Wien, 22. 2. 904mein lieber Hermann, wir waren eben in Hietzing, mit Hugo’s u Richards u Karg zusammen, u da hab ich mit großer Freude gehört, dass du
dich viel wohler befindest. Nun möchte ich aber gern recht bald ein Wort von dirselbst vernehmen, und wissen, wie es mit deinen Plänen für die nächste Zeitsteht.
Ich bin seit Freitag Abendeigentlich schon seit dem abends
(einem Donnerstag) wieder in Wien; wir
(Olga u ich) waren auf der Rückreise einen
Tag in Dresden und haben allzukurze Stunden in
der Galerie verbracht.
Über den Einsamen Weg hast du wohl,soweit essich um den äußerlichen Verlauf des ersten Abends handelt, das wesentliche gelesen.
Es war ein leidlicher Abfall, Husten und Unruhe von Anbeginn, matter Beifall nach 2.
u 3. Akt mit Widerspruch; Gelächter undstarker Beifall nach dem 4. Akt, viel Applaus
und viel Zischen am Schluss. Der 2. Abend, ausverkauft, ging beträchtlich besser – und nunscheintsich, wie ich aus Berlin höre, das Stück, das bei
einem Theil der Kritiksehr lebhafte Anerkennung fand, doch einige Zeit halten zu
wollen. In Wien war eigentlich nur das Goldmann’sche Telegra[O. V.]: Schnitzlers »Einsamer Weg«
(Telegramm der »Neuen Freien Presse«). In: Neue Freie Presse, Nr. 14.178, 14. 2. 1904,
S. 12. wirklichschlecht – was er mir persönlich über das Stück zusagen wußte, waren nur
die folgenden Worte, als ich ihn ein paar Tage nach der Première zum Abschied besuchte,: »Ichschreibe eben das FeuilletPaul Goldmann: Berliner Theater. »Der einsame Weg«. Von Arthur Schnitzler.
In: Neue Freie Presse, Nr. 14.187,
23. 2. 1904, S. 1–3. über den E. W. – Du wirst keine Freude daran haben.« – Die Fehler des Stücksspür ich jetzt wie mir vorkotsehr genau: Das Verhältnis zwischen Sala u Johanna müßteschon zu Beginn völlig declarirt sein – das ist ein technischer Fehler, dern gutzumachen in meinen Kräftenstände. Andres aber dürfte in den Mängeln
meiner Begabung begründetsein –so insbesondre eine gewisse Steifigkeit im Wesen Julians. Immerhin
bleibt es eineschwierige Sache von einer Person die Meinung verbreiten zu wollen –siesei einmal ein Genie gewesen. Ja we man das Bild
ins Foyer hängen könnte, das Julian vor 25 Jahren gemalt und das ihn berühmt gemacht hat! Übrigens –
vielleicht wäre es auch im Augenblick vergessen, da mansich wieder ins Parket
begibt.
Was ichselbst an dem Stück
wirklich liebe, ist der fünfte Akt und die Gestalt des Sala, der gegenüber ich mich,
eigentlich das erste Mal in meinem Leben, als eine Art von Schöpfer fühle. Und der
fünfte Akt bedeutet mir zuweilen etwas mehr als der Abschluss eines Dramas – ja nicht
viel weniger als der Abschluss von 42selbst gelebten Jahren. – Nunseh ich mancherlei vor mir, was mir, wenn ich etwas weniger faul,
etwas weniger zerstreut, und mit - wahrer Intensität
begabt wäre, nach demsonstigen Stande meines Innern, eigentlich gelingen
müßte. –
– Wir haben in Berlin oft von dir gesprochen und alle Leute die
du kennst lassen dich grüßen. Meine sicilianischen und korfiolischen Pläne
weben weiter – wirst du auch südlicher wandern und werden wir unssehen? Meine Frau grüßt dich herzlich, ich
desgleichen und wir wärensehr froh, wenn wir bald noch besseres, ganz gutes von dir
hörten.
Dein
Arthur