Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse Nr. 9905. Wien, Dienstag, den 22. März 1892 Hanslick, Eduard Wilfing, Alexander FWF Der Wissenschaftsfond.
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Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse Herausgegeben von Wilfing, Alexander Projektmitarbeiterinnen Bamer, Katharina Pfiel, Anna-Maria Elsner, Daniel Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage Wien 2024

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Maschinenlesbares Transkript der Kritiken von Eduard Hanslick.

Nr. 9905. Wien, Dienstag, den 22. März 1892 Hanslick, Eduard Neue Freie Presse Morgenblatt Herausgegeben von Etienne, Michael Friedländer, Max Wien 22.03.1892
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Concerte.

Ed. H. „Im Herbst“ betitelt Grieg eine Concert- Ouvertüre, welche Sonntags von den Philharmonikern zum erstenmale gespielt wurde. Sehr abgerundet in der Form, klar und ansprechend, lehnt sie sich auffallend an Mendels sohn und Gade. Von einem kurzen Andante eingeleitet, bringt das Allegro (D-moll) die eigentliche Herbstschilde rung. Recht stürmisches, trübes October-Wetter; das zweite Thema von sanfter Wehmuth, etwa wie Geibel’s Verse: Es rauscht das rothe Laub zu meinen Füßen.“ Die Durch führung wird sehr heftig im Moduliren, aber nirgends stockend oder langweilig. Zum Schlusse ein volksthümliches, sehr lärmendes Winzerfest. Das Stück scheint ein besonderer Liebling Grieg’s, denn zwei andere Compositionen von ihm — das Lied „Herbststurm“ und die zehn Jahre vor der Ouvertüre veröffentlichte vierhändige Phantasie, op. 11 — sind in der Hauptsache identisch mit der Ouvertüre. Nach längerer Zeit haben wir mit großem Vergnügen die liebenswürdige E-moll-Serenade von Robert Fuchs wieder gehört, welche unter Hanns Richter’s Leitung mit entzückender Feinheit gespielt wurde. Sie wurde mit seltenem Beifalle, geradezu enthusiastisch auf genommen; das Publicum wollte das Allegretto durchaus da capo haben und den Componisten dazu — Beides ver geblich. Eine Novität, „Venetianische Scenen“ für Clavier und Orchester von Eugenio Pirani, wurde von dem Com ponisten, der ein virtuoser Clavierspieler ist, selbst vorge tragen. Die Composition, eigentlich ein Salon-Concertstück mit ziemlich überflüssiger Orchester-Begleitung, enthält drei Sätze: „Gondelfahrt“, „Im St. Marcusdom“ und „Letzte Faschingsnacht“. Neues haben wir nicht darin entdeckt, weder in den Melodien, noch in der Durchführung, noch in den Clavierpassagen. Von jeder strengeren Anforderung absehend, kann man diesen „Venetianischen Scenen“ immerhin zugestehen, daß sie dankbar für den Spieler sind und stellenweise angenehm für ein leicht befriedigtes Publicum. Letzteres hat denn auch Herrn Pirani gerufen. Die Philharmoniker jedoch haben sich mit der Annahme dieser Novität ein gefährliches Präjudiz ge

schaffen. Schließlich hörten wir eine reizende Tondichtung von alter Bekanntschaft und dennoch neuem Klang: Schu mann’sD-moll-Symphonie in ihrer ersten, ursprüng lichen Orchestrirung. Ihre Geschichte ist interessant genug. Schumann hat die D-moll-Symphonie im Jahre 1841 unmittel bar nach seiner ersten geschrieben. Bei ihrer ersten Auf führung am 6. December 1841 im Leipziger Gewandhaus hat sie nicht gefallen. Schumann in seiner echt deutschen Be scheidenheit suchte die Ursache des Mißerfolges nicht im Publicum, sondern in seiner Arbeit und zog sie zurück. „Es ist wol nichts daran,“ mochte er denken. Und doch war sehr viel daran; Wunderschönes und obendrein völlig Neues. Eine Symphonie, welche zum erstenmal nicht auf Beethoven’s Spuren einhergeht, nicht Beethovenschen Einfluß zeigt! In ihrer knappen Form und ihrem leicht geschürzten Gewand ist sie ebenso eigenthümlich, wie in ihrem heiteren Glücksgefühl. Ein Frühlingsgenießen zieht wie Flieder duft durch dieses Werk, das nirgends bedeutend sein will und es in seiner Art doch überall ist. Neu ist der innige Zusammenhang aller vier Sätze, die auch nach Schu mann’s Vorschrift ohne Unterbrechung zu spielen sind. In Mendelssohn’s A-moll-Symphonie hat die gleiche Vor schrift mehr einen äußerlichen, praktischen Sinn, denn ihre Sätze hängen inhaltlich nicht zusammen. Bei Schumann stehen die einzelnen Sätze zu einander in engster Beziehung durch ihre Themen; wie schön knüpft die Romanze an die Introduction an, das Finale an den ersten Satz! Wie die ganze Symphonie in Einem Fluß leicht fortströmt, so denken wir sie uns auch entstanden. Schumann dürfte sie wie ein Gedicht, wie einen Liebesbrief hingeschrieben haben. Und dazu stimmte ganz einzig jene erste, zartere Instrumentirung, die dem Meister später nicht ge nügen wollte. Als Musikdirector in Düsseldorf nahm Schu mann1853 die weggelegte D-moll-Symphonie wieder zur Hand mit neuem Vertrauen auf ihre Lebensfähigkeit. Er fand jedoch die Instrumentirung zu dünn, zu wenig effect voll für das Düsseldorfer Orchester, dessen schwache Geigen für die vielen nur den Violinen anvertrauten Stellen nicht ausreichend schienen. Schumann verstärkte also die Instrumentirung durch ausgiebige Beschäftigung der Bläser.

Er that darin stellenweise wol zu viel des Guten; wir konnten nie umhin, das massige, die feine Zeichnung deckende Orchester-Colorit zu beklagen. In dieser Düsseldorfer Ueber arbeitung ist die D-moll-Symphonie (als „vierte“) ver öffentlicht und bisher ausnahmslos aufgeführt worden. Brahms, der Besitzer der (Leipziger) Original-Partitur, sprach sich zuerst zu Gunsten dieser früheren Instrumentirung aus und ermuthigte den Musikdirector Wüllner in Köln, damit im Concert einen Versuch zu machen. Dieser Versuch hatte den günstigsten Erfolg. Wüllner ließ nun die erste Partitur, getreu nach Schumann’s Manuscript, im Stich erscheinen und behielt nur einige offenbar glückliche Neuerungen aus der Düsseldorfer Niederschrift (namentlich gegen den Schluß des Finales) bei. Wir haben jetzt im Philharmonischen Con cert die Symphonie in dieser neuen, eigentlich ältesten Form gehört und können Wüllner’s Ausspruch nur bestätigen, daß die schwächere Instrumentirung der ursprünglichen Partitur „dennoch ebenso glänzend, vielleicht sogar glänzender wirkt, weil die stark instrumentirten Stellen umsomehr hervor treten“. So verdanken wir denn dieser Aufführung der uns ans Herz gewachsenen alten Symphonie einen unerwartet neuen Genuß.

Rosé’s letzte Quartett-Production brachte eine noch ungedruckte Sonate für Violoncell und Clavier (F-dur) von Goldmark. Ihre Opuszahl 39 ist eine auffallend niedrige für einen Sechzigjährigen. Goldmark gehört eben nicht zu jenen Componisten, die aus Tondichtern schnell Musikhändler werden. Seine strenge Gewissenhaftigkeit beim Schaffen und Feilen eines Werkes ist bekannt; sie kann allerdings nicht verhindern, daß auch hin und wieder eine Composition bei aus gekühlter Begeisterung entstehe. Das möchte ich auch von der neuen Cello-Sonate glauben. Am meisten hat mich darin das schöne Andante in Des-dur erfreut, von allen drei Sätzen der ruhigste, melodisch flüssigste und reich an genialen har monischen Wendungen. Vielleicht wäre die Wirkung noch reiner, wenn das Andante etwa zwanzig Tacte früher schlösse; das Ohr glaubt nach der langsam absteigenden Figur, mit welcher das Violoncell auf dem tiefen Des Anker faßt, den Schluß des Stückes gekommen und wird nachher nur ungern wieder durch heftige Accorde aufgerüttelt. Der erste

Satz der Sonate ist gegen frühere Kammermusiken Gold mark’s organischer in der Form, klarer und natürlicher im Ausdruck. Der melodische Stoff scheint mir aber nicht be deutend; weder das Hauptthema noch das an den Anfang von BrahmsA-dur-Clavier-Quartett mahnende Seitenmotiv. Das Finale hat am wenigsten inneres Leben, wenn auch viel äußere Lebendigkeit; es kommt nicht recht in Fluß und ermüdet insbesondere durch die lange Reihe der zwischen Clavier und Violoncell tactweis alternirenden Seufzer. Die Sonate, von den Herren Brüll und Hummer vor trefflich gespielt, wurde äußerst beifällig aufgenommen. Herr Goldmark mußte nach jedem Satz dankend erscheinen.

Der herzliche Beifall, mit dem Frau Etelka Gerster bei ihrem Auftreten im Bösendorfer-Saale begrüßt wurde, wird die berühmte Sängerin von der Anhänglichkeit des Wiener Publicums überzeugt haben. Gerne erinnert man sich ihres Frühjahrsgastspiels im Carl-Theater 1883, wo ihre Traviata, Lucia, Rosina inmitten einer sehr unge nügenden italienischen Truppe um so glänzender hervortraten. Die Gerster wirkte nicht sowol durch ein intensiv dramatisches Talent, als durch den Reiz ihrer weichen, süß klingenden Stimme, ihrer hohen Flötentöne und mühelosen Geläufigkeit. Nun ist Frau Gerster nach neun Jahren wieder in Wien erschienen, nachdem sie zum vierten- oder fünftenmale den Ocean überschifft hat. Diese Jahre der Anstrengung und Aufregung sind nicht ohne leidigen Einfluß auf ihre Stimme geblieben. Sehr schön klingen noch immer die hohen Kopf töne, welche Frau Gerster musterhaft rein und sicher an schlägt. Hingegen hat die Mittellage an Klang und Fülle eingebüßt, und zeigt die Stimme in Fortestellen einen rauhen Beiklang. So stand denn der Erfolg ihrer jüngsten Leistungen allerdings nicht auf der Höhe von 1883. Daß Frau Gerster trotzdem noch zu den bedeutendsten Coloratur-Sän gerinnen zählt, bewiesen ihre schönen Trillerketten und Mezza- voce-Passagen in der Arie aus Rigoletto. Mehr als diese Arie konnte ich leider nicht hören, da die zweite Hälfte des Abends dem gleichzeitig im Musikverein angesagten „Ein zigen Concert“ von Sarasate gehörte. Obendrein hatte der Anfang des Gerster-Concerts sich ungebührlich verzögert

durch das Zuspätkommen eines Pianisten, der in anderem Sinne freilich noch immer viel zu früh gekommen ist. Herr M. Schirmann prüfte die Geduld des Publicums, in dem er Beethoven’s D-moll-Sonate geistlos, mechanisch, als wenn er selber geprüft würde, abspielte. Nur im Finale that er mehr als seine Schuldigkeit, indem er das ganze Stück hindurch consequent das Hauptmotiv um einen Tact verlän gerte, die Figur viermal, anstatt dreimal brachte. Mit jungen Mädchen geht man nicht gern allzu streng ins Gericht, aber Pia nisten vom starken Geschlecht sollten es sich doch reiflicher überlegen, bevor sie mit Beethoven’schen Sonaten vor das Wiener Publicum treten.

Sarasate, der unwiderstehliche Rattenfänger, hat mit seiner Geige abermals eine wimmelnde Menschenschaar hinter sich hergezogen. Neues ist kaum über ihn zu berichten, höchstens daß sein Haar, diese schwarze dichte Asphaltdecke, jetzt grau geworden ist. Sein zauberisch süßer reiner Ton, der niemals groß gewesen, schien mir diesmal noch etwas verkleinert; neben dem kräftigen Clavier-Accompagnement der Madame Marx klang es manchmal wie eine Kindergeige, freilich wie eine Straduari-Kindergeige, von einem Meister gespielt. Wie immer glänzte Sarasate zumeist in den eigent lichen Bravourstücken. Zu diesen gehört ohne Zweifel Raff’sLiebesfee“, eine effectvolle, nur zu weit ausge sponnene Concert-Etüde, die sich für ein poetisches Charakter stück ausgibt. Jedenfalls ist die Liebe dieser Fee von ganz unglaublicher Hast und Beweglichkeit; das Stück könnte ebenso gut Schwalbe, Irrlicht oder auch Ameisenhaufen heißen. Sarasate verrichtete Wunder der Technik in einfachen und doppelten Flageolettönen durch ganze Tonfiguren, com plicirten Pizzicatos mit der linken Hand, in dem Wechsel von gestrichenen und gerissenen Tönen (col arco und pizzi cato) u. s. w. Den größten Erfolg erzielten seine „Andalu sischen Tänze“. Mit Frau Bertha Marx, einer virtuosen Pianistin von mehr Glanz als Gefühl, spielte Sarasate auch die sogenannte Kreutzer-Sonate von Beethoven. In den Vierziger- Jahren war sie das Lieblingsstück aller Geigen-Virtuosen in Wien; sie spielten von allen Beethoven’schen Sonaten fast nur diese, und so oft, daß man ihrer endlich überdrüssig

wurde und sie lange ruhen ließ. Seit der bekannten Novelle von Tolstoi ist sie wieder Mode geworden, ja geradezu unausweichliche Programmnummer. Wie oft seit einem Jahre haben wir diese Sonate in Wien gehört, von Meistern wie Ondriček und Sarasate und vielen kleinen Geigern und Gei gerinnen! Eine Menge Leute, die sich sonst wenig um Beethoven scheren, rannten ins Concert, um die „berühmte Kreutzer-Sonate“ als erklärendes Supplement zu Tolstoi’s Erzählung zu hören. Sie werden erstaunt, vielleicht enttäuscht gewesen sein, in dieser edlen, klaren, glanzvollen Musik so wenig Mord und Treulosigkeit vorzufinden. Er staunt war ich nicht weniger von allerlei Fragen und Ant worten, die zwischen den mehr Tolstoi- als Beethovenkundigen Concertgästen in meiner Nachbarschaft hin und her flogen. Ueber den Titel „Kreutzer-Sonate“ gibt der deutsche Tolstoi keinen Aufschluß; die französische Uebersetzung „La sonate à Kreutzer“ spricht schon deutlicher. „Sie heißt Kreutzer- Sonate, mein Kind, weil sie für Herrn Kreutzer geschrieben und von ihm zuerst gespielt worden ist.“ Wer war Herr Kreutzer? „Nun, der Componist des „Nachtlagers in Gra nada“.“ Solche Mißverständnisse bekam ich so häufig zu hören, daß ich vielleicht hoffen darf, einem oder dem andern Leser mit einer historischen Notiz nicht lästig zu fallen. Von Anderen kann sie überschlagen werden.

Beethoven hat seine dem berühmten französischen Violin spieler Rodolphe Kreutzer gewidmete Sonate nicht für diesen geschrieben, sondern für einen damals sehr jungen, ausgezeichneten, heute völlig vergessenen Geiger. Er hieß Bridgetower und war ein Mulatte von etwas dunkler Herkunft, Sohn eines Afrikaners und einer Europäerin. In Polen um das Jahr 1780 geboren, erhielt er seine erste musikalische Ausbildung in England und erregte schon als zehnjähriger Knabe Aufsehen. Unter der Protection des Prinzen von Wales gab er eine Reihe von Concerten gemeinsam mit einem anderen jungen Violinspieler, dem Wiener Franz Clement. Bridgetower war bald der Löwe der Lon doner Saison; man nannte ihn den „jungen abyssinischen Prinzen“. Im Jahre 1803 kam er nach Wien, wo er sofort in nähere Beziehungen zu Beethoven trat. Dieser fand sich

bereit, eine Sonate eigens für Bridgetower zu componiren und sie mit ihm öffentlich vorzutragen. Es war dies eben die Sonate op. 47. Beethoven spielte sie aus dem Manuscript am 17. und 24. Mai 1803 mit Bridgetower in dessen Concerten im Augarten. Seltsamerweise hat man von da an nicht wieder von diesem Künstler gehört, der aus so glänzenden Anfän gen sich plötzlich in völliges Dunkel verlor. Man glaubt, daß Bridgetower zwischen 1840 und 1850 in London ge storben ist. Seine Haltung und Bewegungen beim Spielen sollen, wie Karl Czerny erzählt, so grotesk gewesen sein, daß es unmöglich war, ihn anzusehen, ohne laut aufzu lachen. Wie kam nun Kreutzer zu dieser Bridgetower- Sonate? Kreutzer, der mit Rode und Baillot an der Spitze der damals so glänzenden Pariser Violinschule stand, war auf einer großen Kunstreise Anfangs 1798 in Wien einge troffen. Dort lernte er den 27jährigen Beethoven kennen, mit welchem ihn ganz eigenthümliche Umstände schneller und enger verbanden, als es wahrscheinlich sonst geschehen wäre. Als berühmter französischer Künstler kam nämlich Kreutzer häufig zu dem neu ernannten französischen Gesandten am Wiener Hofe, General Bernadotte. Dieser mußte, mit Rücksicht auf die Schwangerschaft der Kaiserin, zwei lange Monate auf seine officielle Vorstellung bei Hof warten. Kreutzer vertrieb ihm diese Zeit gezwungener Unthätigkeit mit Musik, und um dem musikliebenden Ge sandten hierin das Beste zu bieten, stellte er ihm Beethoven vor, der sich gerne zur Mitwirkung erbot. Dieses gemein same Musiciren bei Bernadotte (dem nachmaligen König von Schweden) dauerte mehrere Wochen und knüpfte ein dauerhaftes Band herzlicher Freundschaft zwischen Kreutzer und Beethoven. Einige Jahre später sollte Kreutzer einen glänzenden Beweis dieser Freundschaft erhalten durch die Widmung der Sonate, welche jetzt kurzweg „Die Kreutzer- Sonate“ heißt. Sie erschien im Jahre 1805 bei Simrock unter dem Titel: Sonata per il Pianoforte ed un Violino obligato, scritta in un stilo molto concertante quasi come d’un concerto: composta e dedicata al suo amico Rodolfo Kreutzer per L. van Beethoven.