Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
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2020-02 CC BY-NC-SA 4.0 https://dme.mozarteum.at/DME/briefe/letter.php?mid=681 Verbleib unbekannt (Vorlage: Abschrift um 1768 in D-B) last file update: Wed May 11 14:48:06 2022
LEOPOLD MOZART AN LORENZ HAGENAUER IN SALZBURG OLLMÜTZ, 29. NOVEMBER 1767
______48___\hfill Ollmitz den 29.t Nob: ______________________________\hfill 1767. Diesen Augenblick er=halte dero Schreiben. _____Iterum Iterumque. _____Te Deum Laudamus! Meine Tochter hat die Blattern glücklich überstanden! _____Ein Beweis, daß die wenigen Blat=tern, die sie in ihrer Kindheit hatte, so, wie ich mir es schon eingebildet, die rechten nicht waren. Sie hatte die Blattern so glücklich, daß sie ihr gar nichts, dem Wolfgang: aber wenig ansehen werden. Die 2. Schreiben von 11.t und 13. Novb: habe zugleich erhalten. Daß glaube ich gerne, daß sie alle etwas bange wa=ren, so lange keinen Brief zu sehen. Sie wissen es halt schon, daß es gemeinig=lich etwas zu bedeuten hat. Ich will meinen Guten Freunden keine Sorge und Beängstigung machen; ich will die Bürde ganz alleine tragen. Es ist frühe genug, wenn man mit traurigen Geschichten die Briefe an seine Freunde anfüllen muß: Gott bewahre uns noch ferner davon! Sehen sie, daß wir doch nicht umsonst gereiset sind! haben wir gleich an dem grossen Schmerzen des Wienerhofes gewisser massen auch Antheil nehmen müssen; so hat uns der Liebe und für uns, zwar unverdienter massen, recht besonders güt=tige Gott, doch auf eine andere Art seinen göttlichen Schutz angedeÿhen las=sen; und folglich uns den Schaden auf eine ungleich bessere Art ersetzet. das Verdrüsslichste für uns ist, daß ietzt bald Weinnachten, und nicht Ostern kommet: Und obwohl wir für eine Win=terreise in etwas versehen sind; so darf ich doch meine Rechnung machen, daß beÿ 100 f: ausgeben werde, um meine Leute zur Reise wohl zu versichern. Der Winter ist halt der Winter! wir werden vor 1768. nicht nach Wienn kommen: dann in Brünn werden wir doch einige 10. Täge wenigst uns aufhalten. Genug! man kann nie=mals sagen, was man thun wird. Sie wissen wohl, wie oft der himmlische Rech=nungs-Revisor einen Strich in unsere Rechnungen machet. _____Nun muß ich ihnen verschiedene an=dere Sachen sagen. Ich wollte ihnen, zum Exempel, bevor ich aus Wienn gegangen schreiben, daß herr Haÿden, herr Leitgeb und herr Franz Drasil uns besuchten, wie auch Herr Küssel. Ich nahm mir damals nicht mehr Zeit ihnen zu berichten, daß wir auch ent=gegen den herrn Haÿden und diese hh: besuchet, und die Jungfer Tresel die liebste des herrn Haÿden gesehen haben. Sie logierten beÿ ihrem herrn Vatter, der eine Strümpffabrique hat und Richter in einer Vorstatt und ein rechtschafener ansehnlicher Mann ist. So, wie der Vat=ter, sind auch die Kinder. Ein Sohn ist geistlich, ein anderer ist beÿ einem Kaÿs: Amt, und einer überhebt den vatter in seinen Verrichtungen. ich sahe 3 Töchter: die älteste ist die Jungfrau Teres: eine saubere Person, von mit=terer grösse, wohl beÿ Leib, weis von der Farbe und hat die schönsten Zähne, die man sehen kann. Was ich beob=achtet, so verstehet sie das Hausweesen gründlich, und alles gehet durch ihre Hän=de, indem die Mutter dem Strimpfsver=kauf im Gewelb besorget. Sie ist un=gemein höflich, freundlich, und, mit einer gewissen wohlanständigen Art, lustig. Kurz, sie hat uns allen sehr wohl gefahlen. Ob sie nun aber in der That des herrn Haÿden auserwählte ist, das weis ich nicht. Wenigst hatte es alles Ansehen, und _____________________________________________________die die Leute sagen es. Glauben sie nicht etwa gar, daß ich selbst in sie verliebt bin? beÿ einem haare! ich rathe es dem Herrn Haÿden einmahl nicht, daß er sie nach Salzburg bringt. Ich bin sein richtiger Schwager, wenn ich gleich schon bald 50. Jahre habe; er wird doch jemand haben müssen, der statt seiner mit der Frau spricht, damit sie das Re=den nicht vergisst; und dazu bin ich beÿm Frauenzimmer aufgelegt: aus=genommen sie ist einfältig; dann bin stumme als herr Haÿden: das ist alles gesagt! Nun etwas ernsthaftes! Der herr Sohn hat mich in seinem und ihrem, ja aller ihrigen Nammen mit einem red=lichen Glückeswunsche zu meinem Namens=Tage überfallen, und verschiedene ein=geschlossen: Er soll, zur Strafe, sich selbst und allen statt meiner ergebenst dancken, bis ich mich selbst persöhnlich zu bedancken die Ehre und das Vergnü= gen haben werde. _____Dem herrn von Hirschberger bitte melden zu lassen, daß es mir leid thut, daß ich nicht in Wienn bin, um seine Sache zu besorgen; wenn es noch Zeit hat, bis ich dahin komme, so wird es mein erstes seÿn, was ich besorgen werde. Er wird aber sehr wohl thun an diesen Mann unterdessen zu schrei=ben; und wenn es deme also ist, daß er schon auf 2. Schreiben keine Antwort erhalten, so würde es nicht übel gethann seÿn, wenn dieser Brief an herrn Peis=ser eingesandt, und solcher gebethen wur=de, den Brief so bestellen zu lassen, da=mit gedachter Mann die Erhaltung des Schreibens nicht verneinen könnte. Ge=nug! ich werde es besorgen. _____Von hier kann ich ihnen keine sonder=heitliche Neuigkeiten Schreiben. Man hat hier Andachten durchs ganze Mäh=ren angestellet, wegen den Würmern und Mäusen, die sich in solcher Menge seit einem Monate oder zweÿen sehen lassen, und die alle Früchten im Felde, und in der Scheuern aufzehren. Über= das ist auch in einigen Gegenden ge=gen und in Schlesien selbst der Vieh-fall. Was das erste anbelanget, so hoffet man, daß beÿ einfallender Kälte das Ungeziefer sich verliehren wird. Hier in Ollmütz habe anfangs nichts als geistliche und Soldaten gesehen: nun siehet man auch einige Studenten, und da heute der Fürst aus Crems=ir eintreffen soll, so wird man wohl wegen seiner, zwar geringen Hofstatt doch einige Menschen mehr sehen. Denn bisher habe ich Ollmütz nicht anders als einen von Menschen nicht sehr angefühl=ten Platz angesehen. Ich bin zwar noch bishero meistens ein arrestant ge=wesen: und mein Spazierweeg war meistens auf den Rhadischer Weeg, und um die Vestungswercker, die ich, so viel es erlaubt ist, genau betrachtet, und da=ran man unaufhörlich arbeitet. Die Musick in Dom ist schwach, ja sehr schwach! Comoedianten sind hier, so, wie sie in Salzburg im Oxenstall gespielt haben: das parterre noble zahlt 10 Xr: das spritzt! der zweÿte Platz 7 Xr: und der 3.te Platz 3. Xr: Sie müssen aber nicht etwa glauben, daß es nur für den Pöbel angesehen seÿe. kei=nesweegs! JaIch war da; und Dom=herrn, generals p: ziehrten, nebst meiner Hoheit, das par terre Noble. und da macht man noch ein rechtes ernsthaftes Gesicht um seine 10 Xr: und schaut mit einer verächtlichen Mine auf den 7 Xr: Platz hinauf, bis gleichwohl der hanns=wurst |: der die beste Person und der Principal ist :| einen rechten unumschnit=tenen deutlichen rauppischen brocken her=aus sagt, und die philosophischen Ge=sichter zu einem angenehmen lächeln beweget. Ich habe keinen Platz mehr und _________________________________________kaum kaum ist noch so viel übrig, daß wir uns alle empfehlen können, und ich sa=gen kann, daß ich allzeit bin der Alte. _____P: S: Bitte zu Loreto beÿm heiligen Kindl eine heilige Mess lesen zu lassen. _____P: S: Heute erhalte ein Schreiben vom herrn Küffl, welches schon vom 2.t Novb: datiert ist. Es ist wie ich aus der Auf=schrift sehe an herrn Paul von Kofler von Wienn nach Brünn gelauffen, und da oder dort liegen geblieben, und dann erst an herrn von Pamesperg zu Ketten=burg hieher gekommen. Ich bitte dem besagten Herrn Küffl nebst meinem Com=pliment inliegendes zu behändigen. Es ist offen, damit er es lesen, und dann selbst versieglen kann. Und ich ersuche ihm zu sagen, daß er gleichwohl an herrn Zisterl schreiben soll, indem er wohl siehet, daß ich nichts thun kann, weil ich nicht in Wienn bin. Ich zweifle aber, ob dieser Mensch seine engagements in Wienn wird fahren lassen, um eine solche Reise zu unternehmen. Herr Küffel darf dieses Blat nur in seinen Brief einschlüs=sen, oder einen Umschlag machen. _____Der Wolfgang: war voll Freuden wegen dem erhaltenen Vers-Brief der Jungfrau Sallerl. Der Herr Graf war eben beÿ uns im Zimmer als die Brie=fe ankammen, und er hatte die Ehre ihn zuerst laut abzulesen. Ich dachte es wohl, daß wir ihnen eine unverhofte und höchst=vergnügte Zeitung schreiben werden: und nun haben sie die Zweÿte. Ich hoffe Sie werden wohl S:r hochfürstlichen Gnaden durch Tit: Herrn BeichtVatter unsere Umstände bekannt machen, oder gemacht haben. Ich hatte zu dencken genug! Es ist unmöglich auf alles zu dencken, sonst hätte S:r Hochfürstlichen Gnaden selbst geschrieben.