Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg
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2020-02 CC BY-NC-SA 4.0 https://dme.mozarteum.at/DME/briefe/letter.php?mid=683 Verbleib unbekannt (Vorlage: Abschrift um 1768 in D-B) last file update: Wed May 11 14:48:06 2022
LEOPOLD MOZART AN LORENZ HAGENAUER IN SALZBURG WIEN, 23. JANUAR 1768
__________________50 ______________________________\hfill Wienn den 23. Jänner __________________________________________________\hfill 1768. _____Das trauerschreiben habe richtig erhal=ten. So gehet es halt auf diesem Welt= theater! heute sehen wir lustige Comoedi; Morgen Tragedien: heute schrekken uns Laster; morgen werden wir von tugend=haften Handlungen erbauet: heute empfin=den wir Vergnügen; Morgen Quaal und Betrübniss pp _____Ich wollte das ver=langte Buch alsogleich beÿ herrn von Trat=tern einkauffen; alleine man versicherte mich, daß zwar P: Manzadors festtäg=liche Predigen und Lobreden heraus wären, welche 6 f: Kosten; daß aber keine Pre=digen auf alle Sonntäge noch bis ietzt gedrückt wären. Ich fande also noth=wendig solches zu berichten, indem die Tratterische Buchhandlung, als die ansehn=lichste, es wohl wissen müste, wenn diese verlangten SontagsPredigen in Druck wären. _____Das neueste so ich |: nebst unser aller, Gott Lob, guter Gesundheit :| ihnen zu be=richten habe, ist, daß wir Dienstags den 19.t Nachmittags von halbe 3. Uhr bis halbe 5. Uhr beÿ Sr Maÿestätt der Kaÿserin waren. S:e Maÿestätt der Kaÿser kam=men heraus in das Vorzimmer, wo wir war=teten, bis die höchsten Herrschaften den Coffée genommen hatten, und führten uns selbst hinein. Es war gegenwärtig, nebst dem Kaÿser und der Kaÿserin Majestätt der Prinz Albert aus Sachsen, und alle Erz=herzoginnen; ausser diesen höchsten Herr= schaften aber keine Seele. Es würde zu lange seÿn ihnen alles zu schreiben, was hier gesprochen worden, und was alles geschechen. Überhaupts muß ich nur sagen, daß Sie sich unmöglich vorstellen können, mit was für einer Vertraulichkeit S:e Maÿestätt die Kaÿ=serin mit meiner Frau sprach und sich theils wegen den Blattern meiner Kin=der, theils wegen den Umständten unse= rer grossen Reise p. unterhielt; sie im Gesicht über die Wangen strich, und beÿ den Händen drückte; da entzwischen S:e Majestätt der Kaÿser mit mir mit dem Wolfganger: von der Musick p. und vielen anderen Sachen sprach und der Nannerl sehr oft die Röthe ins Gesicht trieb. Mündlich seiner Zeit das meh=rere; denn sie kennen mich. Ich lieb nicht Sachen zu schreiben, die mancher hinter dem ofen sitzender aufgeblasener Gogelhopf |: das ist eine schwäbische Benen=nung :| für Lügen halten würde. Sie müssen aber dessentwegen, und dieser Leut=seeligkeit und freundschaftlich ganz ausser=ordentlichen Beschränckung schlüssennicht schlüssen. Ich wenigst kann mir aus allen, was hier sehe, und aus allem den dermahligen Wienerischen Umständen nichts günstiges vorstellen. Doch sind dieß alles Sach die die Zeit lehren muß, und davon man besser mündlich sprechen kann. Mei=ne Frau und Kinder empfehlen sich, und ich bin der alte.