Dessauerstrasse 19Berlin, 7. Oktober.Mein lieber Freund,Dein Brief ist im Ganzen recht erfreulich, – mit Ausnahme von Kopfschmerzen und
OhrenklingenSchnitzler litt seit
Herbst 1896 an Otosklerose – einer Verknöcherung des Innenohrs mit
zunehmender Schwerhörigkeit., gegen die ich Dir leider nicht helfen kann.
Dasspielt in Deinem Leben offenbar dieselbe Rolle, wie BenediktMoriz Benedikt war als Herausgeber der Neuen Freien PresseGoldmanns Vorgesetzter. in dem
meinen. Esscheint, daß zu jedem Leben ein wenig Benedikt gehört.
Gegen ein Auftreten Olgas bei SaltenOlga trat nicht im Jung-Wiener Theater zum lieben Augustin
auf. wäre ich entschieden. Soll ihr für alle Zeiten die ÜberbrettlVorbild für das Kabarett Jung-Wiener Theater zum Lieben Augustin war das Überbrettl, . -Marke aufgeprägt werden? Das Programm
der SaltenschenUnternehmung, das ich heut in der N. Fr.
Pr.lese[O. V.]: Theater- und Kunstnachrichten.
[Zur Eröffnung des Jung-Wiener Theaters zum lieben Augustin]. In: Neue Freie Presse, Nr. 13.332, 6. 10. 1901, S. 8., ist ein großer
Kuddelmuddel. Der Mannscheint abso absolut nicht zu
wissen, was er will.
»Lebendige Stunden« ist ein hübscher Titel. Aber ersagt mir nichts. Warum »lebendig«? Warum »Stunden«?Schnitzler verwendete den Titel des
Einakters Lebendige Stunden auch als
gemeinsamen Übertitel einer Einaktersammlung. Damit rekurrierte er mit dem Titel
Lebendige Stunden wohl auf das verbindende
thematische Element des Zyklus: das Verhältnis von Kunst und Leben, das immer wieder vom Tod
durchkreuzt wird. In seinem späteren Feuilleton kritisierte Goldmann den Titel noch einmal, vgl. Paul Goldmann: Berliner Theater. (»Lebendige Stunden« von Arthur Schnitzler). In:
Neue Freie Presse, Nr. 13.438, 22. 1. 1902, Morgenblatt, S. 1–4. Und
Worte ohne Sinn Sinn zu gebrauchen, blos weilsieschön klingen, ist doch gar zu Hoffmannsthalisch.
.
Ichsah neulich »Einsame Menschen« und warstarr
über die Talentlosigkeit. Ich begreife Euch nicht, daß Ihr diesen MenschenZu Goldmanns Kritik an Gerhart
Hauptmann siehe etwa .
Siehe auch Paul Goldmann: Berliner Theater. »Einsame Menschen« im Deutschen Theater.
In: Neue Freie Presse, Nr. 13.345, 19. 10. 1901, Morgenblatt, S. 1–3.
auch nur einen Augenblick ernst nehmen könnt.
Einsehr schöneschönes Stück ist »Die Hoffnung«niederl. Op hoop van zegen. Spel van de zee in vier
bedrijven, Uraufführung am 24. 12. 1900 in Amsterdam von Heyermans. Der Verfasser ein
Jude, – reichen RhedersSohnDas dürfte auf einer Verwechslung
beruhen, der Vater Herman Heijermans
(senior) war Redakteur.. Die Berliner Kritik hat das
Stück verrissen, – Allen voran KerrAlfred Kerr: »Die Hoffnung«. »Ein Seestück« von Heyermans.
Erst-Aufführung im Deutschen Theater. In: Der Tag, Nr. 431, 1. 10. 1901, S. [1]–2., der doch zu Zeiten enervirend
verständnißlos ist.
Was Glümers.
anlangt,so bin ich nicht beleidigt,sondern erbittert. IhreIch verzeihe Alles, nur keine Ungezogenheiten.
Gratulirt habe ich nicht, und ich werde auch nicht gratuliren.
Die Triesch ist unglücklich, wird falsch
beschäftigtIrene Triesch hatte ihren letzten Auftritt
am Frankfurter Stadttheater am 24. 8. 1901. Danach ging sie an das Deutsche Theater Berlin. Dort trat sie Anfang Oktober 1901 in Gerhart
HauptmannsEinsame Menschen als Anna Mahr auf. undsehntsich nach Deinen Stücken. Ist mir im Übrigen sehr zuwider, weilsie gerade die zwei Typen repräsentirt, die ich nicht vertragen kann: den der Jüdin
und den der Komödiantin.
Sage dem Richard, daß die Frau Professor Döplersich mit Moph Morphium vergiftetBerta Doepler, eine Cousine von Else Lasker-Schüler, verstarb wenige Wochen
später, am 10. 2. 1902, als Folge eines Sprungs aus dem Fenster. Zu Beer-Hofmanns Bekanntschaft mit
ihr . hat, um
den unerträglichen Schmerzen zu entgehen, die ihre unheilbare Krankheit ihr bereitet
hat.
Wollen wir dem Peter Dorner.
nicht zusammen das Werk über die »Deutsche Schmiedekunst«schenken? Du 22 MK und ich 22 MK.
Lies’ in der letzten »Zukunft« den geistvollen Aufsatz »Physiologie des
Kunstempfindens«[Walter Rathenau]: Physiologie des Kunstempfindens. Der Grundsatz. In:
Die Zukunft, Bd. 37, 5. 10. 1901, S. 34–48..
Viele herzliche Grüße an die Mädels und an Dich.
Dein
Paul Goldmann.