Frankfurter ZeitungParis, 1. Mai.(Gazette de
Francfort).Fondateur M. L. Sonnemann.Journal politique, financier,commercial et littéraire.Paraissant trois fois par jour.Bureaux à Paris:24. Rue Feydeau.Mein lieber Arthur,Anbei erhälst Du den »Mercure de France«, wo Henri AlbertDich gelegentlich wieder von Deinem Talentespricht
(S.92)Henri Albert: Journaux et Revues. In: Mercure de France, Jg. 11, Nr. 53, Mai 1894, S. 87–92, hier:
S. 92.. Was zahlst Du uns eigentlich für die Reklame?
Ich danke Dir herzlichst für die Übersendung der beiden Skizzen, komme erst Ende der Woche dazu,sie in Ruhe zu lesen, und
schreibe Dir dannsofort
darüber..
Albertsehe ich morgen und werde Dir dann berichten,
wie es mit Deiner Übersetzungsteht. Schicke ihm das Honorar, wenn Du kannst, gleich, anseine Adresse, ohne weitere
Bemerkung. E Ich besorgeschon den nöthigen Commentar. Ich denke 10 bis 12 Gulden, wenn Dir
das nicht zu viel ist. Kannst Du jetzt nicht,so warte ruhig, bis Du von ihm etwas
Positives über den Ausgang der Arbeit erfährst. Ich veranlasse ihn jedenfalls,
demnächst an Dich zuschreiben
Bitte, dementire auf das Energischeste das Gerücht von meiner Candidatur auf Herzls NachfolgeAls Korrespondent der Neuen Freien Presse in Paris. Herzl hatte die Stellung
von Oktober 1891 bis Juli 1895 inne.. Es ist nicht ein wahres Wort daran, und wenn es
meiner Redaction zu Ohren
kommt, kann es nur meine jetzige Stellung gefährden. Daß Herzl weggeht ist möglich. Aber niemals wird man
mich zur »Neuen Fr. Presse« nehmen. Zwischen dem
Blatte und meinem Onkel besteht, wie Du wohl
weißt, eine tödtliche FeindschaftMamroth hatte seine Laufbahn
1873 als Korrektor bei der Neuen
Freien Presse begonnen, wechselte dann in Folge aber zu anderen Wiener Zeitschriften und Zeitungen, bevor er ab
1. 4. 1889 das Feuilleton der Frankfurter Zeitung betreute.. Und diese Leute mit ihren
Börsenjobber-Seelen hassen bis inssiebente Glied. Als Benedict vor einigen Monaten hier war, hat er es abgelehnt, daß ich ihm vorgestellt
werde! Dazu kommt, daß Herzlselbst keinen Finger rühren wird, um meine Candidatur zustützen, eher das
Gegentheil. Ich habe ihn hier genau kennen gelernt. Er ist eineseltsame Mischung von Künstler und jüdischem
Journalisten. Auf der einen, der Künstler-Seite, charmant, glänzend,sympathisch; auf
der andern Seite: kleinlich, eifersüchtig, ber geheimnißthuerisch, berechnend und größenwahnsinnig. Ich will ja nichtsagen,
daß er gegen meine Candidatur intriguiren würde – obwohl es mich nicht erstaunen
würde, wenn ers thäte – aber er wirdsicher nicht das Mindeste thun, um mich, vor
dessen Nebenbuhlerschaft ersich fürchtet – der Dummkopf! – anseine Stelle zu bringen. Das Alles hindert
aber nicht, daß er jetzt einen Einakter in Versen geschrieben, der ein Stück
köstlicher und großer Kunst ist. Zu Niemandem ein Wort von alledem, nicht wahr? Noch
eins: Dr. Schwitzer, früheres Mitglied der
volkswirthschaftlichen Redaction der N. Fr. Pr.,
ist plötzlich hier aufgetaucht
und ich glaube, c’est pour recueillir la successionfranzösisch: um die Nachfolge zu
besorgen.
Rudolf Lothar ist auf einerseiner literarischen Handlungsreisen auch hier eingetroffen. Er will alle möglichen Leute interviewen, Pailleron und Verlaine, Kraut und Rüben durcheinander. Er hatsich an Henri Albert herangedrängt, um im »Mercure« genanntnicht ermittelt zu
werden etc. Ich habe einen grämlichen Haß gegen diesen Burschen, der im führenden Blatte Literaturmeinung macht
und dessen Stücke als die Blüthe des jungen Geistes a auf allen Jahrmärkten angepriesen werden, während Du vorläufig nur von einer
Elite gekannt und gewürdigt bist. Ich finde, er hat Dir directseine Celebrität
gestohlen. Und als ich diesen geschäftigen Barbiergesellen neulich im
Theater traf, drehte ich ihm einfach den Rücken. Das war wohl excessiv, aber ich kann
nichts gegen mein Temperament.
Ein grünes einsames windstilles Land! Wie, wenn Du auch nach Hamburg kämest, wo ich wahrscheinlich meinen Uraub werde verbringen müssen. Und wann,
wann endlich werde ich Dich in ParissehenErst 1897 reiste
Schnitzler nach Paris.? Komm doch
wenigstens auf 14 Tage! Wenn Du nichtso ein verwöhnter Prinz wärest, könntest Dusogar bei mir wohnen., aber ohne jeden Comfort.
Tausend Dank auch für alles Liebe, das Du mirsonstsagst. Es ist immer Festtag bei mir, wenn ein Brief von Dir ankommt. Wie kann ich Dir
das Alles lohnen?!!
Möchte gern etwas Näheres über die große ErzählungDie Novelle Sterben war im Frühjahr 1894 vom S. Fischer-Verlag akzeptiert worden. Der
Erstdruck erschien zwischen Oktober und Dezember in drei
Teilen in der Neuen Deutschen
Rundschau. wissen.
Weißt Du, daß deine Schrift immerschlechter wird? Ich kannsie zur Noth noch
entziffern, weil ich die historische Entwickelung mitgemacht habe. Aber die Andern?
Dein zukünftiger Biograph? Der Sammler deiner nachgelassenen Schriften?
Grüß’ Dich Gott, mein theurer Freund, undschreib’ mir bald. Auch von den Andern, Loris u. Richard.
Dein treuer
Paul Goldm.