Arthur Schnitzler: Briefwechsel mit Autorinnen und Autoren1906-04-22Felix Salten an Arthur Schnitzler, 22. – 23. 4. 1906Salten, FelixMüller, Martin AntonUntner, LauraÖsterreichischer Wissenschaftsfonds FWFGeorg-Coch-Platz 21010 WienAWienschnitzler-briefeTranskription und KommentierungMüller, Martin AntonUntner, LauraAustrian Centre for Digital Humanities Vienna2023
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https://hdl.handle.net/21.11115/0000-0012-D15C-9
Machine-Readable Transcriptions of the Correspondences of Arthur Schnitzler
GBCambridgeUniversity LibrarySchnitzler, B 89, B 1von unbekannter Hand nummeriert: »211«GermanSalten, Felix22. – 23. 4. 1906BerlinSchnitzler, Arthur24. 4. 1906 – 27. 4. 1906WienSalten, FelixSalten an Schnitzler, 21. 4. [1906]Schnitzler an Salten, 27. 4. 1906Salten an Schnitzler, 21. 4. [1906]Schnitzler an Salten, 27. 4. 1906Export aus TranskribusDurchsichtIndex checkDurchsicht
Berlin, 22. IV. 06
Lieber, eben, da ich mich hinsetzen will, um Ihnen zu schreiben,
kommt Ihre zweite Depesche. Ich bin nun einigermaßen in Verlegenheit. Denn wie leicht
kann Brahm meinen unverlangten Rath.
ablehnen; kann ihn, was mir noch weniger lieb wäre, missdeuten, und als die
Sucht, »dreinzureden« auffassen. Ganz abgesehen davon, dass ich ja garnicht weiss, ob
Brahm auf mein Urteil auch nur das Mindeste
gibt. Und ausserdem habe ich, als wir nach der Vorstellung.
beisammen waren, zu merken geglaubt, dass Brahm (vielleicht aus Theaterpolitik) ReichersJulian über
den von Rittner zu stellen geneigt ist. Ich
kann mich ja darin irren. Jedenfalls erleichtert es die Situation nicht, denn ich
habe Rittner in dieser Rolle nicht gesehen.
Wie immer er aber auch gewesen sein mag, er war sicherlich besser als Reicher. Einfach aus dem Grund, weil es
unmöglich ist, schlechter zu sein als Herr Reicher war. (Dieser Satz könnte von Goldmann sein; ist aber gleichwol richtig) Um Rittner ist doch stets ein
Hauch von der Fülle der Erlebnisse. Auch ein leiser Hauch von Einsamkeit ist jetzt
mehr und mehr um ihn. Rittner ist doch auf
eine glaubhafte Art von Verliebtheit umgeben, von allerlei Karessen, und das Parfum
vieler Frauen haftet gleichsam in seinen Kleidern. Wenn nun alle diese Dinge welk und
herbstlich werden, dann haben sie, wie es der Julian braucht, jene Melancholie,
deren besondere Schattierung eben ein Goldton ist, ein verblaßender, vormals aber –
das sieht man noch genau – üppiger und leuchtender Goldton. Von solchen Dingen ist bei Reicher nichts zu spüren. Er ist ganz und gar bürgerlich. Hat
leider den Moment versäumt, Kinder zu zeugen, mit denen er jetzt SchabbesSabbat machen oder den Seder-AbendAbendessen am Vorabend des Pessach-Festes halten könnte. Mir wäre, wie ich
gewiss nicht erst zu sagen brauche, auch der jüdische Julian recht, wenn es nur eben ein Julian wäre: etwa Adalbert Goldschmidt, der ja den jüdischen und zugleich einen
Daudet’schen Einschlag hat. Allein Reicher ist trocken, und erscheint höchstens
als verkrachter Familienvater. – – –
Montag.
Gestern wurde ich durch Besuche (die Leute machen hier
unaufhörlich Besuche) unterbrochen. taf ich zufällig Rittner. Er ist nicht abgeneigt, den Julian in Wien zu
spielen. Oder genauer: »im Prinzip nicht dagegenDiese Stelle übermittelte Schnitzler an Brahm: »Vor
ein paar Tagen traf RittnerSalten auf
der Straße und äußerte sich gesprächsweise zu ihm ›er sei im Prinzip nicht
dagegen, den Julian in
Wien zu spielen‹« Der Briefwechsel Arthur Schnitzler – Otto Brahm.
Vollständige Ausgabe. Herausgegeben, eingeleitet und erläutert von Oskar
Seidlin. Tübingen: Niemeyer1975, S. 227.«. Als ich ihm sagte, Sie hätten keineswegs darauf bestanden, dass er den
ForstadjunktenBei der deutschsprachigen Uraufführung
von Der Ruf des Lebens am im Lessing-Theater gab Rittner den Forstadjunkten Eduard Rainer. gibt, und hätten
ihm sein Versagen auch nicht übelgenommen, war er erfreut. Er meint nur, es wird für
Brahm schwer sein, Reicher die Rolle abzunehmen, und die für Rittner nötigen Proben abzuhalten. Außerdem wird Brahm es nicht gerne sehen, wenn Rittner über seine Garantie kommt. Die beträgt
für Wien 12 Abende, welche mit »Elga« gedeckt scheinen. Ist er im »Einsamen Weg« tätig, muß dann Brahm das Plus zahlen, was er – wie Sie wissen – überhaupt,
und im Fall Rittner erst recht lieber
vermeidet.
Was soll ich, nach Ihrer Meinung, tun? Dass ich mit Vergnügen zu allem bereit bin,
brauche ich nicht erst zu sagen. Erwägen Sie, was ich Ihnen wegen mir u. Brahm sagte, und denken Sie nach, wie man es
machen könnte, dass ich bei Brahm nicht eine
Unannehmlichkeit erfahre. Soll ich vielleicht Elias zu ihm schicken? Das will ich auf alle Fälle gleich tun.
Eben kommt wieder Besuch. (Die Leute machen hier unaufhörlich Besuche) Ich will aber,
dass der Brief heute abgeht. Also viele herzlichste
Grüße von uns an Sie Beide. Ihr
Salten
NB.nota bene;
lateinisch: merke wohlJacobsohntobt[Siegfried Jacobsohn]: Der einsame Weg. In: Die Schaubühne, Jg. 2, Nr. 17, 26. 4. 1906, S. 487–491. ja auch
gegen Reicher!