Frankfurt24. April.Mein lieber Freund,Seit zehn Tagen bin ich in Frankfurt bei den
Meinen. Deutsches Land,
Frühling und Friede – das thut wohl. Aber drohendsind die Zukunftsfragen da. Und ich
war krank und lag einige Tage zu Bette.Dieser Tage gehe ich nach Paris zurück. Will Dir nur von unterwegs einen Grußsenden. Aus Paris hörst Du Näheres von mir.
Herzl ist garsoschweigsam über das Beisammensein mit DirTheodor Herzl hielt sich im März 1895 in Wien auf.
Zwischen
und sah
er Schnitzler jeden Tag. Ein Konflikt
zwischen den beiden ist nicht bekannt.. Ist das nurseine eitle Suffisancefranzösisch: Selbstgefälligkeit?
Oder habt Ihr was gehabt? Wie hat er Dir überhaupt gefallen?
Ich höre,höre,Du wirst erst im Herbst
aufgeführt. Besser im Anfang, als am Ende der Saison. Am Besten wäre es freilich, die
Berliner AufführungAm feierte Liebelei am Deutschen
Theater in Berlin Premiere.ginge der Wiener
voran. Publikum und Kritiksind in Berlin doch im
Ganzen intelligenter. Ein Berliner Erfolg wäre
für Wien bestimmend, auch für den ewig zaudernden
Burgtheater-Direktor. (Wie ich hier höre,strebt Paul Lindau nach Burckhardts NachfolgerschaftMax Burckhardt war als Jurist eine
überraschende Besetzung für die Leitung des Burgtheaters gewesen. Ablösegerüchte oder -wünsche bestanden von Anfang
an, doch konnte er sich bis 1898 halten. Nachfolger wurde
Paul Schlenther.). Hier ein Stückvermutlich Frauenlob. Lustspiel in drei Aufzügen von Rudolf Lothar gesehen. Es ist unerhört, daß man diesen Buben nicht mit Fußtritten vom Theater jagt.
Hast Du frohe Ostern gehabt? Und wie gehts Dir? Duschreibst mir wohl ein kurzes
Wort, ohne meine längere Antwort abzuwarten.
Bahr hat also wieder einen VortragAm fand eine Veranstaltung des Vereins der Literaturfreunde statt, bei der Hermann Bahr einen Vortrag mit dem Titel Das junge Österreich hielt. Schnitzler, dessen Kunstschaffen als
»abgethan
« geschildert wurde, war empört. .
gehalten. Der Volkssänger der
Moderne! Die Brettl-NaturDer Verweis auf einen Schauspieler,
der auf einer aus einfachen Brettern
zusammengefügten Bühne statt auf einem gezimmerten Boden auftritt, soll hier abwertend ausdrücken, dass es nur für das ungebildete Volk von Interesse ist., das ist der Grund in dem Wesen des Kerls. Wie ich den immer mehr
hasse! Diesen Mann von
Geist, aber ohne Kunst, ohne Urtheil, ohne
Gewissen! Merkst Du, wie ersich langsam in die CliqueHier liegt eine positive Verwendung des
Wortes vor, das bei Schnitzler hingegen
meist nur in einer negativen Form vorkommt, insofern er nicht als Teil einer
eingeschworenen Gruppe von Literaten wahrgenommen werden wollte.
hineinschleicht? In wenig Jahren hat er irgendwo ein officiöses k. k. Literatur-Amt.
Daß dieses Rindvieh, der
ANeckerDie Veranstaltung wurde wohlwollend von
Moriz Necker in der Neuen Freien Presse besprochen, einschließlich der
überraschenden Volte, dass eine neue Kunstepoche entstehe und dass frühere Wiener Vertreter wie »Hermann Bahr, Baron Torresani, Beer-Hoffmann
« nur eine Übergangszeit repräsentiert hätten. Schnitzlers Name fällt in der Rezension nicht. Vgl. [Moriz Necker]: Das junge Österreich. In: Neue Freie Presse, Nr. 10.075, 14. 3. 1895, S. 5., Dich angreift, istselbstverständlich. Wenn
Du Daran daß Du die Och Ochsenstützig machst, kannst Du auchsehen, daß
Du Jemand bist. Aber daß dieser Angriff in der »Zeit«Gemeint dürfte nicht ein spezifischer Artikel sein – auch
wenn Bahr Gedanken davon in seiner Rezension von Leopold von Andrian-WerburgsDer Garten der Erkenntnis verwendet –, sondern eher die
allgemeine Unmut ausdrücken, dass von einem Repräsentanten der Wochenschrift, die man auf der eigenen
Seite vermutete, Kritik kam. Vgl. Hermann Bahr: Der Garten der Erkenntnis. In: Die Zeit. Wiener Wochenschrift, Bd. 2, H. 24, 16. 3. 1895, S. 171–172.steht, macht
mir das Blut wallen. Wenn Ihr könnt, tretet den Bahr noch bei Zeiten todt. Sonst werdet Ihr viel Schlimmeres erleben
Grüß’ Dich Gott, mein lieber Freund!
Dein
Paul Goldmnn