Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse Nr. 11600. Wien, Dienstag, den 8. December 1896 Hanslick, Eduard Wilfing, Alexander FWF Der Wissenschaftsfond.
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Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse Herausgegeben von Wilfing, Alexander Projektmitarbeiterinnen Bamer, Katharina Pfiel, Anna-Maria Elsner, Daniel Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage Wien 2023

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Maschinenlesbares Transkript der Kritiken von Eduard Hanslick.

Nr. 11600. Wien, Dienstag, den 8. December 1896 Hanslick, Eduard Neue Freie Presse Morgenblatt Herausgegeben von Etienne, Michael Friedländer, Max Wien 08.12.1896
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Concerte.

Ed. H. Wollte Hofcapellmeister Richter im letzten Phil harmonischen Concert die russisch-französische Allianz feiern? Ostentativ stolzirte da eine Ouvertüre des Franzosen Ber lioz neben einer von dem Russen Borodin einher. Die Ouvertüre zu den „Vehmrichtern“, dieser nie aufgeführten Erstlingsoper von Hector Berlioz, war der erste größere Orchesterversuch des jungen Componisten. In seinen Memoiren erzählt er ein recht hübsches Geschichtchen davon. „Ich war noch so unwissend in Betreff des Mechanismus einiger Instrumente,“ berichtet Berlioz, „daß ich, nachdem ich in der Introduction der Ouvertüre „Les Francs-Juges“ den Des-dur-Accord für die Posaunen geschrieben, befürchtete, es werde dies den Bläsern die größte Schwierig keit bereiten. Aengstlich befragte ich darüber einen Posaunisten der Großen Oper, der mich vollkommen beruhigte und mir sogar von dieser Stelle einen großen Effect versprach. Diese Versicherung erfüllte mich mit solcher Freude, daß ich, nach Hause eilend, des Weges nicht achtete und mir den Fuß verstauchte. Seitdem thut mir der Fuß weh, so oft ich das Stück höre. Anderen wird vielleicht der Kopf weh thun.“ Wir wollen nicht widersprechen. Klarer und übersichtlicher im Bau, als die meisten späteren Schöpfungen von Berlioz, leidet diese Ouvertüre doch empfindlich an dem Mangel musikalisch gestaltender Kraft. Auffallend zeigt sich hier schon das bei Berlioz häufige Neben einander von kühnen, excentrischen Zügen und banalen, hausbackenen Stellen. Das Gesangsthema in As-dur könnte 70 Jahre früher als das Uebrige geschrieben sein; es klingt wie eine fade Melodie aus einer alten französischen Oper. Der anspruchslosere, dabei viel effectvollere „Römische Carnevalvon Berlioz schiene uns eine bessere Wahl, als diese Vehm richter mit ihrem wüsten, schlafwandelnden Wesen,

das zu faßlicher Melodie nur erwacht, um sofort trivial zu werden. Die Ouvertüre zu der russischen Oper „Fürst Igorvon Alexander Borodin hatte für Wien wenigstens das Interesse der Neuheit. Man kennt hier von diesem vor einigen Jahren gestorbenen Professor der Medicin und kaiserlich russischen Staatsrath nur ein Streichquartett in D, ein recht tüchtiges, stellenweise anmuthiges Stück, das bei Rosé mit Beifall gespielt worden ist. Hoffentlich hält der Fürst Igor“ in der Oper mehr, als er in der Ouvertüre verspricht. Das von der Clarinette angestimmte Hauptthema entbehrt nicht einer gewissen Grazie, trotz seines freiwilligen Hinkens. Aber weiterhin gibt es mehr Tumult als Musik. Letztere spendete uns in vollem Maße erst Schumann in seiner C-dur-Symphonie, deren überirdisch schönes Adagio man stets mit neuem Entzücken hört. Als Solist erschien ein junger Italiener zum erstenmal vor dem Wiener Publicum: Herr Achille Rivarde. Er spielte das Mendelssohn’sche Violin-Concert mit kleinem, süßem Ton und hochhausgebildeter eleganter Technik. Am besten gelang ihm der erste Satz; das Andante hätte mehr Nachdruck und Vertiefung ver tragen; das Finale war glänzend ausgeführt, aber überhetzt im Zeitmaß. Herr Rivarde wurde lebhaft applaudirt und gerufen. Im zweiten Philharmonischen Concert war es eine Virtuosin, der noch größere Ehren zu Theil wurden: Fräulein Adele aus der Ohe. Sie hat Liszt’s Es-dur- Concert mit eminenter Bravour und Ausdauer bewältigt, auch gesang- und geschmackvoll vorgetragen. Sogar als Liszt-Spielerinnen werden die jungen Damen den Männern bereits gefährlich: Fräulein Aus der Ohe kämpft siegreich an der Seite der Carreño für das Vorrecht der Amazonen im Concertsaal.

Außer der Ouvertüre von Borodin haben wir jüngst noch eine zweite russische Novität kennen gelernt: Tschai kowsky’sClaviertrio in A-moll, op. 50. Es ist in Wien zum erstenmal gespielt worden; aus den Mienen der Zu hörer sprach der Wunsch, es möchte auch das letztemal gewesen sein. Und doch trägt ein schöner Ernst dieses Werk und zieren es viele geistreiche Züge und glückliche Wen dungen. Aber es gehört zu der Classe der Selbstmörder

unter den Componisten, welche durch unbarmherzige Länge sich selbst umbringen. Unter dem „großen Künstler“, dessen Andenken das Trio feiert, ist Nikolaus Rubinstein gemeint, der nebst seinem berühmteren Bruder Anton die musikalische Erziehung Tschaikowsky’s geleitet hat. Das Trio zerfällt in zwei große Hälften, die mir nicht organisch zusammen zu gehören scheinen, eher nachträglich aneinander ge löthet. Der erste Satz, „Pezzo elegiaco“ überschrieben, beginnt mit einer melancholischen Violoncellklage über schwerem Glockengeläut, das nach einigen Ermunterungsversuchen sich in ein heroisches E-dur-Allegro stürzt; eine anstrengende Kraftprobe für den Clavier-Virtuosen, der sich erst in den letzten sechzehn Tacten wieder in der Mollklage ausruhen kann. Dieser erste Satz dauert sehr lang, der zweite ewig. Es sind Variationen über ein einfaches, volksliedmäßiges Andante-Thema: zum Theil schön erfundene und geistreich gesetzte Stücke, zum Theil pikante Clavier-Etüden (wie das Scherzo Nr. 3), zum Theil kindische, wie das cymbal artige Gehämmer der Cis-dur-Variationen auf den höchsten Tasten des Claviers. Endlich erklingt ein eleganter hübscher Walzer. Man hält den Componisten bereits für gründlich getröstet und von dem Begräbniß erholt: da intoniren Geige und Violoncell wieder in der neunten Variation eine Cis-moll-Elegie, über welche blitzschnelle Arpeggien des Claviers springbrunnartig auf und nieder spritzen. Das plätschert einförmig lange fort, bis eine flotte Mazurka uns aus der Monotonie erlöst. Nach dieser wären wir vollständig gesättigt: man muß nicht unbescheiden sein. Aber der Componist scheint jetzt erst recht warm zu werden und sich bequem zu strecken; das Finale, das in schwierigen Clavier-Etüden für die Arbeit und den Ruhm des Pianisten sorgt, ist so lang, wie irgend ein ganzes und nicht kurzweiliges Trio. Spät, sehr spät erinnert sich der Componist, daß er völlig auf die Todtenklage vergessen habe. Das Clavier schlägt wieder schwere A-moll-Dreiklänge in Trauermarsch-Rhythmus an, über welchen Violine und Cello sich bescheidene Brocken vom Leichenschmaus zuwerfen. Der Satz war bei der Aufführung stark gekürzt, sogar die ganze Fuge gestrichen, dennoch konnte man der Langlebigkeit dieses

Todtenopfers kaum Stand halten. Nur das Interesse an den virtuosen Leistungen der drei Spieler blieb wach. Herr F. Busoni, ein großartiger, entzückender Pianist, der einzige, der uns völlig an Rubinstein erinnert, glänzte in der schwierigen Clavierpartie und wurde von dem Primarius des „Böhmischen Quartetts“ Herrn Karl Hoffmann, und dessen Violoncellisten Herrn H. Wihan vortrefflich unterstützt.

Ganz verschieden von dem Tschaikowsky’schen Trio, durchwegs erfreuend und harmonisch, wirkte Dvořak’s neuestes Streichquartett in G (op. 106). Es zählt zu jenen glücklichen, geistreichen Werken, deren musikalischer Sinn nicht überall auf der Oberfläche liegt, aber den unvorbereiteten Hörer doch die versteckten Schönheiten gleichsam tastend durchfühlen läßt. Beim zweiten Hören treten sie uns klar vor Augen, und dann genießen wir doppelt und vollständig. Möchten doch die Herren vom „Böhmischen Quartett“ in einer nächsten Production das G-dur-Quartett wiederholen und auch das (jüngst bei Rosé gehörte) As-dur-Quartett uns nicht vorenthalten! Beide Compositionen zeigen unver kennbar, wie sehr Dvořak seit seinem amerikanischen Auf enthalt sich abgeklärt und gefestigt hat. Mir will das As-dur- Quartett noch einheitlicher, noch frischer und origineller er scheinen; Andere ziehen das in G-dur vor. An beiden besitzen wir Perlen der neueren Kammermusik. Wie graziös scherzt und neckt das so geistreich durchgeführte erste Allegro! Wie breit fließt der edle Gesang des Adagio dahin! Die erste Geige bringt es zuerst auf der G-Saite, dann eine Octave höher, verstärkt von der Viola, auf einer gleichmäßig wogen den Cellofigur, während die zweite Violine winzige Pizzicatos wie Blüthenflocken hineinstreut. Nach einer mächtig an schwellenden Steigerung packen gleichsam im Triumph alle vier Instrumente Fortissimo in vollgriffigen Accorden das Thema in C-dur. Von da geht es ruhig in die Haupt tonart Es-dur zurück; das Thema verhaucht, nach einer kurzen leidenschaftlichen Aufwallung, auf den tieferen Saiten der vier Instrumente. Das Scherzo, ein rascher prickelnder Dreivierteltact in H-moll, mit zwei melodiösen Trios, gehört kaum zu den originellsten Stücken Dvořak’s, aber in seiner

gesunden Natürlichkeit und Lebensfreue sicher zu den ge fälligsten. Das complicirteste und ausgedehnteste (vielleicht etwas zu lange) Stück ist das keck und lustig beginnende Finale in Rondoform. Während wir gegen den Schluß hin ein rasches Vorwärtsdrängen erwarten, überrascht uns ein kurzes, leise athmendes Andante und darauf, zu noch größerer Ueberraschung, das Gesangsthema und die herab huschende Triolenfigur aus dem Ersten Satze. Diese Motive des Ersten Allegro verknüpfen sich, bald fliehend, bald suchend, mit den Themen des Finales in kunstreicher Com bination. Das sind schwache, unzulängliche Andeutungen; überflüssig für den, welcher das Werk kennt, wie für den, welchem es fremd ist. Im Grunde schreibt der Kritiker der gleichen nur zum eigenen Nachgenuß. Geht hin und hört selbst! Die Aufnahme des neuen Quartetts war stürmisch, das Zusammenspiel der Herren Hoffmann, Suk, Nedbal und Wihan über alles Lob erhoben. Dvořak hat es ihnen nicht leicht gemacht; er bringt im ersten, noch mehr im letzten Satz mit Vorliebe rhythmische Complicationen, welche von den Spielern die größte Accuratesse fordern, da mit das Netz sich überkreuzender Fäden den Hörer nicht ver wirre.

Noch eine von Dvořak’s neuesten Compositionen ward uns bescheert: seine symphonische Dichtung „Der Wasser mann“, ein instrumentales Pracht- und Schaustück, das die Philharmoniker unter Hanns Richter’s Leitung mit hin reißender Virtuosität spielten. Das Stück gehört zu drei von Dvořak nach böhmischen Volkssagen componirten sym phonischen Dichtungen; die zweite heißt die „Mittagshexe“, die dritte „Das goldene Spinnrad“. Im „Wassermannhandelt es sich um ein Mädchen, das dieser grausame Ele mentargeist zu sich in die Tiefe gezogen und zu seinem Weibe gemacht hat. Nachdem sie ihm ein Kind geschenkt, verlangt sie auf einen Tag zu ihrer Mutter zurückzukehren. Als dieser Tag zur Neige geht, erscheint der Wassermann und fordert ungestüm sein Weib zurück. Von der Mutter höhnisch abgewiesen, entfesselt er einen furchtbaren Sturm auf dem See und schleudert mit großer Gewalt auf die Schwelle der Hütte die Leiche des Kindes,

dem er den Kopf vom Rumpfe getrennt hat. Wie man einen so gräßlichen, jedes feinere Gefühl em pörenden Stoff zu musikalischer Darstellung sich wählen könne, ist mir nicht recht begreiflich. Die einfache Ueberschrift Der Wassermann“ hätte vollkommen genügt, um der poeti schen und malerischen Einbildungskraft des Zuhörers eine bestimmte Anregung zu geben. Die grausige ausführliche Erzählung schenken wir gerne; wir wollen unser Ohr und unsere Phantasie nicht in eine gebundene Marschroute zwängen lassen. Die Composition selbst ist bewunderungs würdig durch ihre blendenden, ganz neuen Orchester-Effecte, ihre originelle, im Anfang auch sehr poetische Tonmalerei. Aber das Unglück ist, daß der Componist sowie der Hörer einer vorgedruckten Erzählung Schritt für Schritt folgen muß. Wir bleiben trotzdem im Unklaren. In dem Pro gramm lassen die verschiedenen Scenen der Sage sich noch genau trennen; in der Composition, welche fast durchwegs das erste „Wassermann-Motiv“ festhält, fließen sie unter schiedslos ineinander. Das ist Alles interessant musicirt, aber schlecht erzählt. Immer hinkt man, das Programm vor Augen, der Musik voraus oder nach. Ich fürchte, Dvořak hat mit dieser detaillirten Programm-Musik eine abschüssige Bahn betreten, welche am Ende direct zu — Richard Strauß führt. Dieser Tonmaler läßt uns bekanntlich in seinem Eulenspiegel“ hören, wie der Vagabund auf den Galgen hinaufgezogen wird, in „Tod und Verklärung“, wie dem im Todeskampf Zuckenden das Nachtlicht verlöscht u. s. w. Vollends merkwürdig ist der Fortschritt, den R. Strauß in seiner neuesten Symphonie gemacht hat. Er betitelt sie: Also sprach Zarathustra:“ Ich kenne die Com position nicht, vielleicht ist sie meisterhaft, aber der Titel ist barer Unsinn. Auf „also sprach:“ kann nur eine Rede folgen, kurz oder ausführlich; nur gesprochene Worte, nicht Orchestersätze. Zarathustra sprach keine Fagottscalen oder Clarinett-Triller. Das weiß ein geistreicher Mann, wie R. Strauß, so gut wie wir. Allein die Sucht, um jeden Preis Absonderliches, Unerhörtes aufzutischen, sei es auch nur im Titel, verführt ihn. Nietzsche ist eben in der Mode. Richard Strauß nimmt das sonderbarste, unpopu

lärste Buch von ihm und benennt danach („frei nach Nietzsche“) seine neueste Symphonische Dichtung. Das Beispiel ist an steckend. Ibsen ist gleichfalls in Mode; darum hat bereits ein blutjunger Münchener Componist eine sympho nische Dichtung „Rosmersholm“ componirt. Wenn er mehr Courage bekommt, so läßt er wol eine Symphonie mit dem Titel folgen: „Also sprach Hedda Gabler:“ (streng nach Ibsen). Strauß krankhafte Eitelkeit, durchaus im Kleinen groß sein zu wollen, offenbart sich auch recht hübsch in einem Liede, betitelt „Wenn ...“, das als Beilage zu der illustrirten Zeitschrift „Jugend“ erschienen ist. Das Lied steht in Des-dur, schließt aber in D-dur. Dazu macht der Componist die Randbemerkung: „Sängern, die noch im neunzehnten Jahrhundert dieses Lied vorzutragen beabsichtigen, räth der Componist, dasselbe von hier ab (sechs Tacte vor dem Schlußaccord) um einen Ton tiefer transponirt zu singen und somit das Musikstück in der Anfangstonart auch abzuschließen!“ Ich meine, das zwan zigste Jahrhundert braucht nicht hoch in die Jahre zu kommen, um das Publicum vollauf übersättigt zu sehen an diesen Nietzsche-Ibsen-Symphonien. Es wird über diese tolle Mode, die mit Tönen nicht mehr musiciren, sondern erzählen und malen will, geradeso lächeln, wie Richard Strauß heute über das Publicum des armen neunzehnten Jahrhunderts sich lustig macht.

Es kann mir nicht beikommen, Dvořak, der mich zu diesem Excurs verlockt hat, mit Richard Strauß auf Eine Linie zu stellen; er ist ein echter Musiker, der hundertmal bewiesen hat, daß er keines Programmes und keiner Auf schrift bedarf, um uns durch reine, gegenstandslose Musik zu entzücken. Dvořak braucht sich nicht vor einer neuer Symphonie erst zu fragen: Was sprach Nietzsche? Was sprach Zarathustra? Er weiß vielleicht gar nicht, wer diese beiden großen Thiere waren. Aber das hat er auch nicht nöthig. Er weckt Gedanken und Empfindungen, Schauer des Glückes und der Wehmuth in uns, ohne dazu des Schwin dels mit falscher Gelehrsamkeit zu bedürfen. Aber eine leise freundschaftliche Warnung kann ihm nach dem „Wasser mann“ vielleicht nicht schaden.