Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse Nr. 8516. Wien, Donnerstag, den 10. Mai 1888 Hanslick, Eduard Wilfing, Alexander FWF Der Wissenschaftsfond.
Georg-Coch-Platz 2 1010 Wien Österreich Wien
Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse Herausgegeben von Wilfing, Alexander Projektmitarbeiterinnen Bamer, Katharina Pfiel, Anna-Maria Elsner, Daniel Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage Wien 2025

Sie dürfen: Teilen — das Material in jedwedem Format oder Medium vervielfältigen und weiterverbreiten

Bearbeiten — das Material remixen, verändern und darauf aufbauen und zwar für beliebige Zwecke, sogar kommerziell.

Der Lizenzgeber kann diese Freiheiten nicht widerrufen solange Sie sich an die Lizenzbedingungen halten. Unter folgenden Bedingungen:

Namensnennung — Sie müssen angemessene Urheber- und Rechteangaben machen, einen Link zur Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden. Diese Angaben dürfen in jeder angemessenen Art und Weise gemacht werden, allerdings nicht so, dass der Eindruck entsteht, der Lizenzgeber unterstütze gerade Sie oder Ihre Nutzung besonders.

Keine weiteren Einschränkungen — Sie dürfen keine zusätzlichen Klauseln oder technische Verfahren einsetzen, die anderen rechtlich irgendetwas untersagen, was die Lizenz erlaubt.

Hinweise:

Sie müssen sich nicht an diese Lizenz halten hinsichtlich solcher Teile des Materials, die gemeinfrei sind, oder soweit Ihre Nutzungshandlungen durch Ausnahmen und Schranken des Urheberrechts gedeckt sind.

Es werden keine Garantien gegeben und auch keine Gewähr geleistet. Die Lizenz verschafft Ihnen möglicherweise nicht alle Erlaubnisse, die Sie für die jeweilige Nutzung brauchen. Es können beispielsweise andere Rechte wie Persönlichkeits- undDatenschutzrechte zu beachten sein, die Ihre Nutzung des Materials entsprechend beschränken.

Maschinenlesbares Transkript der Kritiken von Eduard Hanslick.

Nr. 8516. Wien, Donnerstag, den 10. Mai 1888 Hanslick, Eduard Neue Freie Presse Morgenblatt Herausgegeben von Etienne, Michael Friedländer, Max Wien 10.05.1888
font-style:italic; font-weight:bold; Deutsch Transkribus OCR und Lektorat. Transformierung der Daten des Transkribus TEI-Export mit "editions.xsl". Formatierung und Referenzen eingefügt. Letztkorrektur für Zwischenrelease.
Maria Theresia und die Musik.

Ed. H. In diesen Tagen, wo die Gestalt der großen Kaiserin als mächtiges Erzbild vor unseren Augen empor wächst und uns lebhafter als sonst anregt, ihrem Wesen nachzudenken und nachzufühlen, fragen wir auch mit er neuertem Interesse nach ihrem Verhältniß zur Tonkunst und den Tonkünstlern. Maria Theresia besaß nicht gewöhnliche Empfänglichkeit und Begabung für Musik. Allerdings nicht in dem Maße, wie ihr Vater Karl VI. und ihr Sohn Joseph II., welche wir als leidenschaftliche Musikfreunde und eminente Musiker kennen. Maria Theresia hatte, wie sich dies von einer Tochter Karl’s VI. von selbst versteht, eine sehr sorgfältige musikalische Ausbildung genossen. Die berühmten italienischen Opern-Componisten Caldara und Hasse, dann der gefeierte Clavierspieler und Clavier-Componist Wagenseil waren ihre Musiklehrer. Bei den Opern und Balletten, welche nach der Sitte der Zeit von Mitgliedern der kaiserlichen Familie und des vornehmsten Adels in den Gemächern der Burg, Schönbrunn und Laxenburg „auf ge heimer Schaubühne“ (d. h. nicht öffentlich) aufgeführt wurden, pflegte die Erzherzogin in Gesang und Tanz sich vor Allen auszuzeichnen. Schon als siebenjähriges Kind mußte sie in einer Oper von Fux zur Feier des Kirchenganges ihrer Mutter, der Kaiserin Elisabeth, als Sängerin auftreten, so daß sie später einmal scherzhaft zu Faustina Hasse sagen durfte, sie glaube „die erste von den lebenden Virtuose zu sein“. Im Jahre 1739 sang sie (wie Burney erzählt) in Florenz ein Duett mit dem berühmten Senesino so schön, daß der alte Sänger vor freudiger Rührung weinte. Später, als der Ernst der Familien- und Regierungssorgen hart an sie trat, hat sie ihre musikalischen Fertigkeiten vernachlässigt. Aber sorgsam wachte sie darüber, daß ihre Kinder tüchtigen Musikunterricht erhielten. Bei einem kleinen Feste, das sie im October 1759 gab, spielte

Joseph auf dem Violoncell, Karl auf der Violine, ihre Schwestern Marianne und Marie auf dem Clavier. Im Ge sang waren Alle geübt; Joseph liebte es noch in viel späterer Zeit, als er schon Kaiser war, mit seinen Schwestern ge meinschaftlich Tonstücke aufzuführen.

Ein besonderes Interesse haben für uns die persönlichen Beziehungen der Kaiserin zu den großen Tondichtern, welche kürzere oder längere Zeit unter ihrer Regierung wirkten: Gluck, Haydn und Mozart. Am nächsten von diesen Dreien stand ihr Gluck. Er hatte sich nach seinem italienischen Aufenthalt 1751 in Wien bleibend niedergelassen und war Capellmeister der Oper geworden. In dieser Stellung schrieb er rastlos für die Hoffeste und für die Oper. Die italieni schen Dichtungen waren meistens von dem Hofpoeten Me tastasio verfaßt, der durch mehr als fünfzig Jahre in Wien gelebt und von Maria Theresia zahlreiche Gunst bezeigungen erfahren hat. Sie schrieb diesem unter Anderm einen überaus herzlichen Brief über eine von Metastasio ge dichtete komische Cantate: „Il Parnasso confuso“, welche 1763, mit Musik von Gluck, von den Erzherzoginnen Elisabeth, Amalia, Josepha und Carolina in Schönbrunn vorgetragen wurde. Metastasio’s Anhänglichkeit an die Kaiserin war auch so groß, daß er jeden Ruf zur Rückkehr in seine Heimat zurückwies. Nichts glich dem Schmerz, den er, der 82jährige Greis, bei dem Hinscheiden der Kaiserin empfand. Arneth, „Geschichte Maria Theresia’s“. Band IX, p. 285. Wie Metastasio, so kam auch Gluck häufig mit der Kaiserin und ihrer Familie in Berührung. Die Kaiserin ernannte ihn zum k. k. Hof-Compositeur mit 2000 fl. Gehalt. Gegen ihre sonstige Gewohnheit versah sie ihn mit Empfehlungsschreiben nach Paris, wo Gluck gleichzeitig von Marie Antoinette eine Pension von 6000 Francs erhielt. Maria Theresia beab sichtigte sogar (wie wir zuerst aus Arneth erfahren), Gluck’s Iphigenie in Aulis“ von den Sängern der Pariser Oper in Wien aufführen zu lassen. Der große Erfolg dieser Oper in Paris und die Huldigungen, welche ihre Tochter Marie Antoinette dabei erfahren hatte, erregten das Verlangen der Kaiserin danach. Die Aufführung sollte zur Feier der Anwesenheit ihres Sohnes, des Erzherzogs Ferdinand und seiner Gemalin Maria Beatrix in Wien stattfinden.

Da die Kaiserin auch ihren Sohn Joseph damit überraschen wollte, so wurde die Sache nur insgeheim betrieben. An der Schwierigkeit, die hervorragendsten Pariser Opernsänger für längere Zeit nach Wien zu bekommen, überdies an dem Kosten punkte, scheiterte das Project. Graf Lacy schlug der Kaiserin vor, als Ersatz Herrn Hamon mit seiner „troupe complète pour l’opéra comique française et des comédies françaises“ nach Wien zu berufen; die Gesammtkosten würden sich für ein ganzes Jahr nur auf 57,000 Francs oder ungefähr 23,000 Gulden belaufen. Die Kaiserin dankt dem Grafen für seinen Eifer, lehnt aber seinen Vorschlag ab. „Ich wage es nicht,“ schreibt sie am 16. Mai 1775, „die Berufung dieser Troupe auf mich zu nehmen. Ihr kennt die Empfind lichkeit des Kaisers in diesem Punkte. Anstatt ein Vergnügen zu bereiten, würde ich nur üble Laune und Kritik hervor rufen über diese armen Leute und über diejenigen, welche sie protegirten.“ Briefe Maria Theresia’s an ihre Kinder und Freunde.“ Herausgegeben von A. v. Arneth. Band IV. p. 409. So wurde denn den hohen Gästen zu Ehren eine komische Oper von Gluck: „La Cythère assiégéeauf dem Schönbrunner Schloßtheater gegeben, die der Kaiserin viel Vergnügen machte. Gluck selbst kehrte nach seinem Pariser Triumphe bleibend nach Wien zurück und überlebte hier die Kaiserin noch um sieben Jahre.

Gluck’s jüngerer Zeitgenosse, Joseph Haydn, ist mit der Kaiserin viel weniger in Berührung gekommen. Die eigentliche Glanzzeit Haydn’s fällt erst nach dem Tode Maria Theresia’s; auch war sein Aufenthalt in Wienin Folge der Anstellungen bei Fürnberg, Morzin und Eszterhazy — selten von längerer Dauer. Zweimal in Haydn’s Jünglingsjahren hat die Kaiserin vorübergehend in das Leben des später berühmten Componisten eingegriffen. Die erste Scene war nicht eben classischer Art. Der 13jährige Haydn war Sängerknabe in der kaiserlichen Hofcapelle und tummelte sich an einem Ferialtage mit seinen Kameraden im Schönbrunner Park. Die Buben kletterten an den noch aufgestellten Baugerüsten von Stock zu Stock lärmend hin auf. Wiederholt, aber immer vergebens hatte die Kaiserin von ihren Fenstern aus das waghalsige Treiben bemerkt und Be fehl gegeben, den Jungen das Herumklettern zu untersagen.

Endlich verlor sie doch die Geduld, ließ den Hofcapellmeister Reutter kommen und bezeichnete ihm voll Eifer namentlich einen blonden Dickkopf als den eigentlichen Rädelsführer. „Das ist der Sepperl!“ rief der Capellmeister. „Nun, so lass’ Er ihm einen recenten Schilling aufmessen,“ befahl die Kaiserin, und Reutter sorgte dafür, daß diese a. h. Aus zeichnung sofort ausgeführt werde. Der zweite Fall hatte etwas schlimmere Folgen. Maria Theresia pflegte alljährlich am Leopoldstag ihre Andacht in Klosterneuburg zu verrichten. Die Kirchenmusik wurde bei diesem Anlaß von der Hofcapelle ausge führt. Der Kaiserin fiel die schöne Stimme eines neuen Sänger knaben auf, und sie belobte dessen Solo um so nachdrücklicher, als sie längst bemerkt hatte, daß es mit der bisher sehr ge rühmten Stimme des gewöhnlichen Solisten stark abwärts gehe. Das war wieder unser armer Haydn. Er begann so auffallend zu mutiren, daß die Kaiserin scherzhaft zu Reutter äußerte, der Gesang des jungen Haydn sei eher ein Krähen zu nennen. Reutter verstand den Wink, setzte Haydn sofort gegen dessen von der Kaiserin belobten jüngeren Bruder Michael zurück und gab ihm bald darauf gänzlich den Ab schied. C. F. Pohl, „Joseph Haydn“, I., 17. Für Haydn kam nun eine Zeit der Rathlosigkeit, Verlassenheit und bitterer Entbehrung. Doch sollte es ihm später noch einmal beschieden sein, in gesicherter und ange sehener Stellung der Kaiserin gegenüberzustehen. Sie hatte sich entschlossen, am 1. September 1773 einen Ausflug nach Eszterhaz zu unternehmen, mit ihren Töchtern Maria Anna und Elisabeth und ihrem jüngsten Sohne Erzherzog Maximilian. „Ich gestehe,“ schrieb sie ihrer Tochter Marie Antoinette, „diese Vergnügungspartie kostet mich ein sehr großes Opfer; ich bin zu derlei Dingen nicht mehr ge macht.“ Arneth, „Geschichte Maria Theresia’s.“ Band IX., p. 289. Doch war sie nachträglich zufrieden mit dem Erfolg. Der prachtliebende Fürst Nikolaus Eszterhazy hatte das Lust schloß Eszterhaz aus einem Sumpfe hervorgezaubert und zu einem zweiten Versailles ausstaffirt. Hier residirte er den größten Theil des Jahres mit seinem zahlreichen Hofstaat, seinem Opernpersonal und seiner trefflichen von Haydn diri girten Musikcapelle. Der Kaiserin zu Ehren, die nie zuvor in Eszterhaz gewesen, waren die glänzendsten Feste und Lust

barkeiten vorbereitet. Am ersten Abend hörte Maria Theresia die komische Oper von Haydn: „L’Infedeltà delusa“, deren treffliche Ausführung sie zu dem Ausspruch veranlaßte: „Wenn ich eine gute Oper hören will, gehe ich nach Eszter haz.“ Der Oper folgte ein Maskenball, dann geleitete der Fürst der Kaiserin zu dem chinesischen Lusthause. Da spielte die fürstliche Capelle unter der Leitung Haydn’s, dessen C-dur-Symphonie, welcher dann der Name der Kaiserin beigelegt wurde. Haydn wurde der Monarchin vorgestellt und benützte die Gelegenheit, sie an den „recenten Schilling“ zu erinnern, der ihm auf ihren Befehl im Schönbrunner Schloßgarten ausgemessen worden, für welche allergnädigste Auszeichnung er sich nun nachträglich bedankte. Maria Theresia, die gerne an ihre in Schönbrunn verlebte glück lichste Zeit erinnert wurde, antwortete scherzhaft, mit dem Finger drohend: „Sieht Er, lieber Haydn, der Schilling hat doch seine guten Früchte getragen!“ Am nächsten Tage um 4 Uhr Nachmittags wohnte die Kaiserin einer Vor stellung im Marionetten-Theater bei, das zu den berühmtesten Specialitäten des Fürsten gehörte. Es wurde eine Oper von Haydn: „Philemon und Baucis“, nebst einem lustigen Vorspiele, „Jupiter’s Reise auf der Erde“, ge geben. Die Kaiserin war von der Maschinerie und den exacten Bewegungen der reich costümirten Puppen so an genehm überrascht, daß sie sich vier Jahre später mit dem selben Marionetten-Apparat eine Oper in Schönbrunn auf führen ließ. C. F. Pohl: „Joseph Haydn“, II. p. 62. Einer merkwürdigen Aeußerung Maria Theresia’s über Haydn werden wir später noch begegnen.

Auch Mozart zählte eine Begegnung mit Maria Theresia zu seinen unvergeßlichen Jugendeindrücken, aber — sehr verschieden von jenen Haydn’s — zu seinen glück lichsten. Man kennt die auch bildlich oft dargestellte Scene: der sechsjährige Mozart in Schönbrunn, vor dem kaiserlichen Hof sich als Claviervirtuos producirend. Er benahm sich da als ein lebhaftes Kind mit entzückender Unbefangenheit: der Kaiserin sprang er auf den Schoß und küßte sie nach Her zenslust. Sie schenkte ihm außer dem Honorar ein lila seidenes Kleid mit breiten Goldborten, das für den Erz herzog Maximilian gemacht war. Der kleine Mozart war

sehr stolz auf die Kaiserin. Als in Paris die Marquise von Pompadour, die ihn vor sich auf den Tisch stellen ließ, sein Entgegenkommen abwehrte, rief er entrüstet: „Wer ist denn die da, daß sie mich nicht küssen will. Hat mich doch die Kaiserin geküßt.“ Und als man ihm an einem kleineren deutschen Hof Muth machen wollte, erwiderte er, er habe vor der Kaiserin gespielt, und da sei ihm nicht bange. Sechs Jahre nach diesem ersten Besuch kam Mozart wieder nach Wien, und am 7. December 1768 gelangte bei der Ein weihung der neuen Waisenhauskirche auf dem Rennweg in Gegenwart der Kaiserin ein von Mozart componirtes Hoch amt unter seiner persönlichen Leitung zur Aufführung. Seit her traf Maria Theresia mit Mozart, der erst im December 1781, und zwar zum drittenmale, nach Wien kam, um da selbst zu bleiben, nicht mehr zusammen. Aber sie hatte ihn nicht vergessen. Als im October 1771 in Mailand die Ver mälung ihres Sohnes Ferdinand mit der Erbprinzessin Bea trix von Modena stattfand, erhielt Mozart durch Vermittlung des Grafen Firmian von der Kaiserin den Auftrag, zu dieser Festlichkeit ein passendes Musikstück zu componiren. Er schrieb die dramatische Serenade, „Ascanio in Alba“, welche großen Beifall und die Auszeichnung wiederholter Aufführung erfuhr, während dergleichen Festserenaden sonst nur Einmal aufgeführt wurden. Maria Theresia sendete dafür dem jungen Maëstro eine kostbare, mit Diamanten besetzte Uhr als Geschenk. Erzherzog Ferdinand, welcher bei diesem Anlaß das große Talent des fünfzehnjährigen Mozart schätzen gelernt, äußerte brieflich gegen die Kaiserin, daß er ihn gern in seine Dienste nähme. Maria Theresia antwortet darauf, sie wisse nicht, in welcher Eigenschaft der Erzherzog „le jeune Salzburger“ eigentlich anstellen wolle, und glaube nicht, daß ihr Sohn eines Compositeurs oder über haupt überflüssiger Leute (gens inutiles) bedürfe. Wenn es ihm jedoch Vergnügen mache, so wolle sie ihn nicht daran hindern. Briefe Maria Theresia’s an ihre Kinder.“ Herausgegeben von A. v. Arneth. I., p. 93. Auf den ersten Blick mag diese Aeußerung Maria Theresia’s vielleicht befremden; in Wahrheit enthält sie aber nicht entfernt eine abgünstige Meinung über Mozart, dem ja die Kaiserin selbst den auszeichnenden Auftrag zur Com

position der Festcantate gegeben; sie wollte lediglich den Erzherzog von überflüssigen Ausgaben abrathen, wie sie es ja regelmäßig auch gegen Marie Antoinette that.

Im Verhältniß zu der erstaunlich großen Zahl der uns überlieferten Briefe der Kaiserin sind die darin vorkom menden Bemerkungen über Musik und Musiker sehr spärlich. Immerhin haben wir in den berühmten Briefsammlungen, deren Herausgabe man Herrn Geheimrath Alfred v. Arneth verdankt, manchen interessanten Ausspruch der großen Kaise rin über Theater und Musik gefunden. Am häufigsten in den Briefen an ihren Sohn Erzherzog Ferdinand, welcher seit October 1771 als General-Gouverneur der Lombardei in Mailand lebte, und an dessen Gemalin, Maria Beatrix von Modena. Briefe der Kaiserin Maria Theresia an ihre Kinder und Freunde.“ Herausgegeben von A. v. Arneth. 4 Bände. Da sind gleich ihre Bemerkungen über den Um gang mit Theaterleuten höchst charakteristisch. Sie schreibt im Januar 1772 an den Erzherzog Ferdinand: Wenn ich mir erlaube, in den Briefen der Kaiserin an ihre Kinder das französische Vous mit Du zu übersetzen, so stütze ich mich auf die wenigen uns erhaltenen deutschen Briefe der Kaiserin an ihre Kinder, worin sie ausnahmslos das „Du“ an wendet. „Ich muß bemerken, daß dein Brief vom 17. an deinen Bruder mir gar nicht gefällt, und daß es für Euch Beide unpassend ist, be sonders mit Rücksicht auf das Alter deines Bruders und den Stand, für den er bestimmt ist. Laßt es bleiben, Euch mit Personen vom Theater abzugeben; man muß nicht ein mal ihren Namen außerhalb des Theaters aussprechen, noch weniger sich mit ihnen ernstlich beschäftigen. Ich sage das nicht umsonst; mit fünfzig Jahren hat man Erfahrungen. Ich liebe dich zu sehr um dich diesen Bagatellen und Fadaisen hingeben zu sehen und eingeweiht in Theater- Intriguen. Wenn sie gut spielen, so sei freigebig gegen sie; im Uebrigen sollen ihre Namen und noch mehr ihre Anek doten dir allezeit unbekannt bleiben. Das kommt von dem eifrigen Theaterbesuch und den leise geführten Gesprächen über ihre Vertraulichkeiten und Aussprüche — welcher Zeit verlust! Sobald man sich den Kopf anfüllt mit diesen Nichtig keiten, ist der letzte Rest ernsthaften Nachdenkens verscheucht.“

(Ein Schlußartikel folgt.)