Frankfurt, 28. Mai.Mein lieber Freund,Wieder habe ich den Sonntag abwarten müssen, um eine
freie Stunde für einen Brief an Dich zu finden.
Ich danke Dir von Herzen für Deine letzten lieben Briefe,sowie für die Übersendung
des »Grünen Kakadu«Die Buchausgabe
des Einakterzyklus’ (Der grüne Kakadu, Paracelsus, Die
Gefährtin) war am 29. 4. 1899 bei S. Fischer in Berlin erschienen. (das Exemplar ist vornehm und geschmackvoll ausgestaltet)
und für die liebe Widmung, die das Titelblatt ziert.
Deine letzten Briefesind, Gottsei Dank, dochschon etwas ruhiger,sosehr es auch
noch in Dir wühltder Tod von Marie Reinhard am . Ich habe nur den dringenden Wunsch, Dich endlich auch einmal zusehen und zusprechen. Sommerpläne freilich kann ich in diesem Jahre gar nicht machen. Am 15. Julisoll ich für die Zeitung nach Bayreuth, dann nach Paris, um über die Vorarbeiten zur WeltausstellungDie Weltausstellung
in Paris fand von 15. 4. 1900 bis 12. 11. 1900
statt. zu berichten. Ich fürchte, mein ganzer Urlaub geht zum Teufel.
Immerhin mußt Du michstets auf dem Laufenden halten, wo Du bist; vielleicht kann ich
doch noch einmal rasch irgendwohin kommen, wo Du Dich aufhältst. Und wenn Du im September nach FrankfurtSchnitzler war vom bis zum in Frankfurt am Main. kommst, bin ich
jedenfalls da.
Affaire ThorelGemeint war die von Jean Thorel in den Jahren 1896 und
1897 angefertigte französische Übersetzung von Liebelei (Amourette. Pièce en trois actes), die jedoch unveröffentlicht blieb.. Ich habe keine Ahnung mehr
von den getroffenen Abmachungen.
. Jedenfalls hast Du zum Mindesten Anspruch auf die Hälfte des Honorars, da Du ihm jasein ganzes Honorar,
das es aus den Tantièmender AufführungenAbgesehen von einer Aufführung am 29. 8. 1902 in Dunkerque sind keine Vorstellungen von Liebelei nach ThorelsÜbersetzung bekannt.
bestritten werdensollte, als Vorschußin der Höhe
von 500 Francs gezahlt hast. Auch den »Kakadu«solltest Du ihm zu
übersetzen gebenDer grüne Kakadu wurde zuerst von Émile Soutif (Übersetzung nicht überliefert, ) und dann als Au Perroquet vert von Stephan Epstein und Émile
Lutz ins Französische übersetzt. Die spätere Übersetzung war die Grundlage für zwölf
Aufführungen zwischen 7. 11. 1903 und 6. 12. 1903 im Théâtre
Antoine.. Er ist als Übersetzersoschlecht, wie alle Andern, hat
aber doch wenigstens Verbindungen
Ich erlebe nichts, was mich glücklich
und unglücklichEventuell wird hier
neuerlich () die
Frühphase der intimen Beziehung mit der verheirateten Theodore Rottenberg etwas kryptisch beschrieben, . zugleich
macht,sondern: Es würde ein großes Glücksein, aber ich kann es nicht erleben.
Siehst Du: Verlieren, durch das Schicksal verlieren, wie es Dein Loos war, ist
furchtbar. Aber nicht besitzen können, durch eigene Schuld nicht
besitzen können, ist entsetzlich, und zudem wird mansichselbst verächtlich und zum
Ekel. Das läßtsich Alles nicht schreiben; ichsehne mich danach, es Dir zu erzählen
Bitte,schreib’ mir bald wieder, wie es Dir geht. Theile mir auch freundlichst die
Adresse des Herrn von Hoffmannsthal mit, dem ich mein Buchüber seine Asienreise 1898; Paul Goldmann: Ein Sommer in China. Reisebilder. 2 Bde. Frankfurt am Main: Literarische Anstalt Rütten
Loening1899, erschienen Anfang Mai 1899.schicken möchte. Was macht Richard? Ich höre natürlich kein Wort von ihm.
Wassagt Ihr zur »Fackel«? Der Bursch hat Talent. Schade nur, daß er einsolcher Lausbub ist. Denn das Ausmistungs-WerkAnspielung auf Karl Kraus’ umfassende polemische Kritik in
der damals neu erscheinenden Fackel, das er unternimmt, ist verdienlich. Ersagt treffliche Worte gegen Bauer, Herzl, Bahr, namentlich gegen die »Neue Freie Presse«,
und es ist das Traurige an den jetzigen WienerWiener Verhältnissen, daß, wenn endlich einmal
Jemand kommt, der gegen die Corruption kämpft, er ebenso corrupt ist, wie die
Corruptionselbst.
Grüß’ mir Schwarzkopf, mit dem Du ja jetzt häufiger zusammen bist.
Ich grüße Dich von Herzen
Dein treuer
Paul Goldmann.