Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart
Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family
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LEOPOLD MOZART AN MARIA ANNA VON BERCHTOLD ZU SONNENBURG IN ST. GILGEN
SALZBURG, 14. BIS 16. DEZEMBER 1786
_________________________________________________________________________________\hfill Salzb: d 14t Decemb
Der Leopoldl ist gesund und singt aus_______________________________________\hfill 1786.
den Noten.
Am Montage brachte d knecht die küsste. es war halbe 2 uhr, um
Viertl nach 1 uhr kam vom Kapellhauß, war eb beÿm Essen, nach
Tisch zum Weiser – p p: kam erst nach 5 uhr nach Hause. da war also
nichts zu mach als dem Knecht zu sag, daß er die Küsste abhohl möchte,
weil er sagte, daß er am Freytag wied in die Statt fahrt. daß ich gleich
wied Bücher in d Küsste hinausschick sollte, war mir lächerlich, die etliche
Bücher würd ein schönes ausseh bekom hab, wen sie in dieser grossen
küsste beÿm hinausführ alle Touren von all möglich Contradänzen
in derselb ganzer 6 Stund hätt herumdanzen müssen.
Um halbe 6 uhr öffnete ich erst die küsste, u dan gieng ich in die Comoedie.
der Leopoldl dankt für das Bettl. ich danke für das Schmalz, welches
schöner ist, als das, so von d Waag bekom habe. die Eberlin
Waberl danket für die Würste, die ich ihr schickte, – heut abends
bringe ihr die Bücher selbst, den gestern war so erstaunlicher Reg
u Wind, daß gar nicht über die Brügge gegang bin. der Wolfg:
dankt für den Tischzeug u Strimpf, die dabeÿ fand. die seiden=spinerin kan vor den Feÿertag nichts daran arbeit, hat zu viel
Arbeit. das Baumwollgarn 1 ℔ habe gekauft u zum spin gegeb;
ich ließ es für mich beÿm Hagenauer hohl um ein schönes zu bekom,
den manchmahl bekom die Kaufleute wid ihr Will schlechte waare.
Nun weis keine Comission mehr.
Itzt aber muß etwas nicht vergess, das längst schreib wollte.
Ich will itzt den Sago nehm, weis aber nicht wie viel Wasser u
wie viel Löffl voll Sago müss genom werd, da auch das blechene
Geschirr beÿ dir drauss ist. Wen nur die quantitet weis,
so kan ein paar Reindl kauff u hab das Blechene geschirr
eb nicht nötig: giebt mir also nächstens Bericht davon.
Daß mir die krautersupp sehr dien, hat seine Richtigkeit. die Ader=las aber hat mir am Lincken Arm die üble wirkung gemacht,
daß seit der Zeit imer eine grosse kälte an diesem Arm verspiere,
u solch mehr Warm halt muß, da Arm u Hand imer kalt sind,
obwohl ich ein fein Flanel auf dem Arm habe. du weist, daß
ich sonst, wen iedman kalt hatte, ich allzeit warme Hände hatte.
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Vorgestern war die Nandl fast zweÿ Stund nachmittag beÿm h: v
D'yppold, der sich mit dem Leopoldl mit Vergnüg unterhielt u
euch sein Compt: zu schreib auftrug.
Die so genannte Gilowskysche Braut |: wie sie hier die Leute nenen :|
komt nun öfters ins Gilowskysche Haus, da die Schwestern alles
anwend den alt Vattern einzuschläffern. fast sollte ich selbst
glaub, daß sie schon verhaÿratet sind. der Verwalter Sepperl
hat mir erzehlt, daß die Catherl auch beÿ seinem Vatter war,
und Geld für ihr Bruder entlehnen wollte; der Verwalter
antwortete: auf alle weis, wen ich hinlängliche Versicherung habe.
was, sagte die Catherl, ist er nicht hier in Dienst u hier ansessig?
Der Verwalter lachte sie aus, und sagte ihr mit seiner
natürlich glatt aufrichtigkeit die Meinung u ließ sie mit
dem grösst Verschmach davon geh. Ich bin auf den Ausgang
dieser Romanz=geschichte recht begierig. sonst sind er und
sie allzeit mit den Oberbereiterisch in die Comoedie gefahr;
itzt kom sie schon einige Comoedi nicht mehr mit. Sie werden
vermutlich einseh, daß sie die 24ger zu was andem nötiger
hab.
Am Sontage ist h: Kassl mit d Rader nanerl zum
h: Oberschreiber nach Deissendorf gefahr.
h: Steiger ist aigentlich um Waitz zu kauff nach
Hungarn gefahr. Vor einiger Zeit hat die Landschaft
Waitz kauff woll, da das schaf um 2 f wohlfeiler war,
der Erzb: gabs nicht zu. Nun gab er um 20000 f
Souvrain d'or her, weil sie hoch gehen. und itzt muß
gekauft, u dan das geld zurück bezahlt werd, wens
Gold wied abschlagt, damit er itzt die Souvrain d'or
hoch hinaus bringt.
Heut frühe Blitzte u donerte es geg 6 uhr, nachdem geg
Morg ein erstaunlicher Wind mit Regengüssen entstand,
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der Wind hält den ganz tag an, u itzt abends nach 4 uhr
glaubt man er wolle alles zusamreisen: anfangs war er
nicht kalt, itzt aber glaubt man er werde Schnee bring, den
beÿ allem Einheitz scheint es, als wen man im Zimer
im Hemde sässe.
Noch hat man keine gewisse Nachricht von d Ankunft des
Erzbischoffs, einige woll nun glaub er kome vor Weinacht
nicht mehr, sond erst aufs neue Jahr. Man will auch
wissen, er habe Verdrus, das kan man leicht muthmassen,
sonst würde er, wen die Geschäft nach Wunsch gegang wären,
nicht das Geld in Wien verzehren.
Brunetti wird täglich schlechter, und nun sieht es die arme
Frau ein, daß keine Hofnung mehr übrig ist. Gestern
ist er abermahl verseh word.
h Günther Sebast: Bad ist, nach dem er schon so lange
krank ist, auch dem Tod nahe, – hat gestern sich beÿ
allen sein Leuten beurlaubt.
Du wirst dich des welsch Gr: Lodron erinern, der in Virgil: Collegio
war, der Erb des Hofmarchals |: itzt OberstCamerer :| gr: Lodron.
dieser ist auch hier, wird hier bleib, bekomt nach seines oncles Todt
die Secondo genitur, u wird vermutlich hier eine Hofstelle erhalt,
da er um sein vätterl: Erbtheil Weltkäntniss theuer gekauft hat.
Er war 2 Jahr in Paris, – war in Engelland, hatte grosse freude
mit mir englisch zu sprech – war in Holland p p:, in Portugal p:
wirklich ein ansehnlicher junger Nobler Cavaglier.
____den 15t Decemb.
Gestern Nachts ist der Calcant Joseph, nachdem er so lange
an d Auszehrung geleg, gestorb, u heute hat d ande Calcant
etwas zur Begräbniß gesamelt, da er ohnehin von iedem das
neujahrgeld zu erwart hatte. wieder eine grosse Stelle am
Hof ledig!
Von den Leut, die d Erzb: soll aufgenom hab, habe noch
keine Erscheinung gehört: – ich glaubte auch nicht daß sie vor dem
neuen Jahre kom sollt, da d Fürst selbst noch in Wien ist.
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Als ich um halbe 5 uhr nach Hause kam, fand ich den Brief den d
Both brachte. Montags, Mitwochs, u Freytags komt niehmals
früher zu Hause. folgl: da es schon Avemaria Zeit ist, kan nichts
mehr vornehm, da die kaufläd gesperrt sind.
Um den Glasmeister knecht kan nicht schick, da die Tresel ohnehin
imer krank ist u genug mit ihr Schmerz im Leib, mit den Blut=roth fleischig aug zu leid hat um Vormittag beÿ dem erstaunlich
Sturmwetter die nothwendigst Gänge zu mach. der knecht
versprach mir am Freytag zu kom. Er ließ sich aber nicht
seh. die Eberlin Waberl, die sich empfehlt, hat mir eine ganze
Biblioteck Bücher geschickt, so, daß ich solche nur nach u nach
schicken muß: also muß die Glasträgerin nicht vergess,
wen sie herein geht, zu mir zu kom.
Die Geschichte d Fr: v Aman ist mir sehr aufgefall. Wie doch
die Leute Lügen könn! ich habe viele Woch wed die Fr: Zezi
gesproch, noch die Fr: v Aman gesehen. was du mir schreibst
ist eine ganze Neuigkeit für mich, obs mich gleich nicht wundt!
Die Sache geht ganz natürlich zu, – sie ist eine Närrin, und da
dieses ihr ganz allein abgieng, wie könnt ihr von so einer närrisch
begierig Person hoff, daß sie mit Vernunft ihre Begierd über=wältig sollte, da das Thierische vor dem Geistig od vor der
Vernunft sehr weit die Oberhand hat. – ich hab selbst Beweise
davon. – und wer war den endlich der gutherzige Man,
der sie so glücklich machte? – – ich weis gar nichts davon.
und du kenst mich auch u weisst, daß ich solch Sach nicht nachspühre;
aber auch nichts leichters verzeihe, u nur denjenig Schuld gebe,
die die Aufsicht hab, den Hang d Person ken, und nicht vor=beugen. Ihr hitzige Neigung zu den Mansperson war offenbar
bekannt, – u denoch geschahe keine Vermittlung, welches doch auch nur
wegen dem Ärgernisse u Verführung ihrer kinder schon hätte gescheh
sollen. So mach es viele, – lass die Elephant davon lauff,
und halt sich mit dem Mückenfang auf.
Vielleicht könnte d Strobler ein paar Bücher mit hinaus
nehm? – es sind würkl: sehr viele!
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Weg den Sonaten des Egedachers darfst du dich nicht bekümern,
es hat gute Wege, wen er auch wieder darum schreib sollte,
ich muß ihm ohnehin aufs neue Jahr schreib; es ist aigentl: nur,
daß er weis, wo die Sonaten sind. da ich ihm etwas schicke,
ist er schon befriediget. das beständige Schreib ist dir nicht gesund!
Das Pflaster für die Köchin kostet nichts, ich habs beÿ
d Fr: Hagenauerin hohlen lass, – das hättest du dir
vielleicht einbild kön, weil keine Meldung davon machte.
Daß d Kaÿser nicht ziehen will ist aus einer and
Ursach ganz natürlich. Hat er nicht das näml: im
Passauer Bistum gethan? hat er die Passau: Pfarr
nicht dem neu errichtet Bistum Lintz unterworff? –
kan ihm dieß d Churf: nicht entgeg setz u frag, ob er
nicht auch Herr in seinem Lande ist? – –
den 16t in d frühe.
da du das Notenpapier notig hast, so ließ es heut frühe
hohl – und lege 4 Bücher dazu, damit ihr etwas zu lesen
habt. – weg dem Bothenlohn möchte doch einmahl ins klare
kome, weil es imer heist es kome so hoch. Es soll, od
wird ja doch etwas ausgesetztes seÿn, was er fürs Pfund hat.
wen nicht irre, sagte mir jemand, er habe fürs ℔ 2 Xr. das wäre
wirkl: nicht viel. ich würde demnach, wens etwas ist, wie zum
Beÿspiel, dieses Notenpapier u Bücher, solches im Zimer abweg,
und ihn bezahl, ohne zu frag, was er verlangt. Er verlangt
nur nach der Einbildung was er glaubt, und wäre ein Narr
wen er nicht mehr verlangte, da man ihn fragt. Wen es ein
fahl für ein od andersmahl nur wäre, so würde es sich freilich
der Mühe nicht lohnen etwas abzuweg, da es aber wochentlich so
viele Jahre durch geschieht, so ists ein beträchtlicher Punckt,
der diese Ordnung erfordert.
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INTERNATIONALESTIFTUNG:„MOZARTEUM”1881
Der Heinrich empfehlt sich. itzt war eb beÿm Leopoldl,
er ist lustig, von morgens bis Nachts, – küsst mir so
oft ich hinüber od er herüberkomt die Hand, und greift
allzeit, ob ich ein Bart habe, od ob ich barbiert bin.
er schickt euch sein Handkus. – Ich küsse euch beÿde
von Herzen, grüsse die Kind, und bin ewig euer redlicher
___________________________________________________________\hfill Vatter Mozart mp
Heut Nacht fiel ein Schnee, und das Wetter ist heiter und
eine gemässigte Kälte. Ich hoffe u wünsche, daß dieser
Winter nicht sehr scharf kalt sein möchte, den ich hab doch
schon Holz genug gekauft. die Nandl u Tresel küssen
die Hände u ich grüsse die Lenerl.
Daß der h: Verwalter vom Strobl mit seiner Fr: hier war, sagte
mir die Tresel, die solche auf d Strasse geh sahe, und sie
hatt ein Bub beÿ sich.
Weg d Proportion des Sago nicht zu vergess, damit
weis wie viel wasser u Löflvoll zu nehm ist.
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