Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse Nr. 10901. Wien, Samstag, den 29. December 1894 Hanslick, Eduard Wilfing, Alexander FWF Der Wissenschaftsfond.
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Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse Herausgegeben von Wilfing, Alexander Projektmitarbeiterinnen Bamer, Katharina Pfiel, Anna-Maria Elsner, Daniel Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage Wien 2024

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Maschinenlesbares Transkript der Kritiken von Eduard Hanslick.

Nr. 10901. Wien, Samstag, den 29. December 1894 Hanslick, Eduard Neue Freie Presse Morgenblatt Herausgegeben von Etienne, Michael Friedländer, Max Wien 29.12.1894
font-style:italic; font-weight:bold; Deutsch Transkribus OCR und Lektorat. Transformierung der Daten des Transkribus TEI-Export mit "editions.xsl". Formatierung und Referenzen eingefügt. Letztkorrektur für Zwischenrelease.
Neue Musiker-Biographien. (E. Th. A. Hoffmann. J. Adam Hiller. Brahms. Reinecke. Jenny Lind, Hermine Spies. Meyerbeer und Wagner.)

Ed. H. Aus der Menge neuer Bücher über Musik locken uns immer zuerst die biographischen. Bereits sind an dieser Stelle „Liszt’s Briefe an eine Freundin“ und die Liszt-Biographie von Lina Ramann eingehend besprochen worden. Ein sehr dankenswerthes Buch von Georg Ellin ger behandelt „E. Th. A. Hoffmann, sein Leben und seine Werke“. (Hamburg bei L. Voß, 1894.) Der berühmte Verfasser der „Phantasiestücke“ und der „Serapionsbrüderwar mit Leib und Seele Musiker, Dirigent, Tondichter und ist erst von der Musik aus zur Schriftstellerei gelangt. Dennoch ist er als Tondichter gänzlich verschollen, während seine Erzählungen kaum in einer gebildeten Familie fehlen. Man muß die Berliner königliche Bibliothek aufsuchen, um Hoffmann’s musikalische Schöpfungen kennen zu lernen. Das Buch von Ellinger, worin der Dichter Hoffmann nicht zu kurz kommt, gibt uns die interessantesten Auf schlüsse doch über den Musiker. In ruhiger, an ziehender Darstellung sehen wir das vielbewegte Leben dieses genialen Menschen an uns vorüberfluthen. Er war seines Zeichens eigentlich Jurist. Wir finden ihn zuerst bei der Regierung in Posen angestellt. Dort ver lockt ihn sein satirisches Talent, Caricaturen der ange sehensten Personen zu zeichnen und auf einem Maskenball vertheilen zu lassen. Er wird strafweise nach dem preußisch- polnischen Städtchen Plozk versetzt und kommt erst nach längerer Verbannung als Rath nach Warschau. Hier betreibt er die Gründung eines großen Musikvereins, malt eigen händig die Fresken am Plafond des Concertsaales und dirigirt die Orchesterconcerte. Nebenbei componirt er eifrig und malt Porträts — das Alles ohne Vernachlässigung der Amtsgeschäfte. Sein Fleiß war nicht weniger bewunderungs würdig als sein Talent. Unter den Warschauer Compositio nen Hoffmann’s befindet sich die Musik zu zwei echt roman tischen Bühnendichtungen: Zacharias Werner’s „Kreuz an der Ostsee“ und Brentano’s „Lustige Musikanten“; außer dem eine eigene Oper: „Liebe und Eifersucht“, nach Calderon. Herr Ellinger analysirt seinen Lesern diese Partituren Nummer für Nummer — eine mühsame und doch recht unfruchtbare Arbeit, wie es solche Wortbeschreibungen

uns gänzlich unbekannter Compositionen fast immer sind. Ellinger’s Buch läßt uns nichts zu wünschen übrig als — einige Musikbeilagen; Proben von Hoffmann’s Compositions- Talent, welche, abgesehen von dem Reize ihrer großen Seltenheit, dem Leser ein eigenes Urtheil ermöglicht hätten. Als die französische Armee in Warschau eingerückt war und die Regierung auflöste, trat die Sorge um die Zukunft wieder dringend an Hoffmann heran. Er will durch seine musikalischen Kenntnisse sich einen neuen Wirkungskreis schaffen und faßt zunächst Wien ins Auge. In einem (bei Ellingernicht abgedruckten) Briefe an E. Hitzig schreibt Hoffmann am 14. Mai 1807: „Ohne das Günstige des Locals zu kennen, wie Sie es mir geschildert haben, ging schon mein ganzes Sinnen und Trachten nach Wien; es war eine Art Inspiration, die mich wachend und träumend nur immer nach Wien versetzte und mich da meine Künstler laufbahn betreten ließ... Meine Oper rückt vor („Liebe und Eifersucht“), und es wäre herrlich, wenn ich sie vollendet nach Wien mitnehmen könnte; indessen sind meine Ouvertüren, meine Symphonie und meine Messe hin länglich, mich bei einer competenten Behörde als Componist auszuweisen.“ Allein der Plan verwirklichte sich nicht, da Hoffmann nicht die nöthigen Geldmittel besaß für einen längeren Aufenthalt in Wien. Er wird nun Musikdirector beim Theater in Bamberg. Die Miß wirthschaft der Theater-Verwaltung führte alsbald zum Bankerott, und Hoffmann ist wieder ohne Anstellung. Um seine Einnahmsquellen zu vermehren, wendet er sich an Friedrich Rochlitz, den Herausgeber der Leipziger Musik zeitung, und trägt sich ihm als Mitarbeiter an. Rochlitz, von Hoffmann’s geistvollem Brief bestochen, macht ihm sofort den Vorschlag, das Charakterbild eines begabten, excentrischen Musikers auszuarbeiten, auch Betrachtungen über die C-moll-Symphonie von Beethoven niederzuschreiben. Nach zehn Tagen schon schickt ihm Hoffmann die Besprechung der C-moll-Symphonie und den Aufsatz: „Johannes Kreisler’s, des Capellmeisters musikalisches Leiden“. Das war der Anfang von Hoffmann’s schriftstellerischer Thätig keit, die, wie man sieht, direct aus der Musik hervorging. Die Direction des Bamberger Theaters übernahm Hol bein, derselbe feingebildete Bühnenleiter, dem wir dreißig Jahre später als „Regierungsrath v. Holbein“ an der Spitze des Wiener Burgtheaters, zuletzt auch noch des Kärntnerthor- Theaters begegnen. Unter ihm wurde Hoffmann Directions- Gehilfe mit einem Gehalt von monatlich fünfzig Gulden.

Er hatte abwechselnd als Theater-Architekt (Maschinist), als Decorations-Maler und als Componist thätig zu sein! Als Holbein1812 die Leitung des Bamberger Theaters niederlegte, nahm Hoffmann bei dem Theater-Director Joseph Seconda in Dresden eine Capellmeisterstelle an, die er nach einem Jahre wieder verlor. Endlich kam Hilfe. Durch Hippel’s Verwendung durfte Hoffmann wieder in den Justizdienst eintreten, und zwar beim Kammergerichte in Berlin. Nach sechs Jahren musikalischen Wanderlebens kehrt er wieder zu seinem Anfang, dem Richterstande, zurück und Berlin wird seine eigentliche Heimat. Hier erlebt er die Freude, seine Oper „Undine“ (1816) im königlichen Schau spielhause aufgeführt zu sehen. Der Stoff ist, wie in Lortzing’s gleichnamiger Oper, dem bekannten Märchen von Fouqué entnommen; für Hoffmann hatte Fouqué selbst das Libretto geschrieben. „Die Musik“ — urtheilte C. M. Weber — „ist ungemein geistreich, ja oft frappant und durchaus effectvoll, so daß ich großen Genuß daran hatte.“ Die originelle, durchaus romantische Färbung, welche an dieser Musik allgemein gerühmt wurde, ist um so bemerkens werther, als „Undine“ fünf Jahre vorWeber’s „Freischützerschien. So hat denn Hoffmann, der anfangs ganz im Banne Mozart’s componirte, doch mit seinem feinen Instinct und von Romantik durchtränkten Talent die Morgen dämmerung einer neuen Kunstrichtung zuerst geahnt und nach Maß seiner Kräfte vorbereiten geholfen. Von da an hört Hoffmann’s musikalisches Schaffen auf, um seiner fruchtbaren schriftstellerischen Thätigkeit den Raum vollständig freizulassen. ... Beim Lesen von Ellinger’s trefflichem Buch mußte ich mehr als einmal an Daniel Schubart, den Gefangenen vom Hohen-Asperg, denken, der wie Hoffmann uns nur mehr als Poet bekannt ist, während doch die Musik seinen eigentlichen Beruf und die Leidenschaft seines ganzen Lebens ausgemacht hat. Er war Organist in Nürn berg, in Geißlingen und Ludwigsburg gewesen, zuletzt sogar Director der deutschen Oper in Stuttgart. Im ganzen Lande, auch an den Fürstenhöfen von Schwetzingen und München, bewunderte man seine Virtuosität im Orgel- und Clavier spiel und pries seine Compositionen. Als er gefangen auf dem Hohen-Asperg saß, erhielten die Schulmeister der Um gebung die Erlaubniß, bei Schubart Unterricht im General baß, im Orgelspiel und Gesang zu nehmen. Er musicirte unermüdlich und schrieb eine große Menge Compositionen kirchlicher und weltlicher Gattung. Wer kennt heute eine Note davon?

Einen charakteristischen Gegensatz zu dem unsteten, leidenschaftlichen Romantiker Hoffmann bildet die patriarcha lische Gestalt Johann Adam Hiller’s. Herr Karl Peiser in Leipzig hat dem vielverdienten Mann in einem schmächtigen Bändchen einen Denkstein gesetzt und damit einen werthvollen Beitrag geliefert zur Musikgeschichte des acht zehnten Jahrhunderts. (Leipzig, Gebrüder Hug, 1894.) Adam Hiller’s Neigung und Thätigkeit war nicht wie die Hoff mann’s zwischen Poesie und Musik getheilt, sondern gehörte vom Anbeginn nur der Tonkunst. Auf diesem Gebiete hat er aber erfolgreich zwei merkwürdig verschiedene Thätigkeiten entfaltet; er war der Schöpfer des heiteren deutschen Sing spiels und gleichzeitig als Dirigent des „Großen Concerts“, dann als Cantor an der Thomasschule ein eifriger Apostel der strengen Kunst, der classischen Musik. Der Verfasser that wohl daran, in seiner anspruchslosen, soliden Weise das Andenken an Adam Hiller neu zu beleben. Seine Schrift, deren Werth mehr in der biographischen Darstellung, als in ihrem ästhetischen und kritischen Theile liegt, ver öffentlicht auch drei bisher ungedruckte Briefe Hiller’s und einige interessante Actenstücke aus dem Archiv des Leipziger Rathes.

Von lebenden Componisten haben Brahms in Emil Krause, Reinecke in J. v. Wasielewski einen liebevollen Schilderer gefunden. Krause’s Broschüre Johannes Brahms in seinen Werken“ (Hamburg, bei L. Gräfe) bietet uns nach einer sehr dürftigen biographischen Einleitung eine Besprechung von Brahms’ Compositionen bis einschließlich op. 111 (G-dur-Quintett). Diese Kritiken zeichnen sich nicht sowol durch scharfe Charakteristik aus, als durch ihre warme unbedingte Hingebung. Da dem Büchlein ein vollständiges Verzeichniß der Werke von Brahms beiliegt, möchten wir es am besten als einen „Führer“ bezeichnen und empfehlen. Das reichhaltige und anziehend geschriebene Buch von Wasielewski (Leipzig, bei J. H. Zimmer mann) ist ein Weihgeschenk zum siebzigsten Geburts tag Karl Reinecke’s. Wir freuen uns, daß es den als Tonsetzer und Dirigenten hochverdienten Jubilar in seltener Frische antrifft, immer rüstig am Dirigenten pult wie am Clavier. Noch heute hat Reinecke als Mozart spieler keinen Rivalen. Die Biographie gibt uns ein sym pathisches Bild von diesem echten Künstler, der aus engen, kümmerlichen Verhältnissen sich willenskräftig und seinen Idealen treu zu bedeutender und erfolgreicher Wirksamkeit emporgearbeitet hat. Wasielewski schildert unter Anderm sehr

hübsch, wie Reinecke in den Vierziger-Jahren für den da mals noch verkannten Robert Schumann eifrig Propa ganda gemacht hat, und zwar — in Weimar! Weil er aber kein Wagnerianer ist, genießt Reinecke heute den Ruf des allerärgsten Reactionärs, genau wie vor ihm Franz Lachner und Ferdinand Hiller.

Ein interessantes, ja durch seine Provenienz merk würdiges Büchlein handelt von Jenny Lind. Es ist von einem Geistlichen geschrieben und einem Geistlichen gewidmet. Der gelehrte Verfasser, Doctor der Theologie und Philo sophie C. A. Wilkens in Kalksburg, bezeichnet seine Schrift als „Ein Cäcilienbild aus der evangelischen Kirche“. Darin liegt ihr leitender Gedanke ausgesprochen. „Jenny Lind hat harmonisch verwirklicht, was allgemein als fast unvereinbar gilt. Eine ebenso entschiedene wie lebendige und demüthige Christin, war sie zugleich eine Gesangs- und Bühnengröße ohnegleichen.“ Keineswegs blos ihrem Kirchen- und Oratorien-Gesang — jeder ihrer Operngestalten wird die liebevollste bewundernde Schilderung zu Theil. Ein werthvoller Beweis, daß lebendiges Interesse für dramatische und musikalische Kunst sich ganz gut verträgt mit dem geistlichen Beruf. Der Verfasser benützt das biographische Material der englischen Lind-Biographie von Holland und Rockstro, erhebt also nicht den Anspruch neue Daten zu bringen. Aber sein von großer Belesenheit unterstützter feiner Geist und lebhafter Kunstsinn weiß auch das uns Bekannte anziehend zu gestalten und zu schmücken.

Eine andere Sängerin steht uns zeitlich näher: Hermine Spies, deren glänzend aufsteigende Laufbahn ein früher Tod so grausam schnell beenden sollte. Fräulein Minna Spies, die treue und verständnißvolle Be gleiterin ihrer Schwester auf allen Kunstreisen, hat dieses Gedenkbuch für ihre Freunde“ (Stuttgart, bei Göschen) herausgegeben und mit Tagebuchblättern und Briefen der selben, auch mit einem Vorwort von Bulthaupt aus gestattet. Auf den ersten Capiteln ruht noch der Sonnen schein gemeinsam verlebter Jugendjahre, dann erzählt Minna mit wohlthuend schlichter Natürlichkeit, wie es kam, daß Hermine die ausgezeichnete Liedersängerin wurde, die uns auch in Wien wiederholt erfreut und entzückt hat. Wer sie gekannt, der wird gerne an der Hand ihrer Schwester all die Reisen und Concerte, Leiden und Freuden der Sängerin in der Erinnerung durchleben. Mit V. Widman nennen wir dieses „Gedenkbuch“ ein rührendes Todtenopfer, wie Ismene ihrer Antigone kein schöneres bringen konnte.

Größtentheils biographischen Inhalts sind auch zwei Bücher, welche der fleißigste aller Musikschriftsteller, Herr Dr. Adolph Kohut, in Berlin nacheinander veröffentlicht hat. Das eine, „Dur- und Moll-Accorde“ (Berlin bei R. Boll, 1894), bringt hauptsächlich Mittheilungen aus dem Leben Meyerbeer’s nebst mehreren ungedruckten Briefen desselben; sie rücken das Verhalten R. Wagner’s gegen Meyerbeer in grelle Beleuchtung. Schade, daß Herr Kohut das Corrigiren zu verschmähen scheint. In dem Aufsatze Meyerbeer in Wien“ lesen wir immer Rallstab statt Rellstab, Marchetti statt Mechetti und vielleicht zwanzig mal nacheinander Bielka statt Vielka. Das zweite Buch, welches den wenig geschmackvollen Ferientitel führt: „Aus dem Zauberlande Polyhymnias“, enthält ähnliche amüsante Plaudereien, darunter eine Anzahl mehr oder minder interessan ter Wagner-Anekdoten. Mit welcher Vorsicht sie aufzunehmen sind, beweist unter Anderm folgendes hübsche Beispiel: Herr Kohut schreibt wörtlich: „Zu den begeistertsten Verehrern des Wagner’schen Genius gehörte der größte Dichter Oester reichs, Franz Grillparzer, der bekanntlich auch ein ausgezeichneter Musiker und musikalischer Kritiker war. Er schrieb in die Wiener Allgemeine Musikzeitung, welche A. Schmidt redigirte, unter Anderm Folgendes (Jahrgang 1846, S. 585): „Richard Wagner ist nach meiner Ueber zeugung das größte dramatische Talent unter den lebenden Componisten. Der „Tannhäuser“ gehört in charakteristischer und neuer Behandlung des Orchesters zu den eminentesten Leistungen.“ Ich glaubte zu träumen, als ich diesen Satz las. Wie? Grillparzer ein begeisterter Ver ehrer Wagner’s? Grillparzer, dem Wagner ein Gräuel war? Grillparzer kannte von Wagner nur die „Tannhäuser“- Ouvertüre aus einer Concert-Aufführung und machte sich in einem satirischen Aufsatze über das vorgedruckte Programm dieser Ouvertüre lustig. Als die Oper endlich selbst zur Aufführung kam, begrüßte sie Grillparzer (1858) mit folgendem Epigramm: „Erscheint Freund Wagner auch denn auf der Bühne? Ein mag’rer Geist mit einer Crinoline!“ Und Grillparzer ein Mitarbeiter an der Wiener Musikzeitung? Ich ließ mich die Mühe nicht verdrießen, den von Kohut so genau citirten Jahrgang 1846 nachzu schlagen und fand richtig auf Seite 585 — meinen „Tannhäuser“-Artikel, mit meinem vollen Namen gezeichnet! Von Grillparzer keine Spur. So wird mitunter Geschichte geschrieben.