Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse Nr. 12303. Wien, Dienstag, den 22. November 1898 Hanslick, Eduard Wilfing, Alexander FWF Der Wissenschaftsfond.
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Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse Herausgegeben von Wilfing, Alexander Projektmitarbeiterinnen Bamer, Katharina Pfiel, Anna-Maria Elsner, Daniel Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage Wien 2023

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Maschinenlesbares Transkript der Kritiken von Eduard Hanslick.

Nr. 12303. Wien, Dienstag, den 22. November 1898 Hanslick, Eduard Neue Freie Presse Morgenblatt Herausgegeben von Etienne, Michael Friedländer, Max Wien 22.11.1898
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Chor- und Orchesterconcerte.

Ed. H. Nachdem das erste Philharmonische Concert ausschließlich Mozart und Beethoven gefeiert hatte, vollzog das zweite den Uebergang zu den Romantikern Weber, Schubert und Berlioz. Zuerst strömte die „Oberon“-Ouvertüre in ihrem prachtvoll goldenen Fluß dahin, festgefügt, wie aus Einem Stück. Und doch ist dieses Stück eigentlich musivisch zusammengesetzt, denn es enthält (wie die „Freischütz“-Ouvertüre) keinen einzigen Tact, der nicht aus der Oper selbst genommen wäre. In ungeschwächter Wirkung lebt die Ouvertüre zu „Oberon“ allüberall fort, während leider die Oper selbst, die Beute eines ver alteten kindischen Textbuches, immer mehr von den Bühnen verschwindet. Der Segen dieses Tonstückes, Hörer und Spieler unwiderstehlich mit sich fortzureißen, bewährte sich auch bei der jüngsten begeisterten Aufführung unter Mahler. Es folgten die beiden ersten Sätze der Schubert’schen H-moll- Symphonie; der schöne Torso, welchen das doppelte Miß geschick betroffen, von Schubert nicht vollendet und von Herrn August Ludwig ergänzt worden zu sein. Es war keineswegs Schubert’s Absicht gewesen, es bei den zwei Sätzen bewenden zu lassen; existirt doch der Anfang des Scherzo von Schu bert’s Hand. Was die Nichtvollendung des so reizend an hebenden Werkes verschuldet habe? Im letzten Grunde wol die Theilnahmslosigkeit der Zeitgenossen an Schubert’s Orchester- Compositionen. Der Symphoniker mußte seine Erhebung zum „Liederfürsten" büßen.

Auf Schubert folgte Hector Berlioz. Seine „Sym phonie Fantastique“ ist eines der wenigen Beispiele einer fünfsätzigen Symphonie. In den meisten Aufführungen pflegte man früher den fünften Satz, den „Walpurgisnachts traum“, wegzulassen und mit dem „Hinrichtungsmarsch“ zu schließen. Berlioz selbst hat es seinerzeit gethan in Wien und Prag. Für die musikalische Totalwirkung erscheint mir diese Kürzung vortheilhaft; wir werden mit dem Eindrucke des einheitlichsten und originellsten Satzes entlassen, unver

stört von dem wüsten Finale, in welchem Berlioz das lieb liche Thema der Symphonie („la double idée fixe“) ver zerrt und verhöhnt, ähnlich wie Liszt im Scherzo seiner „Faust“-Symphonie das Gretchenmotiv. Die Aufführung dieses Finales bleibt jederzeit ein gefährliches Experiment; man unterzieht sich ihm von Zeit zu Zeit, mehr aus historischem Interesse als zu musikalischem Vergnügen. Director Mahler, ein beherzter Mann, läßt die „Wal purgisnacht“ wieder aufleben. Er hat sie, die er schön nicht machen konnte, wenigstens so interessant und effectvoll als möglich gemacht und die stachelige Aufgabe als eminent fein fühliger und impulsiver Dirigent gelöst. Einen einzigen Vortheil habe ich — leider! — vor ihm voraus; ich habe als Student im Jahre 1845 die „Fantastique“ noch unter Berlioz’ eigener Leitung gehört und allen Proben beigewohnt. Und so lebt mir in deutlicher Erinnerung, daß Berlioz das erste Allegro ein wenig langsamer, die Ballscene etwas lebhafter genommen hat. Daran liegt nichts. Die Tradition, an sich unsicher, kann nicht einen langen Zeitverlauf überdauern. Der Dirigent ebenso wie der Sänger und der Schauspieler darf und muß auf den Urtext zurück gehen. Und diesen hat Mahler mit der ihm eigenen Mischung von Genialität und Gewissenhaftigkeit aufgefaßt und aus gelegt. Die bewunderungswerthe Aufführung der Symphonie konnte übrigens nicht verhindern, daß schon nach dem dritten und vierten Satz sich viele Zuhörer leise davonmachten. Das fünfte Rad an diesem Phantasiewagen bringt ihn unrettbar zu Fall. Wer nicht aus dem erklärenden Programm weiß, daß dieser barocke Teufelsspectakel sehr ernsthaft und tragisch gemeint ist, dem klingt er einfach lächerlich. Ja, man sah trotz des Programms viele überaus heitere Gesichter. Un leugbar ist der entscheidende Einfluß dieser Symphonie auf unsere neuesten Programm-Musiker; aber gerechterweise muß man zugestehen, daß weder Tschaikowsky noch Liszt, weder Richard Strauß noch Weingartner in grausamer Malerei so weit gegangen sind, wie ihr Ahnherr Berlioz in diesem Finale.

Hatte Director Mahler in den beiden Philharmonie- Concerten ausschließlich Bekanntes wiederholt, so brachte

R. v. Perger im ersten Gesellschaftsconcert nur Novitäten zur Aufführung. Neu war zuerst der „113. Psalm“, ein großes Stück für Chor und Orchester von Goldmark. Weßhalb ließ man doch Goldmark’s bekannten a capella- Chor „Wer sich die Musik erkiest“ vorangehen? Wahrschein lich als günstige Einführung des großen Unbekannten durch einen kleinen, bereits accreditirten Freund des Hauses. Wenn die längere und künstlichere Composition stets auch die bessere wäre, die schmerzvoll geborene auch die schönere, dann müßte der Psalm über die kurze Chorstrophe gewaltig triumphiren. Aber das Gegentheil traf ein. Das von Gold mark gewählte sechszeilige Gedicht Luther’s „Wer sich die Musik erkiest“ leitet den himmlischen Ursprung der Musik von „den lieben Engelein her, die selber Musikanten sein“. Etwas von der naiven Herzlichkeit dieses Einfalls ist auch auf Goldmark’s kleinen Chor übergeflossen. Er erfreut durch Klang schönheit und gedrungene Kürze. In dem „113. Psalm“ arbeitet Goldmark mit größeren Massen und nach höheren Zielen. Eine kunstreiche Arbeit — aber mit dem fatalen Beigeschmack der „Arbeit“. Der monotone Rhythmus und das unersättlich wieder holte absteigende Dreiklangmotiv „Lobt Knechte“ — sie lassen den Hörer nicht los, machen ihn stumpf und ungeduldig. Unter dem Druck des contrapunktischen Geflechtes erstickt die freie Erfindung, vollends die individuelle Goldmark’s. Glücklicher weise löst sich ganz zuletzt die herbe Contrapunktik in einer Folge klarer, starker Accorde; das mächtig erbrausende Hallelujah rettet den Eindruck des Ganzen. Weniger aus Sympathie für die Composition als für den Componisten erschöpfte sich das Publicum in anhaltendem Beifall und Hervorruf. Aber „die Knechte Gottes“ lobten und riefen umsonst.

Die Nebelschleier des Goldmark’schen 113. Psalms durchbrach wie goldener Sonnenschein Mozart’sOrchester-Serenade in D-dur (Nr. 203 bei Köchl). Ein Mozart aus dem Jahre 1774 und dennoch eine Novität für uns! Zwischen drei Andantesätzen, zierlich ausgeschmückt mit einem Violin- und einem Oboe-Solo, schieben sich zwei anmuthige Menuette, worauf ein fröhliches Prestissimo den Reigen beschließt. Viel Neues, Bedeutendes kommt da freilich nicht zum Vorschein,

wol aber jene echt Mozart’sche Grazie, die jetzt wieder an fängt, uns neu und bedeutend zu erscheinen. Die Serenade wurde entzückend gespielt.

Das Concert schloß mit Verdi’s „Quattro pezzi sacri“, die in jüngster Zeit so viel von sicher reden gemacht. Gewiß zählt es zu den größten, den schönsten Seltenheiten, daß ein 85jähriger Meister noch die Kraft und die Stimmung findet, Neues zu schaffen. Das hohe Alter Verdi’s ist’s aber nicht allein, wodurch uns seine „Vier heiligen Stücke“ merkwürdig sind; es dürfen viel Jüngere mit Neid darauf blicken. Wie klangschön und innig empfunden fließt die neueste Musik dieses Alten aus seiner Seele! Die vier Stücke verbindet kein nothwendiger Zusammenhang; sie stehen unabhängig neben einander. Man wollte aber bei einer Erstaufführung dieser Novität keines der vier Stücke der allgemeinen Neu gierde entziehen. In Hinkunft dürfte sich dennoch eine Theilung dieser Tetralogie für zwei Concertprogramme empfehlen; daß sie nicht mit der ersten Aufführung ver schwinden werden, ist zweifellos. Auf die Neugierde wird dann die Zuneigung folgen.

Von den „vier heiligen Stücken“ erzielen „Stabat mater“ und „Te Deum“ die stärkste äußere Wirkung, wie schon ihr imposantes orchestrales Rüstzeug verräth. Einen noch reineren, vollkommeneren Eindruck verdanken wir jedoch den beiden kleineren, unbegleiteten Chören. Da ist zuerst das Ave Maria“; ein weihevolles Gebet, zugleich ein musikali sches Curiosum. Verdi baut es auf einer als „scala enig matica“ bezeichneten unregelmäßigen Tonleiter auf (c des e fis gis ais h c; und absteigend: c h ais gis f e des c). Zuerst erscheint sie als cantus firmus in ganzen Noten im Baß; die zweite Strophe bringt sie unverändert im Tenor, die dritte im Alt, die vierte endlich im Sopran. Ueber und unter dieser zwischen Dur und Moll schwankenden Scala bewegen die übrigen drei Stimmen sich in kunstvollem, dabei durchsichtigem Geflecht und ungequält interessanter Modulation. Noch anspruchsloser, einfacher gibt sich der blos für Sopran und Alt gesetzte vierstimmige Chor „Laudi alla vergine Maria“. Der italienische Ausdruck für Frauenstimmen, „voci bianche“, wird hier vorbildlich für

das verklärende weiße Licht, das über diesen Tonfolgen leuchtet. Der Text ist Dante’s „Paradies“ entnommen: der heilige Bernhard vermittelt dem Dichter durch die Gnade der Mutter Gottes den Anblick der Dreifaltigkeit. Abwechselnder Rhythmus und charakteristische Combination sorgen dafür, daß in dem obendrein kurzen Stück die Monotonie der unbegleiteten Frauenstimmen nicht fühlbar werde. Die beiden größeren, mit vollem Orchester aus gerüsteten Stücke („Stabat mater“ und „Te Deum) treten weniger enthaltsam auf, suchen hin und wieder den sinnlichen Effect, oder gehen ihm doch nicht aus dem Wege. Sie ver rathen, bei aller Wärme und Ehrlichkeit der Empfindung, doch den Operncomponisten, der starke Contraste, wechselnde Farbenmischung und süße Melodien nicht entbehren kann. So wenn im „Stabat mater“ (G-moll) gleich auf die erste Sylbe von „Stabat“ alle Stimmen mit der scharf accentuirten Dissonanz cis losstürzen. Oder wenn auf das Wort „flammis“ über heulenden chromatischen Scalen der ganze Heerbann der Bläser aufgeboten wird, um schleunigst in ein tonloses Pianissimo zu versinken. Aber wie süß klingt das zarte Soloquartett „Eja mater, fons amoris“, und gegen den Schluß das seelenvolle „Fac ut animae donetur“! Noch ungleich breiter und reicher entfaltet sich das „Te Deum“ für vierstimmigen Doppelchor und Orchester, dem sogar (wie dem Stabat) die große Trommel nicht fehlt. Zu Anfang murmeln ohne Begleitung die beiden Chöre responsorienartig auf Einem Accord die Worte „El Seraphim proclamant“ — darauf fällt „Sanctus!“ mit mauernerschütterndem Fortissimo ein. Der Schluß des Ganzen überrascht wieder durch den entgegengesetzten Effect: anstatt eines mächtigen Ab schlusses, den man erwartet, verhaucht das Stück in dem dürfti gen Pianissimo eines Solo-Soprans. Auch das „Te Deumentbehrt nicht geistreicher Einzelheiten, ja genialer Blitze — als Ganzes steht es in musikalischer Abrundung und Natür lichkeit hinter den anderen Stücken entschieden zurück. Verdi’s neuestes Werk wird ohne Zweifel wegen „unkirchlichen“ Styls angegriffen werden. Keineswegs muthwillig, doch immerhin bedenklich sind dergleichen Anklagen; sie werden

immer bedenklicher, je weiter die Zeit und mit ihr die Musik vorschreitet. Der Bruch, der im Begriff der Kirchenmusik liegt, indem die selbstständige Schönheit der Musik nicht überall mit der weltverneinenden Strenge der Kirche vereinbar ist und entweder das eine oder das andere Moment die Oberhand gewinnt, konnte nur in dem Kindesalter einer noch wenig entwickelten Musik verdeckt bleiben. Dieser Conflict regt sich naturgemäß immer häufiger und stärker mit dem wachsenden Reichthum der Musik und einer freieren religiösen Anschauung. Immer muß die Kirche oder muß die Musik etwas von ihren selbstherrlichen An sprüchen aufgeben. Verdi, der Katholik, Italiener und ge borene Operncomponist, folgt in diesem Zwiespalt lieber der musikalischen Schönheit; wenigstens will er sie nicht unter jocht wissen. Er ist darum nicht weniger ehrlichen Glaubens als seine strengeren Collegen im protestantischen Nord deutschland. Uns Süddeutsche dringt die klangschöne Frömmigkeit Verdi’s mehr zum Herzen als jene ortho doxe Kirchenmusik, welche dem sinnlichen Reiz, stolz ab weisend, aus dem Wege geht. Der Geist, der aus Verdi’s neuesten geistlichen Gesängen spricht, stimmt völlig zu dem Charakter seines Requiems, das, reicher und bedeutender, gleichfalls die religiösen Forderungen mit den modern musikali schen glücklich zu vereinigen trachtet. Ganz ohne Rest geht die Rechnung freilich niemals auf.

Der Verdienste des Directors R. v. Perger um die Aufführung des ungemein schwierigen Werkes wurde bereits gebührend gedacht. So möchte ich noch die schwerlich sich wiederholende Gelegenheit ergreifen, auf ein werthvolles neues Buch über Verdi aufmerksam zu machen. Giuseppe Verdi und seine Werke“ von Gino Monaldi. Aus dem Italienischen übersetzt von L. Holthof. Deutsche Verlags anstalt in Stuttgart, 1898. Der Ver fasser, Herr Gino Monaldi, ist ein angesehener italie nischer Musikschriftsteller, welcher nicht blos Verdi’s Compo sitionen, sondern auch dessen Lebensgang, Entwicklung und Persönlichkeit genau kennt. Bis zu den „Vier geistlichen Stücken“ ist sein Buch noch nicht gelangt. Doch behandelt es ausführlich die letzten Opern „Othello“ und „Falstaff

sowie das Requiem. Ein kurzer Brief Verdi’s (er liebt überhaupt keine langen) meldet unmittelbar nach der ersten Aufführung des Requiems aus Wien, 12. Novem ber 1875: „Da du es willst, will ich dir sagen, daß der Erfolg der Messe ein sehr guter gewesen ist. Eine Aufführung, wie du sie niemals wieder erleben wirst! Das Orchester ist so wunderbar!“ Monaldi spricht von Verdi mit gefühlter Verehrung, ohne, wie so viele italienische Kritiker, uns durch geschmacklos exaltirte Phrasen zu ermüden. Die letzten Verdi’schen Opern betrachtet er nicht blos mit kritisch geschultem Auge, sondern mit historischem Blick. Ein Ausspruch Monaldi’s über „Othello“ und „Falstaffmag dies bezeugen und unseren Bericht abschließen. „Unleugbar,“ sagt Monaldi, „ist ein neuer Verdi aus dieser letzten Bethätigung seines künstlerischen Vermögens hervorgegangen. Der neue Verdi ist aber nicht mehr der seines Volkes, das dem „Tonmeister der italienischen Revo lution“ von „Nabuco“ bis zum „Hernani“, bis zum „Attila“, von „Attila“ bis zum „Troubadour“ und vom „Trouba dour“ bis zum „Maskenball“ folgte. Dieses Volk hat, be siegt und in Entzücken versetzt von dem Geiste des Compo nisten, ihn noch jubelnd bis zur „Aïda“ verfolgen können. Hier angelangt, aber machte es Halt. Für die Geschichte bleibt der Musiker des „Othello“ und des „Falstaff“ groß, ja größer noch als er in der Vergangenheit gewesen; aber für die Volksüberlieferung endet Giuseppe Verdi mit der Aïda“. ... Die Kunst Giuseppe Verdi’s, des im ausge sprochensten Sinne italienischen Tonmeisters, dessen künst lerische Geschichte auf das innigste mit der seines Vater landes zusammenhängt und der beinahe zwanzig Jahre hin durch Italien nur im Ruhme seiner Kunst hat fortleben lassen, diese Kunst gehört in ihrer letzten Aeußerung nicht mehr ausschließlich Italien an. Sie ist wie stets das Er gebniß des Geistes und der Empfindung des Meisters, aber dieser Geist und diese Empfindung sind einer Aenderung unterworfen worden. In Folge einer kosmopolitischen Ge walt, deren kühne und stürmische Entwicklung Verdi ganz richtig voraussah; weßhalb er sich wie früher an ihre Spitze stellen wollte, um die Bewegung zu leiten und zu regeln.“