Astor House Hôtel, Ltd.Tientsin,25. September 1898Mein lieber Freund,Ich bin jetztsehr außerhalb der Post-Verbindungen u. habe daher erst dieser Tage
Deinen lieben Brief aus Salzburg.
vom 28. Juli erhalten. Inzwischen bist Du ja
längst glücklich heimgekehrt; und wenn Du meinen Brief erhältst, ist wohl auchschon
die PremièreDeines neuen StückesDas Vermächtnis war am am Deutschen Theater in Berlin uraufgeführt worden. vorüber und Du bist um einen
neuen Erfolg reicher.
Es ist heut wieder
ein Tag, wo ich unsägliches Heimweh habe. Manchmal erwache ich wie aus einen Traume
und frage, mich, was ich denn eigentlich hier in
diesem Lande mache? Noch dazu
bin ichseit einigen Wochen recht elend. Die DysenterieDarmentzündung ist mir in den
Leib gefahren,und geht natürlich nicht wieder weg. Das ist eineschlimme Geschichte. Allein im
fremden Lande und auch noch
krank dazu und die Heimathso weit!
Ich danke Dir von Herzen für die Aufmerksamkeit,
mit der Du meine ArbeitenSchnitzler dürfte regelmäßig die Frankfurter Zeitung gelesen haben, in der GoldmannsFeuilletons (unter Angabe des vollen Namens) mit dem
Titel In Ostasien. Reiseskizzen erschienen.
Die Texte erschienen an den folgenden Tagen: 24. 4. 1898, 1. 5. 1898, 19. 5. 1898, 22. 5. 1898, 12. 6. 1898, 16. 6. 1898, 17. 6. 1898, 23. 6. 1898, 24. 6. 1898, 29. 6. 1898, 30. 6. 1898, 14. 7. 1898, 15. 7. 1898, 24. 7. 1898, 26. 7. 1898, 7. 8. 1898, 9. 8. 1898, 21. 8. 1898, 22. 8. 1898, 28. 8. 1898, 30. 8. 1898, 31. 8. 1898, 5. 10. 1898, 6. 10. 1898, 8. 10. 1898, 9. 10. 1898, 16. 10. 1898, 18. 10. 1898, 30. 10. 1898, 31. 10. 1898, 13. 11. 1898, 14. 11. 1898, 15. 11. 1898, 18. 12. 1898, 20. 12. 1898, 25. 12. 1898 und am 28. 12. 1898. Am 30. 4. 1899 erschien mit Heimkehr noch ein
Schlussartikel, der womöglich bereits für die Buchausgabe der Feuilletons – Ein Sommer in China – verfasst war. Zusätzlich zu den
allgemeineren Reiseschilderungen
erschienen tagesaktuelle Berichterstattungen unter dem Kürzel »G«
am 8. 6. 1898, 23. 6. 1898, 21. 7. 1898, 23. 7. 1898, 3. 8. 1898, 4. 8. 1898, 17. 8. 1898, 25. 8. 1898, 9. 9. 1898, 23. 9. 1898, 24. 9. 1898, 25. 9. 1898, 26. 9. 1898, 25. 10. 1898 und darüber hinaus. verfolgst. Du nennstsie »interessant« und ahnst
gewiß nicht, daß das ihre Verurtheilung ist. Interessant ist die Rubrik »Vermischtes«
in den Zeitungen, die von einem wunderbaren Walfisch-Fang berichtet oder vom
tätowirten Indianer. Die unbeschreibliche künstlerische Anstrengung, die ich auf
meine Arbeiten verwende, das Bestreben, einfach, klar und doch malerisch
darzustellen, kommt also nicht zum Ausdruck. Wennselbst Du es nichtsiehst,so beweist das, daß meine Arbeiten verfehltsind, was ich
von Anfang an geahnt habe. Es istsehr bitter, liebster Freund, interessant zuschreiben.
Mein Brief findet Dich hoffentlich in guter, froher Arbeit und in heller Stimmung.
Denke Dir nur, welch’ ein SchemenTrugbildalle alle Deine Leidensein müssen, wenn eine einzige Reise.
von Wien nach Salzburgsie verblassen macht. Quäle Dich nicht und mache Dir
einen frohen Winter!
Grüß’ mir den Richard! Ich h freue mich, daß er das dritte
Capitel des »Götterliebling«Als Schnitzler am in Salzburg gewesen war, hatte ihm Beer-Hofmann
das dritte Kapitel des Götterlieblings vorgelesen. Die Erzählung erschien zuerst zwischen 4. 11. 1899 und 25. 11. 1899 als
Fragment unter dem Titel Der Tod Georgs in
der Zeit. beendet hat. Nur fürchte
ich, im vierten Capitel wird
der Held wieder einschlafen und einige Jahrhundert
Weltgeschichte tr träumen, und das wird wiedernoch recht lang werden.
Mansandte mir hierher einen ArtikelRudolf Lothar: Briefe an eine Dame. In: Die Wage. Eine Wiener Wochenschrift, Jg. 1, Nr. 26,
25. 6. 1898, S. 439–440. von
Rudolf Lothar über Dich in der »Wage«. Wenn Du den Autorsiehst,so grüße ihn von
mir undsage ihm, meines Wissenssei noch nie über Dich ein ähnlicher Blödsinn
geschrieben worden. Auch erfahre ich daraus, daß D Du
durch Rudolf Lothar zum Schreiben ermuntert worden bist. Jetzt weiß ich, warum Du ein Dichter
bist!
Grüß’ Dich Gott, liebster Freund!
Dein treuer
Paul GoldmannViele Grüße an Deine Freundin!