Digitale Edition der Briefe und Dokument der Familie Mozart
Digital Edition of Letters and Documents from the Mozart Family
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LEOPOLD MOZART AN MARIA ANNA MOZART IN SALZBURG
MAILAND, 26. JANUAR 1770
Zeit.blatt v. Mantua.
Poesie von einer Dame in M.,__________________\hfill Maÿland d 26t Jener 1770.
_______Signora Sartoretti!
\newline
Dein Schreib vom 12t habe von h: Troger richtig empfang. d 23t Mittags
langt wir in Maÿland an, den 24t kam dein Brief, und zugleich auch dein
erstes Schreib, welches, auf mein Ersuch, h: Anton von Gumer auf der
Post in Botz hat such lass, und mir eingeschicket hat. Du beklagest dich,
daß du 3 woch von mir kein Schreib erhalt, da ich dir doch von Verona
und von Mantua geschrieb habe. das erste von Verona hättest du bereits
erhalt soll, indem ich es d 7t Jener alda auf die Post gegeb. das 2te
konte noch nicht in Salzb: seÿn, den ich gab es erst den 15t zu Mantua
auf die Post. Den 10t sind wir Mittags von Verona abgereist und abends
in Mantua eingetroff, das habe ich dir, glaublich, schon geschrieb. Ich wünschte
daß du den ort geseh hättest, wo die accademia war: nämlich das so genannte
Theatrino della Academia Philarmonica. Ich habe in meinem Leb von dieser
Art nichts schöners gesehen; und da ich hoffe, daß du alle briefe fleisig auf=behalt wirst, so werde dir solches seiner Zeit beschreib. Es ist kein Theater,
sondern ein wie die opernHauser gebauter Saal mit Logen; wo das
Theater stehen soll, ist eine Erhehung für die Musik, und hinter
der Musik abermahl eine, wie Logen, gebaute gallerie für die Zuhörer.
Die Menge d Menschen, – – das zuruffen, klatschen, Lerm, und Bravo
über Bravo, – kurz, das allgemeine Zuruff, und die Bewunderung
so die Zuhörer zeigt kan ich dir nicht genug beschreib.
Ich zweifle nicht es werd unterdess einige Nachricht so wohl von Roveredo,
als von Verona und Mantova nach Salzb: gekom seÿn. Melde, nebst
meiner unterthänigst Empfehlung, beÿ S:r Ex: Graf und Gräfin v Arco, daß
wir in dem Gräfl: Eugenio Arcoisch hause in Mantua alle gnad und Höflich=keit empf: hab. Hingeg haben wir nicht das Glück gehabt beÿ T: h:
Fürst von Taxis zur audienz zu kom. daß sie nothwendig briefe zu
schreib hatte habe dir bereits v Mantua geschrieb. den Tag darauf gieng
wir vormittag hin. Sie war aber beÿde in die Kirche: wir gieng ebenfals
in die Kirche; und nachdem sie nach Hause gefahr, so folgt wir der Kutsche
etwa auf 50 Schritte nach, so, daß, da wir im Hause war, d Kutscher
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im Hofe umwand. Allein, da wir uns in demselb Augenblicke meld
liess, hiess es: der Fürst hätte itzt nothwendige Verrichtung – –
und könnte uns nicht sprech, wir müst gleichwohl ein anders mahl
kom. Das Gesicht, die zitterende Stime des Bedient und seine halb=gebrochn Worte zeigt mir gleich, daß der h: Fürst keine Lust uns
zu seh habe; behüte mich der Himel, daß ich iemand in sein Geschäft stöhr
sollte: sonderlich da ich noch über dieß dessweg weit lauff oder ein
Lehnwag bezahl sollte. Zum Glücke hab wir beÿde, dadurch,
daß wir uns nicht in der Nähe geseh, nichts verlor |: dan wir sah uns
in d opera in d ferne :| sondern ich ersparte das Geld hinzufahr,
und S: E. h: Fürst die Angst, die er etwa hatte, verbund zu seÿn uns
einige kleine Höflichkeit, für die am Salzb: Hofe und von d Salzb. Noblesse
empf: Ehr, wieder entgeg zu erweisen. Dieses schreibe dir nur zu
deiner Wissenschaft, nicht daß es mir Leÿd thut, den ich möchte eben auch nicht
daß iemand in Salzb: glaub sollte, als hätte ich an d gut Art, mein Besuch dem
Fürst zu mach, es ermangeln lass.
Hier schlüsse dir abermahl eine Poësie beÿ, die von einer Dame Sigra: Sartoretti komt, beÿ der
wir in Mantua zu Gast war. den Tag darauf kam d Bediente und brachte
auf einer schön schaale einen ungemein schön Blumenstraus, an dem unt rothe
bänder und in der Mitte der bänder eine Medaille von 4 Duccatt einge=flocht lag; oben darauf war die Pœsie so hier Copiert folget.
Ich kan dich versichern, daß noch an iedem Orte durchaus die Liebst Leute
gefund habe, und aller Ort fand wir unsere besond Leute, die bis den
letzt Augenblick unserer Abreise beÿ uns waren, und alle ihre Kräft ange=wandt uns den Aufenthalt angenehm zu mach. Also war
z: E: das Grafl: Spaurische Hause in Insprugg. der Baron Pizzini, Graf
Lodron, Cristani, Cosmi p in Roveredo. Il Conte Carlo Emilij,
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Marchese Carlotti, comte Justi, das Hauß Luggiatti, und absondl: h:Locatelli
in Verona. Dan in Mantua das Graf Arcoische Hauß, und absondl:
ein gewisser Sigr: Bettinelli, welcher samt seinem Brud, und seines
Bruders Frau völlig zu unsern Dienst war. Die Frau war wirklich, wie
eine Mutter für den Wolfgangl. besorget, und wir verliess einand mit weinend
Aug. hier schlüsse auch die Zeitung von Mantua beÿ, die wir erst hier
in Mayland bekom. Auch findest du, die Ordnung der Musik gedruckter,
was in der Accademia gemacht word. du must aber wiss, daß wed
diese accademia in Mantua, noch die in Verona fürs Geld gemacht wird;
sondern alles gehet freÿ hinein. in Verona nur die Noblesse, weil es von
ihn nur allein unterhalt wird: in Mantua aber, Noblesse, Militaire
und ansehnliche Burgerschaft; weil es von S:r Mayst. der Kayserin
eine Stiftung hat. Du wirst aber daraus leicht schlüss, daß wir in Itali
nicht reich werd, und du weist, daß genug gethan ist, wen man seine Reiseköst
machet. Diese habe auch allzeit gemacht: und du kanst versichert seÿn, daß,
ob wir gleich nur 2 Person sind, denoch die Reiseköst nicht klein sind: den wir hab bereits
in die 70 duccatt ausgegeb. Es werd aber auch schon |: da dieses schreibe :| 6 Woch
vorbeÿ seÿn, daß wir Salzb: verlass hab, und wen man gleich à pasto Lebet, und
über dieses vielmahls, ja meistens nicht zu Hause speiset, so ist doch das Nacht=ess, zimer, Holz p: alles so theuer, daß man unter 6 duccatt aus keinem
WirthsHause komt, wo man 9 bis 11 täge sich aufhält. Ich danke vielmahl
meinem Gott, daß ich euch zu Hause gelass. Erstens würdet ihr die kälte nicht
hab aussteh könn. zweÿtens hätte es erstaunlich Geld gekostet, und wir hätt
die Freyheit d wohnung nicht gehabt, die wir itzt hab: da wir itzt in Mayland
im Kloster d Augustiner di S: Marco wohn; nicht, daß wir etwa alda freÿ
sind, nein! sond, daß wir alda bequem, sicher, und nahe beÿ S:r Ex:
Graf Firmian wohnen kön. wir hab 3 grosse Gastzimer. in dem erst Zimer
Bren wir feuer, speisen, und geb audienz: im Zweÿt schlafe ich, und stehet
das Coffre; im dritt schläft der Wolfg: und die ande kleine bagage p:
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wir schlaff ied auf 4 gut Materatz, und alle Nacht wird das Bette eingewärmt;
so daß der Wolfg: beÿm schlaffengeh allzeit in seinem Vergnüg ist. wir hab
ein aigen Bruder frater Alphonso zu unserer Bedienung, und wir sind hier
recht gut. wie lange wir aber hier bleib werd, kan dir nicht sag. Se: Ex: h:
Graf sind an einem Catharr unbässlich, und wollt gerne eine Accademia in
ihrem Hause geb und d Herzog v Modena dazu einlad, ich konnte dem=nach die ander Briefe noch nicht überreich; weil dieß zuerst gescheh muß.
die Accademie wird aber glaublich künftig Erchtag od Mittwoch seÿn, indem sich
Se: Ex: schon etwas besser befindet. Ich hab dir geschrieb, daß der Wolfg:
Rothe Hände und ein rothes Gesicht von d Kälte und vom Feuer bekom hat.
alles ist wied gut. Die Madame Sartoretti in Mantua hat ihm eine
Pomade gegeb abends die Hände zu schmier, und in 3 Tag, war es besser:
nun sieht er wie vorhero aus. wir war übrigens, Gott Lob, imer gesund, und
die Luftveränderung hat dem Wolfg: nur ein Strauch verursachet, der auch
längst vorbeÿ ist. Den h: Meissner werd wir schwerlich in Florenz recitier seh,
weil nicht nur hier unser Aufenthalt etwas lange seÿn wird, sond, weil wir,
da Torino so nahe ist, ohnfehlbar ein sprung dahin mach werd. In Parma
und Bologna halt wir uns auch ein wenig auf, folglich werd wir glaublich
erst anfangs der Fast nach Florenz kom.
Was das Pferd anbelanget, so magst du es verkauff wie du willst oder aus=spiel lass oder gar verschenk, ich will, daß es Sr: Hochf: Gnad aus dem Stall
kom solle. der alte Sattl p: ist im Stall, d HofStaller muß es wiss.
Wen man es mit dem neu Sattl und Zaum verkauff kan, so kan es vielleicht
theurer verkauft werd. Mein Wag kannst du auch verkauff lass. Er wird
nicht besser: und keine grosse Reise mach wir nimermehr. verkaufe ihn so gut
du kannst, er hat seine dienste gethann. Das Riemwerk ist noch gut. er hat mich
anfangs nur 23 duccatt gekostet. Rede mit Leut, die es versteh. mir ist alles
recht: aber ehe man ihn feil biethet, muß er gebutzt werd. Alle briefe so
du künftig schreibst addressiere an Mr: Troger, so wie du letztlich gethann.
Meine Empfehlung an alle freunde und freundin in und ausser dem hause.
ich bin dein alter redlicher
_____________________________________________________________________\hfill L Mzt mp
Wir küssen Euch beÿde 1000 Mahl.
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