Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse Nr. 12332. Wien, Mittwoch, den 21. December 1898 Hanslick, Eduard Wilfing, Alexander FWF Der Wissenschaftsfond.
Georg-Coch-Platz 2 1010 Wien Österreich Wien
Hanslick Edition: Hanslick in Neue Freie Presse Herausgegeben von Wilfing, Alexander Projektmitarbeiterinnen Bamer, Katharina Pfiel, Anna-Maria Elsner, Daniel Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage Wien 2023

Sie dürfen: Teilen — das Material in jedwedem Format oder Medium vervielfältigen und weiterverbreiten

Bearbeiten — das Material remixen, verändern und darauf aufbauen und zwar für beliebige Zwecke, sogar kommerziell.

Der Lizenzgeber kann diese Freiheiten nicht widerrufen solange Sie sich an die Lizenzbedingungen halten. Unter folgenden Bedingungen:

Namensnennung — Sie müssen angemessene Urheber- und Rechteangaben machen, einen Link zur Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden. Diese Angaben dürfen in jeder angemessenen Art und Weise gemacht werden, allerdings nicht so, dass der Eindruck entsteht, der Lizenzgeber unterstütze gerade Sie oder Ihre Nutzung besonders.

Keine weiteren Einschränkungen — Sie dürfen keine zusätzlichen Klauseln oder technische Verfahren einsetzen, die anderen rechtlich irgendetwas untersagen, was die Lizenz erlaubt.

Hinweise:

Sie müssen sich nicht an diese Lizenz halten hinsichtlich solcher Teile des Materials, die gemeinfrei sind, oder soweit Ihre Nutzungshandlungen durch Ausnahmen und Schranken des Urheberrechts gedeckt sind.

Es werden keine Garantien gegeben und auch keine Gewähr geleistet. Die Lizenz verschafft Ihnen möglicherweise nicht alle Erlaubnisse, die Sie für die jeweilige Nutzung brauchen. Es können beispielsweise andere Rechte wie Persönlichkeits- undDatenschutzrechte zu beachten sein, die Ihre Nutzung des Materials entsprechend beschränken.

Maschinenlesbares Transkript der Kritiken von Eduard Hanslick.

Nr. 12332. Wien, Mittwoch, den 21. December 1898 Hanslick, Eduard Neue Freie Presse Morgenblatt Herausgegeben von Etienne, Michael Friedländer, Max Wien 21.12.1898
font-style:italic; font-weight:bold; Deutsch Transkribus OCR und Lektorat. Transformierung der Daten des Transkribus TEI-Export mit "editions.xsl". Formatierung und Referenzen eingefügt. Letztkorrektur für Zwischenrelease.
Das Wiener Hofoperntheater in den letzten fünfzig Jahren.

Ed. H. Unter dem Titel „Fünfzig Jahre Hoftheater“ ist soeben eines der prächtigsten und inhaltsreichsten Jubiläums werke erschienen. Es besteht aus drei Theilen: der Geschichte des Burgtheaters (von R. Lothar), der Geschichte des Hofoperntheaters (von Julius Stern) und dem Künstleralbum mit biographisch-kritischen Aufsätzen verschiedener Autoren über die hervorragendsten Wiener Hofschauspieler und Opernmitglieder. Uns beschäftigt heute nur die Hofoper. Ihr ist der größte Raum des monu mentalen Werkes gewidmet. Welche Fülle neuen historischen Stoffes! Welcher Reichthum an Künstlerbildnissen! Freunde quellenmäßiger Theatergeschichte zehren so vergnügt an ersterem, daß sie allenfalls der Porträts entbehren könnten; Anderen wieder dürften gerade die Bilder die reizvollste Unterhaltung bieten, auch ohne den geschichtlichen Text. Am besten also, daß wir Beides besitzen. Für den Verfasser, Herrn Julius Stern, war das keine kleine Aufgabe. Zwei Jahre anhaltender Arbeit in den Bibliotheken und Hof archiven, um das colossale, schwer zugängliche Material zu sammeln und zu sichten! In dem großen Folioband können wir für unseren Zweck heute nur blättern und den Leser neugierig machen auf einige der interessantesten Geschichten.

Wir überspringen das einleitende Capitel, welches die Wiener Oper von ihren Anfängen in der „Mehlmarkthütte“ bis zum alten Kärntnerthor-Theater (1709 bis 1848), dann das Revolutionsjahr behandelt. Doch können wir nicht ganz vorübergehen an dem Gagen-Etat, wie ihn Director v. Holbein für das Jahr 1850/51 vorgelegt hat. Da mals erhielt die erste dramatische Sängerin Frau v. Hasselt- Barth nur 6000 fl., der erste Tenorist Alois Ander nur 5000 fl. jährlich. Heute beziehen die Darsteller von Neben partien mehr, als damals die berühmtesten ersten Künstler! Freilich bildeten die sogenannten Benefice-Vorstellungen

ein Nebeneinkommen der bedeutenderen Sänger und Sänge rinnen. Fast Alle hatten sie contractmäßig ihre Benefice- Vorstellung gesichert. Sollten Repertoire-Störungen diese ver eiteln, so war die Direction verpflichtet, dem betreffenden Künstler 500 fl. oder 600 fl. „als Ablösung“ zu bezahlen. Dadurch kamen aber die Künstler meistens zu Schaden; denn sie pflegten die Billette zur Benefice-Vorstellung selbst an die Abonnenten zu verkaufen und sich für „gütige Ueber zahlung“ gern zu bedanken. Dem vornehmen Sinn des Grafen Lanckoronski war diese Praxis ein Gräuel. Er er klärte es „einer kaiserlichen Anstalt nicht würdig, daß die ersten Mitglieder von Abonnenten zu Abonnenten betteln gehen“, und der früher allgemein herrschende Unfug hatte ein Ende. Ein Verdienst Holbein’s ist die Einführung der Tantièmen, wie die großen ausländischen Theater sie bezahlten. Holbein selbst war so zartfühlend, seit Einführung der Tantièmen keines seiner Stücke am Burgtheater mehr aufführen zu lassen. Ueber die frühere complicirte bureau kratische Verwaltung der Hoftheater gibt uns das Buch inter essante Aufschlüsse. Nicht weniger als vier Behörden, theils Ministerien, theils untergeordnete Aemter, hatten die einzelnen Posten des vom Oberstkämmerer und dem Director vorge legten Voranschlages zu beurtheilen, bevor er genehmigt wurde. Und in diesen vier Aemtern saß kein einziger Theatermann; ausschließlich Juristen urtheilten über die Bedürfnisse des Kunstinstituts. Das Hauptvotum über das Opern-Budget hatte das Ministerium des Innern; nach ihm kamen das Finanzministerium, die oberste Polizei-Direction und gewöhn lich auch noch die Finanz-Procuratur. Welch lästiger Schriften wechsel! In dem System der Opernverwaltung gewahren wir ein unablässiges Schaukeln zwischen der Verpachtung des Theaters und der Direction in eigener Regie. Endlich scheint letzteres System sich endgiltig consolidirt zu haben, obgleich noch der Finanzminister v. Plener1861 dringend für die Verpachtung eintrat.

Diplomaten im Dienste des Hofopern theaters“, lautet die Ueberschrift eines an merkwürdigen Details reichen Capitels. Die kaiserlichen Statthalter und Gesandten hatten in früherer Zeit die Annehmlichkeit, nicht nur mit den auswärtigen Regierungen, sondern auch mit den fremden Künstlern und Künstlerinnen, besonders wenn

sie contractbrüchig waren, amtliche Verhandlungen zu pflegen. Die Regierung eines alten soliden Staates, sagt der Ver fasser, ist oft leichter „umzukriegen“, als eine junge Tän zerin, die nicht tanzen will, obgleich sie contractmäßig dazu verpflichtet ist. Besonders mit Italien, das vor fünf De cennien den größten Theil unseres künstlerischen Bedarfes gedeckt hat, gab es recht schwierige diplomatische Verhand lungen. Wir lesen die amtlichen Zuschriften des Grafen Lanckoronski an den außerordentlichen Gesandten FML. v. Martini in Neapel, welcher den säumigen Bariton Debassini zur Antwort drängen und sich über die Tänze rin Ferraris äußern soll. Sodann die Correspondenz mit dem Gesandten in Madrid, Grafen G. Esterhazy, über die Tänzerin Cerrito. Der Gesandte Baron Hügel mußte in Neapel die Sängerin Boschetti zu sich bescheiden und über ihre finanziellen und Herzensverhältnisse nach Wien berichten.

Eine ziffermäßig genaue Darstellung zeigt uns, wie stark in dem Opern-Repertoire des Decenniums 1830 bis 1840 die französischen und italienischen Opern an Zahl die deutschen überwogen. Frankreich war mit 35 damals neuen Opern im Wiener Repertoire vertreten, Italien mit 21 neuen Opern. Von den damals lebenden deutschen Componisten (1840 bis 1850) stammen nur 9 Werke, die einen festen Platz im Repertoire zu behaupten vermochten. Von der Anziehungskraft, welche Meyerbeer’s „Prophet(1850) in Wien ausübte, vermag man heute sich kaum eine Vorstellung zu machen. Die ersten 20 Aufführungen waren vollständig ausverkauft. Der Zudrang dazu war so groß, daß nach jeder Vorstellung die Zeitungen einen sogenannten Polizeibericht über die beim Gedränge vorgekommenen Un fälle brachten. Auf Ersuchen des Oberstkämmerers besetzte die Polizei jedesmal knapp vor Beginn des Karten vorverkaufes alle Eingänge des Kärntnerthor-Theaters und durchsuchte die Gänge des Hauses, ob sich nicht Jemand eingeschlichen habe, um früher zum Billetschalter zu ge langen.

Uebergehen wir von der Verwaltung zur Kunst, von den Bureaukraten zu den Sängern und Sängerinnen. Ein wunderliches Beispiel vom Ineinanderspielen künstlerischer und politischer Motive bietet die Affaire der Kammer- und Hof

opernsängerin Anna Zerr. Sie beging die Unvorsichtigkeit, in London ihre Mitwirkung bei einem Morgenconcert am 12. Juli 1851 zuzusagen, das für den „Hungarian Fund“, das heißt zur Unterstützung der ungarischen Flüchtlinge, stattfand. Der eigentliche Arrangeur dieses Concertes, Karl Formes, hatte auch den Wiener Violinprofessor Jansa dafür gewonnen. Nach Feststellung der Thatsachen durch eine längere diplomatische Correspondenz erließ der Kaiser folgenden Auftrag an den Oberstkämmerer: „Der Anna Zerr ist das Decret als Kammersängerin, welchen Titels sie verlustig ist, abzunehmen. Der bestehende Contract, demzufolge sie beim k. k. Operntheater bis April 1852 engagirt ist, bleibt bezüglich der ihr zugesicherten Genüsse in Wirksamkeit, doch darf sie unter keinem Vor wand auf diesem Hoftheater, weder in einer Oper, noch in einem Concert mehr auftreten. Daß sie in dieser Zeit auf keiner anderen Bühne singe, liegt in der Macht der Administration des Operntheaters, die ihr dazu von Fall zu Fall die Erlaubniß ertheilen müßte, welche ihr natürlich in keinem denkbaren Fall gegeben wird.“ Anna Zerr (die erste „Martha“ in Flotow’s Oper) gastirte später mit größtem Erfolg in Amerika und zog sich bereits im Jahre 1857 von der Bühne zurück.

Mit tiefem Antheil lesen wir die Biographien zweier Wiener Künstler, die durch ihre Meisterschaft, ihre beispiel lose Beliebtheit und ihr tragisches Ende uns unvergeßlich bleiben: Joseph Staudigl und Alois Ander. Beide endeten im Wahnsinn. Sie sind nicht die einzigen Beispiele, daß die überwiegende Phantasiethätigkeit und nervöse Er regung, welche mit der Bühnenlaufbahn verbunden ist, gerade zu diesem tragischen Ausgang führen können. Als Staudigl und Ander sich nicht mehr darüber täuschen konnten, daß Stimme und Gedächtniß sie völlig im Stiche ließen, waren sie verloren. Die Schilderung von Ander’s Zustand in der Wasserheilanstalt zu Wartenberg, sowie der letzten Jahre Staudigl’s bringt manches neue Detail. Noch drei andere Sterne der Wiener Oper sind in trost loser Nacht, wenn auch nicht in der Zelle eines Irren hauses, erloschen. Marie Wilt, deren Kunst in gleicher Vollendung den Coloraturgesang wie die stärksten drama tischen Partien beherrschte, ebenso hell im Oratorium wie

in der Oper glänzte, hat freiwillig geendet. Sie ist an einer verspäteten, unerwiderten Leidenschaft zu Grunde gegangen; Scaria, der mächtige Bassist, an dem Studium der Wotan-Rolle; die Czillagh, unsere gefeierte erste Fides, an dem bei Bühnenkünstlern so häufigen Leichtsinn, welcher in den Tagen des Glanzes verschwendet, um dann im Alter hilflos zu darben. Gerne wenden wir unseren Blick gegen die Sonnenseite und freuen uns der gesunden, heiteren Behag lichkeit, in welcher drei Collegen der oben Genannten, die Veteranen Karl Mayerhofer, Heinrich Kreuzer und C. M. Wolf, unter uns wandeln. Mayerhofer ist in seinem eigensten Rollenfache noch immer unersetzt.

Nicht blos das Sängerpersonal, auch das Orchester des Hofoperntheaters findet in Herrn Stern einen eifrigen Geschichtsschreiber. Vieles ist uns neu und Manches davon unbegreiflich. Es klingt wie ein Märchen, daß der erste Capellmeister Esser, „der gute Geist des Kärntnerthor- Theaters“, es nach langjähriger Dienstzeit zu keinem höheren Gehalte als 200 fl. monatlich gebracht hat! Erst als man Esser zum musikalischen Beirath Dingelstedt’s und „Musik dirigenten“ des Theaters ernannt hatte, verbesserte man sein Einkommen — um ganze 50 fl. monatlich! Im Jahre 1855 meldete sich der berühmte Violin-Virtuose Henri Vieuxtemps für eine Anstellung als „Hof-Concert meister“, zugleich als Solospieler und Orchester-Director der Oper und erbat sich eine Besoldung von 3000 fl. jährlich. Obgleich er ein warmes Empfehlungsschreiben des Herzogs Max in Bayern an den Oberstkämmerer mitbrachte und die Direction eifrigst für Vieuxtemps’ Forde rungen eintrat, wurde sein Anerbieten aus fiscali schen Gründen zurückgewiesen. Die finanzielle Lage der Orchestermitglieder war geradezu unwürdig. Schon im Jahre 1851 bemühte sich Regierungsrath v. Holbein in einer amtlichen Eingabe um „die nothwendige und pflicht mäßige Erhöhung der über allen Ausdruck kärglichen Be soldung der Künstler des Hofopern-Orchesters, welche bei ungleich größerer Beschäftigung noch immer weit hinter jenen des Burgtheaters zurückstehen“. Hol bein’s Besoldungspläne blieben ein frommer Wunsch. End lich im Jahre 1865 thaten sich die Mitglieder des Orchesters zu einer energischen Petition zusammen um Erhöhung ihrer

Bezüge. Ihre Argumente wurden von der Hofbehörde voll kommen gewürdigt, die Gagen aber nicht erhöht, weil die normale Dotation bereits überschritten sei. Auch hatten sich die Kosten des Orchesters seit 1850, wo es 61 Spieler um faßte, bis zum Jahre 1865, wo es im Ganzen 98 Mit glieder zählte (jetzt ist ihre Zahl auf 107 gestiegen), be deutend erhöht. Aber wie schlecht waren sie bezahlt! Die ersten Solospieler bezogen 50 fl. monatlich, die übrigen Mitglieder begannen mit 36 fl. monatlich und stiegen bis 42 fl. — Erst einer späteren Zeit blieb es vorbehalten, dem Opernorchester zu geben, was ihm gebührte. Joh. Herbeck und G. Mahler haben sich in dieser Hinsicht große Verdienste erworben. Director Mahler konnte in jüngster Zeit auch eine Erhöhung der Choristengehalte erwirken, so daß sich die Bezahlung der Chorsänger und -Sängerinnen seit den letzten 30 Jahren um nahezu 100 Percent erhöht hat. Die An strengungen der Chordirectoren, eine Verstärkung und bessere Besoldung des Chors zu erlangen, begannen schon in den Sechziger Jahren. Ihr Gesuch wurde von der obersten Hoftheater-Direction dem Director Salvi zur Aeußerung zugestellt. Diese Aeußerung fiel geradezu classisch aus. Salvi behauptete, der Chor sei nicht zu klein, sondern zu groß; „die Rückwärtsstehenden werden bequem und singen mitunter gar nicht mit“, man müsse also die Zahl der Mitglieder verringern und die Gagen der entlassenen Chorsänger unter die verbleibenden auftheilen! Ein ins Musikalische übersetzter Sanct Crispinus, der den Reichen Leder ent wendet, um den Armen Stiefel daraus zu machen. Die Eröffnung des prächtigen neuen Opernhauses machte endlich solchen unmenschlichen und unkünstlerischen Knickereien ein Ende. Dingelstedt war nicht der Mann der klein bürgerlichen Engherzigkeit Salvi’s.

Wer sich nicht blos für die schönen Sängerinnen und schmucken Tenoristen interessirt, sondern auch für die musik wissenschaftlichen und kunstpädagogischen Aufgaben des Opern theaters, der wird die beiden Capitel vor der Einführung der neuen Orchesterstimmung (Diapason normal) und der Errichtung einer Opernschule mit Antheil und Nutzen lesen. Desgleichen — und mit erhöhter Heiterkeit — den Artikel über den Einfluß der obersten Polizei-Behörde unter Graf Sedlnitzky und Baron Kempen auf das Hofopern

theater. Es ist, als blickten wir in frühere Jahrhunderte. Die Polizei hatte in Alles dreinzureden. Sie war einerseits Expertin, wenn es sich um die künstlerischen Fähigkeiten zu engagirender Sänger oder Capellmeister handelte, anderer seits Wahrerin der öffentlichen Sittlichkeit, indem sie über das politische Vorleben jedes zu engagirenden Sängers und jeder Sängerin Bericht erstattete. Ohne dieses Referat durfte keine Entscheidung getroffen werden. Die Ueberwachung der Polizei-Behörde erstreckte sich auch auf das persönliche Ver halten der Künstler unter einander und gegenüber dem Director. Erst als die Verpachtung des Operntheaters ein Ende nahm, ward die Herrschaft der Polizei als Theater macht gebrochen.

Franz Jauner, unter dessen Direction wir im Hof operntheater die berühmtesten Gäste und die glänzendsten Aufführungen zu hören bekamen, hat auch „den Draht mit Bayreuth“ wieder hergestellt. Eine bisher unbekannte Corre spondenz R. Wagner’s mit Jauner, die Aufführung der Nibelungen-Tetralogie in Wien betreffend, erregt lebhaftes Interesse — insbesondere jene Briefe Wagner’s, die nicht blos Geldforderungen zum Inhalt haben. Zweierlei nament lich erfüllt uns mit großer Befriedigung. Erstens daß Wagner immer von seiner „OperTristan“, seiner „Oper Walküre“ u. s. w. spricht, während man vor seinen Jüngern das Wort „Oper“, nur bei Strafe der stillen Verachtung aussprechen darf. Sodann, daß Wagnerdurchaus nicht auf ungekürzten Aufführungen seiner Werke besteht. „Nein, nein!“ ruft er. „Es ist unsinnig, von einem städtischen Theater-Abendpublicum, selbst für seinen Genuß, Anstrengungen zu verlangen, welchen vorzubeugen ich eben ja meine Bayreuther Bühnenfestspiele eigens er funden habe.“ Man sieht, Wagner war weder so eigen sinnig noch so tyrannisch, wie es heute seine Apostel sind.

Was diese Geschichte des Hofoperntheaters zugleich zu einem werthvollen, praktischen Nachschlagebuch macht, sind die Beilagen am Ende des Werkes: ein vollständiges Verzeichniß aller Mitglieder von 1848 bis 1898 mit kurzen biographi schen Notizen und aller während dieses Halbjahrhunderts aufgeführten Opern und Ballette. Wir konnten das um fangreiche Werk hier nur flüchtig besprechen; empfehlen können wir es aber nachdrücklich.