Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse Nr. 8758. Wien, Freitag, den 11. Januar 1889 Hanslick, Eduard Wilfing, Alexander FWF Der Wissenschaftsfond.
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Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse Herausgegeben von Wilfing, Alexander Projektmitarbeiterinnen Bamer, Katharina Pfiel, Anna-Maria Elsner, Daniel Bertel, Hanna Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage Wien 2024

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Maschinenlesbares Transkript der Kritiken von Eduard Hanslick.

Nr. 8758. Wien, Freitag, den 11. Januar 1889 Hanslick, Eduard Neue Freie Presse Morgenblatt Herausgegeben von Etienne, Michael Friedländer, Max Wien 11.01.1889
font-style:italic; font-weight:bold; Deutsch Transkribus OCR und Lektorat. Transformierung der Daten des Transkribus TEI-Export mit "editions.xsl". Annotationen ergänzt Letztkorrektur für Zwischenrelease.
Briefe von Richard Wagner an Uhlig, Fischer und Heine. I.

Ed. H. Wer ist Uhlig? wer Fischer? wer Ferdinand Heine? So werden wol die meisten Leser beim Anblick der neuen, soeben von Breitkopf & Härtel ausgegebenen Samm lungWagner’scher Briefe fragen. Und sicherlich hätten die Herausgeber mit einer kurzen biographischen Notiz dieser leicht vorauszusehenden Frage begegnen sollen. Ein Leser, der nicht mit jedem Detail, mit jeder Nebenfigur in Wagner’s Leben vertraut ist, informirt sich nur mühsam über jene drei Persönlichkeiten, die ihm in dem neuen Buche doch werth und interessant geworden, ja durch Wagner ein bischen mitunsterblich geworden sind. Theodor Uhlig war Kammer musiker, Wilhelm Fischer Chordirector und Regisseur, Ferdinand Heine Schauspieler und Costümier am Dresdener Hoftheater; ihre Bekanntschaft mit Wagner datirt aus der Zeit seiner Capellmeisterschaft an diesem Theater. Zur innigen Freundschaft, zur Bruderschaft auf Du und Du, erwuchs dieses Verhältniß erst in der Entfernung, ja durch dieselbe. Wagner empfand in seinem Züricher Exil ein gesteigertes Bedürfniß nach engem freundschaftlichen Anschluß und Aus tausch. Hatte er während seiner sechsjährigen Thätigkeit in Dresden den tüchtigen und liebenswürdigen Charakter dieser drei im täglichen Theaterverkehr ihm nahestehenden Männer kennen gelernt — in der Fremde konnte er ihre Hingebung an seine Person und sein künstlerisches Streben noch ungleich stärker erproben. Nach seiner Flucht aus Dresden beginnt er von Zürich aus (1849) einen fleißigen Briefwechsel mit allen Dreien. Nur Wagner’s eigene Briefe sind in der neuen Sammlung abgedruckt; von den Antworten der drei Freunde keine Zeile. Das ganz eigenartig fesselnde dramatische Interesse, das dem Wagner-Liszt’schen Brief wechsel innewohnt, fehlt der neuen Briefsammlung. Dort horchen wir dem Dialog der beiden genialen Männer; die Briefe Wagner’s und die Antworten Liszt’s werfen gegenseitig ein erklärendes, bedeutsames Licht auf einander. Wagner’s Briefe an das Dresdener Freundeskleeblatt behan deln, mit wenigen ganz vereinzelten Ausnahmen, nicht so

wichtige Fragen, wie seine Sendschreiben an Liszt. Trotzdem machen sie im Ganzen einen erfreulichen Eindruck, indem sie Wagner mehr von seiner menschlich gemüthlichen Seite zeigen, kameradschaftlich aufgeknöpft, zeitweise in Hemdärmeln. Auch fällt es angenehm auf, daß Wagner an die genannten drei Freunde beiweitem nicht so verzweifelt, so trost- und hoffnungslos schreibt, wie gleichzeitig an Liszt. Man braucht nur dieselben Jahrgänge in beiden Briefsammlungen mit einander zu vergleichen. Es fehlt zwar auch nicht an einzelnen Klagen und Verwünschungen; aber so herzzerreißende Schil derungen seines Züricher Lebens, eine solche Wollust der Verzweiflung und Verbitterung wie in den Briefen an Liszt wird man hier nicht finden. Wagner schreibt anfangs sogar sehr gut gelaunt im Genuß der wiedergewonnenen Freiheit. Ihm ist „immer so übermüthig, behaglich zu Muthe, wie einem Hunde, der die Prügel weg hat“. „Ich muß unverhohlen eingestehen,“ versichert er Uhlig (August 1849), „daß mir die Freiheit über Alles gut schmeckt, die ich hier in frischen Alpenluftzügen einathme. Was ist die ge meine Sorge um die sogenannte bürgerliche Zukunft gegen das Bewußtsein, in seiner edelsten Thätigkeit nicht despoti sirt zu sein! ... Hier lebe ich nun, auf communistische Weise durch Liszt unterstützt, heiter, und ich kann fast sagen, glück lich meiner besten Natur nach dahin.“ Und ein Jahr später (August 1850): „Macht es dir Freude, zu erfahren, daß ich ein glücklicher Mensch bin? Willst du, daß ich glücklich bin, so lang ich lebe, so miß mir dies Leben nicht nach der Länge, sondern nach dem Inhalte zu. Die Zeit ist das absolute Nichts, nur was die Zeit vergessen macht, was sie vernichtet, ist das Etwas... Also: Ich bin glücklich! Seid ihr gescheit, so seid ihr es Alle!“ Und wieder in einem späteren Briefe: „Ich fühle mich jetzt wieder in Zürich sehr wohl, und nach meiner Wahl möchte ich in der ganzen weiten Welt nicht anderswo leben, als hier. Wir haben eine höchst angenehme Wohnung am See, mit den herrlichsten Aussichten, Garten etc. Im Hausrock gehe ich hinunter und bade mich im See; ein Boot ist da, auf dem wir uns selbst fahren. Dazu ein vor trefflicher Schlag Menschen, Theilnahme, Gefälligkeit, ja rührendste Dienstbeflissenheit, wohin wir uns wenden. Mehr und zuverlässigere Freunde, als ich je im weiten schönen Dresden finden konnte. Alles ist froh, daß ich nur da bin;

von Philistern kenne ich nur die sächsischen Flüchtlinge. Ach, was kommt Ihr mir dort unglücklich und bedauernswürdig vor!“ Ganz ähnlich, wieder ein Jahr später (1851) an W. Fischer: „Ich lebe im Schutze wirklicher und echter Liebe von Menschen, die mich so kennen, wie ich bin, und mich nicht um ein Haar anders haben wollen. Ich bin nur zu beneiden.“ An F. Heine schreibt Wagner im selben Jahre (1851): „Ach, wenn mich nur kein Mensch mehr um den Verlust meiner Dresdener Stelle bedauern wollte! Wie wenig kennen mich die, die diesen Verlust für mich als ein Unglück ansehen. Würde ich heute amnestirt und sollte ich wieder Dresdener Ober-Hofcapellmeister werden: du solltest sehen, mit welcher Seelenruhe ich in meiner Schweiz sitzen bliebe und vielleicht kaum den gesegneten Boden des deutschen Reichs nur beträte!“

Am zahlreichsten sind die Briefe an Uhlig; 92 von den 177 Briefen des vorliegenden Bandes. Sie sind zugleich die ausführlichsten und gehaltvollsten, wenden sie sich doch zumeist an den MusikkritikerUhlig, mit welchem Wagner sich durch stärkere geistige Interessen verknüpft fühlte, als mit dem Chordirector Fischer und dem Costümier Heine. Theodor Uhlig war fast zehn Jahre jünger als Wagner. Unter Friedrich Schneider in Dessau zum gründlichen Musiker gebildet, tüchtiger Violinspieler und Componist, wurde er 1841 Mitglied der königlichen Capelle in Dresden. Er hat nicht weniger als 84 größere und kleinere Werke componirt, von welchen blos ein Quartett und einige Lieder gedruckt sind; dem Publicum ist nur seine Musik zu Räder’schen Possen bekannt geworden, worunter — merkwürdigerweise — ein Stück, mit dem er die damals noch neue Wagner’sche Richtung zu persifliren suchte. Uhlig hatte unter Wagner’s eigener Leitung die Opern Rienzi, Fliegender Holländer und Tannhäuser kennen gelernt, war aber, nach dem Zeugnisse seines Freundes W. Rühlmann, bis 1847 ein entschiedener Gegner derselben. Erst durch seine Direction der Neunten Symphonie von Beethoven, außerdem durch einen auffallen den Beweis persönlichen Vertrauens gewann Wagner seinen früheren Gegner vollständig. Uhlig vertieft sich nun in die Partitur des Tannhäuser, hört selber vollständig auf zu com poniren und wird eifriger Musikschriftsteller aus Enthusias mus für Wagner. In Brendel’s Leipziger Musikzeitschrift (1849 bis 1852) begegnet uns Uhlig als einer der ersten,

feurigsten und rücksichtslosesten Kämpfer für Wagner’s Werke und Ideen. Er war ein aufgeweckter Kopf, dem der Besitz einer reellen musikalischen Bildung beträchtlichen Vortheil ge währte über andere Wagner-Schwärmer, wie z. B. Brendel. Dieser Vortheil ging aber halb verloren in der unbedingten, blinden Heeresfolge. In diesem apologetischen Sinn schrieb er zuerst über Wagner’s reformatorische Schriften, deren pseudophilosophischer Jargon merklich auf Uhlig’s Styl ab gefärbt hat. Noch eifriger tummelte er sich in der Polemik gegen Alle, die irgend etwas gegen Wagner einzuwenden wagten. Veranlaßt durch das außerordentliche Lob, das Wagner den Aufsätzen Uhlig’s spendet, habe ich die meisten derselben jetzt nachgelesen, ohne mich mit dieser Art von ge schmackloser, beißwüthiger Polemik befreunden zu können. (Als Ein Beispiel unter vielen erwähne ich zur Be gründung des Gesagten den Aufsatz „Wollen“ in Nr. 8 und 9 der Brendel’schen Zeitschrift vom Jahre 1851.) Bemerkenswerth ist, daß der Einfluß Uhlig’s und mittelbar Wagner’s sich in der Brendel’schen Zeitschrift sofort auch in zwei Dingen zeigt: erstens in der auffallend kühleren Be urtheilung Robert Schumann’s, dann in den ersten Symp tomen der musikalischen Judenhetze. Die stereotypen Bei wörter „hebräisch“, „jüdisch“, so oft Meyerbeer mit der ganzen Verbissenheit Uhlig-Wagner’schen Hasses angefallen wird, kommen hier in musikalischer Beurtheilung zum ersten male vor. Wagner’s „Judenthum in der Musik“ nimmt thatsächlich seinen Ausgangspunkt von einem Worte Uhlig’s über den herrschenden „hebräischen Kunstgeschmack“. Aus dem Liszt-Wagner-Briefwechsel ist auch das „ausgezeichnete Ur theil“ Uhlig’s bekannt, daß die Prometheus-Ouvertüre von Liszt allein mehr werth sei, als der ganze Mendels sohn! Ein echteres und bleibendes Verdienst hat sich Uhlig durch seinen Clavierauszug des „Lohengrin“ geschaffen; wol der beste, den wir von allen Wagner’schen Opern besitzen. Ein schweres Hals- und Lungenleiden, mit welchem Uhlig das Jahr 1852 hindurch gekämpft, machte schon am 3. Januar 1853 dem Leben des erst 31jährigen talentvollen Mannes ein Ende. Welch treuen und hingebenden Freund Wagner an Theodor Uhlig verloren hat, davon geben die vorliegenden Briefe Zeugniß.

Die erste Zeit seines Aufenthaltes in Zürich wendete Wagner bekanntlich an die Abfassung seiner kunstphilosophi

schen Schriften: „Die Kunst und die Revolution“, „Das Kunstwerk der Zukunft“, endlich „Oper und Drama“. Von diesen Arbeiten sprechen seine ersten Briefe an Uhlig. Erstaunlich ist der nimmermüde leidenschaftliche Eifer, wo mit sich Wagner plötzlich in die schriftstellerische Thätigkeit stürzt, auf musikalisches Schaffen gänzlich vergessend. Kaum hat er die erste Schrift: „Die Kunst und die Revolution“, an den Verleger Wigand abgeschickt, so meldet er Uhlig: „Seit ein paar Wochen, das heißt seitdem ich häuslich zur Ruhe gekommen bin, hat mich die Wuth zu einer neuen literarischen Arbeit, „Das Kunstwerk der Zukunft“, in sol chem Grade gefaßt, daß ich selbst heute mir nicht die Zeit gönne, Ihnen ordentlich zu schreiben. Mir brennt der Kopf vor lauter Kunstdarlegung.“ Vier Wochen später schickt er ihm bereits das ganze umfangreiche Manuscript. Uhlig möge sich nicht viel Noth bereiten, günstige Besprechungen dieser Arbeiten zu erzielen. „Wichtig ist mir nur Eines! — daß sie möglichst viel gelesen werden: was hiezu beigetragen wer den kann, ist mir lieb; ob sie heruntergerissen werden, ist sehr gleichgiltig, und zwar weil es sehr natürlich ist. Ich bringe ja keine Versöhnung mit der Nichtswürdigkeit, son dern den unbarmherzigsten Krieg... Das wird meine letzte schriftstellerische Arbeit gewesen sein.“ Aber schon im nächsten Monate widerruft Wagner diesen Entschluß: „Ich war nach der Abfassung der Arbeit so bestimmt, nicht mehr in der Weise zu schriftstellern, daß ich jetzt darüber lachen muß: nach allen Seiten hin quillt mir die Nothwendigkeit hervor, wieder zu schreiben. Sind wir ganz aufrichtig, so müssen wir eigentlich auch zugestehen, daß es jetzt das Einzige ist, was Sinn und Zweck hat: das Kunstwerk kann jetzt nicht geschaffen, sondern nur vorbereitet werden, und zwar durch Revolutioniren, durch Zerstören und Zerschlagen alles dessen, was zerstörens- und zerschlagenswerth ist. Das ist unser Werk, und ganz andere Leute als wir werden erst die wahren schaffenden Künstler sein. Nur Zerstörung ist jetzt nothwendig — Aufbauen kann gegenwärtig nur willkürlich sein.“ Von diesen Ansichten ist Wagner glücklicherweise bald abgekommen. Durch seine Compositionen hat er eine ungeheure, immer noch fort arbeitende Wirkung erzielt, mit seinen „zerstörenden“ Schrif ten nur ein augenblickliches Aufsehen; ihnen bleibt kaum mehr als biographische Bedeutung. Er selbst schreibt im Sommer 1850 über seine Bücher: „Daß sie im Allgemeinen

gar nicht weiter betrachtet würden, setzte ich bereits voraus; daß sie aber auch von den Wenigen aus unserer eigenen Partei, die sie beachteten, meist gar nicht einmal verstanden wurden, das habe ich endlich nur mit tiefem Seufzen wahr nehmen können. Wer soll auch aus unserm künstlerisch-egoi stischen Nachahmungs-Handwerkertreiben zum Beispiel die naturgemäße Stellung der bildenden Kunst zur unmittelbaren, rein menschlichen Kunst begreifen können?“ Und nun fällt Wagner grimmig her über den „sonst gutgewillten Kunst ästhetiker in der Deutschen Monatsschrift, der so tief in der absoluten Gedankenlosigkeit drin steckt, daß er über diesen Gegenstand in ein solch kunstgeschwätziges Faseln ge räth“. Daß ernsthafte Gelehrte Wagner’s Ansichten über die bildende Kunst ihrerseits für „Faseln“ erklären mußten, wird man schon aus folgender Briefstelle Wagner’s (S. 26) begreifen: „Wenn ich nachweisen will, daß die bildende Kunst, als eine künstliche, von der wirklichen Kunst nur abstrahirte Kunst, in der Zukunft ganz aufhören müsse, wenn ich somit dieser, heute als Hauptkunst sich gerirenden, bildenden Kunst — Malerei und Bild hauereiein Leben in der Zukunft ganz ab spreche, so gibst du mir wol zu u.s.w.“ Mit Wagner’s Gleichgiltigkeit gegen die öffentliche Beurtheilung seiner Bücher war es übrigens nicht so weit her; er schimpft gehörig über die Kritiker, nicht etwa blos gegen die namenlosen in den Musikzeitungen, sondern auch und ganz besonders gegen die Grenzboten“, in welchen Gustav Freytag und Otto JahnWagner-Artikel geschrieben hatten. Wagner sendet seinem „Offenen Brief“ an Brendel eigens eine Randnote nach, um die „Grenzboten“ „als Lumpe hinzustellen“. „Die Grenzboten“, erklärt er Uhlig, „sind gegen mich in die allergemeinste Recensenten-Niederträchtigkeit gerathen. Sie wittern den Tod und decken so im Sterben auf, was sie eigentlich sind: schlechte Kerle, und das sind sie, F. an der Spitze.“ Den vortrefflichen Artikel von Gustav Freytag über Wagner’s „Judenthum in der Musik“ kann man in den jetzt ge sammelten Aufsätzen Freytag’s bequem nachlesen.

Sein Heil erblickt Wagner immerdar in den Frauen, die sich ihm auch dankbar genug erwiesen haben. Gerne citiren wir folgende schöne Stelle aus einem seiner Briefe an Uhlig: „Mit Frauenherzen ist es meiner Kunst immer

noch ganz gut gegangen, und das kommt doch wahrscheinlich daher, daß bei aller herrschenden Gemeinheit es den Frauen doch immer noch am schwierigsten fällt, ihre Seelen so gründlich verledern zu lassen, als dies unserer staatsbürgerlichen Männer welt zu so voller Genüge gelungen ist. Die Frauen sind eben die Musik des Lebens: sie nehmen Alles offener und unbedingter in sich auf, um es durch ihr Mitgefühl zu ver schönern.“ Und in einem späteren Brief: „Frage E., was ich darunter verstehe, sie wird es dir mit zwei Worten klar und deutlich machen, denn — glaube mir — dieses Mädchen ist dir weit voraus — und woher? Durch ihre Geburt, weil sie ein Weib ist. Sie ist als Mensch geboren — du und jeder Mann wird heutzutage als Philister geboren, und langsam und mühevoll gelangen wir Aermsten erst dazu, Menschen zu werden. Die Frauen, die ganz das geblieben sind, was sie von Geburt an sind, können uns einzig lehren, und wären sie nicht, wir Männer gingen rettungslos im Dütendrehen zu Grunde.“ Neue Bestärkungen in seinem Frauencultus blieben für Wagner niemals lange aus. „Gestern,“ meldet er am 25. März 1852, „erhielt ich einen Brief aus Hamburg von einer Frau von aristokratischer Geburt, die für meine Schriften dankt: sie sei durch sie erlöst worden. Sie er klärt sich mir zur vollständigsten Revolutionärin. So sind es doch immer die Frauen, die mir gegenüber das Herz auf dem rechten Fleck haben, wogegen ich die Männer schon fast ganz aufgeben muß.“ In Zürich führt Wagner einmal die Tannhäuser-Ouvertüre auf; die Wirkung, schreibt er, war geradewegs furchtbar. „Namentlich die Frauen sind um und um gewendet worden: die Ergriffenheit war bei ihnen so groß, daß Schluchzen und Weinen ihnen helfen mußte... Ich war zunächst über diese ungemein heftige Wirkung erstaunt. Gerade eine Frau löste mir aber das Räthsel: ich bin den Leuten als niederschmet ternder Bußprediger gegen die Sünde der Heuchelei erschienen.“ Nach diesem Stückchen darf man wol bei der Dame eine ungewöhnliche Bußfertigkeit und bei Wagner eine ebenso große Geneigtheit voraussetzen, schönen Schwärmerinnen jeden Unsinn zu glauben. (Ein Schlußartikel folgt.)