigere Lebensweise. So verließ denn Frau Marchesi
nach vierjährigem Aufenthalte Paris und willigte in den
Antrag Ferdinand Hiller’s, eine Stelle am Kölner Con
servatorium anzunehmen. Wer an das reichbewegte Leben in
Großstädten gewöhnt ist, der fühlt nicht leicht Befriedigung
in kleineren Kreisen, die ihm bald — gesellschaftlich wie künst
lerisch — monoton zu werden drohen. Frau Marchesi fand
kein Genügen in Köln, wo sie während eines dreijährigen
Aufenthalts nur zwei Schülerinnen für die Bühne aus
gebildet hatte. Sie folgte um so lieber wiederholter Berufung
nach Wien, als diese zugleich von der Nachricht einer
Reorganisirung des Conservatoriums und dessen Uebersied
lung in den neuen geräumigen Musikvereinspalast begleitet
war. Seither sind acht Jahre verflossen — acht Jahre an
gestrengter, aber erfolgreicher und vollauf anerkannter Thätig
keit Frau Marchesi’s in Wien.
Hier enden die uns vorliegenden Memoiren der ver
dienstvollen, ausgezeichneten Künstlerin, welche sich ihres
Doppel-Jubiläums in dem Bewußtsein redlich erfüllter Pflicht
und aus eigener Kraft errungener Erfolge freuen darf. Wir
haben ihren Aufzeichnungen nur den Wunsch beizufügen, es
möge deren weitere Fortsetzung noch dreimal so lang und
dreimal so glücklich ausfallen.