Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse Nr. 9694. Wien, Sonntag, den 23. August 1891 Hanslick, Eduard Wilfing, Alexander FWF Der Wissenschaftsfond.
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Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse Herausgegeben von Wilfing, Alexander Projektmitarbeiterinnen Bamer, Katharina Pfiel, Anna-Maria Elsner, Daniel Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage Wien 2024

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Maschinenlesbares Transkript der Kritiken von Eduard Hanslick.

Nr. 9694. Wien, Sonntag, den 23. August 1891 Hanslick, Eduard Neue Freie Presse Morgenblatt Herausgegeben von Etienne, Michael Friedländer, Max Wien 23.08.1891
font-style:italic; font-weight:bold; Deutsch Transkribus OCR und Lektorat. Transformierung der Daten des Transkribus TEI-Export mit "editions.xsl". Formatierung und Referenzen eingefügt. Letztkorrektur für Zwischenrelease.
Modernes im Zeitungs- und Theaterwesen. (Ein Brief an die Herausgeber.) Aussee, im August.

Ed. H. Das vortreffliche Feuilleton „Verdeutschungenin der „Neuen Freien Presse“ vom 15. d. veranlaßt mich zu einem Worte speciellen Dankes. Die Stechfliegen der neuesten Sprachreinigungs-Manie, welche, halb lächerlich, halb ärgerlich uns täglich lästiger umschwirren, reizten mich längst zu dem Versuche einer Abwehr. Gut, daß der ungenannte Verfasser jenes Feuilletons mir zuvorgekommen und so treffend, sachlich, geistvoll der Verdeutschungssucht zu Leibe gegangen ist. Ich hätte wahrscheinlich etwas leidenschaftlicher zugeschlagen und weniger resignirt geschlossen. Nimmermehr könnte ich zugeben, daß auch für die schiefe und häßliche Ver deutschung „Schriftleitung und Schriftleiter“ „die Stunde des endgiltigen Sieges schlagen werde“. Nein. Es wird gewiß immer ernsthafte deutsche Zeitungen geben, welche die seit dem Bestande der Journalistik eingebürgerten, von allen Nationen verstandenen Wörter Redaction und Redacteur bei behalten werden. In jedem Zweige des Wissens und der Technik haben sich Fremdwörter eingebürgert, die, zu techni schen Ausdrücken geworden, durch rein deutsche nicht ersetzt werden können und nicht ersetzt zu werden brauchen. Wenn Mitglieder einer solchen „Schriftleitung“ unter sich sind, fragen sie einander: Ist der Redacteur zugegen? Kommen Sie aus der Redaction? Und ein paar Dutzend Leute, die sich selber nicht an diese unnatürlichen Wörter — uns fremdartiger als alle Fremdwörter — gewöhnen können, wollen sie dem ganzen Volke aufdrängen? Es hat wirklich etwas Naives, wenn man eine Sprache von dem reichen und sicheren Besitzstand der deutschen durch solche Kindereien glaubt befestigen und schützen zu müssen. Diese Aengstlichkeit paßt für die kleinen „interessanten Nationalitäten“, die sich eine Schriftsprache und Literatur erst schaffen. Wer jedes Fremd wort verbieten will, der macht unsere Sprache arm. Ich kenne keinen einzigen guten Schriftsteller, der sich nicht ohne weiters solcher Fremdwörter bediente, welche entweder längst eingebürgert oder durch rein deutsche nicht genau wiederzu geben sind. Die richtige Grenze dafür kann nur das Wissen

und der Geschmack des einzelnen Autors bestimmen; com mandiren lassen sich Verdeutschungen weder durch Sprach vereine, noch durch „Schriftleitungen“, noch selbst für die nichtamtliche Literatur durch die Regierungen. Anerkannte deutsche Schriftsteller, darunter Autoritäten ersten Ranges, haben längst gegen die Caricatur der modernen Sprach reinigungssucht ihre Stimme erhoben. Leider scheint man sie nicht hören zu wollen und glaubt sich einer patriotischen Rettungsthat zu rühmen, wenn man statt Billet „Fahrschein“, statt Telegramm „Drahtnachricht“, statt Programm „Vor tragsordnung“ sagt.

Jeder gute Schriftsteller wird, wie gesagt, solche Fremd wörter aufnehmen, deren Bedeutung sich mit keinem ur sprünglich deutschen Wort deckt. Aber neben diesem inneren Motiv für die Wahl eines Fremdwortes, als des genauesten, feinsten Ausdrucks unseres Gedankens, gibt es noch ein zweites, von dem viel seltener die Rede ist und das ich darum nachdrücklicher hervorheben möchte: ich meine den Wohlklang. Ein Fremdwort ist häufig das beste, manch mal das einzige Mittel, Mißklänge und Härten zu vermei den, welche aus dem Zusammenstoß gewisser deutscher Wörter, insbesondere vielsylbiger, entstehen. Lieber drei Fremdwörter nacheinander, wie „das kokette Programm dieses Concerts“, als neudeutsch: „Die gefallsüchtige Vortragsordnung dieser Musik-Aufführung“. Wer gut schreiben will, muß auch gut hören. Das scheint aber jenen Fanatikern versagt, die aus Haß gegen ein wohlklingendes Fremdwort lieber eine unver fälschte deutsche Katzenmusik schreiben.

Vor Kurzem erhielt ich einen recht liebenswürdigen Brief von einem bekannten Poeten und eifrigen Leser meiner Aufsätze, der nur Eines daran beklagt: „die vielen vorkom menden Fremdwörter“. Ich glaubte, in diesem Punkt kein großer Sünder zu sein, und habe gewiß nie einen Satz ge schrieben, wie jüngst einer der bekanntesten Novellisten in Nord und Süd“ (December-Heft 1890): „Alle jene Ueber gänge waren nur Approchen zum eigentlichen Lebens beruf. Dieser fromme Wunsch mußte cachirt werden.“ Allein den Gefallen kann ich meinem wohlwollenden Rath geber doch nicht thun, die Wörter: Componist, Composition, Production stets zu vermeiden und statt Sympathie „Zu stimmung“, statt Broschüre „Heft“, statt produciren „dar thun“, statt Conservatorium „Musikschule“ zu sagen, wie er

verlangt. Vollends unbegreiflich erscheint ihm aber, daß ich einmal Componist, Composition, Production schreibe, nachdem ich eine Zeile früher Tondichter, Tondichtung, Aufführung ge sagt habe, also recht gut weiß, wie der deutsche Ausdruck lautet. Ja, hören Sie denn nicht? möchte man solchen Kritikern zurufen. Merken Sie wirklich nicht, daß ich ab sichtlich einmal Componist, das anderemal Tondichter, einmal Production, das anderemal Aufführung schreibe, um die Monotonie des Klanges zu vermeiden?

Man sollte meinen, Musiker müßten das empfindlichste Ohr besitzen, auch für die Harmonie des Styls. Leider erlebt man oft das Gegentheil. In neuester Zeit betreiben einige Musikzeitungen „national-deutscher“, d. h. Wagner’scher Rich tung den Reinlichkeitssport mit auffallender Wichtigkeit. Ein solches mir vorliegendes Blatt enthält eine fettgedruckte Auf forderung an die Mitarbeiter und Correspondenten, sich ja aller Fremdwörter zu enthalten. Da stolpert man in jedem Satze über die süßen neuen Worte: Drahtnachricht, Sonder bericht und selbstverständlich über Vortragsordnung (für Programm), „Spielzeit“ (für Saison), „Spielplan“ (für Repertoire) u. s. w. Ich frage, kann man auch sagen: der neue Director entwickelte seine Vortragsordnung? Oder: die Concertsängerin Barbi hat einen reichhaltigen Spielplan? Oder wir sind jetzt in der todten Spielzeit? Das sind lauter Aus drücke, die einander nicht decken; der deutsche ist immer etwas weiter oder enger, als das längst eingebürgerte Fremdwort. Wie wird unsere Musikzeitung die in den französischen Jour nalen wiederkehrende Theaternotiz übersetzen: „Les Dimanches on joue le répertoire“? In diesen „musikalischen“ Sprach reinigungs-Anstalten drängen sich gräulich klingende Satz bildungen, von denen uns die Zähne und die Ohren wehthun. Freilich bewies auch ihr Herr und Meister, Richard Wagner, keineswegs ein empfindliches Gehör weder in seiner Prosa noch in seinen Dichtungen. Ich hatte das berühmte Dedications-Exemplar der „Nibelungen“-Dichtung in Händen, welches Wagner an Schopenhauer gesandt und das dieser an den mißklingendsten Sätzen mit Rand bemerkungen, wie „Hört er denn nicht?!“ „Der taube Musikant hat keine Ohren!“ u. dgl. versehen hat.

Aber die musikalischen Deutschthümler gehen noch wei ter; nicht blos aus den Musikkritiken, auch aus den Noten heften wollen sie alles Fremdländische verbannen. Ein Ber

liner Blatt hat ganz ernsthaft allen deutschen Componisten und Musikverlegern das Ansinnen gestellt, die italienischen Vortragszeichen durchaus zu verdeutschen. Also kein Allegro und Andante mehr, kein Diminuendo und Crescendo! Es ist unglaublich, mit welchem Leichtsinn Hand daran gelegt wird, einen Jahrhunderte alten, unschätzbaren Culturbesitz wegzufegen. Ihren schönsten Segen besitzt die Musik darin, eine allgemein verständliche Sprache zu sein, eine kosmopo litische Kunst. Dieser Vorzug der Allverständlichkeit erscheint im praktischen Leben dadurch erhöht, daß nicht blos der Klang einer bestimmten Sonate oder Symphonie, sondern die bleibende Niederschrift derselben bis heute allen Nationen gleich verständlich ist. Die Noten sind ohnehin für Alle dieselben, und die Vortragsbezeichnungen haben Alle von altersher aus Italien, dem Stammlande unserer mo dernen musikalischen Cultur, übernommen. Wenn eine deutsche Partitur nach Rußland, Polen, Ungarn, Spanien zur Auffüh rung verschickt wird, so versteht dort jeder Capellmeister, wie sie zu dirigiren, jedes Orchestermitglied, wie sie zu spielen ist. Das soll nun aufhören; kein nichtdeutsches Wort soll ein deutsches Notenheft verunzieren. Wer überhaupt musikalisch ist in Europa oder Amerika, versteht die eingebürgerten italienischen Vortragszeichen und ihre Abkürzungen. Wenn man aber diese bequemen Abbreviaturen durch schwerfällige Verdeut schungen ersetzt, statt pp. und fff. „sehr leise“ oder „so stark als möglich“ hinschreibt, so kann der Ausländer sich dabei nichts denken; die Partitur wird außerhalb Deutschlands unbrauchbar. Folgerichtig müßten, dem Princip zuliebe, auch die Namen der Compositionsformen und der Instrumente verdeutscht werden. Sonate würde „Klangstück“, Symphonie „Zusammenklangstück“, heißen, Oboë, Clarinette, Violoncell müßten sich in „Hochholz“, „Hellholz“, „Kniegeige“ verwandeln. Damit wäre das Chaos glücklich fertig. Selbst in Deutsch land würde man sich schwer zurechtfinden in dieser neu uni formirten Musik. Auswärts aber dürfte der heute so eigen sinnig hochgesteigerte Nationalsinn ohne Zweifel dem bösen Beispiel folgen und dieselben sprachlichen Zollschranken in der Musik gegen uns aufrichten. Dann wird ein Musikstück aus Ungarn, Rußland, Norwegen, Spanien bei uns kein Musiker vortragen, kein Capellmeister dirigiren können. An gesichts solcher Versuche, eine durchaus kosmopolitische Kunst national zu knebeln und abzusperren, tröstet uns der Ge danke, daß einseitige Attentate auf einen uralten Culturbesitz leichter vorzuschlagen als durchzuführen sind. Eine Germani

sirung des deutschen Musikverlages würde zu viele materielle Interessen schädigen, vom gesunden Menschenverstand ganz zu schweigen. Die Verdeutschung der musikalischen Ausdrücke ist übrigens auch eine alte Mode, aus der deutschthümelnden Zeit nach den Freiheits kriegen; sie wird heute nur mit größerer Selbstgefälligkeit als damals getragen. Beethoven wollte das Fremdwort Pianoforte durch „Hammerclavier“ ersetzen, wobei er übersah, daß nur die erste Hälfte seiner Zusammensetzung deutsch, die zweite aber romanisch ist. Wil helm v. Waldbrühl, ein Mitarbeiter Schumann’s, schrieb in seiner Kritik der „Hugenotten“, daß gleich in der „Eröffnung“ (Ouvertüre) die „Laise“ (der Choral) in einem „Tonrunge“ (Fuge) hätte durchgeführt werden sollen u.s.w. Man lachte über solche Käuze, wie über Adelung’s Verdeutschungen: „Schmettermessing“ für Trompete, „Dreieck“ für Triangel u.s.w. Schumann hat be kanntlich in seinen ersten Clavierstücken deutsche Vortragsbezeichnungen, er kam aber bald davon zurück und verblieb in seiner zweiten und dritten Periode bei den italienischen Ausdrücken. Wagner gebraucht in seinen Opernpartituren deutsche Bezeichnungen; da schaden sie nicht, denn bei Opern (überhaupt bei Gesangstücken) bedarf der deutsche Text ohnehin für das Ausland des Uebersetzers, welcher dann auch die Vortragsbezeichnungen verdolmetscht.

Da ich nun einmal im Raisonniren bin, so möchte ich noch eine zweite moderne Errungenschaft berühren, die zwar nicht mit den „Verdeutschungen“, aber doch mit der neuesten deutschen Theaterpraxis zusammenhängt. Ich meine die Sitte oder Unsitte, auf den Theaterzetteln die Darsteller ohne die Bezeichnung Herr, Frau oder Fräulein zu nennen, hingegen durchwegs mit ihren Vor- und Zunamen. Auf diese Mode, die bereits von österreichischen Provinztheatern, wie Prag, Karlsbad u. s. w., nachgeahmt wird, kann sich Deutschland etwas einbilden. Keine von den Nationen, die in Theater dingen unsere Lehrer gewesen, kennt diese Manier, die mir geschmacklos und unpassend vorkommt. Franzosen und Ita liener nennen ihre Schauspieler auf dem Personenverzeichniß, wie es sich gehört, Monsieur und Madame, Signor und Signora. Der Herausgeber des Theaterzettels, der seine Mit glieder vorstellende Hausherr, ist doch immer der Director; die Künstler haben den Anspruch, von ihm mit „Herr“ oder „Frau“ titulirt zu werden. In dem Weglassen des Titels „Herr“ steckt etwas eigenthümlich Zwiespäl tiges, es weist über oder unter das gesellschaft liche Niveau. Schlechtweg mit ihrem Namen nennt man entweder berühmte Männer oder Leute in untergeord neter Dienststellung. Wir sprechen kurz von Rossi und Sal vini, von Sarah Bernhardt und Adelina Patti: wir nennen aber auch Kellner und Dienstmädchen nicht „Herr“ oder

„Fräulein“. Man emancipirt sich also von der Titulatur demjenigen gegenüber, der sie nicht braucht oder dem sie nicht gebührt. Die Franzosen, Meister der Höflichkeit, nennen in ihren Zeitungen jeden Lebenden, und sei er der be rühmteste: „Monsieur“. Sie schrieben bei Lebzeiten dieser Männer nie anders als Mr. Thiers, Mr. Rossini, Mr. Balzac, wie man heute nicht anders als von Mr. Gounod, Mr. Ferry, Mr. Renan spricht. Die deutsche und die italienische Uebung weicht davon ab. Beabsichtigt ein Theater-Director gerade die Berühmtheit seiner ersten Mitglieder durch das Weglassen des Titels „Herr“ zu be zeichnen, dann darf er es nicht auch auf die Darsteller von Be dientenrollen anwenden. Dem Theaterzettel geziemt aber gleiche Höflichkeit gegen Alle. Diese Gleichstellung üben die modernen deutschen Theaterzettel dadurch, daß sie alle Darsteller, auch die letzten Figurantinnen, mit ihrem vollen Vor- und Zunamen aufführen. Nichts Komischeres und zugleich Lästigeres, als so ein langer Theaterzettel mit großem Personal, der uns nöthigt, anstatt zwanzig oder dreißig Eigennamen ihrer vierzig oder sechzig herabzuwürgen. Das langweilt den Leser, den es nicht im mindesten interessirt, ob der zweite Jäger im Freischütz Wenzel oder Johann Polivka, der dritte Chorknabe im Pro pheten Poldi oder Mietzi Krautkopf heißt. Denn das ist auch eine Folge dieser neuen Mode, daß die kindischen Kose namen auf den Theaterzetteln überhand nehmen. Tini, Poldi, Mietzi, Fritzi sind keine Namen, sondern Abkürzungen von Namen und deßhalb unpassend auf öffentlichen Kund machungen. Für die Kritiker erwächst daraus überdies die Unbequemlichkeit, nicht zu wissen, ob „Mietzi Müller“ und „Tini Mayer“ Frau oder Fräulein zu tituliren ist, denn glücklicherweise hält die deutsche Journalistik noch an der Höflichkeit fest, welche die Theater-Directoren über Bord ge worfen haben. Optimist, der ich nun einmal bin, hege ich die fröhliche Zuversicht, daß jede unvernünftige und geschmack lose Mode bald in Vergessenheit fällt. Man kann sich in mitten all des Lächerlichen und Aergerlichen doch immer über irgend etwas freuen. Und die gleiche Freude, die ich an dem Fortbestehen der „Redaction“ und des „Redacteurs“ der Neuen Freien Presse“ habe, empfinde ich auch darüber, daß unsere großen Wiener Theater noch höflich genug sind gegen ihre Mitglieder und gegen ihr Publicum, um jene „Herr“ und „Frau“ zu nennen und dieses mit den Vornamen von Statisten und Figurantinnen zu verschonen.