Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart
Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family
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Salzburg
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Digitale Mozart-Edition
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Verbleib unbekannt (Vorlage: Abschrift um 1768 in D-B)
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LEOPOLD MOZART AN LORENZ HAGENAUER IN SALZBURG
WIEN, 14. SEPTEMBER 1768
[... (Schluss der Abschrift des Briefes vom 13. September 1768)]
______________________\hfill Wienn den 14. Sept: 1768
_____Eben ietzt erhalte ich das Schreiben
vom 10.t hier ist mein Antwort! daß, was
die Madame WinnWynn gemeldet, war die Ur=sache meines Stillschweigens. Ich kenne
die Gräfin von Rosenberg und ihre
Schwägerin. die Gräfin von Rosen=berg ist nicht von grossen Adl; sie ist
die Schwester eines reichen privat Men=schen des Mr: WinnWynn meines bekannten
in Lodon, dessen Nahmen ich ihnen in
meinem Verzeichnisse zeigen werde.
der Bruder dieses Mr: Winn verliebte
sich in eine gebohrne Teutsche nahmens
Crouemanin |: welche diejenige ist, die
sich in Salzburg prodcirtproducirt habe :| dessen
Vatter war Musicus in Holland, und der
Vatters bruder samt viellen Söhnen ist
noch heute in Amsterdam; ein Sohn ist
beÿm Prinz Conti in Paris als Musikus;
und war mit Schoberten beÿ uns. die
Mutter dieser Sängerin hieng sich an ein
Italianischen Capellmeister Paradies, und
nach dem Tode des Mannes hatte die=ser Paradies alle sorgen für die Kinder.
Eben da ich in London war verheÿrate
er eine an den Mr Winn, nämlich die
gegenwärtige, und eine andere an den
Sr: Paulo Mazingi einen violinisten in
London. da nun aber dieser Mr Winn
ein Cadet, anbeÿ aber kein hauswirth
ist; so hielt er sich meistens in Venedig
auf, und kann endlich auf den Entschluß
eine militarstelle zu kaufen. Er wurde
Lieut: mit dem Bedinge, beÿ der er=sten Gelegenheit eine Hauptmannstelle kau=fen zu können. er war unter dem Fürst
PregniatowskischenPoniatowskischen Regiment. Anstatt
nun aber sich zu seinem neuen metier ge=schickt zu machen, verzehrte er grosses Geld,
und verlohr dadurch Hofnung, auch für be=zahlung weiter zu kommen. Seine
Frau kamm, um durch ihre Geschicklichkeit
und gute Art es dahin zubringen, daß
er eine Hauptmann stelle erlangen möchte.
Alles, was frauenzimmer liebt, lief dieser
Mad:me Winn die Aufwartung zu machen.
da es aber zur hauptsache, nämlich ihr
und ihrem Manne zu dienen, ankamme;
zohe sich alles aus der Schlinge. Mr
Winn quittierte seine Lieut: Stelle; und
ist, wie man sagt nach Venedig zurück=gekehret. die verwittibte Gräfin
Rosenberg, die Schwester dieses Winns
hat sich mit ihrer Schwägerin von Wienn
nach Clagenfurth begeben, um von da,
wie man sagte, über Paris nach London
zu ihrem ältesten Brueder zurückzu=kehren. Da nun die verwittibte grä=fin zwar einen ausgemachten Gehalt
von Jährlich 2. oder 3000 f: hat, so ist es
doch nicht hinlänglich Reisen damit
zu machen. Ihre Schwägerin kannn
also, durch ihre grosse Geschicklichkeit et=was beÿtragen, da sie nebst dem auch
eine zwar brunette doch allerangenehmste
Person ist; Ihr spielen ist unverbesserlich,
ich will dem herrn Adelgasser aber auch
sagen, was sie gespielt hat. Die in
London gravirten Sonaten des Paradies
sind ihre favoritstücke. Und auswendig
spielt sie variationes. Paradies, unser
guter bekannter, war ihr Lehrmeister,
der sie als ein Kind erzogen hat. Was
die opera des Wolfgang: anbelangt, kann
ich ihnen kurz nichts anderes sagen, als
daß die ganze Musick hölle sich empöret
hat, um zu verhinderen, daß man die
Geschicklichkeit eines Kindes nicht sehen
soll; Ich kann so gar auf die auf=führung der opera nicht dringen, nach=dem man sich verschworen hat, solche, wenn
es seÿn müsste, ellend aufzuführen und
zu verderben. Ich muste die Ankunft
des Kaÿsers erwarten; sonst würde
die Bataille längst ihren Anfang ge=_____________________________________nommen
nommen haben. Ich werde nichts un=terlassen, glauben sie mir, was die Ret=tung der Ehre meines Kindes erheischet.
Ich wuste es lange. Noch länger aber
argwohnte ich es schon. Ich sagte es so
gar S:er Excellenz Grafen von Zeÿl.
welcher aber glaubte, daß alle Musici
für den Wolfgang: eingenohmen wären;
weil er auch nach dem äusserlichen Urtheil=te, und ihm die innerliche Bossheit dieser
Vieher nicht bekannt war. Gedult!
die Zeit wird alles aufklären, und Gott
lässt nichts vergebens geschechen.
Leben sie alle wohl ich bin der alte.
[... (Beginn der Abschrift des Briefes vom 24. September 1768)]