Frankfurter Zeitung.(Gazette de Francfort.)DirecteurM. L. Sonnemann.Paris, 8. December.Journal politique, financier,commercial et litteraire.Paraissant trois fois par jourBureaux à Paris:rue Richelieu 75.Mein lieber Freund!Dank für die KritikenZu den ihm bekannten Kritiken .
; ich kanntesie größtentheilsschon. Drei oder vier verstehen Dich oder gebensich wenigstens ehrliche Mühe, Dich zu verstehen. Der kleine Salonblatt-Mann, der Dich Dir zum LustspielA. M. W. [ = Alfred Maria Willner]: Notizen eines Theater-Habitués. (Raimund-Theater. – Das
Märchen.) In: Wiener Salonblatt,
Jg. 24, Nr. 49, 3. 12. 1893, S. 8–9. Das
Thema »Lustspiel« blieb für Schnitzler
zeitlebens eine Herausforderung, die er immer wieder erwog, an der er aber auch
scheiterte. räth, ist auch auf der richtigen Fährte. Du brauchtest
unbedingt ein paar Monate Pariser Theater; Du
würdest die unermüdliche Anstrengung des jungen StücksSiehe dazu etwa Sally Debra Charnow: Theatre, Politics,
and Markets in Fin-de-Siècle Paris. Staging Modernity.
Basingstoke: Palgrave Macmillan2005.sehen, objectiv, kurz, natürlich, lustig zu werden. Das ist der
Weg, der geradeaus in die Zukunft geht. Das ist
auch der Weg Deines Talents. Ein Lustspiel, theuerster Freund, – oder ein Schauspiel,
aber ohne Herzensergüsse! Könntest Du Dich nur mit meinen Augensehen – Du würdest
keinen Augenblick mehr zögern, und in einem Jahre wäre die Vollendung da, in
Production wie Erfolg. Bitteschreib’ mir ein Wort über Deine Pläne.
Bahr – der kränkt Dichso? Er ist frech, größenwahnsinnig, unausstehlich doctrinär.
E Der Verweis aufseine »Neuen Menschen« ist eine glatte GemeinheitHermann Bahr: Die neuen Menschen. Ein Schauspiel.
Zürich: Verlags-Magazin (J.
Schabelitz)1887. In seiner Rezension kommt Bahr auf die
vielen Stücke zu sprechen, die im Märchen
anklingen, darunter sein eigenes: »das Stück jenes Zwistes von Verstand und Gefühl, das auch
ich einmal, im Sturme der ersten Jugend, mit meinen ›neuen Menschen‹ versuchte.
« (Hermann Bahr: Das Märchen (Schauspiel in drei Aufzügen von Arthur
Schnitzler. Zum ersten Male aufgeführt am Deutschen Volkstheater den 1.
December). In: Deutsche Zeitung,
Jg. 23, Nr. 7879, 2. 12. 1893, Morgen-Ausgabe,
S. 1–3, hier S. 2.). Und doch finde ich ihn nicht respectlos; und
doch finde ich, daß er manches Richtigesagt.
Vielleicht aber fehlt mir auch das richtige Urtheil; ich binso außer Zusammenhang
mit den Wiener Verhältnissen. Heiter ist nur, wie
der Burschfranzösische Dinge
citirt.»Le grappin« Der entsprechende Absatz in BahrsKritik lautet: »Er konnte die Eifersucht der
Vergangenheit am Werke
zeigen; wie etwa Othello die Eifersucht in
der Gegenwart zeigt: er nahm dann eine Liebe und ließ sie an der Vergangenheit
des Mädchens verderben, die allmälig sei es gestanden, sei es verrathen wird;
der Schmerz des Mannes zwischen Leidenschaft und Ehre und die Buße der
Gefallenen waren da die Kräfte, die die Handlung trieben. Oder er konnte einen
Spötter gegen diese Eifersucht zeigen, der sich über sie heben will, aber
leidend von ihrem Rechte gezwungen wird; er schrieb dann das Stück, das Gaston Salandri als ›Le
Grappin‹ geschrieben und die Pariser Freie Bühne
gespielt hat, die Geschichte des Herrn Jacques Privat, der das Vorurtheil verachtet und sich
mit seiner Geliebten vermählt, obwohl er weiß, daß sie vor ihm Anderen gehörte
und liederlich lebte; da wird gezeigt, daß alle Liebe die Vergangenheit nicht
tilgen, nicht verwischen kann, ja, durch die tausend Stiche der Nerven, des
Gemüthes und die Kränkungen der Ehre sich in Zorn, Ekel, Haß verwandeln muß.
Mit dem ersten Stücke
geht der Hörer, auch wenn er diese Eifersucht nicht hat, weil er sich doch aus
Anderen in sie denken kann. Mit dem zweiten kann er gegen das Vorurtheil, das ja von dem
Helden bestritten, und er kann für das Vorurtheil mit ihm gehen, das doch
schließlich bestätigt wird. Er ist Beiden empfänglich.
«
(S. 1.), das Théâtre-Libre-Stück, von dem erspricht,
behandelt etwas absolut Anderes als das, was er behauptet. Ein frecher Schwindel, umsich in allen Sätteln moderner französischer
Literatur gerecht zu zeigen.
Granichstaedten hätte ich an Deiner Stelle geohrfeigt. Das ist keine KritikEmil Granichstaedten verfasste eine Nachtkritik (g.: Theater- und Kunstnachrichten. In: Die Presse, Jg. 46, Nr. 333, 2. 12. 1893, S. 11) und am Folgetag ein Feuilleton (Emil Granichstaedten: Feuilleton. Deutsches Volkstheater. In: Die Presse, Jg. 46, Nr. 334, 3. 12. 1893, S. 1–2). Auch Schnitzler war über die Nachtkritik verärgert und bezeichnete sie im Tagebuch als »[p]erfid dumm
« (). Granichstaedten lobte die Schauspielkunst Adele Sandrocks, spielte aber auf sexuelle
Aspekte im Märchen recht abschätzig an.
Zwischen den Zeilen kritisierte er die Handlung an sich und die Figuren des Fedor und der Fanny. Am 3. 12. 1893 positionierte Granichstaedten sich auf der Seite des Naturalismus und holte weiter aus.
Angefangen beim »Pessimismus unserer ›Wiener Modernen‹
« (S. 1) kritisierte er auf
abwertende Weise ganz grundsätzlich das junge Werk Schnitzlers und bezog sich auch auf den Anatol-Zyklus. Der Autor orientiere sich zu stark an »modernen«, französischen
Strömungen, was ihm jedoch nicht gelinge: »Für diesen Fedor und diese Fanny kann kein Publikum der Welt
sich interessieren.
« (S. 2) Das Märchen sei »nicht tugendhaft
« und
»[u]m Reinlichkeit wird gebeten
« (S. 2).,sondern ein Gassenbubenstreich.
Freut mich, daß Du nicht verbittert bist. Das
gehörtsich auchso. Ich meine, Du kannst mit Deinem Debütsehr zufriedensein. Man gibt Dir
Credit, und das ist enorm für einen Jungen.
Hast Du Loris über BauernfeldLoris: Eduard von Bauernfeld’s dramatischer Nachlaß. In: Frankfurter Zeitung, Jg. 38, Nr. 338, 6. 12. 1893, Erstes Morgenblatt,
S. 1. gelesen? Wie aus diesem gottbegnadeten Menschen die entzückenden Dinge
herausquellen,so leicht undsprudelnd. Ein Dichter! Derjenige vielleicht, den manseit fünfzig Jahren
erwartet!
Grüß’ ihn von mir, denn ich habe keine directe Verbindung mehrIm
Nachlass Hofmannsthals sind keine
Korrespondenzstücke Goldmanns überliefert.
Unter den Briefen Beer-Hofmanns in der
Houghton Library dürften keine
Korrespondenzstücke aus dem Zeitraum Sommer 1893–1895
erhalten sein, wobei viele Briefe ohne Jahresangabe sind und eine genauere
Zuordnung notwendig wäre, um die Behauptung mit letzter Sicherheit treffen zu
können.
mit ihm; grüße auch Richard ausselbigem Grunde;seiselbst herzlichst gegrüßt undschreibe bald!
Dein
Paul Goldmn