Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse Nr. 10126. Wien, Dienstag, den 1. November 1892 Hanslick, Eduard Wilfing, Alexander FWF Der Wissenschaftsfond.
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Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse Herausgegeben von Wilfing, Alexander Projektmitarbeiterinnen Bamer, Katharina Pfiel, Anna-Maria Elsner, Daniel Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage Wien 2024

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Maschinenlesbares Transkript der Kritiken von Eduard Hanslick.

Nr. 10126. Wien, Dienstag, den 1. November 1892 Hanslick, Eduard Neue Freie Presse Morgenblatt Herausgegeben von Etienne, Michael Friedländer, Max Wien 01.11.1892
font-style:italic; font-weight:bold; Deutsch Transkribus OCR und Lektorat. Transformierung der Daten des Transkribus TEI-Export mit "editions.xsl". Formatierung und Referenzen eingefügt. Letztkorrektur für Zwischenrelease.
Zur Erinnerung an Robert Franz.

Ed. H. Mit Robert Franz ist der Letzte aus jenem schönen Kreise geschieden, der in jugendlicher Begeisterung sich um die Bannerträger der musikalischen Romantik, um Mendelssohn und Schumann, geschaart hatte. Die beiden Meister sind zuerst hinübergezogen; dann folgten David, Moriz Hauptmann, Rietz, Volkmann, Bennett, Hiller, zuletzt Gade. Nur um Clara Schumann, die Madonna der Davids bündler — der Gott ein langes Leben schenke! — dämmert noch der letzte Nachglanz jener goldenen Leipziger Zeit. Robert Franz war eines der liebenswürdigsten, vornehmsten Talente dieses Kreises. Es wird häufig für einen guten Witz der Vorsehung gehalten, daß sie in „Robert Franz“ die Taufnamen von Schubert und Schumann prophetisch in einander klingen ließ. In Wahrheit aber war „Robert Franz“ nur ein Pseudonym und sein wirklicher bürgerlicher Name Knauth. Vor fünfzig Jahren führte Schumann das erste Liederheft von Robert Franz in die Oeffent lichkeit ein und charakterisirte den Componisten treffend mit den Worten: „Er will das Gedicht in seiner leibhaftigen Tiefe wiedergeben.“ Schließlich ermuntert er den jungen Künstler, daß er neue Kunstformen ergreife und „sein reiches Innere auch anders auszusprechen versuche als durch die Stimme“. Diesem Wunsch und gutem Rath ist aber Franz niemals nachgekommen. Er hat nahezu 250 Lieder com ponirt, nichts als Lieder. „Daß ich fast ausschließlich die Liedform cultivirte,“ erklärte er einem Freunde, „war zuerst die Folge eines unabweislichen Bedürfnisses; später über zeugte ich mich, daß in dieser Form mein eigentlicher Inhalt culminirte. Grundsätzlich habe ich darum diese Bahn nicht wieder verlassen und werde mich schwerlich je entschließen, mein Heil noch auf anderen Wegen zu suchen.“ Der ein sichtsvolle Entschluß eines Künstlers, sich streng inner halb des Platzes zu halten, den er auszufüllen vermag, ist des höchsten Lobes werth — er deutet aber zugleich auf die Grenzen seines Talentes. Hätte Franz die reiche schöpferische

Kraft eines Schubert, Mendelssohn, Schumann, Brahms be sessen, sie würde mit unbezwinglicher Gewalt die Schranken des Liedes durchbrochen und sich über die benachbarten Ge biete ergossen haben. Hingegen war Franz unermüdlich be strebt, auch das kleinste Lied zu einem Kunstwerk zu ge stalten. In jedes seiner Lieder hat er sein volles Können, sein tiefstes Empfinden gelegt. „Sie kennen meinen Grund satz,“ sagte er, „nichts zu machen, das ich nicht machen muß.“ Dieses oberste Gebot eines unverbrüchlich idealen Strebens hieß ihn auch jeder Concession, sei es an das Publicum, sei es an die Sänger, aus dem Wege gehen. Franz besaß in hohem Maß die Gabe, den feinsten Duft eines Gedichts gleichsam einzufangen und jede Stimmung, jede Nuance einer Stimmung, getreu in Tönen zurückzu spiegeln. Daher der stets sichere Eindruck, das unauflösliche Verwachsen des Gedichts mit seiner Musik im Geiste des Hörers. Der bestrickende Reiz der Franz’schen Lieder hat bei Manchem eine enthusiastische Ueberschätzung des Componisten hervorgerufen. Kritiker, die sein schönes, vornehmes Talent nicht ohneweiters, „Genie“ nennen wollten, noch ihn selbst auf Eine Höhe mit Schubert und Schumann stellten, sahen sich bald in leidenschaftliche Händel verwickelt. Die Bagge’sche Musik zeitung weiß davon zu erzählen. Robert Franz bleibt das große Verdienst, den Reichthum der strengeren Harmonik Sebastian Bach’s in das moderne Lied übergeleitet zu haben und zugleich der Einfachheit des Volksliedes möglichst nach gefolgt zu sein. Es ist hier nicht der Ort für eingehende Würdigung der Franz’schen Lieder, welche ja längst ein theures Besitzthum der deutschen Nation bilden. Hingegen dürfte es unseren Lesern erwünscht sein, Robert Franz selbst zu hören, der in manchem Briefe sich über seine Kunst in eingehender und charakteristischer Weise ausgesprochen hat.

Franz fürchtete noch vor 20 Jahren für das Schicksal seiner Lieder in Wien. Im September 1871 empfiehlt er mir brieflich einen Sänger, Namens Osgood, und fügt hinzu: „Der wird mit meinen Liedern zunächst in Wien einen sehr schweren Stand finden! In Bezug auf sie muß auch noch manches Vorurtheil fallen, bevor auf Erfolg zu rechnen. Im Durchschnitt hat meine Richtung ihre Basis in

einer fernliegenden Vergangenheit: sie wurde keineswegs durch Schubert und Schumann hervorgerufen, sondern durch Beide nur befruchtet. Das Mysterium polyphoner Formen entspricht der modernen Gefühlsweise beiweitem mehr, als die Homophonie mit ihrem Despotismus der Melodie. Ein Heine’sches Lied z. B., dessen Oberfläche das sich kreuzende Geäder subtilster Empfindungen klar durchschimmern läßt, kann mittelst einer Can tilene, und wäre sie noch so ausdrucksvoll, nie erschöpft werden — dies wird nur möglich durch das Medium einer schwebenden Stimmführung. Die Sache unter diesem Gesichts winkel angesehen, macht Manches deutlich, worüber man gegenwärtig den Kopf noch sehr bedenklich schüttelt, die An knüpfungspunkte werden eben an Orten gesucht, wo sie nicht zu finden sind.“

Meine Correspondenz mit R. Franz hatte einen gar sonderbaren Ausgangspunkt. Es war an einem Sep tember-Abende des Jahres 1862, daß R. Franz mit mir im Mirabellgarten zu Salzburg um Sebastian Bach’s willen eingesperrt wurde. In lebhaftem Gespräche über Bach, dessen Evangelium R. Franz mit unerschöpflicher Begeisterung verkündete, waren wir lange den einsamen Garten auf und ab gewandelt, ohne zu bemerken, daß wir daselbst die letzten Spaziergänger geblieben. Da hörten wir das eiserne Gitterthor klirrend ins Schloß fallen und sahen gerade noch, wie der pünktlichste aller Invaliden den großen Schlüssel umdrehte und abzog. Glücklicherweise er reichte mein Ruf den martialischen Wächter, der keineswegs darauf bestand, uns die Nacht im Garten zubringen zu lassen. Das Gespräch über Bach wurde aber draußen fort gesetzt. Wahrhaft rührend war der apostolische Eifer, mit welchem Franz mich zu denjenigen Werken Bach’s zu „be kehren“ unternahm, zu welchen ich damals kein rechtes Ver ständniß finden, wenigstens kein Herz fassen konnte. Schon als Schüler Tomaschek’s sattelfest im „wohltemperirten Clavierund anderen Instrumental-Compositionen Bach’s, hatte ich doch, wie die meisten Musiker des katholischen Oesterreich, lange Zeit nur geringe Kenntniß von dessen Vocal-Compositionen und konnte für die weltflüchtige Asketik und den wunderlich krausen

Vocalsatz der mir bekannt gewordenen Kirchencantaten mich nicht begeistern. Franz war unermüdlich, mir zu erläutern und zu preisen, was ich mangelhaft oder einseitig aufgefaßt. Bald nach jener Gartenscene setzte er in einem Brief an mich sein Lieblingsthema fort: „Wir Beide sind wol gleich mäßig von der Ueberzeugung durchdrungen, daß dem rohen Materialismus unserer Tage, der immer widerwärtiger auch in Kunstsachen ein schweres Wort mitreden will, auf das entschiedenste entgegenzutreten ist. So großen Werth ich nun auch auf das lebensvolle Wort, das sich rückhaltlos einer so verderblichen Strömung entgegenwirft, lege, kann man sich doch nicht verhehlen, daß seine Wirkung, ohne von künstlerischen Thaten begleitet und unterstützt zu sein, schließlich spurlos verhallt. Auf künstlerische Thaten, welche die beste Abwehr bieten würden, ist wol kaum in der dürren Gegenwart ernsthaft zu rechnen — es wird auf lange hin kein Messias auftauchen, der die argen Geister mit der Macht seines Armes hinwegzufegen vermöchte. Von woher soll uns aber die Rettung kommen? Irre ich nicht, so sprach ich mich über diesen Punkt bereits flüchtig gegen Sie aus: Kann der alte Sebastian Bach auch nicht in dem Maße, als meine Zu neigung es gerne glauben möchte, hier helfen, so ist er doch sicherlich ein wesentlicher Factor, der zu einer endlichen Abklärung musikalischer Anschauungen beitragen wird. Zu nächst handelt es sich freilich sehr darum, diese An sicht von den Besseren und Besten getheilt zu sehen: ohne dies bleibt sie todt und unfruchtbar ... Sehen Sie sich diese Kirchencantaten unbefangen an — ich zweifle keinen Augenblick, daß Sie der hohe Geist derselben entzücken wird. Treten Sie dem Meister zunächst aber mit dem Gemüthe nahe, der sichtende und ausgleichende Verstand wird schon von selbst auch seine Rechnung finden. Glücklich würde ich mich preisen, wenn ich ein Geringes dazu bei tragen könnte, Ihr Interesse auf des Mannes ungemessene Größe lebhafter hinzulenken. Haben Sie sich erst in seine Art vertieft, dann wird er auch Ihre Seele gefangen neh men und umstricken, wie er das an den Seelen unserer Lieblinge in der Kunst, Mozart, Beethoven, Mendelssohn und Schumann, zu vollziehen wußte: er schlug sie in Fesseln,

um sie dafür um so freier zu machen. Und das kann Jeder durch ihn an sich erleben — schon darum muß er der Menschheit näher gebracht werden!“ — Seinen über Alles geliebten Sebastian auch durch die That „der Menschheit näher zu bringen“, erachtete Robert Franz für seine Lebens aufgabe. Diese That sind seine Bearbeitungen Bach’scher Kirchenmusiken. Sie haben von Seite der strengen Bachianer Anfechtung erfahren, aber auch die dankbare Zustimmung des Publicums in Deutschland, England und Amerika. Durch die Franz’sche Bearbeitung ward für Bach Mancher gewonnen, der, zurückfröstelnd vor dem starren Gerippe der Original-Partitur, nicht „mit dem Gemüth“ an den Meister heranzutreten vermochte.

Ganz überrascht war ich eines Tags von einem unge wöhnlich dicken Brief, einer förmlichen Abhandlung, von Franz, worin er mir ausführlich das Ziel und die Methode seiner Bach-Bearbeitungen auseinandersetzt. Ich beklagte in meinem Antwortschreiben, daß ein so werthvolles literarisches Document Eigenthum eines Einzelnen bleiben sollte, und wünschte, Franz möchte den Hauptinhalt dieser Epistel, allenfalls erweitert, der Oeffentlichkeit übergeben. Ein volles Jahr konnte sich Franz nicht dazu entschließen, endlich bat er mich, ihm den Brief doch zurückzustellen. „Lange habe ich geschwankt,“ schrieb er mir im April 1871, „ob ich es mit meinem geringen schriftstellerischen Talente wol wagen dürfe, einen sehr wahrscheinlichen Streit anzuzetteln — die Wichtigkeit des Gegenstandes besiegte aber endlich meine Bedenklichkeiten, und ich bin jetzt unter ge wissen Bedingungen bereit, die Hand ins Feuer zu stecken... Gar zu arge Blößen (stylistische) darf ich mir nicht geben; Herr Chrysander ist eine Kratzbürste und steift sich gerne auf Außendinge, mittelst deren er die Aufmerksamkeit von der Hauptsache weg und Nebensächlichem zuzuwenden ver steht.“ ... Franz’ Broschüre erschien denn auch als „Offener Brief“ bei Sander in Leipzig und erregte gehöriges Aufsehen.

Im November 1883 wurde Bach’s „Weihnachts-Ora torium“ in Wien zum erstenmale nach der Bearbeitung von Robert Franz aufgeführt und machte einen außerordentlichen Eindruck. „Ihr Referat“, schreibt mir Franz, „hat mir die

allergrößte Freude bereitet. NachWien ging vor zwölf Jahren mein Protest gegen die orthodoxen Historiker ab, und vonWien kommt jetzt die Kunde zurück, daß ich dabei vollkommen im Rechte war! Jene Clique hat mir im Ver laufe dieser zwölf Jahre das Leben sauer genug gemacht — ist es ihr doch sogar durch ein verwerfendes Votum ge lungen, daß mir eine Unterstützung aus Staatsmitteln, die mir für die Bearbeitung Bach’scher und Händel’scher Vocal werke ausgeworfen war, wieder entzogen wurde. Ueber die warme Aufnahme des Weihnachts-Oratoriums in Wien wird man sich in Berlin — der Hauptstadt Sebastian Bach’s, wie Heine sagt — meinetwegen entsetzen. Da ich meine geringen Kräfte als im Dienste der beiden Großmeister Bach und Händel stehend betrachte, so darf ich viel leicht ohne Anmaßung ein Bruchtheilchen des Erfolges in Ihrer schönen Stadt für mich in Anspruch nehmen. Im Jahre 1846 war ich längere Zeit in Wien und weiß daher aus eigener Erfahrung, welche Empfänglichkeit das dortige Publicum in Kunstsachen besitzt: bei Feinheiten, zu denen man sich hierzulande stumm wie ein Fisch verhält, jubelte es laut auf, und man hatte höchstens zu wünschen, daß dergleichen freudige Eindrücke auch recht fest sitzen bleiben möchten. Dieser Wunsch ist ja in großen Städten, wo Eines das Andere verdrängt, nicht ganz un gerechtfertigt. Dem sei aber, wie ihm wolle: die Wiener haben sich jetzt selbst davon überzeugt, daß unter der Perrücke Sebastian Bach’s ein hochadeliger Sinn verborgen liegt und unter seinem schlichten Cantorröckchen ein Herz schlägt, das die ganze Welt mit Liebe umfängt.“

Franz entschuldigt sich in einer Nachschrift, daß er diesen Brief mit Bleistift schreibe, denn „zur Taubheit hat sich bei mir leider noch eine Nervenlähmung des rechten Armes gesellt.“ Man sieht, daß das Leben des hochbegabten, dabei unermüdlich thätigen und anspruchslosen Mannes kein beneidenswerthes war. Im Jahre 1872 suchte ein Verehrer der Franz’schen Lieder, der Concertsänger G. in Graz, eine Sammlung für Robert Franz anzuregen. Ueber diese Ange legenheit schrieb mir Robert Franz: „Leider kann ich es nicht in Abrede stellen, gegenwärtig in einer Lage zu sein,

die mich zwingen wird, früher oder später den Beistand Anderer ansprechen zu müssen. In Folge meines Ohrenleidens sind mir fast alle Erwerbsquellen versiegt, und ich gehe einer recht sorgenvollen Zukunft entgegen, wenn man mich nicht einigermaßen über Wasser hält. Nun bekomme ich zwar aus Staatsmitteln bereits eine kleine Gratification; die reicht jedoch nicht aus, um auf die Länge meine Bedürfnisse — obschon sie bescheiden genug sind — zu decken. Aus diesem Grunde scheint man in einflußreichen Kreisen Gutes mit mir im Sinne zu haben. So weit ich davon in Kenntniß bin, handelt es sich aber zunächst um eine Hilfe private ster Art — ich würde mich sehr entschieden dagegen er klären, wenn das Publicum in meinem Namen öffentlich angebettelt werden sollte. Aus tausend Gründen hieß es mir gegenwärtig das größte Leid anthun, sobald in dieser Form für mich agitirt würde.“ Robert Franz befürchtet überdies, daß die zu seinen Gunsten geplanten Schritte wenig Unter stützung durch die öffentliche Meinung finden würden: „Meine scheinlose Richtung ist durch die blendenden Entwick lungsformen der modernen Kunst jahrelang beiseite gedrängt worden und hat nur ein kümmerliches Dasein zu fristen vermocht. Mir stand weder eine Partei noch der Einfluß der Sänger zur Seite, und ohne dergleichen ist heutzutage nichts zu erreichen.“

Wir haben die tröstliche Gewißheit, daß Robert Franz die letzten 20 Jahre seines Lebens, jeder materiellen Sorge entrückt, in ruhigem Behagen verbracht hat. Ganz seinem Wünsche entsprechend, hatte ein engerer Freundeskreis die Ehrengabe an den Meister ohne öffentliche Aufforderung und mit dem schönsten Erfolge betrieben. An der Spitze der Unterzeichner stand Liszt, dessen großherziges Gemüth sich jederzeit ebenso hilfreich bewährte, wo ein junges Talent auf zumuntern, als wo ein altgewordenes zu unterstützen war. In Wien arbeitete vor Allen Helene Magnus thätig und glücklich an diesem Liebeswerke. Wir haben in Robert Franz einen Lyriker verloren, dem an Wahrheit und Adel der Em pfindung, an Geist und Feinheit der poetischen Auffassung nur sehr Wenige gleichkommen. Seine Lieder werden ihn lange überleben.