Da Du wohl nicht die »Frankfurter Zeitung« liest, sende ich Dir anbei das gestern erschienene Feuilleton von Kerr über HeineAlfred Kerr: Heine. In: Frankfurter Zeitung, Jg. 44, Nr. 345, 13. 12. 1899, Erstes Morgenblatt, S. 1–2. Schnitzler hatte den Brief spätestens am 15. 12. 1899 in den Händen, da schrieb er an Kerr: »Lieber Herr Kerr, ich muss Ihnen diesen Brief meines Freundes Goldmann doch senden – Sie werden so freundlich sein, ihm (G.!) nie zu verrathen, daß ich es gethan, und senden mir ihn (den Brief) auch bald wieder zurück. Freuen wird es Sie jedenfalls – wie man überhaupt Ehrgeiz hat, – haben soll? haben muss? – das beste bleibt doch zu wünschen, dass andere kluge Menschen gut über uns denken. Der Ansicht G.s über Ihr Feuilleton schließ ich mich vollkommen an – ohne sein Empfinden von ›Zurückgeworfensein in die Mittelmäßigkeit‹ im geringsten berechtigt zu finden. Denn auch er gehört zu den ganz vortrefflichen.« (Kerr, Schnitzler: . Herausgegeben von Elgin Helmstaedt. In: , Jg. 69, H. 5, September/Oktober 2017, S. 598–599.). Ich halte dasselbe für eines der vollendetsten Kunstwerke, welche die neuere deutsche Journalistik hervorgebracht hat. Wenn manselbst Zeitungsschreiber von Beruf ist,so fühlt mansich tief verstimmt durch eine diese solcheArbeit, die einesolche Kunst des Ausdrucks, einesolche Kraft der Concentrirung, einenso unbedingt persönlichen Styl und einso gründliches Wissen bekundet. Essteckt thatsächlich etwas Geniales darindarin – etwas von Heine’s Größe (ohne den leisesten Anklang an Heine’s Art), – und, wenn manselbst Zeitungsschreiber von Beruf ist (siehe oben),so fühlt mansich erbarmungslos in die Mittelmäßigkeit zurückgeworfen.