Berlin, 14. Oktober.Mein lieber Freund,Heut am Sonntag habe
ich endlich ein paar Minuten frei zu einem Briefe an Dich.
Die »Fackel«Bezugnahme auf Karl Kraus: [Die Affaire Schlenther-Schnitzler]. In: Die Fackel, Jg. 2, Nr. 53, Mitte September 1900, S. 1–6, und auf Karl Kraus: Antworten des Herausgebers. Habitué. In: Die Fackel, Jg. 2, Nr. 54, Ende September 1900, S. 25–26. Siehe zum
Konflikt zwischen Schnitzler und Paul Schlenther auch .. Was willst Du von dem
Lausbuben? Offen gestanden, ich hätte noch Schlimmeres erwartet. Im Übrigen hat
Burckhardt in der »Zeit«Max Burckhard: Wienerinnen. Lustspiel in drei Aufzügen von Hermann Bahr.
Aufgeführt zum erstenmale im Deutschen Volkstheater am 3. October
1900. In: Zeit, Bd. 25, Nr. 314,
6. 10. 1900, S. 10–11. das
wahre Wort geschrieben: die
Leute rächensich jetzt an Dir, weilsie Dir haben applaudiren müssen. Auf das
Gesindel im Allgemeinen war niemals zu rechnen. Ob die Aktion.
sonst wirkungslos geblieben, wirdsich zeigen. Welche Wirkung hätte denn auch kommensollen? Die Hauptsache war, daß der
Herr Schlenther eine Antwort aufsein
unerhörtes Benehmen bekam. Und denschlechten Ruf, den er ohnedies hat, hat diese
Affaire nur noch vergrößert. Er hat’s gespürt und wird’s noch weiterspüren. Diese
Affaire, mag mansagen, was man will, ist ein Grund mehr fürseinen Weggang vom Burgtheater. Selbst hier, wo man ihn für einen Gott hält, hatsie
ihm geschadet
Dein »Ohrenleiden«Schnitzler litt an Otosklerose
(Verknöcherung des Innenohrs mit zunehmender Schwerhörigkeit).. Darauf weiß
ich nur eine Antwort: Heirathen. Ichschwöre Dir:
wenn Du Frau und Kinder haben wirst, wirst Du Dich
weniger mit Deinem Ohre beschäftigen; und wenn Du Dich weniger damit beschäftigen
wirst, wi wirst Du weniger darunter leiden.
Mit Lindau werde ich bei nächster Gelegenheit wegen SaltenDie Stelle ist unklar. Möglicherweise ging es um eine etwaige
Uraufführung von Saltens Dreiakter
Der Gemeine.
sprechen.
Kerrsehe ichsehrselten. Wenn wir unssehen,sprechen wirsehr freundschaftlich
miteinander. Ersteckt tief inseinem Liebeswonnen.
undstrebt der Erfüllungseiner Wünsche zu, was mit großen Kämpfen verbundenscheint. Aber er wird esschon durchsetzen. Er und das
Mädelscheinensichsehr
zu lieben, und das ist die Hauptsache.
Ich bin mit dem Hause M.-C. vollkommen auseinander. Diese ganze Geschichte hat für mich mit einem großen
Ekel geendet, – einem Ekel namentlich vor der »Gesellschaft«, vor diesen Leuten, die
Einen nicht verstehen und die Einen zur Tafel ziehen als Hanswurst. Aber wehe, wenn
man versuchen will, auch einmalsein Leben zu leben! Im Übrigen hat die Kleine
ja ganz recht gehabt, und ich bin fett und grotesk und nicht fähig, Liebe zu ei einzuflößen. Ich habe mich in
die Arbeit gestürzt, um das Alles zu vergessen.
Brandes ist hier und erzählt mir
viel vonseinen Liebesabenteuern.
. Dieser Tage kommt auchseine Tochter.
Nach Breslau zur Aufführung der »Beatrice«Der Schleier der Beatrice wurde am am Lobe-Theater in Breslau uraufgeführt.
Zu einem früheren Zeitpunkt war der 17. 11. 1900
als Premierentermin geplant. möchte ich unendlich gern fahren. Ich habe das
hier mit meinem Collegen Fuchs besprochen, und ersagte mir: »Ja, fahren Sie
nur! Aber den Direktor Löwe dürfen Sie nicht tadeln; er ist bei unspersona gratissimalateinisch: willkommene Person, hier im
Sinne von ›immun‹.« Also, ichsetze den Fall, die Aufführung könnte den
Aufgaben des Stückes nicht
gerecht werden (was ich befürchte),so werde ich das nichtsagen dürfen, oder man
wird es mirstreichen. Unter diesen Umständen ist es wirklich besser, nicht
hinzugehen und die Berichterstattung dem Direktor Löwe zu überlassen, derselbst an die N. Fr. Pr.zu telegraphiren pflegt und unter allen Umständen
das Bestesagen wirdSiehe zur Berichterstattung über die
Uraufführung von Der Schleier der Beatrice in
der Neuen Freien PresseGoldmanns Briefe vom und vom ..
Grüße mir diestrebsamen Fräulein aus der Rothen-Stern-Gasse.
und theile mir deren genaue Adresse mit (Name und Hausnummer), damit ich
ihnen mein Buchdie zweite Auflage von Ein
Sommer in China, .schicken kann.
Die Glümerinnensind wieder beieinander, und Frl. Mizzi hat neulich einensehr schönennschönen undsehr verdienten Erfolgals weibliche Hauptrolle der Berliner Secessionsbühne in Die Bildschnitzer
von Karl Schönherr und in Der Bär von Anton
Čechov gehabt bei Publikum und Kritik. Auchsiesehe ichselten, und ich lebe,
eingesponnen in Arbeit, ein ödes und nutzloses Leben.
Was macht Richard? Keine Möglichkeit, von ihm eine Antwort zu bekommen.
Schreib’ mir bald und seisei von Herzen
gegrüßt!
Dein
Paul Goldmnn