Wien, 21. 7. 928mein lieber Hugo, Sie werden schon von unserer Freundin-Hofrätin gehört haben, wie sehr Ihr
Brief über die Therese mich gefreut hat; – das
Buch hat, sowohl beim Publikum, als bei den paar Menschen, auf die es mir besonders ankot, mehr Erfolg
als ich je hätte vermuthen dürfen. Die Entstehungsgeschichte ist einigermaßen
merkwürdig, ich erzähle Ihnen einmal mehr davon.
– Christiane war mir immer außerordentlich
sympathisch – ich glaube das klare, gerade, kluge wahrhaft verläßliche ihres Wesens
seit jeher gespürt zu haben u bin froh, dass der rechte Mann die rechte Wahl getroffen hat. Mögen
Sie ihr bald das Heidelberger Häuschen bauen
können. Meine Kinder in Venedig haben jetzt etliche
Wohnungsschwierigkeiten durch einen kläglichen wahrhaft Goldonischen Hausherrn – (»nur halt dass er leider lebt«.) – Im übrigen
sind sie glücklich, und ich hab ihn (von Lili gar nicht zu reden) sehr
gern. Sie wissen, dass wir drei im Frühjahr eine schöne Reise gemacht haben. Corfu, Athen, Konstantinopel, Rhodus. Jetzt war Heini 10 Tage bei mir, und ich habe viel Freude
von ihm gehabt.
Die Soermonate werd ich wohl hier
verbringen; ich sehe recht viel Menschen, insbesondere Amerika findet sich in zahlreichen, oft verständnisvollen Exemplaren ein.
Mit dem Arbeiten geht es ganz leidlich, aber Dilettant, der ich bin und bleibe, spiel
ich mich mit Figuren und Stoffen mehr herum, – und eigentlich lieber, als dass ich
die Dictatur meines sogenannten Talentes oder wie wir es nennen wollen über sie
ausübe. Immerhin wird gelegentlich schon wieder was herauskoen, und ans Geldverdienen muss man ja leider immer
ernstlicher und continuirlicher denken.
Die aegyptische hab ich
natürlich schon gekannt; in der OperDie Wiener Erstaufführung von Die ägyptische
Helena fand am 11. 6. 1928 statt, Schnitzler war aber erst am in der Vorstellung. hab
ich einen schönen Eindruck gehabt, und es war mir über alle Maßen interessant, Ihre
Dichtung so für mich hin zu lesen – und dass Musik mir immer mitklang, spricht für
Dichter wie für Musiker. Es ist unglaublich, wie Ihre Sprache Möglichkeiten u
Einfälle des Componisten oft vorauszuahnen scheint; es ist wahrhaftig Dichtung für
Musik und aus Musik zugleich. Die beiden Akte sind mir jeder für sich, einleuchtender, als in ihrem innern Zusaenhang; das ganze Problem hat mich sehr bewegt, und ich
denke, Sie hätten es noch tiefer erschöpft, we Sie sich
– ohne jeden Gedanken an diean und ohne jede Rücksicht auf Melodisirung ,und auf Operisierung Ihrem dramatischen Ingenium hätten hingeben dürfen (wie ich
derartiges in Ihren einleitenden WortenHugo von Hofmannsthal: »Die ägyptische Helena«. In: Neue Freie Presse, Nr. 22.832,
8. 4. 1928, S. 31–33., schon in d N. Fr Pr. wunderbar angedeutet fand.). Nur mit den
Liebestränken, besonders den Dosirungsmöglichkeiten konnt ich mich nicht befreunden;
irgendwo in mir steckt doch ein Pedant und Rationalist und der Teufel soll mich
holen, am Ende gar ein Recensent.
Nun mein lieber Hugo lassen Sie sich nochmals danken – und nach allen Richtungen
bestes und gutes wünschen. Und wer weiss vielleicht sieht man sich sogar wieder
einmal.
Ihr getreuer
Arth