Arthur Schnitzler: Briefwechsel mit Autorinnen und Autoren 1894-11-17 Arthur Schnitzler an Theodor Herzl, 17. 11. 1894 Schnitzler, Arthur Jahnke, Selma Müller, Martin Anton Österreichischer Wissenschaftsfonds FWF
Georg-Coch-Platz 2 1010 Wien A Wien
schnitzler-briefe Transkription und Kommentierung Jahnke, Selma Müller, Martin Anton Austrian Centre for Digital Humanities Vienna 2025

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Machine-Readable Transcriptions of the Correspondences of Arthur Schnitzler

ISR Jerusalem Central Zionist Archives H1\1924-15 Schnitzler, Arthur Briefe 1875–1912 Nickl, Therese Schnitzler, Heinrich Frankfurt am Main S. Fischer 1981 237–239
German Schnitzler, Arthur 17. 11. 1894 Wien Herzl, Theodor Wien Herzl, Theodor Schnitzler an Herzl, [17. 11. 1894?] Goldmann an Schnitzler, 18. 11. 1894 Schnitzler an Herzl, [17. 11. 1894?] Herzl an Schnitzler, 27. 11. 1894 Export aus Transkribus
Wien, 17. Nov. 94.Lieber Freund!

Mit Ihrem Stück haben Sie dem Theater ein neues Milieu entdeckt und haben eine Reihe von Gestalten geschaffen, die Athem des Lebens haben. Und neue Gestalten – manche, an die mansich bis jetzt nicht herangetraut hat. Die besten Figurensind die, die aussich herausreden, ganz naiv; – da haben Sie mit ein paar Strichen glänzend gezeichnet; Charlotte z. B. – Wassermann ist ausgezeichnet; der ist wohl berufen, Ihnen häufig nachgedichtet zu werden. Dieses aber verfällt gegen Schluss in den Fehler Ihrer Hauptperson; – er erläutertsich. Sie unterschätzen Ihre Charakterisirungskunst – man kennt Herrn Wassermann längst, bevor er anfängt vonsich zu erzählen. Ueber das Stück als ganzes ist etwas ähnliches zusagen. Es hatsoviel echtes Leben und ist in seiner Entwicklungso natürlich, dass Sie auf kleine Absichtlichkeiten der Ausführung wohl verzichten dürften, welche die große Absicht des Stoffes schädigen verwirrenAm meisten hab ich in diesem Sinne gegen den Schlußsatz des Stücks einzuwenden, den eigentlichen Schlusssatz, den dersterbende Jacob Samuel zusprechen hat. Lassen Sie ihn lieber wortlossterben – dieser Todsagt mehr besseres, ich glaubeselbst, was ganz andres als der Sterbende selbst. Der Sterbende sagt: »Juden, Brüder, man wird euch erst wieder leben lassen, wenn ihr zu sterben wisst.« – Sein Tod aberspricht: Dieser arme Teufel und edle Mensch mussich von einem erbärmlichen Haderlumpen einfach deshalb niederschießen lassen – weil er als Jud geboren ist! – – Es gab eine Zeit, wo die Juden zu tausenden auf den Scheiterhaufen verbrannt wurden. Sie haben zu sterben gewußt. Und man hatsie nicht leben lassen – deswegen. – So fährt Ihr Drama, nachdem es sicher u.schön seinen Weg hingebraust ist, – auf einem falschen Geleise ein. –

– Eine Figur wäre event. noch in das Stück hineinzustellen, die als Gegenspieler wirksam wäre: ein jüdischer Couleurstudent, der nach 30. Mensuren chassirt wird, weil er ein Jude ist. – Eventuell noch ein anderer Student, der dem kathol. Gesellenverein angehört und sich aufs »Katholizismus« nicht schlägt – und daher sehr verehrt wird! – Und noch eine Figur scheint mir in dem reichen Bild zu fehlen, das Sie von einer gewissen jüd. Gesellschaft entwerfen. – D. i. eine sympathische Frau (oder Mädel) Gibt es nemlich auch. Oder es wäre wenigstens zu zeigen, wie ein ursprünglich gut veranlagtes Mädel durch Hellmannische Erziehung verkommt. Ließe sich vielleicht gar nicht sschwer an Hermine zeigen, die scharf aber doch ein bischen outrirt gezeichnet ist. Man begreift gar nicht, dass ein so hochstehender Mensch wie Jacob ihn heiratet. Das wäre dann gleich motivirt, wenn die guten Züge noch an ihr zu entdecken wären.

– Ganz meisterhaft sind die alten Samuel. Nun redet die Frau ein bischen zu gewollt, im 1. Akt besonders. Wurzlechner verstehe ich nicht ganz. Ich glaub, in Ihrem Streben nach Objectivität haben Sie ihn geradezu sympathisch zu machen versucht. Aber, glauben Sie mir, er ist ein ganz ordinairer Kerl. Geben Sie ihm wenigstens stärkere Motive, wenn er von Jacob Abschied nimmt. Oder lassen Sie diese Infamie schon im ersten Akt vermuthen. Oder: Jacobselbst merkt, dass dem Wurzlechnersein Verkehr mit den Juden in der Carrière von ihm,schadet u. er legt es ihm nahe, zuscheiden. Oder – was mir am liebsten wäre. Jacob schmeißt den Kerl wie er sich windet und dreht, einfach hinaus. Als Secundant empfehle ich dann für das Duell mit Schramm den neu zu schaffenden Studenten mit den 30 Mensuren. (Er könnte der Neffe dieses köstlichen Wassermann sein.) –

 – Als zufällige Beispiele für die früher erwähnten kleinen Absichtlichkeiten der Ausführung: –

Seite 1. Köchin: Halt Juden. Die Juden haben alles Geld. »Sind halt Juden« –sagt dasselbe; wirkt stärker. (das Entrée Bichlers behagt mir nicht sehr)

Seite 60. Jacob: Jetzt kannst du das auch auffassen, dss die Juden Hundesind – Hier ist die Absicht deutlich – bis zur Verstimmung. – »Auch der Jude mit dem wunden Ehrgefühl« will mir nicht gefallen – geben Sie Ihrem Jacob etwas mehr innere Freiheit. Der Grundgedanke leidet nicht darunter, und die Person wird unssympathischer. Glauben Sie nicht? Und hier sah ich es wieder: Die Figur des Kraftjuden fehlt mir geradezu in Ihrem Stück. Es ist ja nicht wahr, dass in dem Ghetto, das Sie meinen, alle Juden gedrückt oder innerlich schäbig herumlaufen. Es gibtandre – und gerade die werden von den Antisemiten am tiefsten gehasst. Etwas in der Art müßte auch in dem Stück gesagt werden. IhrStück ist kühn, – ich möchte es auch trotzig haben. Und vor allem lassen die Ihren Helden nicht so ergeben sterben. Ich hab es schon anfangs gesagt – jetzt fällt es mir wieder ein – Sie sehn, wie ernst es mir damit ist! –

Bühnenwirksamkeit – soweit das vorher zu sagen ist – muss Ihr Stück haben – ob ein Theater di en Muth haben wird, es aufzuführen –? – Doch davon kannspäter gesprochen werden. Ich freue mich das Stück (welches Sie doch aufrichtig ein »Trauerspiel« nennen sollten), sehr bald wieder zu lesen, und wenn Sie finden sollten, dass von den paar Bemerkungen, die ich mir erlaubt habe, einige der Ueberlegung werth sind, so werde ich das vielleicht in der nächsten Abschrift zu erkennen im Stande sein. Mein herzliches Vergnügen, nach langen Jahren wieder einmal ein »Originalmanuscript« von Ihnen durchlesen zu dürfen, kann ich Ihnen nicht verschweigen.

Seien Sie vielmals gegrüßt und bedankt.Stets der IhreArthurSchnitzler
Schnitzler Arthur 15. 5. 1862 Wien 48,208333 16,373056 21. 10. 1931 Wien 48,208333 16,373056 Schriftsteller/Schriftstellerin Mediziner/Medizinerin https://d-nb.info/gnd/118609807/ Theodor Herzl Albert Schnabel 1860-05-02 Budapest 47,49835 19,04045 1904-07-03 Edlach 47,69255 15,80915 Schriftsteller/Schriftstellerin Journalist/Journalistin https://d-nb.info/gnd/118550241 https://schnitzler-tagebuch.acdh.oeaw.ac.at/person_16165.html https://schnitzler-bahr.acdh.oeaw.ac.at/pmb11673.html https://pmb.acdh.oeaw.ac.at/entity/11673/ https://schnitzler-lektueren.acdh.oeaw.ac.at/pmb11673.html https://kraus.wienbibliothek.at/register/personen/pmb11673 https://fackel.oeaw.ac.at/?p=fackelp41891 https://doi.org/10.1553/0x00281de3 http://www.wikidata.org/entity/Q44003 https://de.wikipedia.org/wiki/Theodor_Herzl https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Special:URIResolver/?curid=12784 https://schnitzler-interviews.acdh.oeaw.ac.at/pmb11673.html https://schnitzler-mikrofilme.acdh.oeaw.ac.at/1416430.html?pmb11673 https://schnitzler-mikrofilme.acdh.oeaw.ac.at/1416431.html?pmb11673 https://schnitzler-mikrofilme.acdh.oeaw.ac.at/1416432.html?pmb11673 https://pmb.acdh.oeaw.ac.at/entity/160507/ https://bahr-textverzeichnis.acdh.oeaw.ac.at/pmb11673.html https://bahr-textverzeichnis.acdh.oeaw.ac.at/TSN-listperson.html#pmb11673 https://www.stefanzweig.digital/o:szd.personen/sdef:TEI/get#SZDPER.606 https://brenner.oeaw.ac.at/?p=brennerp37542 https://schaubuehne.oeaw.ac.at/register.html?author=1712 https://schnitzler-briefe.acdh.oeaw.ac.at/pmb11673.html https://schnitzler-kultur.acdh.oeaw.ac.at/pmb11673.html arbeitet für Albia https://schnitzler-bahr.acdh.oeaw.ac.at/pmb29294.html https://pmb.acdh.oeaw.ac.at/entity/29294/ arbeitet für Neue Freie Presse https://schnitzler-bahr.acdh.oeaw.ac.at/pmb29351.html https://pmb.acdh.oeaw.ac.at/entity/29351/ https://kraus.wienbibliothek.at/register/institutionen/pmb29351 https://schnitzler-interviews.acdh.oeaw.ac.at/pmb29351.html http://www.wikidata.org/entity/Q2919142 https://schnitzler-briefe.acdh.oeaw.ac.at/pmb29351.html https://schnitzler-kultur.acdh.oeaw.ac.at/pmb29351.html arbeitet für Neue Freie Presse https://schnitzler-bahr.acdh.oeaw.ac.at/pmb29351.html https://pmb.acdh.oeaw.ac.at/entity/29351/ https://kraus.wienbibliothek.at/register/institutionen/pmb29351 https://schnitzler-interviews.acdh.oeaw.ac.at/pmb29351.html http://www.wikidata.org/entity/Q2919142 https://schnitzler-briefe.acdh.oeaw.ac.at/pmb29351.html https://schnitzler-kultur.acdh.oeaw.ac.at/pmb29351.html teilgenommen an https://pmb.acdh.oeaw.ac.at/entity/200677/ https://schnitzler-kultur.acdh.oeaw.ac.at/pmb200677.html
Das neue Ghetto. Schauspiel in vier Acten Das neue Ghetto. Schauspiel in 4 Acten, Wien: Buchdruckerei »Industrie« – Selbstverlag 1903. Herzl, Theodor 1898-01-05 http://www.wikidata.org/entity/Q125352855 https://de.wikipedia.org/wiki/Das_neue_Ghetto https://pmb.acdh.oeaw.ac.at/entity/76499/ https://schnitzler-tagebuch.acdh.oeaw.ac.at/pmb76499.html https://schnitzler-briefe.acdh.oeaw.ac.at/pmb76499.html https://schnitzler-kultur.acdh.oeaw.ac.at/pmb76499.html Mehraktiges Drama Wien K.K. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien Bécs Land Wien Vídeň Wenia Beč Vindobona Vienna A.ADM2 1135 48,208333 16,373056 Österreich 47,33333 13,33333 Windmühlhöhe 48,24077 16,32092 https://sws.geonames.org/2761369/ https://d-nb.info/gnd/4066009-6 https://schnitzler-bahr.acdh.oeaw.ac.at/pmb50.html https://pmb.acdh.oeaw.ac.at/entity/50/ https://pmb.acdh.oeaw.ac.at/entity/2316/ https://pmb.acdh.oeaw.ac.at/entity/20954/ https://pmb.acdh.oeaw.ac.at/entity/65221/ https://pmb.acdh.oeaw.ac.at/entity/65223/ https://kraus.wienbibliothek.at/register/orte/pmb50 http://www.wikidata.org/entity/Q1741 https://de.wikipedia.org/wiki/Wien https://schnitzler-interviews.acdh.oeaw.ac.at/pmb50.html https://sws.geonames.org/2761333/ https://pmb.acdh.oeaw.ac.at/entity/33999/ https://schnitzler-tagebuch.acdh.oeaw.ac.at/pmb50.html https://schnitzler-briefe.acdh.oeaw.ac.at/pmb50.html
Kolpingwerk Katholischer Gesellenverein Wohltätigkeitsverein 978 https://pmb.acdh.oeaw.ac.at/entity/298950/ http://www.wikidata.org/entity/Q315825 https://d-nb.info/gnd/2016167-0 https://de.wikipedia.org/wiki/Kolpingwerk 1850