Frankfurter Zeitung(Gazette de Francfort).Fondateur M.L. Sonnemann.Journal politique,
financier,commercial et littéraire.Paraissant trois fois par jour.Paris, 1. Februar.Bureau à Paris:24. Rue Feydeau.Mein lieber Freund,Herzlich willkommen in BerlinFür die Premiere von Liebelei am Deutschen
Theater () war Schnitzler
zwischen
und in
Berlin.! Möge Dir neues Gute dort
beschiedensein!
Ich hörte dieser Tage, »Sterben« werde demnächst hier bei Perrin erscheinen u. Ed. Rod interessiresich ganz besonders dafür. Das wird Dir hoffentlich einen großen
Artikel in den »DébatsDazu kam es nicht.« eintragen, zu dessen Literatur-Referenten Rod gehört.
Von der Übersetzungs-Angelegenheit betreffend die »Liebelei« habe ich einstweilen wenig
Erfreuliches zu melden. Ich hatte dieser Tage Rendezvous mit Thorel. Er hat Schritte bei Carré, dem Director des »Vaudeville« gethan; aber Carré hat geantwortet: das Pariser Publicum
interessiresich nicht mehr für fremde Stücke (was wahr ist), interessiresich nicht
für moeurs Viennoisesfranzösisch: Wiener Sitten etc. Immerhin, wenn Thoreles das Stück übersetzen wolle, werde er es gern lesen. Das ist kein
absolutes Nein, aber es ist nicht viel Hoffnung in
der Antwort. Ich denke daran, die Übersetzung eventuell der RéjaneRéjane zusenden. Wenn diese das Stückspielen will, ist die Sache gemacht, trotz der Ansichten Carrés über die moeurs Viennoises. Aber dazu muß es erst übersetztsein. Das einzige große Theater, das außer dem Vaudevilles noch in Betracht käme, wäre Sarah BernhardtsRenaissance, die Sudermanns »Heimath« gespielt hat. Aber ich glaube, da ist erst recht
keine Aussicht, denn Sarah wird kaum ein ausländisches Stückspielen, das keine Rolle fürsie enthält. Bleiben die freien
Bühnen:
Œuvre, Théâtre
Libre, Escholiers etc. Hi Hiersetzen wirso gut wiesicher eine Aufführung
durch. Aber wie wird man da Deinschönes Stückspielen!
Für alle weiteren Schritte ist es a jedenfalls
nothwendig, daß wir eine Übersetzung zur Hand haben. Diese ist aber nur zu bekommen,
wenn man zahlt. Thorel ist ein armer Te Teufel, der vonseiner Feder lebt. Er kannsich nicht an eine größere Arbeit machen, ohne daß mansie ihmsofort honorirt. Wer Der Herrn in Lyon.
würde die Sache vielleicht umsonst machen, aber nochmals: es wäre barer
Unsinn, aus Lyonsich eine Übersetzung kommen zu lassen. Die Was
aus der Provinz kommt, gilt hier fürschlecht. Mein Rath ist einstweilen der: Warten
wir die Berliner Aufführung ab. Ich werdesuchen, etwas.
darüber in die hiesigen Blätter zu bringen. (Wenn es Dir nicht zuviel Mühe
macht,schickst Du mir wohl ein kleines Telegramm am nächsten Morgen). Dann wollen
wirsehen. Vielleicht bekommst Du neue Anerbietungen von ernsten Leuten, welche die
Sache umsonst machen wollen. Wenn nicht,so geht auch mein Rath dahin, zu zahlen,
umsomehr als kein anderer Weg da ist. Entweder findest Du einen VerlegerJean Thorels Übersetzung von Liebelei, Amourette. Pièce
en trois actes. Adaptée de Arthur Schnitzler, wurde nur als
Bühnenmanuskript veröffentlicht., der
die Kosten übernimmt, oder aber Du verwendestselbst einen kleinen Theil der
Einnahmen, die das Stück Dir
in Deutschland bringt, darauf, eine französische
Übersetzung herstellen zu lassen, um eine Aufführung in Paris zu ermöglichen. Freilich mußt Du Dir denken, daß Du das Geld à fonds perdusfranzösisch: verlorenes Kapital, ohne
Aussicht auf Rückgewinn ausgibst; denn eine absolute Garantie für die Aufführung kann man nicht gewähren. Thorel würde Dir die Übersetzung wohl für 500 Francs.
herstellen. Ersprach zwar von 200 pro Akt, aber ich handleschon
noch 100 herunter. Warten wir also einstweilen noch ein paar Wochenn und reden wir dann weiter über die Sache.
Ich hoffe, Duschreibst mir ein paar Zeilen über Deine Berliner Eindrücke und Erlebnisse, die gewiß gut und frohsein werden. In
Berlin habe ich einen Onkel, den Bruder meiner Mutter, einen braven, einfachen und seelensseelensguten Manne, der mich erzogen hat. Er heißt Hermann Mamroth und wohnt Bruecken-Allee 8. Wenn es Dir möglich wäre, ihm ein
Billet zu einer Deiner Aufführungen zuschicken oder gar ihn zu besuchenEin Besuch lässt sich nicht belegen.,so würdest Du Du ihm und mir eine große Freude machen. Wenn es Dir
aber auch nur die mindesten Umstände macht,so laß’ es es gehen und betrachte diese Zeilen
als nicht geschrieben
Dein Bericht über die Unterredung mit
Bahr.
hat mich ungemein interessirt. Aber geh’ mir doch mit all’ der complicirten
Psychologie. Setzen wir die einfachen Worte, die das Herz erleichtern: Bahr istso zu Dir, weil weil er ein Schurke ist,
und er haßt Dich, weil er neidisch auf Dich ist. Das ist der Kern der Sache. Dem
kleinen Hugo bin ichsehr böse. Man kannsich wohl über Deine Lau Launen ärgern, aber manschwankt nicht über die Stellung zu Dir.
. Leute, die nicht klarsehen, wer und was Du bist, habenselber einen Defect.
Ich erwarte mir längst allerlei Enttäuschungen über
von dem kleinen Hugo – vor allen Di Dingen auf der Character-Seite.
Er ist viel zu eitel fürseine jungen Jahre. Der Schurke Bahr trägt die Hauptschuld daran, aber auch Ihr
habt Schuld, denn Ihr habt ihn verziehen helfen
Wenn Du also irgend etwas in Berlin brauchst,so
telegraphire. Du hast Recht, auf alle Empfehlungen zu verzichten. Die beste
Empfehlung ist Dein Stück.
Und nun von Herzen Glück für Dienstag!
In Treue
Dein
Paul GoldmnnAutograph meiner Schwester, das eben eintrifft:Klebespuren legen nahe, dass die Beilage
ursprünglich auf die letzte Seite geklebt war.
Schnitzler ist ein lieber, reizender Mensch