Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
Salzburg Austria
The Packard Humanities Institute
Los Altos California, USA
Morgenstern Anja text encoding, text editing Kelnreiter Franz technical supervisor, data modelling Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg Wissenschaftliche Abteilung. Digitale Mozart-Edition Ulrich Leisinger Digitale Mozart-Edition https://dme.mozarteum.at
2020-02 CC BY-NC-SA 4.0 https://dme.mozarteum.at/DME/briefe/letter.php?mid=679 Verbleib unbekannt (Vorlage: Abschrift um 1768 in D-B) last file update: Wed May 11 14:48:06 2022
LEOPOLD MOZART AN LORENZ HAGENAUER IN SALZBURG WIEN, 17. OKTOBER 1767
______46___\hfill Wienn den 17. octob: 1767. _____Die Prinzesin Braut ist eine Braut des himmlischen Bräutigames geworden. Erstaunliche Veränderung! – – den 14.t Nachmitags etwa um 4 und 5. Uhr wa=ren wir beÿ einer Gesellschaft, wo sich S.e Excellenz der Herr Graf Dietrich= stein dermahl Kaÿserlicher Oberststallmei=ster befande, der, da er ein favorit des Kaÿsers ist, es genau wissen muste wie der Erzherzogin Umstände wären. die=ser sagte, daß die Prinzessin in guten Umständten sich befinde. Etwa ein Viertl nach 6. Uhr kam ein Bedienter uns auf=zusuchen, und uns zu sagen, daß der Duc de Braganza und Fürst Caunitz, beÿ Mr: de Logié wären, und uns alda erwarteten. Se: Exzellenz Graf Diet=richstein erboth sich uns in seinem Wagen selbst hinzuführen: und da wir bis nach 9. Uhr da waren, so kamm ein eigens Abgeschickter von Schönbrunn und überbrach=te S:r Excellenz dem Oberststallmeister ein billet von S:r Maÿst: dem Kaÿser mit ordre gleich nach Schönbrunn zu kom=men, indem die Prinzesin in so gefähr=lichen Umständen wäre, daß die Medici auf einmahl alle Hofnung verlohren hät=ten. Den 15.t in der Fruhe wurde sie in der ganzen Statt für Todt gesagt, so, daß um Mittag ein Ordre in das Ru=mor haus kam, diesem falschen Lermen Ein=halt zu thun. Abends um 4. Uhr wollte man behaupten man hätte bessere Hofnung, und um 5. Uhr kam S:e Excellenz Grafin von ClarisClarÿ zu herrn Baron Fries |: NB: der ehemals vor einigen Jahren so gut war uns Salzburgern um 100000 oder 200000 f: sie=benzener zu schicken und die 12 Xr: dafür um 10 Xr: anzunehmen :|, Wo wir eben waren, und bekräftigte, daß die Erzher=zogin nicht Todt wäre, sonderen man hätte noch Hofnung. Um 9. Uhr, eben da wir nach Hauß fahren wollten, kam Nachricht, daß sie gegen 7. Uhr verschie=den, und der ganze kaÿserl: Hof gleich den Augenblick darauf Schönbrun ver=lassen hätte, und bereits in der Statt wä=re. Beÿ dieser Ausserordentlichen Begebenheit ist nun merckwürdig, daß schon vor etlichen Jahren die Erzherzogin Johanna |: die wir noch gut kannten und beÿ unsern Hierseÿn starb :| die Bestimmte Braut des dermahligen Königs von Nea=pel ware. Nach dessen absterben wur=de die Erzherzogin Josepha für ihn be=stimmet. Dieß ist also seine 2.te Braut aus dem Oesterreichischen Hause die er verlieret: und da den 14. hier die Trau=ung hätte vorbeÿgehen sollen, so ist ver=muthlich die Ceremoniel-Trauung in Neapel schon für sich gegangen. Es wird etwa nun das Loos auf die Erz=herzogin Carolina fallen, die ietzt 15. Jahre hat. Noch ist merckwürdig; daß die 2.te Opera die historie der griechischen Fabel der Psiche war. Der Titl war: Amore et Psiche. In diese Psiche verliebte sich, wegen ihrer ausser=ordentlichen Schönheit und Tugend, Amor selbst. Venus wurde darüber eÿfer=sichtig: und obwohl Psiche unschuldig ware und den Gott Amor, nicht kannte; so hatte sie doch durch die Anstiftung der Venus so viele Trangsahlen und Schröcken, ia dem Scheine nach, dem Todt selbst auszustehen. Endlich wur=de Venus durch die Beständigkeit der tugendhaften Psiche erweichet; Psiche wurde vergöttert und Amor erhielte sie zu seiner Braut. _____Sehen sie, nun ist diese schöne und Tu=gendhafte unschuldige Prinzessin auch würcklich ein Braut der göttlichen Liebe geworden! Am Tage des heiligen Francisci, als am NahmensFest ihres seel: kajserlichen Herrn Vatters ist Sie ________________________________________erkrancket. erkrancket. Am Montage, den Tag darauf, ward diese Opera das erstemahl aufgeführet, und am Nahmenstage ihrer kaiserlichen Frau Mutter ist sie zu dem himmlischen Bräutigam gegangen. Ich muß abbitten, daß ich die Abschielderung dieser traurigen Begebenheit nicht mit zierlichern Farben entwerfe, oder wenigst mit leslichern Buchstaben beschreibe: Die Zeit ist zu kurz! – – Die Verwirrung die daraus an allen Orten, wo Sie durch=gereiset wäre, entstanden, ist leicht zu be=greiffen. Aller Orten waren zu Fest=tivitäten und Ehrenbezeugungen Anstal=ten gemacht und viele Kösten Aufgewandt, und in Florenz haben Sgr Manzoli, Sgra de amicis und Sgr Raff auch ihre Sing=Parteÿen umsonst auswendig gelehrnet. Heute Nachts wird die Erzherzogin schon beÿgesetzet in aller stille, und Montags, diensttags und Mittwochs sind in allen Kirchen die Gottes Dienste; 6. Wochen werden die Theatra verschlossen bleiben; es wäre dann Sache, daß etwas erlaubt würde wegen denjenigen Personen die davon leben müssen. Sonst, da die advents Zeit alsdann auch dazu kommt, so wird es überhaupts bis auf das neue Jahre sehr stille zugehen. Leben sie alle Gesund und vergessen sie nicht für uns zu betten, denn wenn Gott nicht über uns wachete, so würden wir gewiß übel daran seÿn, wie sie seiner Zeit hören werden. ich empfehle mich allen guten Freunden und bin der alte.