Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse Nr. 9731. Wien, Dienstag, den 29. September 1891 Hanslick, Eduard Wilfing, Alexander FWF Der Wissenschaftsfond.
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Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse Herausgegeben von Wilfing, Alexander Projektmitarbeiterinnen Bamer, Katharina Pfiel, Anna-Maria Elsner, Daniel Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage Wien 2024

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Maschinenlesbares Transkript der Kritiken von Eduard Hanslick.

Nr. 9731. Wien, Dienstag, den 29. September 1891 Hanslick, Eduard Neue Freie Presse Morgenblatt Herausgegeben von Etienne, Michael Friedländer, Max Wien 29.09.1891
font-style:italic; font-weight:bold; Deutsch Transkribus OCR und Lektorat. Transformierung der Daten des Transkribus TEI-Export mit "editions.xsl". Formatierung und Referenzen eingefügt. Letztkorrektur für Zwischenrelease.
Leopold v. Hasner als Redacteur.

Ed. H. Nach dem tiefbetrauerten Heimgange Leopold v. Hasner’s haben die Zeitungen nicht unterlassen, seine un vergeßlichen und unzerstörbaren Verdienste um unser Unter richtswesen zu würdigen, sein überzeugungstreues Walten als Minister, seine Redegewalt im Herrenhause. Wenig bekannt hingegen ist Hasner’s Thätigkeit als Redacteur! Weder von langer Dauer noch von eingreifender Wirkung, war diese Thätigkeit dem künftigen Staatsmanne doch eine politische Vorschule von eminenter Wichtigkeit für seine Urtheilskraft wie für seinen Charakter. Was ich aus dieser früheren Periode Hasner’s hier mittheilen möchte, ist nur eine kleine, oben drein stark persönlich gefärbte Episode. Allein sie scheint mir im besten Sinne charakteristisch für Hasner. Dem Leser dürfte aus den nachfolgenden Briefen, die Hasner als Redacteur der Prager Zeitung mir in den schwersten Tagen des Jahres 1848 schrieb, Zweierlei mit leuchtender Deutlichkeit vor Augen treten: die seltene Herzensgüte des Menschen, sodann der klare und unbeirrt feste Blick des Politikers.

Hasner hatte im Sommer 1848 seinen ständigen Wiener Correspondenten eingebüßt, einen jüngeren Beamten der Hof kammer-Procuratur, welcher in die Provinz versetzt wurde. Durch diesen ließ Hasner mir den verwaisten Posten als Correspondent der Prager Zeitung antragen. Das war keine glückliche Wahl, denn ich bin niemals Politiker von Fach gewesen und kam als junger, mit den Rigorosen vollauf be schäftigter Jurist kaum in die Lage, wichtige politische Neuig keiten zu erfahren. Ein lebhaftes — nur zu lebhaftes — Interesse an den politischen Ereignissen, die ich, wie damals alle jungen Leute, mehr mit dem Herzen als mit dem Ver stand beurtheilte, schien mir doch nicht ausreichend für eine solche Aufgabe. Meine rückhaltlos geäußerten Bedenken wur den mir mit schmeichelhaftem Drängen ausgeredet, und schließlich that der Wunsch, Hasner aus einer Verlegenheit zu befreien, das Uebrige. Ich wagte also den Versuch und nahm die Sache sehr gewissenhaft. Im Juridisch-politischen Leseverein standen mir zum Glücke alle Zeitungen nebst einer ansehnlichen Bibliothek zu Gebote und, was noch wichtiger, der Verkehr mit ausgezeichneten, mir wohlgesinnten Männern, wie Hye und Tomaschek (damals meine Professoren),

Heißler, Stubenrauch, J. N. Berger und Anderen, von deren täglichen politischen Debatten ich profitiren durfte. Im Anfang ging Alles gut. Hasner war mit meinen Briefen, die sich mehr schildernd als raisonnirend verhielten, zufrieden und lobte namentlich einige humoristisch gefärbte Mitthei lungen über das jugendliche Treiben der Akademischen Legion, über Figuren wie Pater Füster u. dgl. „Machen Sie sich doch wieder über etwas lustig!“ ermunterte er mich, als meine Briefe seltener wurden. Aber, ach, die Zeiten waren so gar nicht mehr lustig! Der Enthusiasmus der Märztage wandelte sich bald in zunehmende Enttäuschung und Ernüch terung. O, des unvergeßlich herrlichen Morgens vom 13. März im Hofe des landständischen Hauses, wo die muthigen jungen Redner, einer nach dem andern, auf den Brunnen stiegen und zu den Fenstern des Berathungssaales hinauf nach Constitution und Preßfreiheit riefen! „Es geht, es geht!“ rief, mich umarmend, damals mein Herzensfreund Robert Zimmermann. Wenige Monate später mußten wir, das „Landhaus“ passirend, uns mit Bitterkeit sagen: Ja, es ist gegangen, ist Alles wieder gegangen! Der Ton trüber Resignation klang nunmehr durch meine Berichte, die immer kürzer und seltener wurden. Das zuchtlose Dema gogenthum im September und October war mir ein Gräuel, das in politischem Wahnsinn phantasirende Wien entsetzte mich. Darin war ich gewiß mit Hasner Eines Sinnes. Aber fast ebensosehr wie von den Gräueln des October-Aufstandes fühlte ich mich empört von der blutigen Reaction, die nach der Einnahme Wiens über uns herfiel. Dieses Aufspüren und Verfolgen jedes freien Wortes, dieses Einkerkern junger Studenten, bei denen man ein schwarz-roth-goldenes Band oder radicales Blättchen fand, dann die täglichen Hinrichtungen in der Brigittenau und vor dem Neuthor ... Ein schwarzer Schleier drückte auf Wien, eine böse giftige Luft, in der jeder freisinnige Geist zu ersticken glaubte. Trostlos über das Scheitern aller unserer Hoffnungen, aller unserer Errungenschaften, gewahrte ich nicht den kleinsten Stern in dieser schauerlichen Nacht, während Hasner, „vor der Zukunft nicht bange“, als echter Philosoph „sich behag lich in den Zielen der Menschheit wiegte, während Andere in ihrer Strömung“. Zu dieser objectiven Ruhe hatten wir junge Leute vom März 1848 es allerdings noch nicht ge bracht. Selbst wo ich rein Thatsächliches berichtete, gab es in

meinen Briefen „Seitenblicke, Doppelblicke“, welche Hasner mißfielen. Wenn ich in meinen Berichten mich auch zu äußerster Mäßigung zwang, für Hasner’s Zeitung, für Hasner’s Anschauungen waren sie nicht mehr möglich. Und nun geschah das überraschend Rührende. Anstatt den unbot mäßigen jungen Correspondenten einfach abzudanken, wie es jeder andere Redacteur gethan haben würde, setzte sich Hasner hin und suchte in ausführlichen Briefen meine Irrthümer zu widerlegen, mich zu belehren, zu bekehren. Mit diesem menschlich schönen Zusprechen und Abmahnen verband er stets die präciseste Darlegung seines eigenen Standpunktes und eine Beurtheilung der Zeitereignisse, wie sie mit solcher Unbefangenheit nur ein freundschaftlich brieflicher Verkehr gestattet. Dies stempelt, für mein Gefühl, die nachfolgenden Briefe Hasner’s zu hochwichtigen Beiträgen für die Charak teristik des Mannes, welchem damals noch keine Ahnung davon dämmerte, daß er eines Tages als österreichischer Minister-Präsident regieren werde. Die folgenden Briefe sind die drei letzten, die Hasner als Redacteur der Prager Zeitung mir geschrieben hat.

I.

Prag, den 31. October 1848.

Verehrter Freund!

Ich habe durch die furchtbaren Ereignisse der letzten Zeit eine Unterbrechung Ihrer Correspondenz erfahren müssen; Ihr letzter Brief war der, wo Sie mir den Text lasen. Sie sagen, ich sollte in Wien sein und würde dann anders reden. Bester Herr! Ob ich das oder das Factum weniger oder mehr erführe, hätte nichts zu bedeuten, ich glaube genug zu wissen, wenn ich die Geschichte der neuesten Zeit seit den Märztagen in Wien selbst bis zum Mai mit gemacht und seither aus den verschiedensten Quellen ent nommen und beurtheilt habe. Was man über mich urtheile, hat mich nie um ein Haarbreit verrückt — denn ich urtheile gewissenhaft, erwäge parteilos, und heiliger ist mir nichts als die Wahrheit, das Recht. Nach Accidentien frage ich bei der Wiener Bewegung nicht — aber sie ist eine unberechtigte Revolution. Lesen Sie mein Blatt seit dem 6., und ich halte Sie für zu ehrlich und denkend, als daß Sie mir einen Vorwurf machen könnten; ich habe als Rechtsmann argumentirt — können Sie mich widerlegen, dann spreche ich von heute an anders. Vielleicht aber wird, wer nicht so

albern ist, mich einen Rectionär zu nennen und mir einen slavischen Standpunkt anzudichten, mich doch einen kalten Verstandesmenschen nennen. Möglich — indeß geschieht dies Vielen, die nicht gleiche Objecte des Gefühls haben. Ich liebe die nackte, unbarmherzige Wahrheit wie mein Schoß kind, ich wiege mich behaglich in den Zielen der Menschheit, während Andere in ihrer Strömung. Irren kann mich darin nichts, kränken nur, daß Andere anders denken können. Was mein Blatt anbelangt, so hat es schon als Provinzblatt mit geringen Mitteln geringe Wirkung. Aber die es hat — und es hat seinen Kreis — will ich ungeschwächt erhalten — jedes Mittel, das mir das Schicksal für mein Streben in die Hand spielt, will ich nicht halb benützen. Dies Ihnen, werther Freund, zur Verständigung. Einem Correspondenten räume ich indeß Manches ein — nur darf er meinen Lesern keine principielle Ohrfeige geben. Insbesondere halte ich in der Form stets ein leidenschaftsloses Maß hoch. Sind Sie nach diesem Confiteor im Stande, mir ferner behilflich zu sein, so soll es mich wahrhaft freuen. Stehen wir wirklich auf zwei verschiedenen Sternen, so bleibt doch mit unwandel barer Achtung vor der Wahrhaftigkeit Ihres Strebens Ihr ergebener Hasner.

II.

Prag, den 11. November 1848.

Verehrter Freund!

Ich belästige Sie seit einiger Zeit. Allein Sie werden es entschuldbar finden. Wien, wie lange auch der Reichstag verlegt bleibe, ist ein wichtiger Punkt, ich muß einen tüch tigen, raisonnirenden und beschreibenden Correspondenten dort haben. Tüchtig sind Sie durchhaus, aber erlauben Sie mir eine andere Bemerkung — ich glaube, Sie gehen mit Unlust ans Werk. Ich sehe wohl, Sie sind in Ihrer politischen Rich tung viel mehr deutsch als österreichisch, ich entschieden um gekehrt. Weder bin ich ein slavischer Politiker, noch sind Sie ein Slavenfeind. Dennoch scheinen Sie in der letzten Bewe gung nur einen Schlag des Deutschthums (bei gerechten Forderungen?) zu sehen, ich nur eine Rettung des Rechtes im Staate und im internationalen Verhältniß. Ich sehe die materiellen Verhältnisse, den Belagerungszustand etc. für gering an im Vergleiche mit der Weltlage, die mir in der That in eine erwünschte Rechtsordnung ein geführt zu sein scheint; Sie sind verstimmt durch allerhand, das mich doch nur vorübergehend choquiren

kann. Sie vertrauen meinem Rechtsinn, aber die Entwick lung desselben scheint vorläufig nicht ganz mit meiner An schauung der Gegenwart zusammenzukommen. So hat Ihr letzter Brief eine Menge kleiner Zweifel, Seitenblicke, Doppel blicke, und doch möchte ich auch durch meine Correspondenten mein Publicum auf das Gros der Weltlage gelenkt, er muthigt, hoffnungsvoll gemacht sehen. Das obschon unent schiedene, aber oft radicale constitutionelle Blatt hier bringt die conservativsten Berichte des gewiß tüchtigen Neustadt, und ich bringe solche, die ein Hauch durchweht, der meinen Glaubenssätzen nicht entspricht. Verzeihen Sie diese auf richtigen Bemerkungen und die Bitte, offen zu sagen, ob Sie mir leitende Berichte in meinem Sinne mit gutem Gewissen schreiben wollen. Im Einzelnen urtheilen Sie wie Sie wollen, radical — das verpönt mein Blatt nicht — aber im Ganzen muß ich nach innigster Ueberzeugung jedem Wege der Politik entgegentreten, der Oesterreich Ge fahr droht, und den Sturz jeder Partei wünschen, die diesen Weg wandelt, und keine Freiheit aus ihrer Hand nehmen, die wir uns selbst geben können. Auch bedarf ich täglicher Berichte. Mit freundschaftlicher Achtung Ihr Hasner.

III.

Prag, den 14. November 1848.

Geehrter Freund!

Daß ich Ihren Brief vom 12. nicht abgedruckt habe, müssen Sie mir verzeihen. Haben Sie es nicht voraus gesehen? Ich will Ihnen meine Gründe sagen — als Nach trag zu meinem letzten Schreiben. Zunächst wissen Sie doch, daß mein Blatt halbofficielles Organ ist. Ich bin zwar deßhalb in keiner Weise thatsächlich beschränkt und würde mich nie bestimmen lassen, ein Wort zu schreiben, das gegen meine Ueberzeugung wäre. Gleichwol kann ich daselbst nicht von Intriguen, Unterdrückungs-Machinationen etc. des Cabi nets sprechen. Dies, was die Form betrifft. Die Sache be treffend, würde ich zu weit kommen, wollte ich nachzuweisen suchen, daß beim besten Willen kein Cabinet der Welt ein verständiges Ziel gegenüber der unverständigen und theilweise selbst boshaften Kritik der Wiener Politiker ganz offen verfolgen könnte, denn diese Kritik halte Gott im Himmel aus, wenn er kann, und sorge dabei noch, daß ihm der eigene Himmel nicht über dem Kopfe zusammenstürzt. Der Hof hat viel gefehlt; aber fehle einer nicht in diesen Tagen. Uebrigens verehre

ich ihn nicht, halte uns aber gesicherter gegen Falschheit von seiner Seite, als gegen Thorheit auf anderer. Er kann den Staat in seiner wesentlichen Freiheitsgrundlage nicht an greifen, die Wiener Politik aber hat es — sei es auch nur aus Kurzsichtigkeit — bereits gethan, sie hat den Staat selbst geleugnet. Ist das Naivetät, so ist sie doch eine, die wir wahrlich nicht brauchen können, besonders wo sie so präten tiös auftritt. — Was aber die Motive des letzten Kampfes anbelangt, so habe sowol ich in meinem Blatte die Bestechung stets als Nebensache betrachtet, als ich glaube, daß nur die beschränktesten Köpfe darin ein wesentliches Moment sehen könnten. Ich habe gleich vom Anfang gesagt, daß zu ihr mehrere Momente gewirkt, die Bestechung nur der nächste Impuls sein konnte, die Bewegung selbst aber sogleich nationale und pseudo-demokratische Elemente in sich auf nahm. Nur Eines ist, was Alles in sich befaßt, die poli tische Unmündigkeit Wiens, das jeder Partei zur Beute würde, und nach dem Gesammtstaate, nach den Provinzen zu fragen unterließ, wo es doch den Bestand des Ganzen an der Wurzel packte. Das mußte als eine große Anmaßung die Erbitterung eben der rechtlich, der freiheitlich Gesinnten er regen, das verdient nicht den Namen der Demokratie, das ist die Despotie des Unsinns, den, sei er auch noch so un schuldig, kein Mensch von Charakter als Träger der Zukunft eines Staates und so der Menschheitszwecke dulden kann. Traurig genug, wenn die Steigerung seit dem März so ge waltig ward, daß endlich Jeder längst einsah, hier sei auf ein freiwilliges Einschlagen einer vernünftigen Bahn nicht zu denken. Jetzt herrscht freilich Gewalt, und hart genug. Doch kann sie nur vorübergehend herrschen — und vor der Zukunft ist mir nicht bange. Vexationen, so fühlbar sie seien, verändern doch den Standpunkt über die October-Revolte nicht. Was die schwarz-gelbe Fahne insbesondere anbelangt, so scheinen Sie mir befangen und somit zu Trugschlüssen ge führt worden zu sein. Niemand würde je dem Wiener sein schwarz-roth-goldenes Band verübelt haben, wenn er nicht das schwarz-gelbe geschmäht hätte. Damit drang er indirect, er, der im Centrum der Monarchie sitzt, Anderen entweder sein Band auf oder desavouirte das gemeinsame Bindeglied. Das hat längst gegen ihn erbittert, das war eine Schmähung des Gesammtstaates, und deutlich genug sprach man doch in Wien und noch jetzt in Frankfurt aus, was diese Schmähung weiter bedeute. Wenn aber irgendwo, so hat die schwarz-gelbe Fahne auf der Burg

der Monarchie ein alleiniges Recht; das Aufstecken der schwarz-roth-goldenen dort hieße eine Nation über andere der Monarchie stellen. An seiner Brust trage Jeder was er will, ich gar nichts; soll das Spiel das Zeichen aber sein, so ge hört auf jede die Gesammt-Monarchie repräsentirende Stelle auch das Banner derselben. Darum erbitterte mich, der ich gewiß kein Czeche heißen kann, schon in Wien die Anmaßung, mit der man dem schwachen, die Bedeutung nicht erfassenden Kaiser das deutsche Banner in die Hand schob. ... Bester Freund, Sie sind eben ein Deutscher, Sie mögen das nicht fühlen, aber wahr ist’s doch, und Andere haben das seit Monaten gefühlt. Von Wien und Ungarn war nicht Gleichberechtigung zu hoffen, und doch war Wien der Punkt, auf dem man mit Gewalt entschied, was das Recht nicht einräumte.

Irre ich? Gut, ich kann nicht anders, und da ich nicht spiele mit politischen Ideen, so verzeihen Sie mir ge wiß, daß ich Ihren Brief nicht gab, den ich für irrig hielt, und weiß, daß er gut geschrieben ist. Seien Sie nicht böse. Männer müssen und können so mit einander reden. Mit aufrichtigster Achtung Ihr Hasner.

Noch vor Empfang dieses letzten Briefes ersuchte ich Hasner um meinen definitiven Abschied und habe niemals wieder über politische Dinge geschrieben. Als ich 30 Jahre später mit dem Minister und Ex-Minister gesellschaftlich zu sammentraf — bei seinem Collegen Glaser und Professor Seegen — da erinnerte er mich selbst, nicht ohne Humor, an meinen kurzen Feldzug unter seiner Fahne. Ich konnte ihm nunmehr mit gereifter Einsicht nochmals danken für seine mir bewiesene Langmuth und Seelsorge. Geleistet habe ich ihm sehr wenig, aber viel von ihm gelernt. Freilich, gewisse politische Sympathien und Antipathien, die tief im Gefühle wurzeln, habe ich niemals abgeschüttelt, aber das Beispiel Hasner’s, die Wirren der Tagesgeschichte leiden schaftslos aus historischer Perspective zu betrachten und „sich in den Zielen der Menschheit, nicht in ihren Strömungen zu wiegen“, verblieb mir als Leitstern für’s Leben.

Hasner hat eine ganz ausgearbeitete autobiographische Skizze hinterlassen, mit einem Anhang von Aphorismen und Reflexionen, die zu seinen bedeutendsten Aeußerungen ge hören. Möge dieses von Freundeshand behütete werthvolle Ver mächtniß, das uns den edlen Menschen und tiefen Denker in intimste Nähe zu bringen verspricht, der Oeffentlichkeit nicht lange vorenthalten bleiben.