Prüfungsteilnehmer Prüfungstermin Einzelprüfungsnummer Kennzahl: Kennwort: Herbst 46 1 1 9 Arbeitsplatz-Nr.: 2 0 0 9 Erste Staatsprüfung für ein Lehramt an Öffentlichen Schulen — Prüfungsaufgaben — Fach: Informatik (Unterrichtsfach) Einzelprüfung: Fachdidaktik - Realschulen Anzahl der gestellten Themen (Aufgaben): 3 Anzahl der Druckseiten dieser Vorlage: 6 Bitte wenden! Herbst 2009 Einzelprüfungsnummer 46119 Seite 2 Thema Nr. 1 Der Lehrplan für das Fach Informationstechnologie mit flexibilisierter Stundentafel sieht für die Wahlpflichtfächergruppe I das Modul Gl „Modellierung und Codierung von Algorithmen“ verpflichtend vor. G1: Modellierung und Codierung von Algorithmen (14) Aufbauend auf den bisher gesammelten Erfahrungen zu objektorientierten Systemen beschäftigen sich die Schüler mit Zustandsänderungen von Objekten. Sie erkennen, dass sich die hierfür verwendeten Methoden mithilfe algorithmischer Grundstrukturen beschreiben lassen. Diese Strukturen werden von ihnen mit einem geeigneten Werkzeug codiert. - Abläufe verbalisieren - Die Grundstrukturen Sequenz, Auswahl und Wiederholung bei der Modellierung geeigneter Probleme verwenden - Algorithmen mit einem Programmierwerkzeug implementieren 1. Erläutern Sie den fachlichen Zusammenhang zwischen der zustandsorientierten Sicht eines Objekts und den Methoden! Geben Sie ein Beispiel an, um den Zusammenhang schülergerecht zu erklären! 2. Der Lehrplanausschnitt verlangt ausdrücklich nach Modellierung und Implementierung. Begründen Sie die Notwendigkeit beider Schritte! Diskutieren Sie die Vor- und Nachteile verschiedener geeigneter Programmierwerkzeuge (mindestens drei)! Begründen Sie, welches Werkzeug Sie wählen würden! 3. Nehmen Sie eine Grobgliederung der Unterrichtssequenz in einzelne Stunden zum obigen Lehrplanabschnitt vor! Geben Sie dazu für jede Stunde ein Grobziel an! 4. Erstellen Sie ausgehend von Ihrer Grobplanung eine Feinplanung für eine Einführungsstunde zur Grundstruktur „Auswahl“! Geben Sie dazu auch die Lernvoraussetzungen an! Herbst 2009: Einzelprüfungsnummer 46119 Seite 3 Thema Nr. 2 Informatiksysteme: Softwarewerkzeuge im Fach Informationstechnologie an der Realschule 1. Diskutieren Sie, ob Softwarewerkzeuge sowohl Unterrichtsinhalt als auch Medium des Unterrichts in Informationstechnologie an der Realschule sein sollten! Gehen Sie besonders auf die folgenden Gesichtspunkte ein: - Informationstechnische Grundbildung, - Fächerverbindung, - Medienkompetenz, - Informatiksysteme benutzen vs. Informatiksysteme gestalten! Beschreiben Sie verschiedene unterrichtliche Zugänge zum Thema Informatiksysteme und erläutern Sie jeweils, inwiefern diese geeignet sind, das unten dargestellte Inhaltsziel der Grundsätze und Standards für die Informatik in der Schule zu erreichen! Informatiksysteme Schülerinnen und Schüler aller Jahrgangsstufen > verstehen die Grundlagen des Aufbaus von Informatiksystemen, > wenden Informatiksysteme zielgerichtet an, > erschließen sich weitere Informatiksysteme. Entwerfen Sie die Grobskizze einer Unterrichtssequenz über 14 Stunden zum Thema Informatiksysteme! Ihre Grobskizze sollte insbesondere enthalten: a. eine kurze Beschreibung der Einführungsstunde, b. eine geeignete Gliederung in Teilthemen, c. Lernziele zu allen Teilthemen. Arbeiten Sie einen Unterrichtsentwurf für eine Doppelstunde der Sequenz aus, in deren Mittelpunkt ein Tabellenkalkulationsprogramm steht, mit Angaben zur Einbettung in die Unterrichtssequenz, operationalisierten Lernzielen, einer Stellungnahme zum didaktischen und methodischen Vorgehen, einem Verlaufsplan! ao Ff Herbst 2009 Einzelprüfungsnummer 46119 Seite 4 Thema Nr. 3 Taxieren von Lernzielen Eine derzeit sehr verbreitete Taxonomie zur Kategorisierung und Bewertung von Lernzielen (engl. learning objectives) stammt von Anderson, Krathwohl et al. (2001). Sie unterteilen Lernziele zunächst nach ihrer Allgemeinheit in drei Klassen: 1. globale Lernziele (global objectives) sind komplexe Lernziele mit vielfältigen Erscheinungsformen, deren Erreichung erheblichen Zeit- und Instruktionsaufwand (im Bereich von Monaten bis Jahren) erfordert. 2. Ausbildungsziele (educational objectives) werden von globalen Lernzielen abgeleitet, indem man diese in genauer ausgerichtete und besser abgegrenzte Ziele aufteilt, deren Erreichung mehrere Unterrichtsstunden (über Tage bis zu mehreren Wochen) beansprucht. 3. Instruktionsziele (instructional objectives) haben den Zweck, tägliche Lehr- und Prüfungsaktivitäten auf kleinere Lernschritte (innerhalb einzelner Unterrichtseinheiten) zu spezifischen Themenbereichen auszurichten. Den Schwierigkeitsgrad eines Lernziels teilen Anderson und Krathwoll in eine Wissensdimension (knowledge dimension) sowie eine Dimension kognitiver Prozesse (cognitive process dimension) auf, die folgende Stufung aufweisen: I. Wissensdimension A. Faktenwissen: Basiswissen, um mit einer Fachdisziplin vertraut zu sein oder Probleme in dieser Disziplin lösen zu können. Dazu gehören etwa — Kenntnis der Terminologie (z. B. das technische Vokabular), — Kenntnis spezifischer Details und Elemente (z. B. Quellen verlässlicher Informationen). B. Begriffliches Wissen: Wissen über die Interrelationen der einzelnen Elemente des Basiswissens innerhalb eines größeren Zusammenhangs, das gemeinsames Funktionieren sichert, z. B: — Kenntnis der Klassifikationen und Kategorien (z. B. die verschiedenen geologischen Zeitperioden), -. Kenntnis der Prinzipien und Verallgemeinerungen (z. B. Theoreme, Gesetze), — Kenntnis der Theorien, Modelle und Strukturen (z. B. Evolutionstheorie, DNA). C. Verfahrensorientiertes Wissen: Wissen darüber, wie man etwas tut; Wissen über Methoden des Nachforschens sowie Anwendungskriterien für Fähigkeiten, Algorithmen, Techniken und Methoden. — Kenntnis fachspezifischer Fähigkeiten und Algorithmen z. B. die verschiedenen Algorithmen, zur Lösung einer quadratischen Gleichung — Kenntnis fachspezifischer Techniken und Methoden (z. B. die wissenschaftlichen Techniken bei der Problemlösungsfindung) — Kenntnis der Kriterien zur Anwendung bestimmter Verfahrensweisen (z.B. welche Methode zu benutzen ist, um algebraische Gleichungen zu lösen) Fortsetzung nächste Seite! Herbst 2009 Einzelprüfungsnummer 46119 Seite 5 . D. Metakognitives Wissen: generelles Wissen über Erkenntniszuwachs als auch das Bewusstsein und Wissen über den persönlichen Erkenntniszuwachs, wie etwa: oo — Strategisches Wissen (z. B. Kenntnis der allgemeinen Lern-, Denk- und Problemlösungsstrategien), — . Wissen über die kognitiven Aufgaben unter Einbeziehung des kontextuellen und bedingten Wissen (z. B. dass Arbeitsstrategien wie Zusammenfassen oder Paraphrasieren zu einem tieferen Verständnis der Materie führen können), ~ — Wissen über die eigenen Stärken und Schwächen. II. Dimension kognitiver Prozesse 1. Erinnern: Relevantes Wissen aus dem Langzeitgedächtnis abrufen, z. B.: den 1. und 2. Hauptsatz der Thermodynamik wieder aufrufen 2. Verstehen: Bedeutung bzw. Relevanz von Wissen erkennen und herstellen, indem z. B. neues mit altem Wissen verknüpft wird (interpretieren, klären, paraphrasieren, übersetzen, erläutern, veranschaulichen, klassifizieren, kategorisieren, zusammenfassen, abstrahieren, generalisieren, folgern, schließen, voraussagen, vergleichen, kontrastieren, erklären, erkennen, diskutieren, beschreiben). Beispiel: den Zusammenhang zwischen den Hauptsätzen der Thermodynamik und unterschiedlichen Wärme-Kraft-Maschinen erläutern 3. Anwenden: Bestimmte Verfahren in bestimmten Situationen ausführen bzw. verwenden (ausführen, benutzen, implementieren, durchführen, übertragen, handhaben), wie etwa den 1. und 2. Hauptsatz der Thermodynamik auf den Dieselmotor anwenden. 4. Analysieren: Gliederung eines Wissensbereichs in seine konstituierenden Teile und Bestimmung ihrer Interrelation bzw. Relation zu einer übergeordneten Struktur (differenzieren, unterscheiden, auswählen, organisieren, auffinden, Zusammenhänge erkennen, strukturieren, aufteilen), z. B.: einzelne Elemente einer Wärme-Kraft-Maschine unterscheiden und die Beziehung der Elemente untereinander erkennen 5. Bewerten: Urteile anhand von Kriterien und Standards fällen (überprüfen, abstimmen, überwachen, testen, beurteilen, evaluieren, auswerten, schätzen), etwa unterschiedliche Arten von Wärmeabfuhr in Bezug auf ihre Nutzleistung untersuchen und vergleichen 6. (Er-)Schaffen: Elemente zu einem neuen, kohärenten, funktionierenden Ganzen zusammenführen (reorganisieren, kreieren, zusammenstellen, zusammenführen, entwerfen, produzieren, konstruieren), wie z. B. eine Wärme-Kraft-Maschine bezüglich ihrer Abwärmenutzung in Produktionsanlagen optimieren Aus der Kombination dieser beiden Dimensionen ergibt sich eine Tabelle mit 6 mal 4 = 24 Zellen, von denen jede durch die Kombination einer Wissensart (z. B. „C. Verfahrenswissen“) mit einer Verhaltensbeschreibung (z. B. „3. Anwenden“) eindeutig festgelegt wird (z. B. zu C3: „Verfahrenswissen anwenden“). Nun sollen Sie diese Taxonomie auf den Informatik- bzw. IT-Unterricht an Realschulen anwenden. 1. Nennen Sie für jede der drei Klassen der Allgemeinheit jeweils drei Lernziele aus dem Informatikbzw. IT-Unterricht! Geben Sie dabei für jedes Lernziel den Kontext (Jahrgangsstufe und Bezug zum Lehrplan) an! Fortsetzung nächste Seite! Herbst 2009 Einzelprüfungsnummer 46119 Seite 6 Nun wollen wir uns auf einige sehr häufig verwendete Zellen aus der o. g. Lernzieltabelle beschränken: Al: Faktenwissen erinnern B2: Begriffliches Wissen verstehen B3: Begriffliches Wissen anwenden C3: Verfahrensorientiertes Wissen anwenden C4: Verfahrensorientiertes Wissen analysieren C5: Verfahrensorientiertes Wissen bewerten Nennen Sie zu jeder dieser Zellen je ein Lernziel aus dem Informatik- bzw. IT-Unterricht! Geben Sie dabei für jedes Lernziel den Kontext (Jahrgangsstufe und Bezug zum Lehrplan) an! Entwerfen Sie zu jedem Ihrer Lernziele aus Teilaufgabe 2. a) eine Aufgabe, mit der Sie nachprüfen können, ob dieses Lernziel erreicht wurde! Die Einordnung einer Aufgabe in die Taxonomie hängt stark von ihrer Vorbereitung im Unterricht ab. Wenn die Schülerinnen und Schüler beispielsweise nur bereits ausführlich behandelte Unterrichtsinhalte wiedergeben müssen, handelt es sich meist lediglich um „Erinnern“. Beschreiben Sie daher zu jeder Ihrer Aufgaben aus Teilaufgabe 2. b) stichpunktartig, wie die Aufgabe (hypothetisch) im Unterricht vorbereitet wurde! Erstellen Sie zu jeder Ihrer Aufgaben aus Teilaufgabe 2. b) eine Musterlösung! Markieren Sie darin genau die Stellen, an deren die Erreichung des jeweiligen Lernziels deutlich wird! Geben Sie für jede Ihrer Aufgaben aus Teilaufgabe 2. b) einen Bewertungsmaßstab an, aus dem deutlich wird, wann Sie das jeweilige Lernziel als im Wesentlichen erreicht betrachten! Das sollte der Note „ausreichend“ entsprechen.