Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse Nr. 4710. Wien, Samstag, den 6. October 1877 Hanslick, Eduard Wilfing, Alexander FWF Der Wissenschaftsfond.
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Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse Herausgegeben von Wilfing, Alexander Projektmitarbeiterinnen Bamer, Katharina Pfiel, Anna-Maria Elsner, Daniel Sanz-Lázaro, Fernando Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage Wien 2026

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Nr. 4710. Wien, Samstag, den 6. October 1877 Hanslick, Eduard Neue Freie Presse Morgenblatt Herausgegeben von Etienne, Michael Friedländer, Max Wien 06.10.1877
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Der Landfriede.“ (Oper in drei Acten von I. Brüll. Erste Aufführung im Hofoperntheater am 4. October 1877.)

Ed. H. Als nach dem Erfolg des „Goldenen Kreuzesder Componist seinen Textdichter um ein neues Libretto an ging, da hatte Mosenthal’s feiner Opern-Spürsinn längst in dem „Landfrieden“ von Bauernfeld einen dankbaren Musikstoff herausgewittert. Der Schauplatz: Augsburg im sechzehnten Jahrhundert, mit seinem reichen, ehrsamen Bürger stande und den Resten eines wüsten Raubritterthums daneben; die sympathische Gestalt des Kaisers Max, des idealen „letzten Ritters“, gegenüber den komischen letzten Rittern vom Stegreif, Bofesen und Kapaun, dazwischen liebliche Mädchengesichter und stürmische Liebhaber, endlich Situationen von prädesti nirtem Operneffect, wie die Jagd, die Erstürmung der Bofesenburg, das glänzende Kaiserfest! Manches freilich, was dem Lustspiel die feinere geistige Würze verlieh, mußte weg fallen; so die individuelleren Charakterzüge des Kaisers und die von echt Bauernfeld’scher Ironie gebeizten Reden des Hofnarren Kunz von der Rosen. Im Uebrigen ist Mosen thal dem Bauernfeld’schen Original Scene für Scene, häufig Wort für Wort treu gefolgt, so treu, daß die Angabe des Theaterzettels: „Frei nach Bauernfeld“, uns befremdet. Auch wissen wir nicht, warum Mosenthal die Bezeichnung „komische Oper“ vermieden hat, welche seinem „Landfrieden“ so gewiß zukommt, als der Bauernfeld’sche ein Lustspiel ist. Nicht nur stehen die komischen Figuren in hellster Beleuchtung, auch die ernsten Scenen sind bei Bauernfeld und Mosenthal, fern von tragischem Pathos, in einem mittleren Conversationston gehalten, den allerdings Brüll’s Musik im zweiten Acte stellenweise mit der Leidenschaftlichkeit der Großen Oper ver setzt. Schade nur, daß Mosenthal sich eine wirksame Aende rung entgehen ließ, welche dem Operndichter erlaubt und leicht auszuführen war; wir meinen, er hätte die beiden köst lichen Figuren, Bofesen und Kapaun, welche bei Bauernfeld mit dem zweiten Acte verschwinden, am Schlusse des dritten noch einmal bringen sollen zur Belebung und Abrundung

des Bildes. Mosenthal’s Verdienst liegt übrigens keineswegs blos in der glücklichen Entdeckung des Stoffes, sondern auch in dessen äußerst geschicktem Umguß in die musikalische Form. Das Libretto des „Landfriedens“ besitzt den seltenen Vorzug einer vernünftig zusammenhängenden Handlung, welche Ernstes und Komisches zwanglos mischt und nicht von lauter stereo typen Opernfiguren in Bewegung gesetzt wird.

So vereinigt denn unsere Opern-Novität drei öster reichische, drei Wiener Namen guten Klanges: Bauernfeld, Mosenthal und Brüll. Bauernfeld, der Senior des deutschen Lustspiels, welcher mit jugendlicher Rüstigkeit der Vorstellung folgte, war in den Zwischenacten Gegenstand lebhafter Aufmerksamkeit; er schien uns umwogt von lauten und stummen Gratulationen. Daß Mosenthal fehle, hat gar Vielen den Abend schmerzlich getrübt. Am 4. October vorigen Jahres hatte er sich noch, bald auf der Bühne, bald im Parquet, an der ersten Aufführung seines „Goldenen Kreuzes“ erfreut, um dann nur zu schnell in jenen einzigen Land frieden einzugehen, dem „zu trauen ist“. Der Jüngste von den Dreien — er könnte den Jahren nach Mosenthal’s Sohn und Bauernfeld’s Enkel sein — ist Ignaz Brüll, der rasch in ganz Deutschland beliebt gewordene Componist des „Goldenen Kreuzes“. Wie eine geharnischte Patrouille mit dem österreichischen Wappen auf dem Schild escortirten diese drei Namen das neue Werk zu einem sicheren ein heimischen Erfolg, zugleich der einheimischen Kritik eine ge wisse wohlwollende Zurückhaltung zuwinkend. Es sind übri gens nicht blos patriotische Empfindungen, sondern gewichtigere Gründe artistischer Natur, welche Brüll’s „Landfriedenempfehlen. Fürs erste die regelmäßig beklagte und trotzdem unverrückt festsitzende Armuth an brauchbaren deutschen Opern-Novitäten, namentlich heiterer Gattung. Seit Lortzing’s Opern, dann Flotow’sMartha“ (1847) und Nicolai’sLustigen Weibern“ (1849), also seit nahezu dreißig Jahren haben eigentlich nur zwei komische Opern deutscher Herkunft eine allgemeinere und lebhaftere Theilnahme gefunden: „Die Widerspenstige“ von Hermann Götz und Brüll’sGoldenes Kreuz“. Ein außerordentliches Armuthszeugniß für unsere musikalische Productivität, ist das zugleich eine Mahnung, unsere An

forderungen in so schwerer Zeit nicht allzu hoch zu spannen. Das Publicum kommt dieser Mahnung gern und freiwillig nach. Daß Brüll’sGoldenes Kreuz“ sich binnen Jahres frist die meisten deutschen Bühnen eroberte und dieselben deutschen Bühnen bereits den „Landfrieden“ ungesehen, unge hört, gleichsam noch auf dem Halme angekauft haben, gehört zu den größten Erfolgen, deren ein Anfänger sich rühmen kann. Zu dem Mangel an Novitäten überhaupt trat noch ein zweiter Factor von Gewicht: das Bedürfniß nach einer einfach melodiösen, leicht aufzunehmenden und leicht auszu führenden Musik. Ohne diese im Publicum längst gährende Reaction gegen überwürzte, lärmende, endlose Opernmusik hätte die schüchterne Liebenswürdigkeit des „Goldenen Kreuzeswenigstens nicht in diesem Grade und in solcher Ausdeh nung gewirkt. Succès oblige. Herr Brüll that wohl daran, die Wirkung seiner ersten Oper nicht auskühlen, sondern rasch eine zweite, größere ihr folgen zu lassen. Sein „Land friede“ trägt im Großen und Ganzen dieselbe musikalische Physiognomie und behauptet dasselbe Niveau wie die Par titur vom „Goldenen Kreuz“ — es dürfte ihm demnach eine gleiche Carrière bevorstehen. In Norddeutschland zumal, wo man die deutsche Biederkeit musikalisch gern in breit spurig gemächlichen Melodien, gleichmäßigen Rhythmen ein hergehen sieht und eine gewisse Bequemlichkeit des Scherzes wie der Sentimentalität der südlichen Lebendigkeit vorzieht. Wie seinerzeit am „Goldenen Kreuz“, müssen wir auch an dem „Landfrieden“ den durchwegs deutschen Charakter der Musik loben, welche sich an Schubert, Weber, Kreutzer und Lortzing anlehnt, stellenweise auch den moderneren „deutschen“ Ton streift, den Wagner in den „Meistersingern“ so charak teristisch angeschlagen. In Brüll haben wir ein bescheidenes, aber anmuthiges und echt musikalisch geartetes Talent, dem mancher glückliche Treffer im Gebiete des Gemüthlich-Naiven, des Heiteren und Leicht-Sentimentalen gelingt. Er geht seinem Stoffe immer gradenwegs, ohne mysteriöse Umschweife entgegen und findet für jede Situation den richtigen, wenn auch selten einen tiefen oder zündenden Ausdruck. Brüll’s musikalische Er findung fließt etwas spärlich und meistens aus abgeleiteten Quellen, dennoch muthet sie uns freundlich an durch einen jetzt so selten gewordenen Zug von Ehrlichkeit und Naivetät.

Diese ungesuchte Naivetät hat freilich auch ihre Schwächen, ihre Gefahren: sie ist nicht genug wählerisch. Neben manchem hübschen Gedanken machen sich im „Landfrieden“ auch wieder alltägliche, abgeleierte Melodien breit, die man heutzutage Anstand nehmen sollte, niederzuschreiben. Wir geben dem Componisten zu bedenken, daß er jetzt einen Namen, einen rasch erworbenen Namen zu verlieren hat.

Ob der „Landfriede“ einen merklichen Fortschritt be deute gegen das „Goldene Kreuz“? Ja und Nein. In tech nischer Hinsicht, besonders in der Bewältigung größerer Formen, gewiß; das Strophenlied und die Romanze, im Goldenen Kreuz“ noch vorherrschend, treten im „Land frieden“ gegen die ausgeführte Scenenform und breitere En sembles zurück. Ob hingegen die reinmusikalische Erfindung im „Landfrieden“ reicher, kräftiger, origineller geworden sei, bleibe dahingestellt. Wir wüßten keine Nummer im „Land frieden“, die an frischer, runder Wirkung das Walzer-Finale im „Goldenen Kreuz“ erreichte. Auch von der komischen Ader Brüll’s hätten wir nach manchen glücklichen Ansätzen in seiner ersten Oper uns mehr versprochen, als er in der zweiten gehalten hat, wo sich ihm doch in Bofesen und Kapaun ein ungleich dankbarerer, ja beneidenswerther Stoff darbot. Diese beiden Figuren würden ohne die komische Maske und das drastische Spiel der Darsteller schwerlich komisch wirken; die Grandezza Bofesen’s neigt sich bei Brüll viel mehr zum Tragisch-Pathetischen, als zum Komischen, und Kapaun’s Humor behilft sich mit einigen Brosamen von Lortzing’s Tisch. In den komischen und heiteren Scenen bewegt sich Brüll’s Musik ganz eigen bedächtig und schwerflüssig, es will nichts recht vorwärts. Letzterer Vorwurf trifft in gewissem Grade auch die übrigen Partien der Partitur; es fehlt der Oper der rasche Fluß, die dramatische Schlagkraft. Der Componist geräth nicht ins Feuer und verräth immer gleich Lust zum Ausruhen. Musikalisch betrachtet, liegt die Schuld zumeist an dem Vorwalten der geraden Tactarten, der lang samen oder gemäßigten Tempi, vor Allem aber in dem monoto nen, gleichförmig fortpendelnden Rhythmus. Der Componist sollte in solchen Nummern das dürre Skelet des Tactschlages wenigstens mit dem blühenden Fleisch rhythmischer Mannichfalt bekleiden. Wo durch seine gleichförmigen rhythmischen Abschnitte

am Ende einer Gesangsphrase Lücken entstehen, macht sich Brüll das Ausfüllen derselben gar zu leicht, indem er entweder nur ein kleines Schwänzchen von vier Sechzehntelnoten ein schiebt oder bestenfalls eine schnelle Geigenscala herauf oder herunter. Diese Monotonie von Tact und Rhythmus, die immer vorauszusehende regelmäßige Periodisirung von zwei zu zwei und vier zu vier Tacten, die unfreie, fast immer an dem metrischen Schema der Verse klebende Rhythmik des Gesanges wirken im Verlaufe der Oper recht abspannend. Der Rhythmus ist die schwache Seite der meisten neueren Operncomponisten Deutschlands, und doch liegt vornehmlich in ihm das Geheimniß des dramatischen Lebens und die auf helfende Kraft selbst für eine melodisch unbedeutende Er findung.

Von den drei Acten des „Landfriedens“ gefällt uns am besten der erste. Das einleitende Duett der beiden Mädchen fließt in ruhiger Heiterkeit sehr anmuthig hin. Den alten Menzinger müssen wir hier wie überall geduldig in den Kauf nehmen und lassen uns auch den Wallfahrtsgesang der Mädchen gefallen, da man von der Frömmigkeit keine be sondere Originalität verlangt. Dem Buffo-Duett zwischen Bofesen und Kapaun fehlt es an Leben und Eigenthümlich keit, doch hilft hier der Text der Musik auf. Sehr hübsch präsentirt sich dafür das Terzett der Beiden mit Robert: „Halt, junger Herr!“ Es setzt gleich mit einem charakteristi schen, schärfer rhythmisirten Motiv der Bässe ein und ge winnt durch den Wechsel von Dreiviertel- und Viervierteltact einen lebendigeren Verlauf. Auf diese Nummer, welche uns die frischeste und abgerundetste in der Oper dünkt, folgt wieder eine gute Scene, wenigstens der sehr gute Anfang einer Scene: Kaiser Max tritt auf; wir hören das hübsche Jagdmotiv, das schon in der Ouvertüre gut angebracht ist, und hierauf eine äußerst zierliche Begleitungsfigur zu Kunzens Anrede an Max: „Ei, Gott bewahre!“ Nach einem kurzen Wettsingen Men zinger’s mit Kaiser Max um den Preis langweiliger Biederkeit stürzen die Mädchen angstvoll herbei und erzählen die Ent führung Käthchen’s in gut vertheiltem Wechsel von Solo und Chor. Aus dem sich anschließenden Finale hebt sich die kräf tige Behandlung des Chors hervor; an zwei zu oft wieder holten Stellen („Herr Kaiser, geht mein Kind mir wieder“

und „Dem Rechte Schutz“) würde der Rothstift ein gutes Werk thun. Der zweite Act beginnt sehr ungünstig mit einer flauen, den dramatischen Moment geradezu ignorirenden Einleitung (Katharina wird von Bofesen und Kapaun ge fangen in die Burg geschleppt), an welche sich ein Terzett zwischen den Dreien knüpft, welches für die Situation wie für den geringen Reiz der Themen entschieden zu lang ist. Das Trinklied Bofesen’s ist ebenso langweilig wie der dar auffolgende Chor ordinär. Mit Katharina tritt ein edleres Element auch in die Musik ein; ihre Arie wirkt, ohne von hervorstechender Originalität zu sein, durch die Innigkeit der Empfindung, übrigens durch den ausgezeichneten Vortrag der Frau Ehnn. Es folgt die große Scene zwischen Katharina und Robert, der sich mit einer sehr sangbaren, aber an Oft gehörtes erinnernden Cantilene in As-dur: „Käthchen, Eins darfst du mir glauben,“ einführt. Der Satz geht in Vier vierteltact, und wir bemerken bei diesem Anlasse, daß wir weit über die Mitte des zweiten Actes, bis in die sechste Scene hineingelangt sind, ohne einen andern als zweithei ligen Tact zu hören! Dabei (bis auf den Trinkchor) lauter Moderato und gleichförmige Rhythmen. Erst im weiteren Verlauf des Duetts singt Robert ein Andantino im Drei vierteltact („Fühlst du nicht ein süßes Mahnen?“), eine allerliebste, auch rhythmisch belebtere Melodie, unseres Erachtens die hübscheste in der Oper und von Müller mit hinreißender Wärme gesungen. Leider ist, was Robert weiter in dem langen Duett noch vorbringt, von billigstem Stoff und an alles Erdenkliche erinnernd. Nach diesen beiden weit ausgesponnenen sentimentalen Scenen müßte der komische Schluß des Actes (Bofesen und Kapaun verstecken sich im Keller) von schlagender Wirkung sein; der Componist bleibt aber hier dem großmüthig vorstreckenden Dichter so gut wie Alles schuldig. Der Beifall nach diesem Acte klang etwas gedämpft gegen den Erfolg des ersten. Der dritte Act bringt in seiner ersten Hälfte eine sehr kummervolle Scene Katha rina’s, unterbrochen von einem Ständchen Robert’s, dann ein Duett der beiden Mädchen mit Frauenchor — Stücke, die uns über das leidige Stocken der Handlung nicht zu täuschen vermögen. Aber Rettung ist nah’! Das Fest, das die Augsburger dem Kaiser Max im Prunksaale des Rath

hauses geben. Die Composition des Festmarsches wird Herrn Brüll keine Kopfschmerzen verursacht haben. Wenn man zwei Orchester (nach Art des Prophetenmarsches alternirend) incommodirt, einen Kaiser und die ganze Stadt Augsburg dazu, dann könnte man ihnen auch ein halbwegs originelles Marschthema spendiren. Glücklicherweise hat der Componist für den folgenden Fackeltanz ein besseres Motiv gefunden, ein feines, graziöses Violinthema, das sich den gemessenen Bewegungen der Tänzer vortrefflich anschmiegt. Dieser Fackel tanz, der in seiner prachtvollen Ausstattung, seinem histori schen Costüm, seiner vornehmen choreographischen Erfindung zu dem Malerischesten, ja Ueberraschendsten gehört, was man auf irgend einer Bühne sehen kann, bildete den Höhepunkt der Oper. Er nahm das Publicum vollständig gefangen, so daß das Wenige, was noch nachfolgt (ein sehr nüchternes Preis lied und einige Sentimentalitäten des Kaisers Max), nur ge ringe Aufmerksamkeit erregte.

Der Total-Eindruck der neuen Oper war überwiegend günstig. Das Zusammenwirken der Handlung, der trefflichen Darstellung, der historisch treuen und prächtigen Ausstattung mit der trotz ihrer Schwächen doch freundlich ansprechenden Musik erzielte eine Wirkung, die sich in der allseitig aus gelauschten Versicherung: man habe sich gut unterhalten, ihren entsprechenden Ausdruck findet. Eine bessere Aufführung des Landfriedens“, als die im Hofoperntheater, kann sich der Componist kaum wünschen und schwerlich irgendwo hoffen. Die beiden lyrischen Hauptrollen wurden von Frau Ehnn (Katharina) und Herrn Müller (Robert) mit feuriger Hingebung und zartestem Vortrag gesungen. Herr Scaria und Herr Schmitt lieferten als Bofesen und Kapaun zwei köstliche Chargen. Die anderen, minder umfangreichen, aber für das Ganze doch entscheidend wichtigen Rollen san gen in Fräulein Kraus (Brigitte), den Herren v. Bignio (Kaiser Max), Mayerhofer (Menzinger) und Alexy (Kunz) tüchtige Sänger und Darsteller. Der unserer Oper unentbehrlich gewordene Capellmeister Gericke hatte die Novität mit der ihm eigenen musterhaften Genauigkeit ein studirt. Für die Costüme und den Fackeltanz widmen wir den Herren F. Gaul und Telle ein Dankesvotum. Der Componist Herr Ignaz Brüll wurde mit den Darstellern der Hauptrollen nach jedem Act wiederholt gerufen.