# Vorlesungsexperimente für die Experimentalphysik *In den Vorlesungen des Instituts für Physik der TU Chemnitz* **Dr. Herbert Schletter** Technische Universität Chemnitz ## Hinweis zum Urheberrecht [![Creative Commons Lizenzvertrag](https://i.creativecommons.org/l/by/4.0/88x31.png)](http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/) Dieses Skriptum steht unter einer [Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz](http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/). Ausgenommen hiervon sind Inhalte (insbesondere Abbildungen), die aus externen Quellen übernommen wurden und dort unter einer anderslautenden Lizenz veröffentlicht wurden. Derartige Inhalte sind im Skript stets mit einem eigenen Lizenzhinweis versehen, der Vorrang vor der hier genannten Lizenz besitzt. ## Vorwort Die Physik zielt als Naturwissenschaft darauf ab, die Eigenschaften der uns umgebenden Dinge (die Physik spricht hier allgemein von Körpern) und deren gegenseitige Wechselwirkungen zu beschreiben. Zur Erreichung dieses – zweifellos sehr hoch gesteckten – Ziels haben sich zwei grundlegende Herangehensweisen herausgebildet: die *Theoretische Physik* und die *Experimentalphysik*. Während die theoretische Physik sich sehr stark am abstrakten Formalismus der Mathematik orientiert und neue Erkenntnisse durch analytische oder numerische Berechnungen gewinnt, bezieht die Experimentalphysik ihre Erkenntnisse aus den präzisen Messungen und Beobachtungen der namensgebenden Experimente. Beide Disziplinen der Physik stehen gleichberechtigt nebeneinander, ergänzen sich und bestätigen sich gegenseitig. An der Hochschule werden theoretische Physik und Experimentalphysik in jeweils eigenen Lehrveranstaltungen unterrichtet. Dabei werden nicht nur die Ergebnisse, sondern auch die Denk- und Arbeitsweisen beider Disziplinen vermittelt. In der Experimentalphysik werden dafür häufig bereits in der Vorlesung Experimente vorgeführt, die die zu vermittelnden Sachverhalte qualitativ oder auch quantitativ zeigen. An vielen Hochschulen verfügen die Fachbereiche Physik daher über einen Vorlesungsassistenten, dessen Aufgabe in der Vorbereitung (und teilweise auch der Vorführung) der Vorlesungsexperimente liegt. Auch der Autor dieser Versuchsbeschreibungen gehört zu dieser Gruppe. Natürlich bieten Vorlesungen nur einen begrenzten zeitlichen Rahmen für die Durchführung von Experimenten. Messergebnisse sind oftmals sehr schnell wieder „verschwunden“, wenn der Versuch abgeschlossen ist und der Dozent wieder die Vorlesung übernimmt. Auch bleibt in der Regel nicht die Zeit, um Berechnungen vorzuführen, die vom Messwert zum eigentlichen Ergebnis führen. Der Verweis auf die Übung ist an dieser Stelle nur ein schwacher Trost. Manche Versuche mit großem „Knalleffekt“ bleiben den Studenten sicherlich eine Zeit lang im Gedächtnis. Jedoch ist es keine Effekthascherei, auf die die Vorlesungsexperimente abzielen und die meisten Versuche müssen ohne den „großen Knall“ auskommen. Die vorliegende Sammlung von Versuchsbeschreibungen soll bei der Sicherung der Erkenntnisse aus den Vorlesungsexperimenten helfen. Neben der Beschreibung der grundlegenden Fragestellung und der Durchführung bestimmter Vorlesungsexperimente werden auch quantitative Ergebnisse einzelner Durchführungen aufgenommen und die entsprechenden Auswertungen durchgeführt. Der größte Teil der Vorlesungsexperimente entfällt auf die Bereiche der klassischen Physik: Mechanik, Wärmelehre, Elektrizitätslehre, Optik. Für die Gebiete der modernen Physik (Quantenphysik, Atomphysik, Festkörperphysik, …) lassen sich nur wenige Experimente im Hörsaalmaßstab realisieren. ## Optik ![Kapiteltitelbild: Farbiger Bismutkristall](https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/d/d0/Bi-crystal-white-background.jpg/584px-Bi-crystal-white-background.jpg "[Quelle: [Bi-crystal.jpg](https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bi-crystal.jpg): [Alchemist-hp](https://commons.wikimedia.org/wiki/User:Alchemist-hp) ([www.pse-mendelejew.de](http://www.pse-mendelejew.de)) + [Richard Bartz](https://commons.wikimedia.org/wiki/User:Richard_Bartz); derivative work: [Matthias M.](https://commons.wikimedia.org/wiki/User:Matthias_M.), [Bi-crystal-white-background](https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bi-crystal-white-background.jpg), [CC BY-SA 3.0](https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode) via Wikimedia Commons]") ### Bestimmung des Brechungsindexes Die Phasengeschwindigkeit, mit der sich das Licht ausbreitet, ist abhängig vom Medium, in dem diese Ausbreitung stattfindet. Im Vakuum beträgt sie $$c_0 = 2{,}99792458\cdot 10^8~\frac{\mathrm m}{\mathrm s} \, ,$$ was allgemein als Lichtgeschwindigkeit, exakter als Vakuum-Lichtgeschwindigkeit bezeichnet wird. In jedem stofflichen Medium ist die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichts kleiner, was durch den Brechungsindex $n_\mathrm M$ dieses Mediums ausgedrückt wird: $$c_\mathrm M = \frac{c_0}{n_\mathrm M} \lt c_0 \, .$$ Für das Vakuum (und in sehr guter Näherung auch für Luft) gilt $n_\mathrm{Luft} \approx n_\mathrm{Vakuum} = 1 \, .$ Alle anderen Medien besitzen Brechungsindizes $n_\mathrm M \gt 1$. Zur experimentellen Bestimmung des Brechungsindexes eines Mediums ist folglich die Lichtgeschwindigkeit in diesem Medium beziehungsweise die Abweichung von der Vakuum-Lichtgeschwindigkeit zu bestimmen. In der Vorlesung wird dies für das Ausbreitungsmedium Wasser durchgeführt. #### Durchführung Um die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichts zu bestimmen, muss dessen Laufzeit für eine vorgegebene Strecke gemessen werden. Für die Messung wird das CASSY-System der Firma LD Didactic mit einem Laser-Entfernungsmesser verwendet. Dieses Gerät sendet einen modulierten Laserstrahl aus, der am angepeilten Objekt reflektiert wird und zurück in den Entfernungsmesser gelangt. Aus der Phasenverschiebung der Modulation zwischen ausgesendeter und reflektierter Welle ermittelt das Messgerät die Laufzeit des Lichts und hieraus die Entfernung des angepeilten Objekts. In der CASSY-Software kann zwischen Laufzeit und Entfernung als Messgröße gewählt werden. Für den vorliegenden Versuch wurde erstere aufgezeichnet. Dieser Entfernungsmesser befindet sich über einem hohen Standzylinder aus Glas. Anfangs ist dessen Boden nur einige Zentimeter hoch mit Wasser bedeckt. Später wird weiteres Wasser aus einem höher positionierten Behälter über einen seitlich angebrachten Stutzen zufließen. Dieser Stutzen befindet sich dicht über dem Boden des Zylinders liegt bereits zu Beginn vollständig unter Wasser. Auf diese Weise werden Wellenbewegungen durch zuströmendes Wasser vermieden, die sonst die Laufzeitmessung des Lichts stören würden. Unter dem Standzylinder befindet sich eine Reflektorscheibe, auf die der Laserstrahl des Entfernungsmessers gerichtet ist. ![Skizze des Versuchsaufbaus](grafik/BrechzahlWasser_Skizze.svg) In dieser Konfiguration wird die Aufzeichnung der Messwerte gestartet. Die Laufzeit des Lichts ist erwartungsgemäß konstant. Wenn der Wasserzufluss geöffnet wird, steigt der Wasserspiegel im Standzylinder an und die gemessene Laufzeit des Lichts vergößert sich kontinuierlich. Dieser Anstieg der Laufzeit ist der direkte Nachweis der verringerten Lichtgeschwindigkeit im Wasser (im Vergleich zur Luft). ![Messkurve: Laufzeit des Lichts](grafik/BrechzahlWasser_Kurve.png "Messkurve: Laufzeit des Lichts (hier als Messgröße $\Delta t_\mathrm{A1}$ bezeichnet) im zeitlichen Verlauf der Befüllung des Standzylinders. Die vereinzelten starken Schwankungen des Messwerts entstanden durch Streueffekte an Luftblasen oder Wellen.") Nachdem der Wasserspiegel um eine definierte Höhe $\Delta h$ angestiegen ist, wird die Wasserzufuhr gestoppt. Die Laufzeit des Lichts ist nun wieder konstant. Anschließend wird auch die Messwertaufzeichung beendet. Die Laufzeiten des Lichts vor Beginn der Befüllung ($t_1$) sowie nach dem Ende der Befüllung ($t_2$) werden jeweils als Mittelwert aus den konstanten Abschnitten der Messkurve bestimmt. Daraus und aus der Höhe $\Delta h$ kann der Brechungsindex des Wassers bestimmt werden. #### Auswertung Der Laserstrahl verläuft vom Entfernungsmesser ausgehend durch Luft, Wasser, Glas (Boden des Standzylinders) und Luft bis zur Reflektorscheibe und durch dieselben Medien zurück in den Sensor. Dieser Laufweg des Lichts lässt sich in zwei Anteile aufspalten: 1. $s_\mathrm W=2\Delta h$: Die Strecke, um die der Wasserspiegel steigt. Zu Beginn legt das Licht diesen Weg durch Luft zurück, am Ende des Experiments durch Wasser. Da das Licht den Standzylinder zweimal passiert (Hin- und Rückweg) ist die Höhendiffernz doppelt zu berücksichtigen. 2. $s_\mathrm R$: Die gesamte restliche Strecke durch Glas, Luft und die Anfangsmenge an Wasser. Für diese Strecke tritt keine Veränderung ein. Der gesamte zurückgelegte Weg ist dann $s_\mathrm{ges}=s_\mathrm W + s_\mathrm R$. Die Laufzeit des Lichts lässt sich in analoger Weise in die beiden Anteile $t_\mathrm W$ und $t_\mathrm R$ aufteilen: $t_\mathrm{ges}=t_\mathrm W +t_\mathrm R$. Zu Beginn des Experiments: $$t_1= t_\mathrm{W(Luft)}+t_\mathrm R$$ und am Ende des Experiments: $$t_2= t_\mathrm{W(Wasser)}+t_\mathrm R$$ Für die Zeitdifferenz $$\begin{aligned} t_2-t_1 & = t_\mathrm{W(Wasser)}+t_\mathrm R-(t_\mathrm{W(Luft)}+t_\mathrm R) \\ & =t_\mathrm{W(Wasser)}- t_\mathrm{W(Luft)} \end{aligned}$$ ist dabei nur die Teilstrecke $s_\mathrm W$ relevant. Für deren zugehörige Laufzeit gilt am Anfang des Experiments: $$t_\mathrm{W(Luft)}=\frac{s_\mathrm W}{c_0} \, ,$$ wobei für die Ausbreitungsgeschwindigkeit in Luft die Vakuumlichtgeschwindigkeit angesetzt wurde ($n_\mathrm{Luft} =1$). Am Ende des Experiments gilt: $$t_\mathrm{W(Wasser)}=\frac{s_\mathrm W}{c_\mathrm W}=\frac{s_\mathrm W}{c_0}n_\mathrm W$$ Einsetzen in die Formel für die Zeitdifferenz: $$\begin{aligned} t_2 - t_1 & =\frac{s_\mathrm W}{c_0}n_\mathrm W - \frac{s_\mathrm W}{c_0} \\ & = \frac{s_\mathrm W}{c_0}\left( n_\mathrm W -1 \right) \\ & = \frac{2\Delta h}{c_0}\left( n_\mathrm W -1 \right) \end{aligned}$$ Umstellen liefert die Formel für die Brechzahl: $$n_\mathrm W = 1+\frac{c_0}{2\Delta h}\left(t_2 - t_1 \right)$$ #### Ergebnisse vom 11.06.2021 In der Vorlesung „Elektrodynamik – Optik / Grundlagen der experimentellen Physik II“ am 11.06.2021 wurden folgende Werte für diesen Versuch bestimmt: * $t_1 = 5{,}248~\mathrm{ns}$ * $t_2 = 5{,}961~\mathrm{ns}$ * $\Delta h = 30~\mathrm{cm}$ Daraus ergibt sich ein Brechungsindex von $n_\mathrm W = 1{,}36$. ### Äußerer Photoeffekt Der äußere Photoeffekt gehört zu den grundlegenden Experimenten, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts zur Herausbildung der Quantenoptik geführt haben. Er besteht in der Freisetzung von Elektronen aus einer leitfähigen Schicht durch die Bestrahlung mit Licht. Die Ergebnisse dieses Effekts stehen in einem grundsätzlichen Widerspruch zur Wellenbeschreibung des Lichts, weswegen dieses Phänomen nach seiner Entdeckung im 19. Jahrhundert über Jahre hinweg unerklärt blieb. Schließlich war es Albert Einstein, der im Jahr 1905 eine Erklärung lieferte (und hierfür später den Nobelpreis für Physik erhielt). Er nutzte dabei die bereits zuvor von Max Planck aufgestellte Annahme, dass das Licht nur definierte „Energieportionen“ (sogenannte Quanten) übertragen kann. #### Durchführung ### Einzelphotoneninterferenz Das Licht ist ein Quantenphänomen, das die Eigenschaften einer Welle und eines Teilchens in sich vereint. Klassisch schließen sich Wellen- und Teilchencharakter gegenseitig aus. Der Welle-Teilchen-Dualismus, wie ihn die Quantenoptik kennt, ist mit der klassischen Physik nicht vereinbar. Aus diesem Grund entzieht sich auch das Licht in seiner Gesamtheit unserer Vorstellung. Ungeachtet dessen lässt sich das Licht durch Anwendung des Wellen- oder Teilchenmodells physikalisch sehr genau beschreiben. Die Frage, welches dieser Modell anzuwenden ist, wird beantwortet durch den Charakter, den das Licht in dem zu beschreibenden Sachverhalt zeigt. Eine scharfe Trennung zwischen Welleneigenschaften (verkörpert eben durch eine Lichtwelle) und Teilcheneigenschaften (verkörpert durch das Photon) ist dabei nicht möglich. Auch das einzelne Photon trägt den vollständigen Wellencharakter des Lichts in sich. Verdeutlicht wird dies im Vorlesungsexperiment durch den Nachweis der Interferenz einzelner Photonen. #### Durchführung Durchgeführt wird dieser Versuch mit dem Komplettaufbau „Two-Slit Interference, One Photon at a Time“ der Firma TeachSpin. Um die Interferenz einzelner Photonen überhaupt nachweisen zu können, müssen einzelne Photonen detektiert werden. Dies geschieht mittels eines Sekundärelektronenvervielfachers (englisch: photo multiplier), der aus einem auftreffenden Photon einen messbaren Spannungspuls generiert. Ferner müssen in der Apparatur einzelne Photonen erzeugt werden. Grundsätzlich emittiert jede Lichtquelle eine Abfolge einzelner Photonen. Bei hohen Lichtintensitäten kann dieser Photonenstrom als kontinuierlich angesehen werden. Durch Verringerung der Intensität wird der (mittlere) zeitliche Abstand zwischen zwei aufeinanderfolgenden Photonen vergrößert. Folglich kann eine gewöhnliche Lichtquelle mit sehr geringer Intensität als Einzelphotonenquelle aufgefasst werden. In der vorliegenden Apparatur beträgt der Lichtweg von der Quelle bis zum Detektor $~\approx 1~\mathrm m$. Ein Photon legt diese Strecke in $\approx 3~\mathrm{ns}$ zurück. Ist die mittlere Wartezeit zwischen zwei emittierten Photonen groß im Vergleich zu dieser Laufzeit, kann davon ausgegangen werden, dass sich stets höchstens ein Photon in der Anlage befindet. Im Experiment wird die hierfür benötigte geringe Lichtintensität durch eine Glühlampe erreicht, die mit sehr geringer Spannung betrieben wird. Das Licht passiert anschließend einen monochromatischen Grünfilter, der die Intensität nochmals reduziert. Außerdem ist die Beschränkung auf eine einzelne Wellenlänge Voraussetzung für die Beobachtung des Interferenzmusters. Das so erzeugte und gefilterte Licht trifft anschließend auf einen Doppelspalt. Hinter diesem befindet sich eine Blende als „Spaltblocker“, mit der – je nach Position – einer der beiden Spalte abgedeckt werden kann. Am „hinteren“ Ende der Apparatur befindet sich schließlich der oben bereits beschriebene Detektor. Davor ist eine verschiebbare Spaltblende angeordnet, mit deren Hilfe die Position ausgewählt wird, an der die auftreffende Photonenzahl (Lichtintensität) gemessen werden soll. Im Vorlesungsversuch wird nur an zwei im Vorfeld bestimmten Detektorpositionen gemessen, um den zeitlich Rahmen innerhalb der Vorlesung nicht zu sprengen. Für jede Detektorposition werden drei Messungen mit unterschiedlichen Einstellungen des Spaltblockers vorgenommen: 1. Nur der linke Spalt ist freigegeben, der rechte Spalt ist verdeckt. 2. Beide Spalte sind freigegeben. 3. Nur der rechte Spalt ist freigegeben, der linke Spalt ist verdeckt. Bei jeder Messung wird über eine Zeit von 10 Sekunden die Anzahl der ankommenden Photonen registriert. Für die Messungen muss die gesamte Apparatur lichtdicht verschlossen sein, da jegliches Streulicht auf dem Detektor die zu messende Intensität übersteigen würde. #### Ergebnisse vom 27.01.2020 In der Vorlesung „Physik (mit Experimenten)“ am 27. Januar 2020 wurden folgende Photonenzahlen registriert: * Detektorposition I | offene Spalte | registrierte Photonen | | ------------- | ---------------------:| | links | 275 | | beide | 983 | | rechts | 203 | * Detektorposition II | offene Spalte | registrierte Photonen | | ------------- | ---------------------:| | links | 343 | | beide | 48 | | rechts | 202 | #### Ergebnisse vom 15.07.2021 In der Vorlesung „Physik“ am 15. Juli 2021 wurden folgende Photonenzahlen registriert: * Detektorposition I | offene Spalte | registrierte Photonen | | ------------- | ---------------------:| | links | 1098 | | beide | 3278 | | rechts | 950 | * Detektorposition II | offene Spalte | registrierte Photonen | | ------------- | ---------------------:| | links | 1021 | | beide | 441 | | rechts | 980 | #### Diskussion Die Messergebnisse zeigen ein grundlegend unterschiedliches Verhalten an den beiden Detektorpositionen: * In Position I führt die Überlagerung des Signals beider Spalte zu einer Verstärkung des Photonenzählrate, die deutlich über die Summe der Zählraten beider Einzelspalte hinausgeht. * In Position II hingegen resultiert die Öffnung beider Spalte in einer Verrringerung der Zählrate im Vergleich zu den Einzelspalten. Beide Erscheinungen lassen sich nur durch Interferenz erklären, die im Maximum zur Verstärkung, im Minimum hingegen zu einer (nahezu vollständigen) Auslöschung führt. Die beiden Detektorpositionen wurden bei der Justage des Versuchsaufbaus so bestimmt, dass sie im Nullten Maximum (Position I) beziehungsweise im ersten Minimum (Position II) liegen. Da sich entsprechend der anfänglichen Ausführungen stets höchstens ein Photon in der Apparatur befindet, kann dieser Effekt nicht durch die Überlagerung mehrerer Photonen erklärt werden. Vielmehr interferiert das einzelne Photon mit sich selbst. Es folgt daraus, dass auch das oft als Teilchen aufgefasste Photon den vollständigen Wellencharakter in sich trägt. ## Atomphysik ### Franck-Hertz-Versuch Dieser nach James Franck und Gustav Hertz benannte Versuch untersucht die Anregung von Atomen durch Elektronenstoß. In einem Gas unter geringem Druck treffen beschleunigte Elektronen auf die Gasatome. Eine Anregung dieser Atome in ein höheres Energieniveau ist dabei nur möglich, wenn die (kinetische) Energie der Elektronen der erforderlichen Anregungsenergie entspricht oder diese übersteigt. #### Durchführung Für diesen Versuch wird eine evakuierte Glasröhre verwendet, die mit einer geringen Menge eines Gases gefüllt ist. In den ursprünglichen Experimenten verwendeten Franck und Hertz Quecksilberdampf; in der Vorlesung wird eine Röhre mit Neonfüllung verwendet. Dies vereinfacht einerseits die Durchführung (da die Röhre nicht aufgeheizt werden muss), andererseits lassen sich Anregungszonen in der Röhre durch das charakteristische orange-rote Leuchten der Neonatome erkennen (siehe Abbildung). ![Leuchtzonen in einer neongefüllten Franck-Hertz-Röhre](https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/5/51/Franck-Hertz-Neon-3.png/279px-Franck-Hertz-Neon-3.png "Blick in eine in Betrieb befindliche Franck-Hertz-Röhre mit Neon-Füllung: Die Anregungszonen sind zwischen dem Steuergitter (unten) und der Anode (oben) durch ihr charakteristisches orange-rotes Leuchten erkennbar. [Quelle: [Infoczo](https://commons.wikimedia.org/wiki/User:Infoczo), [Franck-Hertz-Neon-3](https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Franck-Hertz-Neon-3.png), [CC BY-SA 4.0](https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/legalcode) via Wikimedia Commons]") Eingeschmolzen in diese Glasröhre sind vier Elektroden (siehe folgende Abbildung): Die Kathode (K) wird durch die angelegte Heizspannung $U_\mathrm H$ zum Glühen gebracht und emittiert so Elektronen, die durch die Beschleunigungsspannung $U_\mathrm B$ zur Anode (A) hin beschleunigt werden. Kurz hinter der Kathode befindet sich mit dem Steuergitter (SG) eine zusätzliche Elektrode, die den Stromfluss steuert, den eigentlichen physikalischen Effekt jedoch nicht beeinflusst. Daher wird dieses Gitter im Folgenden nicht weiter betrachtet. Die Anode ist als Netz ausgeführt, sodass die Elektronen diese passieren können und danach auf die Auffängerelektrode (E) treffen. Zwischen Anode und Auffängerelektrode liegt die Gegenspannung $U_\mathrm G$ an, die die Elektronen abbremst. ![Schematischer Aufbau einer Franck-Hertz-Röhre](https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/2/2b/FH_R%C3%B6hre_Ne.svg "Schematischer Aufbau einer neongefüllten Franck-Hertz-Röhre. Die Beschreibung des Aufbaus und der Abkürzungen erfolgt im Text. [Quelle: [Herbert Schletter](https://commons.wikimedia.org/wiki/User:HerrvomDorf) (derived from a work by [Sebastian Wagner](https://commons.wikimedia.org/wiki/User:RealSebix)), [FH Röhre Ne](https://commons.wikimedia.org/wiki/File:FH_Röhre_Ne.svg), [CC BY-SA 4.0](https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/legalcode) via Wikimedia Commons]") Gemessen wird im Franck-Hertz-Versuch der an der Auffängerelektrode ankommende Elektronenstrom $I_\mathrm E$ als Funktion der Beschleunigungsspannung $U_\mathrm B$. #### Ergebnisse vom 08.07 2021 In der Vorlesung „Physik“ wurde am 08.07.2021 folgende Franck-Hertz-Kurve an Neon gemessen: ![Franck-Hertz-Kurve an Neon, gemessen am 08.07.2021](grafik/franck-hertz_2021-07-08.png) Dargestellt ist der Strom $I_\mathrm E$ an der Auffängerelektrode (in willkürlichen Einheiten) als Funktion der Beschleunigungsspannung $U_\mathrm A$. Das Plateau des gemessenen Stroms bei $U_\mathrm A \gt 75~\mathrm V$ entstand durch eine Sättigung des Messverstärkers. Die kleinen vertikalen Versatze in der Messkurve entstanden, als die Beschleunigungsspannung konstant gehalten wurde (um einen Sachverhalt in der Durchführung zu erklären), die Emission der Kathode sich jedoch veränderte. #### Diskussion In der nachfolgenden Abbildung ist exemplarisch eine Messkurve gezeigt, die mit dem in der Vorlesung gesezigten Franck-Hertz-Aufbau aufgenommen wurde. Die einzelnen Abschnitte (im Bild durch die Zahlen 1 bis 5 markiert) dieser $I_\mathrm E (U_\mathrm B )$-Abhängigkeit lassen sich unter Anwendung des Atommodells und der Gesetze der Elektrizitätslehre erklären. ![Messkurve einer Franck-Hertz-Röhre.](grafik/V15_FH-kurve.png "Messkurve $I_\mathrm E (U_\mathrm B)$ einer neongefüllten Franck-Hertz-Röhre. Die Erläuterung der Abschnitte 1 bis 5 erfolgt im Text.") 1. Solange die Beschleunigungsspannung kleiner ist als die Gegenspannung ($U_\mathrm B < U_\mathrm G$), werden die Elektronen vor Erreichen der Auffängerelektrode vollständig abgebremst. Folglich wird an dieser kein Strom gemessen. In der Messkurve in obiger Abbildung zeigt sich an dieser Stelle ein Offset des Messstroms, der durch geeignete Kalibrierung der Messapparatur behoben werden könnte. Da dieser Offset jedoch für die gesamte Messung konstant ist, beeinflusst er die weitere Diskussion nicht. 2. Sobald die Beschleunigungsspannung die Gegenspannung übersteigt, erreichen die Elektronen die Auffängerelektrode und es wird ein Strom gemessen. Mit zunehmender Beschleunigungsspannung wächst dieser Strom an, da die kinetische Energie der Elektronen zunimmt. 3. Oberhalb einer gewissen Beschleunigungsspannung nimmt der Auffängerstrom ab. Dieser Effekt entsteht durch Anregung der Neonatome: Die Atome nehmen Energie der beschleunigten Elektronen auf, sodass innerhalb der Atome gebundene Elektronen in ein höheres Energieniveau übergehen können. Aufgrund der diskreten Energieniveaus kann diese Anregung erst stattfinden, wenn die kinetische Energie der beschleunigten Elektronen die erforderliche Energiedifferenz der Niveaus übersteigt. Gleichzeitig ist in der Röhre ein orange-rotes Leuchten erkennbar (siehe obere Abbildung), das durch die Rückkehr der angeregten Elektronen in ihren Ausgangszustand entsteht. Diese Leucht- oder Anregungszone entsteht zunächst unmittelbar vor der Anode, da erst dort die beschleunigten Elektronen eine ausreichend hohe Energie erreichen. 4. Bei weiterer Erhöhung der Beschleunigungsspannung wandert die Anregungszone in Richtung Kathode, da die beschleunigten Elektronen bereits früher die zur Anregung erfoderliche Energie besitzen. Nach dieser Energieabgabe werden die Elektronen weiter zur Anode hin beschleunigt, sodass der an der Auffängerelektrode gemessene Strom wieder ansteigt. 5. Bei ausreichend hoher Beschleunigungsspannung erhalten die Elektronen nach der ersten Energieabgabe wieder die zur Anregung der Neon-Atome erforderliche Energie. So entsteht unmittelbar vor der Anode eine zweite Anregungszone, in der die beschleunigten Elektronen Energie abgeben. In der Folge nimmt der Auffängerstrom wiederum ab. Bei weiterer Erhöhung von $U_\mathrm B$ wandern beide Anregungszonen in Richtung Kathode. Durch die weitere Beschleunigung der Elektronen nach der zweiten Anregungszone steigt der Auffängerstrom wieder an. Eine dritte Anregungszone entsteht, wenn nach zweimaliger Anregung der Neon-Atome die Elektronen wiederum auf die erforderliche Anregungsenergie beschleunigt werden. Dabei zeigt der Auffängerstrom ein drittes Minimum. Insgesamt sind dann drei Anregungszonen mit ihrem orange-roten Leuchten in der Röhre erkennbar (wie in der oberen Abbildung gezeigt). In einer neongefüllten Franck-Hertz-Röhre treten die Minima des Auffängerstroms in Abständen von $\Delta U_\mathrm B =19~\mathrm V$ auf. Dies entspricht der Energiedifferenz der für die Anregung relevanten Energieniveaus $\Delta E = 19~\mathrm{eV}$. Die Rückkehr in den Ausgangszustand erfolgt stufenweise über mehrere Energieniveaus, wobei nur einer der beteiligten Übergänge das charakteristische orange-rote Licht emittiert.