Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse Nr. 10147. Wien, Dienstag, den 22. November 1892 Hanslick, Eduard Wilfing, Alexander FWF Der Wissenschaftsfond.
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Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse Herausgegeben von Wilfing, Alexander Projektmitarbeiterinnen Bamer, Katharina Pfiel, Anna-Maria Elsner, Daniel Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage Wien 2024

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Maschinenlesbares Transkript der Kritiken von Eduard Hanslick.

Nr. 10147. Wien, Dienstag, den 22. November 1892 Hanslick, Eduard Neue Freie Presse Morgenblatt Herausgegeben von Etienne, Michael Friedländer, Max Wien 22.11.1892
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Hofoperntheater. („Signor Formica“, komische Oper von Ed. Schütt, nach der gleichnamigen Novelle von E. Th. A. Hofmann.)

Ed. H. Wer kennt heute noch Hofmann’s Novellen sammlung „Die Serapionsbrüder“? Wahrscheinlich nur, wer sie in einer ziemlich weit zurückliegenden Jugend gelesen hat. Die heutige Jugend steht in rathloser Verwunderung vor der halb schaurigen, halb humoristischen Romantik Hof mann’s, an welcher frühere Generationen sich erquickt haben. Welches Wagniß für einen modernen Componisten, sich von dorther einen Opernstoff zu holen! Hofmann’s „Serapions brüder“ — so genannt nach einem verrückten Heiligen, der durch seine Einfälle die Weisesten in Verwirrung bringt — unterhalten sich, wie die Freunde in Tieck’s „Phantasus“, mit Gesprächen über Kunst und mit romantischen Erzäh lungen. Eine davon heißt „Signor Formica“. Das ist ein angenommener Name, unter welchem der berühmte Maler Salvator Rosa in einem kleinen Volkstheater Comödie spielt und die Lächerlichkeiten seiner Zeit genossen verspottet. Die paar Worte, mit denen der Erzähler diese Geschichte einleitet, hätten den Librettisten und Opern-Compositeur stützig machen müssen. „Ich hatte im Sinne,“ sagt der Serapionsbruder Ottmar, „jene gemächliche, aber anmuthige Breite nachzuahmen, die in den Novellen der alten Italiener, vorzüglich des Boccaccio, herrscht, und über dieses Bemühen bin ich, wie ich lieber gleich selbst gestehen will, weitschweifig geworden.“ Gerade in dieser bequemen, anmuthigen Breite liegt aber der eigen artige Reiz der Hofmann’schen Erzählung; ein Reiz, der sofort schwindet, sobald nur die nackte Handlung in plumpem scenischen Vorwärtsdrängen auf die Bühne gebracht wird. Bei Hofmann hebt die Geschichte damit an, wie Salvator Rosa krank und hilflos in Rom anlangt, von einem braven Hausmütterchen gepflegt, von einem lächerlichen Charlatan, Dr. Splendiano, falsch behandelt und endlich von dem jun gen Wundarzt Antonio Scacciati geheilt wird. Er entdeckt das große Malertalent Antonio’s, der seine Kunst aussichts los im Geheimen ausübt, und verhilft ihm durch eine er laubte List zur Anerkennung und Aufnahme in die be rühmte Akademie von San Luca. Antonio klagt dem Freunde auch seine Herzensnoth; er liebt Marianna, die Nichte des geckenhaften Geizhalses Capuzzi, welcher, selbst in

das Mädchen verliebt, den jungen Maler von der Schwelle jagt. Nach allerlei listigen und lustigen Streichen, welche der nie verlegene Salvator dem alten Capuzzi spielt, schmiedet er mit Antonio einen kühnen Plan: sie wollen Marianna beim Herausgehen aus dem Theater entführen. An diesem Punkt der Erzählung setzt die Oper ein. Die Personen der Erzählung kommen auf die Bühne wie aus der Pistole ge schossen; wir wissen nichts von ihrer Vorgeschichte, ihren Beziehungen, ihrem Charakter. Für das Publicum der Oper sind Antonio und Marianna ganz gewöhnliche Theaterpuppen; Capuzzi, Dr. Splendiano, Musso und der Officier lauter unverständliche Caricaturen ohne Witz und Humor. Die versuchte Entführung mißlingt, und nach einer allgemeinen Prügelei leert sich die Bühne, merkwürdigerweise ohne den Nachtwächter aus den „Meistersingern“. Der erste Act schließt, ohne daß Jemand, der nicht zuvor aufmerksam die Novelle gelesen, aus der Handlung klug wird. Ebenso unklar ist uns die Ursache und der Ausgang des Streit- und Schimpf-Duos zwischen Capuzzi und dem Doctor, welches den zweiten Act einleitet. Es wird durch die Meldung des Bedienten abgekürzt, daß ein Officier vor sprechen will. Anstatt ihn eintreten zu lassen, eilen die beiden Wauwaus die Treppe hinab, damit Marianna Muße habe, eine lange Arie zu singen. Genau nachdem sie ausgesungen, kommen die Alten mit dem Officier wieder die Treppe her auf. Dieser bringt die Nachricht, daß für heute Abends ein neuer Entführungsversuch geplant sei; er empfiehlt aber trotzdem den Besuch der Comödie, indem er mit seinen Polizeisoldaten die Entführer auf frischer That ertappen und festnehmen will. Zuvor wird noch der alte Witz aufgewärmt, daß das Fräulein und die Zofe ihre Kleider tauschen müssen. Die nächste Scene versetzt uns in das Innere des beschei denen Teatro Musso: hölzerne Bänke vor einer kleinen Bühne. Auf dieser wird zuerst eine kurze Pantomime gespielt, dann eine komische Scene, in welcher der beliebte Formica in der porträtähnlichen Maske des Capuzzi auftritt und diesen durch boshafte Sticheleien so lange reizt, bis Schimpfworte hin und wider fliegen und die Vorstellung abermals mit einer großen meistersingerlichen Prügelei endet. Diese Verwirrung hat Formica (d. h. Salvator Rosa) beabsichtigt, damit Antonio seine Marianna unbemerkt entführen könne, was denn auch glücklich gelingt. Der dritte Act versetzt uns nach Florenz in einen Festsaal, wo das Liebespaar, im Begriff, zur Vermälung zu schreiten, sich in einem zärtlichen Duo ergeht. Aber Capuzzi, wie immer in Begleitung seines

gräßlichen Dr. Splendiano, ist ihnen aus Rom nachgefolgt. Er weist ein päpstliches Decret vor, welches die Ehe Marianna’s für ungiltig erklärt und ihm selbst die nöthige Dispens ertheilt zur Heirat mit seiner Nichte. Wie löst nun unser Textdichter diesen harten Knoten? Er setzt einen eigenen Einfall an die Stelle der Hofmann’schen Katastrophe; eine Erfindung, so albern, daß man sich kaum traut, sie nach zuerzählen. Der allgegenwärtige Salvator Rosa er scheint nämlich in der Maske eines fürcherlichen ur alten Zauberers. In den Festsaal eintretend, zieht er mit seinem Stabe Beschwörungskreise um sich, was richtige Zauberer doch nur thun, wenn sie im Dienste sind. Zu zaubern hat er gar nichts, sondern blos vorzugeben, er sei Battista, der vor 30 Jahren ausgewanderte ältere Bru der Capuzzi’s. Jetzt also wissen wir, weßhalb in den beiden ersten Acten so oft und immer zur Unzeit von dem ver schollenen Bruder gesprochen wird, der uns gar nicht inter essirt! Der angebliche Battista erklärt, er komme, um seine vormundschaftlichen Rechte auf Marianna geltend zu machen und — sie zu heiraten. Das ist Herrn Capuzzi doch zu viel; er zerreißt das päpstliche Decret und gibt Marianna frei. Nun wird gewiß Salvator — so glaubt Jedermann im ganzen Parquet — seine Maske abnehmen und mit einem heiteren Schlußgesang die allgemeine Versöhnung feiern. Aber nein — das Unglaubliche geschieht! Salvator bleibt Zauberer, er nickt bedeutsam mit seinem krummen Eulenschnabel und winkt nach dem Hintergrund. Die Wand öffnet sich. Das verdutzte Publicum schaut in ein riesiges astrologisches Observatorium mit Planeten, Sternen und kleinen Genien, welche goldene Vogelhäuser oder so etwas dergleichen in Händen halten. Der ehrwürdige Uhu aber singt unter Harfenbegleitung ein langes, immens langweiliges und feierliches Andante, eine Art Beschwörung: „Wandelsterne, ihr Planeten des verborgenen Propheten, Kunde gebt vom Wandelbaren, das Verborg’ne laßt erfahren!“ u. s. w. Man traut seinen Augen, seinen Ohren kaum. Nachdem er sich dergestalt sattsam ausgeschwelgt in Harfen-Arpeggien und hoher Baritonlage, wirft er endlich die Verkleidung ab. „Große Bewegung“ heißt es in der Partitur. Große Bewegung auch im Publicum, das, niedergeschmettert von dem Humor, bestürzt dem Ausgange zueilt.

Um so hölzerne Figuren, so altmodische Spässe zu be leben, dazu bedürfte es einer genialen Musik, die den Hörer vor Lachen und vor Entzücken gar nicht zur Besinnung kommen läßt — einer Musik à la „Barbier von Sevilla“.

An diesen muß man ja unwillkürlich denken: Formica ist der Figaro des Stückes, Capuzzi sein Bartolo, Splendiano sein Basilio; das verfolgte Liebespaar hat nur die früheren Namen gewechselt. Eine schärfere Charakteristik bleibt uns der Textdichter schuldig; der Componist aber hat nicht viel gethan, dem Mangel abzuhelfen. Man kann an keiner dieser Personen warmen Antheil oder lebhafteres Interesse nehmen. Am besten hat sich Herr Schütt noch mit dem Liebespaare abgefunden, dem er einige gefällig sentimentale Melodien oder Melodien-Fragmente in den Mund legt. Formica, dramatisch wie musikalisch unbedeutend, tritt keineswegs in den Vorder grund, wie man doch von dem Haupt- und Titelhelden erwartet. Durch die ganze Hofmann’sche Novelle zieht sich der ge heimnißvolle Reiz, daß bis zum Schluß Niemand, selbst Antonio nicht, die Identität des Comödianten Formica mit Salvator Rosa vermuthet. In Schütt’s Oper eröffnet Salvator, aus dem Theater tretend, gleich anfangs dem Antonio, er habe „heute schon zwanzig Masken wol getragen“, und weiterhin verrathen zahlreiche Flüsterworte und a parte, daß das Liebespaar und sein dienstfertiger Anhang um das Geheimniß wissen. Caricaturen wie Capuzzi und Splendiano sind nicht komisch, sondern nur abgeschmackt; Letzterer insbesondere, ein Wotan in rothen Hosen, bringt uns zur Verzweiflung. F. Sarcey braucht in seinen Jugend-Erinnerungen für einen Menschen von gespenstisch unwiderstehlichem Wesen die Bezeichnung: „un personnage hofmannesque“. Dieser dä monische „hofmanneske“ Zug leuchtet aus keinem einzigen Gesicht, keinem einzigen Tact in Schütt’s Oper. Offenbach in seinen „Contes d’Hofmann“ kommt thatsächlich dem Urbild seiner Oper viel näher.

Musikalisch erscheint Schütt’s Oper als ein liberales Compromiß zwischen dem Wagner’schen Meistersinger-Styl und der französischen Opéra comique; beide Elemente mehr neben einander gestellt, als mit einander verschmolzen. Wagner’s Methode beherrscht die größere Hälfte der Partitur; über einer selbstständig fortspinnenden Orchester-Begleitung bewegen sich die Singstimmen in jenem Parlandostyl, der vorherrschend aus Satzgliedern besteht und diese nur selten zu längeren Perioden zusammenschließt. Natürlich finden wir auch die wunderliche Declamation der „Meistersinger“ im Formica“ genau wieder: das accentuirte Aufsteigen der tonlosen Endsylben in die Quart, Quint, sogar in die Sext. (Gleich im ersten Act: vertreiben, auf alle Fälle, krank sich stellen u. s. w.) Durch diesen Parlandostyl macht Wagner das alte Recitativ und vollends die ge

sprochene Prosa entbehrlich. Es ist somit schwer begreiflich, warum Schütt nebenher auch ganze lange Dialoge sprechen läßt. Wird in einer Oper der gesprochenen Prosa ein so breites Feld eingeräumt, dann erwartet man daneben nicht wieder declamirte, sondern musikalisch geformte Gesangstücke wie bei Auber oder Lortzing. Ganz gegen Wagner’sches Gesetz — zuweilen auch gegen den Sinn — verstoßen bei Schütt die häufigen Wortwiederholungen. „Kein Wörtchen mehr!“ flüstern im zweiten Act die beiden Mädchen einander zu, wiederholen das aber unzähligemal. Der Wagner-Styl in Signor Formica“ wechselt zeitweilig mit Musikstücken, die in Form und Ton völlig auf die alte komische Oper zurück greifen. Dahin gehören die Chöre, Salvator’s Lied „Es ist kein Ding so hoch“, das Buffo-Quartett und das Frauen-Duett im zweiten Act, die (bei der Aufführung wegbleibende) Ballade von Battista u. A. An dem symmetrischen Bau und der melodiösen Heiterkeit dieser Nummern schien das Publicum sich zu er holen, trotz ihres Beigeschmacks von Trivialität. Uebersichtlich geformte Stücke von Flotow’scher Leutseligkeit, entsprechen sie jedenfalls besser dem Geist der komischen Oper als die andere größere Hälfte der Schütt’schen Partitur, welche es vor lauter Anstückeln und Abreißen des melodischen Fadens, vor lauter Tifteln und Künsteln in der Begleitung zu keiner Wirkung bringt. Sogar die gesangvollste Melodie in der ganzen Oper, die des Liebesduetts, wird von den Singstimmen in lauter Fragmente zerbröckelt; sie macht darum in der Ouvertüre — also nicht gesungen, sondern gespielt — eine größere Wirkung als in dem Duett selbst! In ähnlicher Weise wird manche kaum aufgebrochene hübsche Melodienblüthe geknickt, von dem Aschenregen des „geist reichen“ Orchesters bedeckt und — wir können dem Wort spiel nicht entgehen — verschüttet. Entschiedenes Lob verdient die discrete, oft sehr zarte Orchesterbegleitung der Gesang stücke und die stimmgemäße, sangbare Führung der Sing stimmen. Schütt bewahrt fast durchwegs eine maßvolle Haltung und greift weder zu den äußersten Schrei-Effecten noch zu dem Orchestergetöse der Großen Oper.

Recapituliren wir den Verlauf der Première. Im ersten Act wurde der lyrische Monolog Antonio’s applaudirt, doch schien Unlust über die Unverständlichkeit der Handlung zu überwiegen. Eine wirklich heitere Stimmung im Publicum machte sich zum erstenmal bei dem komischen Männerquartett im zweiten Act bemerkbar — dann nicht wieder. Von der Comödie im Teatro Musso, als dem Höhenpunkt der ganzen Oper, hätten wir uns größere Wirkung versprochen. Das

Theater im Theater ist ein oft dagewesener Spaß, der aber noch immer seine Schuldigkeit thut. Der Composition fehlt es jedoch an packenden Motiven und fortreißendem Humor. Auch ist es Herrn Schütt leider nicht eingefallen, die Musik zu der Pantomime in volksthümlich italienischer Weise zu componiren, wie dies mit besserer Einsicht Leoncavallo in der ganz analogen Scene seiner „Pagliacci“ gethan hat. Das Libretto zum dritten Act haben wir bereits als eine grausame Heim suchung des Componisten bezeichnet. Einen Zustand, gegen den Götter selbst vergebens kämpfen, vermag auch Herr Schütt nicht zu besiegen. Aber erleichtern, versüßen hätte er ihn können. Er mußte nicht seine allerschwerfälligste und langweiligste, sondern seine heiterste und witzigste Musik über diesen Act ausgießen. Da kommen gleich die beiden Schreckens bassisten Capuzzi und Splendiano mit einem Trauermarsch in As-moll unter dumpfen Posaunenklängen herange schritten; es fehlt nur noch das schwarze Tuch über den Pauken. An diesen Grabgesang schließt sich die gravitätische Beschwörung des Zauberers in D-moll, abermals mit Posaunen, und ein Zankduett Nr. 2 der beiden Alten. Das Alles ohne eine Spur von Humor, in bitterem Ernst componirt! Folgt noch ein recht verdrießlicher Hochzeits chor und ein pathetisches großes Ensemble mit den in italie nischen Opern vorgezeichneten Crescendos und Unisonos aller Stimmen; endlich zu allerschlechtester „guter Letzt“ die feier liche Sterngucker-Hymne mit Harfenbegleitung! Der ganze dritte Act, vom Ende des Liebesduetts bis zum Schluß der Oper, ist, dramatisch und musikalisch, Ein großer Mißgriff. Nach unserer Empfindung lag es nahe, auf die Liebescene ein kleines Hochzeitsballet folgen zu lassen und nach rasch durchgeführter allgemeiner Versöhnung das Ganze mit einem heiteren Schlußgesang kräftig abzuschließen.

Das anmuthige, wenngleich nicht starke Talent des Com ponisten, das an mehr als Einer Stelle das musikalische Stylgemenge durchbricht, läßt uns hoffen, daß er mit Hilfe besserer Textbücher eines Tages noch gute Opern schreiben werde. Trotz der ausgezeichneten Leistungen von Frau Forster, den Herren Ritter und Schrödter in den Hauptrollen und der trefflichen Mitwirkung Fräulein Artner’s, der Herren Mayerhofer, Grengg, Horwitz, Felix, Stoll und Schmidt wird „Signor Formica“ schwerlich eine Oase in unserem Repertoire be deuten. Eher einen todten Punkt, den man möglichst schnell mit Mascagni’s „Rantzau“ überkleben wird.