Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
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WOLFGANG AMADÉ MOZART AN GOTTFRIED VON JACQUIN IN WIEN PRAG, 15. BIS 25. OKTOBER 1787
_________________________________________________________________________________________________\hfill Prag den 15:ten octb: 1787. ____________________liebster freund! – Sie werden vermuthlich glauben daß nun meine Oper schon vorbeÿ ist – doch – da irren sie sich ein bischen; Erstens ist das hiesige theatralische Personale nicht so geschickt wie das zu Wienn um eine solche oper in so kurzer zeit einzustudiren. zweÿtens fand ich beÿ meiner Ankunft so wenige vorkehrungen und Anstalten, daß es eine blosse unmöglichkeit gewesen seÿn würde, Sie am 14:ten als gestern zu geben; – Man gab also gestern beÿ ganz illuminirten theater meinen figaro, den ich selbst dirigirte. – beÿ dieser gelegenheit muß ich ihnen einen Spass erzehlen. – einige von den hiesigen ersten damen |: besonders eine gar hocherläuchte :| geruhten es sehr lächerlich, unschicklich, und was weis ich alles zu finden, daß man der Prinzessin den figaro, den tollen tag |: wie sie sich auszudrücken beliebten :| geben wollte; – Sie bedachten nicht daß keine oper in der Welt sich zu einer solchen gelegenheit schiken kann, wenn Sie nicht beflissentlich dazu geschrieben ist; daß es sehr gleichgültig seÿe, ob sie diese oder Jene oper geben, wenn es nur eine gute und der Prinzessin unbekannte oper ist; und das lezte wenigstens war figaro gewis. – kurz, die Radl=führerin brachte es durch ihre wohlredenheit so weit, daß dem impressario von der Regierung aus dieses Stück auf Jenen tag untersagt wurde. – Nun triumphirte Sie! – hò vinta schrie Sie eines abends aus der Loge; – Sie vermuthete wohl gewis nicht daß sich das in ein Sono verändern könne! – des tags darauf kam aber le Noble – brachte den befehl S: Maÿt: daß wenn die Neue oper nichtgegeben werden könne, figaro gegeben werden müsse! – wenn Sie, mein freund, die schöne, herrliche Nase dieser dame nun gesehen hätten! – O es würde ihnen so viel vergnügen verursachet haben wie mir! – Don Giovanni ist nun auf den 24:ten bestimt; – den 21:ten er war auf den 24:ten bestimt, aber eine Sängerin die krank geworden verursachet noch eine Neue verzögerung; – da die truppe klein ist, so mus der Impressario imer in Sorgen leben, und seine leute so viel möglich schonen, damit er nicht, durch eine unvermuthete unpässlichkeit in die unter allen krittischen allerkrittischste laage versezt wird, gar kein Spektakl geben zu können! – deswegen geht hier alles in die lange bank, weil die Recitirenden | aus faulheit :| an operntägen nicht Studieren wollen, und der Entrepreneur | aus forcht und angst | Sie nicht dazu anhalten will; aber was ist das? – – ist es möglich? – was sehen meine ohren, was hören meine augen? – – ein brief von – – – ich mag mir meine augen fast wund wischen – er ist – holl mich der teufel + gott seÿ beÿ uns + doch von ihnen; – in der that; wäre nicht der winter vor der thüre, ich würde den ofen einschlagen. da ich ihn aber dermalen schon öfters brauche, und in zukunft noch mehr zu brauchen gedenke, so werden sie mir erlauben, daß ich die verwunderung in etwas mässige, und ihnen nur in wenig worten sage, daß es mich ausserordentlich freuet Nachrichten von ihnen und ihrem mir so werthen hause zu erhalten. – den 25: – heute ist der eilfte tag daß ich an diesem briefe kritzle; – Sie sehen doch daraus daß es an gutem willen nicht fehlt – wen ich ein bischen zeit finde so male ich ein Stückchen wieder daran – aber lange kann ich halt nicht dabeÿ bleiben – weil ich zu viel andern leuten – und zu wenig – mir selbst angehöre; – daß dies nicht mein lieblings=leben ist, brauche ich ihnen wohl nicht erst zu sagen; – künftigen Montag den 29:t wird die oper das erstemal aufgeführt; – tags darauf sollen Sie gleich von mir Raport davon bekomen; – wegen der Arie, ist es, |: aus ursachen die ich ihnen mündlich sagen werde :| schlechterdings unmöglich Sie ihnen zu schicken. – was Sie mir wegen der kathel schreiben, freuet mich recht sehr, daß Sie wohl auf ist, und Sich mit den katzen in Respect, mit den hunden aber in freund=schaft zu erhalten weis; – wenn Sie ihr Papa |: dem ich mich bestens em=pfehle :| gerne behält, so ist es schon so viel als wenn Sie nie mein gewesen wäre; – Nun leben Sie wohl; – ich bitte dero gnädigen frau Mama in meinem Namen die hände zu küssen, der frl: Schwester und h: bruder mich bestens zu empfehlen und versichert zu seÿn daß ich stetts seÿn werde ______________________________________________________________________________________\hfill ihr wahrer freund und diner ________________________________________________________________________________________________\hfill W: A: Mozart mp À Monsieur Monsieur Geoffroy de Jacquin ______________________________à Auf dem Rennweeg im bottanischen Garten._______Vienne.