Wenn Sie nur keinen Neujahrsbrief geschrieben hätten – noch dazu wars ein sehr lieber – würde ich mit der Antwort gewartet haben, bis ich Zeit gehabt hätte.

So will ich Ihnen heute nur in Eile danken und Ihre freundlichen Grüsse herzlich erwiedern.

Meine Manuscripte! Ich habe sie vergessen. Von der Kunstübung ist mir nur etwas Liebe zur Kunst geblieben u. an manchen Tagen oder in verlorenen Stunden ein Heimweh nach der Dichtung. Nicht ungestraft ist man Journalist. Ich bemühe mich, dieses Métier, das der reizende kleine Hoffmannsthal verachtetHofmannsthals Brief, mit dem er Herzl sein Stück Gestern übersandte, ist nicht überliefert, aber aus Herzls Antwort vom 2. 11. 1892 geht hervor, dass Hofmannsthal eine Kritik am Journalismus geäußert hat: »Ihre Antipathie gegen mein Métier theile ich vollkommen und bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie sie soweit überwunden haben, um an mich zu schreiben.« (Theodor Herzl: . Herausgegeben von Alex Bein, Hermann Greive, Moshe Schaerf und Julius H. Schoeps, Bd. 1: , bearbeitet von Johannes Wachten. Berlin, Frankfurt am Main, Wien: Propyläen1983, S. 504–505)., so unpanamistischDas Bekanntwerden von Bestechungen von Abgeordenten und Journalisten im großen Stil beim Bauprojekt des Panamakanals erschütterte im Herbst 1892Frankreich. Die Ereignisse hinter dem Skandal wurden zum Inbegriff von Korruption. als möglich zu betreiben, und schaue der Politik zu. Manchmal komme ich mir vor, wie David Copperfield der StenographDer Protagonist von Charles DickensRoman erlernt im 38. Kapitel unter Mühen Kurzschrift, um sich als Parlamentsprotokollant zu verdingen. – erinnern Sie sich der wonnevollen Stelle? — u. manchmal halte ich mich für einen Staatsjuristen. Wirklich ist es in dieser Zeit interessant, der Politik zuzuschauen. Ich glaube, es wird hier heuer eine Revolution geben, u. wenn ich nicht rechtzeitig nach Brüssel entkomme, werden sie mich vielleicht füsiliren, als Bourgeois oder deutschen Spion oder weiteren Juden, oder Financier – während ich doch nur ein ausgedienter Seiltänzer bin.

Wenn ich Zeit hätte, glaub' ich, könnte ich ein merkwürdiges Buch schreiben über das was ich in Paris gesehen habe. Die politische Conclusion wäre: das Beste für das Volk ist ein »bon tyran«, was ja Renan gefunden hat. Ich erzähle das nicht pour rompre les chiensfranzösisch: um die Hunde von der Fährte abzulenken, das Thema zu wechseln (übertr.) – wenn ich die alte Kiste mit den alten Manuscripten irgendwo finde, will ich Ihnen ein altes Stück schicken.